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metaphorik.de 15/2008

Wann verstehen, wann interpretieren wir Metaphern?

Jörg Jost

Abstract


Wann verstehen wir metaphorische Ausdrücke, wann interpretieren wir, um ‚hinter‘ ihre Bedeutung zu gelangen? Ob Hörer bzw. Leser Metaphern (mühelos) verstehen oder ob ein metaphorischer Ausdruck nach Interpretation verlangt, hängt ab vom Metapherntyp, der Ausdrucksform der Metapher und ihrer Anbindung an geteiltes Wissen sowie weiterhin von ihrem Symbolisierungsmodus (Goodman 1976, 1998). In meinem Beitrag zeige ich, dass wir Metaphern desto eher ‚verstehen‘ (mit Gadamer 1990 und Shusterman 1992, 1996), je konventioneller ihre Ausdrucksform und Funktion, je evidenter ihre interagierenden Gemeinplatzsysteme und je gewöhnlicher ihr Modus der Symbolisierung ist. Wo dies nicht zutrifft, wie etwa bei poetischen, lebendigen Metaphern, werden Interpretationshandlungen von Hörern/Lesern notwendig. Zwar können wir in beiden Fällen davon sprechen, dass man ein Verständnis des metaphorischen Ausdrucks gewinnt, dass man den Ausdruck also versteht. Allerdings liegen bei unterschiedlichen Metapherntypen – lexikalisierten, konventionalisierten und poetischen Metaphern – jeweils verschiedene ‚Qualitäten‘ von Verstehen vor, die buchstäbliche bzw. ästhetische Dimensionen aufweisen. Um dem gerecht zu werden, wird eine begriffliche Differenzierung von propositionalem Verstehen einerseits und ästhetischem Erleben andererseits vorgeschlagen, mit der sich das Verstehen von Ausdrücken mit unterschiedlich ausgeprägter Metaphorizität beschreiben lässt.

Depending on the kind of metaphor (i.e. lexicalized, conventional or live metaphor) a hearer/reader understands a metaphorical expression immediately or he must interpret it for reaching an understanding. Whether understanding is the result or, instead, interpretation is required will be discussed as contingent upon the linguistic form, the linkage to common knowledge, and the mode of symbolization (Goodman 1976) of a metaphorical expression. In my paper, I argue that the ease of metaphorical understanding depends on the degree of conventionalization of the linguistic form and function, the interacting commonplaces, and the mode of symbolization. By contrast, I show that metaphors not featuring these characteristics demand for “specific activities” (Shusterman 1992, 1996) on the part of the hearer/reader, in particular the activity of interpreting an utterance as metaphorical. Different kinds of metaphors cause different levels of understanding for which I propose a distinction in propositional understanding and aesthetic experience (the latter means the aesthetic dimension of understanding which requires interpretation).
 

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Seite 125

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