metaphorik.de 27/2017

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Vorwort / Preface

Redaktion

Vorwort

Metaphern- und Metonymienforschung – die Gebiete, mit denen sich metaphorik.de nun seit gut 15 Jahren auseinandersetzt – sind in den unterschiedlichsten (Teil-) Disziplinen zu Hause. So zeigte bereits die seit den 1980er Jahren stark popularisierte kognitive Metapherntheorie neben den theoretischen eben auch stark anwendungsorientierte Züge. Der tiefere Grund hierfür liegt in der zentralen Rolle der Metapher und Metonymie in jeder Form sprachlicher Wissensvermittlung. Dass sich gerade der Vermittlung zugewandte Wissensdisziplinen mit Metaphorik beschäftigen, ist daher kein Zufall. [...]

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Preface

Various and diverse (sub)disciplines are home to the study of metaphors and metonymy ¨C fields that metaphorik.de has dedicated itself to for 15 years. The cognitive metaphor theory, widely popularised in the 1980s, illustrates this as it showed pronounced aspects of applied science alongside its theoretical aspects. The underlying reason for this is the central role of metaphors and metonymy in any language-based form of knowledge transfer. Accordingly, it is no coincidence that particularly those disciplines connected to the field of education would study metaphors. [...]

 

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Vorwort

Metaphern- und Metonymienforschung – die Gebiete, mit denen sich metaphorik.de nun seit gut 15 Jahren auseinandersetzt – sind in den unterschiedlichsten (Teil-) Disziplinen zu Hause. So zeigte bereits die seit den 1980er Jahren stark popularisierte kognitive Metapherntheorie neben den theoretischen eben auch stark anwendungsorientierte Züge. Der tiefere Grund hierfür liegt in der zentralen Rolle der Metapher und Metonymie in jeder Form sprachlicher Wissensvermittlung. Dass sich gerade der Vermittlung zugewandte Wissensdisziplinen mit Metaphorik beschäftigen, ist daher kein Zufall.

In der vorliegenden Ausgabe von metaphorik.de zeigen sich einmal mehr die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen von metaphernbezogenen Forschungsansätzen. Ann-Kathrin Kolbeck zeigt in ihrer Studie zum Metapherngebrauch in der Wissensvermittlung der Genetik nicht nur die Allgegenwart der Metapher, sondern auch im Vergleich zwischen traditionellen Lehrwerken und online-Videos medienbedingte Unterschiede in der Metaphernverwendung. Hubert Kowalewski leistet einen Beitrag zur Metonymienforschung, wenn er die Bedeutung der konzeptuellen Nähe für die Salienz der Metonymie betrachtet. Svetlana Vogt und Peter Indefrey stellen eine empirische Studie zum Erwerb von Metaphernkompetenz bei Kindern zwischen sechs und vierzehn Jahren vor. Deutlich wird hier die enge Verbindung zwischen der Entwicklung kognitiver und emotionaler Schlüsselkompetenzen und der aktiven wie passiven Metaphernkompetenz. Drei Rezensionen zu aktuellen Metaphernforschungen, verfasst von Bernhard Haidacher, Charlène Meyers und Judith Visser, zeigen die anhaltende Vitalität metaphernbezogener Fragestellung in Forschung und öffentlicher Diskussion.

Die vorliegende Publikation wäre nicht möglich gewesen ohne die unschätzbare Unterstützung bei der Erstellung der Druckvorlagen durch Kerstin Sterkel (Saarbrücken) und Anna Billker (Essen). Wir bedanken uns für das anhaltende Interesse an metaphorik.de und wünschen allen Leserinnen und Lesern einen wunderbaren Sommer!

 

Bochum, Bremen, Essen, Flensburg, Hamburg und Saarbrücken im Juli 2017


Anke Beger
Martin Döring
Olaf Jäkel
Katrin Mutz
Dietmar Osthus
Claudia Polzin-Haumann
Judith Visser

 

Preface

Various and diverse (sub)disciplines are home to the study of metaphors and metonymy ¨C fields that metaphorik.de has dedicated itself to for 15 years. The cognitive metaphor theory, widely popularised in the 1980s, illustrates this as it showed pronounced aspects of applied science alongside its theoretical aspects. The underlying reason for this is the central role of metaphors and metonymy in any language-based form of knowledge transfer. Accordingly, it is no coincidence that particularly those disciplines connected to the field of education would study metaphors.
The current metaphorik.de issue demonstrates yet again the many different possible focuses in metaphor research. Ann-Kathrin Kolbeck’s study on the use of metaphors in the teaching of genetics not only shows how omnipresent metaphors are, but also compares traditional textbooks with online videos to demonstrate medium-related differences in how metaphors are used. Hubert Kowalewski furthers metaphor research with his study of the importance of conceptual proximity for metonymic salience. Svetlana Vogt and Peter Indefrey present an empirical study of the acquisition of metaphor competence in children between six and fourteen years of age. Their work illuminates how tightly the development of core cognitive and emotional skills is tied to active and passive metaphor competence. Three reviews on current metaphor research, written by Bernhard Haidacher, Charlène Meyers and Judith Visser, are testament to the lasting vitality of research pertaining to metaphor in science and public debate.     
This issue would not have been possible without the invaluable support of Kerstin Sterkel (Saarbrücken) and Anna Billker (Essen) who helped prepare the manuscript. We would like to thank you for your continued interest in metaphorik.de and wish all of our readers a wonderful summer!


Bochum, Bremen, Essen, Flensburg, Hamburg and Saarbrücken, July 2017

 

Anke Beger
Martin Döring
Olaf Jäkel
Katrin Mutz
Dietmar Osthus
Claudia Polzin-Haumann
Judith Visser

Metapherngebrauch in der Wissensvermittlung der Genetik - Lehrbuch und Onlinevideo im Vergleich

Ann-Kathrin Kolbeck

Abstract

Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Funktion von Metaphern in der Wissensvermittlung im Bereich der Genetik. In jüngster Zeit erfreuen sich Onlinevideos zu wissenschaftlichen Themen sowohl bei Lehrerinnen und Lehrern als auch bei Schülerinnen und Schülern immer größerer Beliebtheit. Durch eine komparative Analyse des Metaphern­gebrauchs in einem spanischsprachigen Biologielehrbuch und einem Onlinevideo soll die Fragestellung untersucht werden, ob sich der Metapherngebrauch in den beiden Medien unterscheidet. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass in dem untersuchten Onlinevideo offene und pädagogische Metaphern vorherrschend sind, während im Lehrbuch vor allem geschlossene und theoriekonstitutive Metaphern verwendet werden. Außerdem werden, verglichen mit dem Lehrbuch, im Video konkretere metaphorische Konzepte und auffallen­dere Personifikationen verwendet. Diese Unterschiede im Metapherngebrauch könnten möglicherweise eine Erklärung für die relativ leichte Verständlichkeit und demzufolge für die große Beliebtheit von Onlinevideos darstellen.

The present article is concerned with the function of metaphors in science education in the field of genetics. Recently online videos about scientific topics are getting more and more popular among teachers and students. A comparative analysis of a Spanish biology textbook and an online video aims at revealing differences in the use of metaphors between these two media. The results obtained indicate that in the video open and pedagogical metaphors are predominant, while in the textbook there are rather used closed and theory-constitutive metaphors. Besides, the metaphors in the video are derived from more concrete concepts and the personifications used in the video are more noticeable, compared to the textbook. The differences in the use of metaphors could possibly serve as an explanation for the relatively easy comprehensibility and therefore the popularity of online videos.

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Metapherngebrauch in der Wissensvermittlung der Genetik - Lehrbuch und Onlinevideo im Vergleich

Ann-Kathrin Kolbeck, Essen (ann-kathrin.kolbeck@rub.de)

Abstract

Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Funktion von Metaphern in der Wissensvermittlung im Bereich der Genetik. In jüngster Zeit erfreuen sich Onlinevideos zu wissenschaftlichen Themen sowohl bei Lehrerinnen und Lehrern als auch bei Schülerinnen und Schülern immer größerer Beliebtheit. Durch eine komparative Analyse des Metaphern­gebrauchs in einem spanischsprachigen Biologielehrbuch und einem Onlinevideo soll die Fragestellung untersucht werden, ob sich der Metapherngebrauch in den beiden Medien unterscheidet. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass in dem untersuchten Onlinevideo offene und pädagogische Metaphern vorherrschend sind, während im Lehrbuch vor allem geschlossene und theoriekonstitutive Metaphern verwendet werden. Außerdem werden, verglichen mit dem Lehrbuch, im Video konkretere metaphorische Konzepte und auffallen­dere Personifikationen verwendet. Diese Unterschiede im Metapherngebrauch könnten möglicherweise eine Erklärung für die relativ leichte Verständlichkeit und demzufolge für die große Beliebtheit von Onlinevideos darstellen.

The present article is concerned with the function of metaphors in science education in the field of genetics. Recently online videos about scientific topics are getting more and more popular among teachers and students. A comparative analysis of a Spanish biology textbook and an online video aims at revealing differences in the use of metaphors between these two media. The results obtained indicate that in the video open and pedagogical metaphors are predominant, while in the textbook there are rather used closed and theory-constitutive metaphors. Besides, the metaphors in the video are derived from more concrete concepts and the personifications used in the video are more noticeable, compared to the textbook. The differences in the use of metaphors could possibly serve as an explanation for the relatively easy comprehensibility and therefore the popularity of online videos.

1.    Einleitung

Metaphern sind nicht nur für die Literaturwissenschaft von Bedeutung, sondern sie sind auch im Alltag nicht wegzudenken und spielen darüber hinaus eine grundlegende und erkenntnisleitende Rolle in der Wissenschaft, so zum Beispiel auch in der Genetik. Insbesondere in der Wissensvermittlung erfüllen sie zudem eine pädagogische Funktion, indem sie wissenschaftliche Inhalte anhand der Erfahrungswelt der Leserinnen und Leser kon­zeptualisieren und somit ihr Verständnis erleichtern. Vor diesem Hintergrund soll in dem vorliegenden Beitrag der Gebrauch von Metaphern in der Wissensvermittlung zum Thema Genetik näher beleuchtet werden.

Wenn Schülerinnen und Schüler sich im Biologieunterricht mit dem Thema Genetik beschäftigen, dann arbeiten sie in der Regel primär mit einem Lehrbuch und den zusätzlichen Materialien, die ihnen von der Lehrperson zur Verfügung gestellt werden. Dies können neben Texten auch Präparate, Modelle, Bilder, Tonträger, computergestützte Programme oder Filme sein. Seit einigen Jahren erfreuen sich gerade für das Arbeiten mit komplizierteren Themen auch Onlinevideos immer größerer Beliebtheit, da sie fachliche Inhalte anschaulich und leicht nachvollziehbar erklären. Etwa 62 % der Schülerinnen und Schüler verwenden solche Videos zur Vorbereitung auf Klausuren oder Referate, wozu sie durch viele Lehrpersonen auch ermutigt werden (vgl. Rummler/Wolf 2012: 261). In diesem Zusammenhang stellt sich nun die Frage, was Onlinevideos so leicht verständlich und somit so attraktiv macht. Offensichtlich spielt die audiovisuelle Darstellung hier eine wichtige Rolle und die Animation hilft insbesondere bei der Veranschaulichung von komplexeren und abstrakten Abläufen (vgl. Killermann/Hiering/Starosta 2013: 181). Aber ist ein weiterer Grund möglicherweise auch im Gebrauch von Metaphern zu suchen?

Konkret soll im vorliegenden Beitrag durch die vergleichende Analyse eines Lehrbuches und eines Onlinevideos die Frage geklärt werden, ob sich die Verwendung von Metaphern in diesen beiden Medien unterscheidet. Gegen­stand der Analyse ist ein spanischsprachiges Biologie-Lehrbuch für die Ober­stufe sowie ein Onlinevideo, in denen es um den Aufbau der DNA sowie die Prozesse der DNA-Replikation und der Proteinbiosynthese geht.

Hinsichtlich dieser Fragestellung werden in Abschnitt 2.1 zunächst einige grund­legende Aspekte der kognitiven Metapherntheorie nach Lakoff und Johnson (2008 [1980]) dargestellt, da diese die analytische Grundlage für die vorliegende Studie bilden soll. Darauf aufbauend soll in den Abschnitten 2.2 und 2.3 ein Einblick in die Funktion von Metaphern in der Wissenschaft im Allgemeinen und speziell im Bereich der Genetik gegeben werden. In Ab­schnitt 2.4 werden schließlich didaktische Sichtweisen auf den Metaphern­gebrauch in der naturwissenschaftlichen Wissensvermittlung aufgezeigt. Die empirische Metaphernanalyse erfolgt dann in Abschnitt 3. Nachdem die methodische Vorgehensweise kurz erläutert wurde, werden zunächst die Ergebnisse der Medien Lehrbuch und Onlinevideo einzeln dargestellt und anschließend miteinander verglichen sowie vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus Abschnitt 2 diskutiert.

2.    Metaphern im Kontext der Wissenschaft und der Wissensvermittlung

2.1  Grundzüge der kognitiven Metapherntheorie

Metaphern lassen sich grundsätzlich sowohl aus einer sprachlichen als auch aus einer kognitiven Perspektive betrachten:

„Aus sprachlicher Perspektive erzeugen Metaphern eine >bildliche< Rede, in der Wörter nicht ihre >eigentliche<,>wörtliche< Bedeutung vermitteln, sondern eine (meist) abstraktere >uneigentliche<, >übertragene<, >metaphorische< Bedeutung“ (Kohl 2007: 19).

„Aus mentaler Perspektive ist die Metapher das Ergebnis einer >Projektion< von Elementen einer kognitiv-sprachlichen Einheit (aus einem meist konkreten >Herkunftsbereich<) auf eine andere kognitiv-sprachliche Einheit (einen meist abstrakteren >Ziel­bereich<)“ (ebd.: 19).

Die sprachliche Perspektive ist insbesondere für die Rhetorik von Bedeutung, wohingegen die mentale Perspektive in der kognitiven Metapherntheorie nach Lakoff und Johnson (2008 [1980]) im Vordergrund steht (vgl. Kohl 2007: 123). Auf Letzterer soll der theoretische Fokus dieses Beitrags liegen, da sie sich als Grundlage für die Erforschung von Metaphern im Bereich der Wissenschaft als zweckdienlich und anwendungsorientiert bewährt hat.

Metaphern sind Lakoff und Johnson folgend kein rein sprachliches Phänomen, sondern sie bestimmen in erheblichem Maße die menschliche Kognition. „Unser alltägliches Konzeptsystem, nach dem wir sowohl denken, als auch handeln, ist im Kern und grundsätzlich metaphorisch“ (Lakoff/Johnson 2008 [1980]: 11). Richtungsweisend ist, dass Lakoff und Johnson (2008 [1980]) die Alltagsmetaphorik in den Mittelpunkt ihrer Theorie stellen, weil unser Denken, alltägliches Handeln und unsere Wahrnehmung durch meta­phorische Kon­zepte strukturiert ist: „Metaphor is fundamentally conceptual, not linguistic, in nature. Metaphorical language is a surface manifestation of conceptual metaphor“(Lakoff 1993: 244). Die sprachliche Metapher ist folglich nach Lakoff und Johnson nur eine Konsequenz unseres mentalen Konzeptsystems und ihre Produktion wird durch dieses System überhaupt erst ermöglicht (vgl. Lakoff/Johnson 2008 [1980]: 14).

Durch Metaphern lässt sich ein „Erfahrungsbereich von einem anderen Er­fahrungsbereich her verstehen“ (Lakoff/Johnson 2008 [1980]: 137). Lakoff bezeichnet diese Übertragung von einem konzeptuellen Bereich auf einen anderen als mapping: „the metaphor can be understood as a mapping (in the mathematical sense) from a source domain […] to a target domain [...]“ (Lakoff 1993: 207). Die Bereiche sollen im vorliegenden Beitrag in Anschluss an Jäkel (2003: 23) als Ursprungsbereich (source domain) und Zielbereich (target domain) bezeichnet werden. Ein mapping umfasst in der Regel eine ganze Reihe von konzeptuellen Entsprechungen zwischen dem Ursprungs- und dem Zielbereich (vgl. Lakoff 1993: 207). Allgemeineren Konzepten lassen sich häufig mehrere Subkonzepte zuordnen und in vielen Bereichen bilden Metaphern ein „kohärentes System metaphorischer Konzepte“ (Lakoff/Johnson 2008 [1980]: 137). Jäkel (1997) nennt solche Systeme auch metaphorische Modelle (vgl. Jäkel 1997: 151), anhand derer sich zeigen lässt, „daß Verstehen sich in ganzen Erfah­rungsbereichen ereignet und nicht in isolierten Konzepten“ (Lakoff/Johnson 2008 [1980]: 137). Die einzelnen Konzepte wiederum spiegeln sich sprachlich oft in vielen verschiedenen metaphorischen Ausdrücken wider (vgl. ebd.: 17).

Neben diesen grundlegenden Aspekten verfügen Metaphern aus kognitiver Sicht über weitere zentrale Eigenschaften und Funktionen, die für diesen Beitrag von Relevanz sind: So werden Metaphern in der Regel dazu ver­wendet, abstraktere Konzepte durch konkretere Konzepte zugänglich zu machen (vgl. Lakoff/Johnson 2008 [1980]: 135): „Metaphors allow us to understand a relatively abstract or inherently unstructured subject matter in terms of a more concrete, or at least a more highly structured subject matter“ (Lakoff 1993: 245). Die Hauptfunktion der Metapher besteht folglich nach der kognitiven Metaphern­theorie in einer verständnisgenerierenden Funktion. In dieser Funktion ist die Metapher in bestimmten Bereichen nicht nur hilfreich, sondern schlichtweg notwendig: „Much subject matter, from the most mundane to the most abstruse scientific theories, can only be comprehended via metaphor“ (Lakoff 1993: 244). Darüber hinaus erfüllen Metaphern aber auch eine kreative Funktion. Durch neue Metaphern aus anderen Ursprungs­bereichen werden konzeptuelle Perspek­tiven auf den Zielbereich eröffnet, die möglicherweise bis dahin noch nicht denkbar waren. Diese Eigenschaft der Metapher wird für das wissenschaftliche Arbeiten als besonders wichtig angesehen (siehe Abschnitt 2.2 für eine nähere Ausführung). Des Weiteren beschreiben Metaphern jeweils nur einen Teil des Zielbereiches. Bestimmte semantische Aspekte werden durch eine Metapher betont, während andere vernachlässigt werden (vgl. Lakoff/Johnson 2008 [1980]: 18). Aufgrund dieses Fokussierungseffektes können durch den Gebrauch verschiedener Metaphern bewusst oder unbewusst bestimmte Eigenschaften eines Zielbereichs akzentuiert werden. Dieser Aspekt lässt sich besonders im Kontext der politischen Rhetorik beobachten, kommt aber auch bei der Entwicklung und Anwendung wissenschaftlicher Theorien zum tragen (vgl. Jäkel 2003: 37f.).

Diese Funktionen der Metapher werden von Lakoff und Johnson in einem weiteren Schritt auf drei verschiedene Metapherntypen bezogen: Struktur­metaphern, Orientierungsmetaphern und ontologische Metaphern. Struktur­metaphern bezeichnen die bereits thematisierten Metaphern, bei denen „ein Konzept von einem anderen Konzept her metaphorisch strukturiert wird“ (Lakoff/Johnson 2008 [1980]: 22). Im Gegensatz dazu bilden Orientierungs­metaphern ein System von Konzepten, deren Struktur sich aus ihrer Beziehung zueinander ergibt, wobei es sich in den meisten Fällen um eine räumliche Orientierung oder Ausrichtung handelt (vgl. ebd.: 22f.). Die dritte Variante stellen die sogenannten ontologischen Metaphern dar, die das Verständnis von abstrakten Konzepten auf der Basis von erfahrbaren Einheiten und Gegen­ständen ermöglichen (vgl. ebd.: 35). In diesen Bereich fallen beispielsweise Metaphern der Entität und Materie, mit denen diffuse, nicht eindeutig abgrenzbare Konzepte so beschrieben werden, als wären sie eine abgrenzbare Einheit. Ein weiteres Beispiel ontologischer Metaphern stellt die sogenannte Gefäß-Metapher dar. Konzepte wie etwa ein Wald oder das eigene Sichtfeld werden dabei als ein Gefäß konzeptualisiert, was sich in Äußerungen wie ‚in den Wald gehen‘ oder ‚jemanden im Auge behalten‘ manifestiert (vgl. ebd.: 39ff.). Schließlich zählen Lakoff und Johnson auch Personifikationen zu den ontologischen Metaphern. Sie dienen dazu, Phänomene leichter begreifbar zu machen, indem ihnen menschliche Eigen­schaften oder Tätigkeiten zuge­schrieben werden (vgl. ebd.: 44f.).

Im Folgenden soll nun bezogen auf den Bereich der Wissenschaft vor allem auf die erwähnte Funktion der Metapher zum Verständnis und zur Eröffnung neuer Perspektiven näher eingegangen werden.

2.2 Die Funktion von Metaphern in der Wissenschaft

Wie im alltäglichen Sprachgebrauch, so sind Metaphern auch in der Wissen­schaft allgegenwärtig (vgl. Roelke 2010: 75). Jedoch gehen die Meinungen über ihre Rolle in wissenschaftlichen Theorien zum Teil weit auseinander. Kritiker bedienen das Vorurteil, dass Metaphern die Wahrheit verschleiern oder ein falsches Verständnis hervorrufen können, wie etwa in dem Fall, wenn von den ‚Gefühlen‘ einer Zelle die Rede ist, und sehen eine Gefahr in der Verbreitung unbemerkter Implikationen (vgl. Hoffmann 1980: 399f.). Befürworter sehen Metaphern hingegen als notwendig an. Sie schreiben ihnen die Fähigkeit zu, neue Bedeutungsperspektiven und ‑beziehungen aufzudecken, und veran­schlagen für sie außerdem ein großes didaktisches Potenzial (vgl. Hoffmann 1980: 411).

So geht Boyd (1993) zum Beispiel davon aus, dass Metaphern in der Wissen­schaft eine Möglichkeit darstellen, neue Terminologien einzuführen oder vor­handene Terminologien bedeutungsmäßig zu modifizieren oder zu erweitern. Er beschreibt diese Aufgabe als „accommodation of language to the casual structure of the world“(Boyd 1993: 483). Im Wesentlichen unterscheidet er zwei Typen von Metaphern, die für die Wissenschaft relevant sind: Den ersten Typ nennt er exegetical bzw. pedagogical metaphors (im Folgenden pädago­gische Metaphern). Sie werden insbesondere zur Erklärung von Sachverhalten oder An­nahmen verwendet und weichen häufig von den nicht oder weniger meta­phorischen Formulierungen der ursprünglichen Theorie ab. Die Theorie, so Boyd, wäre aber grundsätzlich auch ohne diese Metaphern erklärbar (vgl. Boyd 1993: 485). Besonders in Kommunikationssituationen, in denen größere Wissensunterschiede zwischen Sender und Empfänger bestehen, dienen pädagogische Metaphern dazu, sehr technische, komplexe oder auch abstrakte Sachverhalte mithilfe von Konzepten der alltäglichen Erfahrungswelt ver­ständlich zu kommunizieren (vgl. Ciapuscio 2011: 91). Der zweite Typ wird als theory-constitutive metaphors (im Folgenden theoriekonstitutive Metaphern) bezeichnet. Damit sind Fälle gemeint, in denen eine Metapher zumindest temporär eine nicht ersetzbare Formulierung innerhalb einer Theorie darstellt, da keine adäquate Paraphrasierung möglich ist. Als Beispiel für theorie­konstitutive Metaphern führt Boyd die Übertragung von Konzepten aus der Informatik, wie etwa die Konzeption des Gehirns als Computer, auf die kognitive Psychologie an (vgl. Boyd 1993: 486). Die Funktion von theoriekonstitutiven Metaphern besteht vornehmlich darin, eine Terminologie für ein Konzept zur Verfügung zu stellen, dessen grundlegende Eigenschaften noch nicht hinreichend erforscht wurden (vgl. ebd.: 489f.). Oft werden, wie in dem gerade genannten Beispiel, theoriekonstitutive Metaphern aus anderen Forschungsbereichen übernommen. In diesen Fällen spricht man von meta­phorischen Konzeptverschiebungen, die mit der Zeit häufig in die jeweilige Fachterminologie integriert und dort so selbstverständlich verwendet werden, dass ihre Metaphorizität kaum noch wahrgenommen wird (vgl. Debatin 1995: 147). Abgesehen von den bereits genannten Funktionen kommt Metaphern auch eine heuristische Funktion zu, indem sie neue Denkanstöße liefern (vgl. Ohlhoff 2002: 81). Durch die Übertragung von einem Ursprungs- auf einen Ziel­bereich können neue Beziehungen zwischen den Konzeptbereichen auf­ge­deckt oder bestimmte Eigenschaften besonders hervorgehoben werden. Da­durch wohnt Metaphern das Potenzial inne, eine völlig neue Perspektive auf den Zielbereich zu eröffnen und ihn auf diese Art und Weise semantisch und konzeptuell neu zu strukturieren. Die Verwendung von Metaphern kann somit zu neuen Forschungsansätzen und Entdeckungen führen (vgl. Debatin 1995: 148f.), wie es sich zum Beispiel in der Konzeption von Elektrizität als Flüssig­keit zur Erfindung des elektrischen Kondensators zeigt (vgl. Jäkel 2003: 36).

Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche Leserschaft wissenschaftliche Texte adressieren. Wissenschaftliche Texte können sich entweder an ein Fachpublikum richten oder aber an eine interessierte Laienleserschaft. Daran schließt sich die Frage von Knudsen (2003) an, ob sich der Gebrauch von Metaphern in fach- und populärwissenschaftlichen Texten unterscheidet. Dazu führt Knudsen, zusätzlich zu Boyds Unterscheidung zwischen theorie­konstitutiven und pädagogischen Metaphern, noch eine theoretische Differen­zierung zwischen offenen und geschlossenen Metaphern ein (vgl. Knudsen 2003: 1254). Für sie sind Metaphern nicht statisch, vielmehr durchlaufen sie in der Wissenschaft eine Entwicklung. Insofern ist ein neuer metaphorischer Aus­druck anfangs als Hypothese zu sehen, die zunächst hinterfragt und gegebenenfalls verändert wird, bevor sie schließlich als feststehender Ausdruck akzeptiert wird. Ist eine Metapher einmal in einem Fachbereich etabliert, wird sie häufig gar nicht mehr als metaphorisch wahrgenommen: „rather it becomes an almost literal expression with specific reference, similar to any other scientific concept“ (ebd.: 1248). In diesem Stadium wird die Metapher dann als geschlossen bezeichnet, zuvor kann man hingegen von einer offenen Metapher sprechen (vgl. ebd.: 1254). Die Ergebnisse der von Knudsen durchgeführten Fallstudie zu Metaphern des ‚genetischen Codes‘ und der Proteinbiosynthese zeigen, dass in den fachwissenschaftlichen Texten vor allem geschlossene Metaphern gebraucht werden, wohingegen in den populär­wissenschaftlichen Texten dieselben Metaphern oft als offene Metaphern verwendet werden. Die geschlossenen Metaphern werden semantisch wieder geöffnet, um sie für die Leserschaft verständlich zu machen, da diese in der Regel nicht über das nötige Vorwissen und fachwissenschaftliche Vokabular verfügen (vgl. ebd.: 1255f.). Außerdem werden in den fachwissenschaftlichen Originaltexten sogenannte prä-theoretische Metaphern (das heißt nicht theoriekonstitutive Metaphern, die aber eine Art unterstützendes kohärentes Rahmenkonzept schaffen) in der Regel gar nicht als Metaphern, sondern als Vergleiche dargestellt. Wenn sie allerdings in populärwissenschaftlichen Texten wiederverwendet werden, erscheinen sie dort häufig als Metaphern (vgl. ebd.: 1257f.). Aus diesen Beobach­tungen leitet Knudsen die Schluss­folgerung ab, dass einzelne Metaphern nicht per se einer bestimmten Kategorie (offen/geschlossen oder theoriekonstitutiv/pädagogisch) angehören, sondern dass sie je nach Kontext und Absicht verschiedene Funktionen erfüllen können (vgl. ebd.: 1259). Vergleichbare Befunde führt auch Liebert (1995) an, der anhand von drei unterschiedlichen Adressatenkreisen (Fachkollege, Wissen­schaftsjournalist und Vorschulkind) zeigen konnte, dass die Konkret­heit der verwendeten Metaphern zunimmt, je weniger fachlich der Adressaten­kreis ist (vgl. Liebert 1995: 174f.).

2.3  Metaphern in der Genetik

Einige Wissenschaftler haben sich speziell der Frage nach der Verwendung von Metaphern in der Biologie, insbesondere im Bereich der Genetik, zugewendet (z.B. Fogle 1995; Fox Keller 1998; Hedgecoe 1999; Nelkin 2001 oder Nerlich/Hellsten 2004). Dies liegt wahrscheinlich an dem großen öffentlichen Interesse, das dem Thema spätestens seit der ‚Entdeckung des genetischen Codes‘ zuteilwird. Dabei werden sehr unterschiedliche For­schungs­ansätze gewählt, die an dieser Stelle allerdings nur exemplarisch dargestellt werden können.

Einige Beiträge, wie der von Fox Keller (1998), untersuchen in diachroner Hinsicht das Verhältnis zwischen Metaphern und der Entwicklung bio­logischer Erkenntnisse und Theorien. So betrachtet zum Beispiel Brandt (2004) die historische Entwicklung der Metaphern, mit denen die DNA konzeptualisiert wird. Dabei stellt sie fest, dass „sprachliche Praktiken“ und „Experimental­praktiken“ in gewisser Weise bei der Entstehung von Wissen zusammenwirken (vgl. Brandt 2004: 259f.). Ein weiteres illustratives Beispiel ist eine Studie von Majoros und Csatár (2011), die anhand des Vergleichs von zwei Lehrbüchern aus den Jahren 1955 und 2005 eine Veränderung der Ursprungsbereiche zellbiologischer Metaphern von dem metaphorischen Modell der Zelle als INDUSTRIESTADT hin zu der Zelle als COMPUTER­GESTEUERTE INDUSTRIESTADT feststellen, die sie mit der zunehmenden Präsenz von informationstechnologischen Konzepten in der metaphorischen Beschreibung der DNA belegen (vgl. Majoros/Csatár 2011: 154f.).

Andere Ansätze wiederum betrachten die Popularisierung der Genetik. Hierzu zählt auch die bereits im vorhergehenden Abschnitt zitierte Fallstudie von Knudsen (2003). So untersucht zum Beispiel Cortiñas Rovira (2008) die Gründe, weshalb das Konzept der DNA sich in der Gesellschaft so leicht verbreitet hat. Einen Hauptgrund dafür sieht er in der geschickten Metaphernverwendung (vgl. Cortiñas Rovira 2008: 3). So wird die DNA in Anknüpfung an die Erfahrungswelt der Leserschaft beispielsweise als INFORMATION, SPRACHE, TEXT, DATENSATZ, PLAN oder TREPPE bzw. LEITER beschrieben (vgl. ebd.: 7). Gerade in Bezug auf Metaphern, die die DNA als INFORMATIONSTRÄGER darstellen, weist Stoschus (2005) aller­dings auf die Gefahr der Verbreitung einer verfälschten, deter­ministischen Konzeptualisierung der DNA hin (vgl. Stoschus 2005: 60). Aus diesem Grund plädiert sie gerade in der populärwissen­schaftlichen Literatur für einen kritisch reflektierten Gebrauch von Metaphern, um Missver­ständnisse sowie deterministische Implikationen zu vermeiden (vgl. ebd.: 135).

Abschließend seien noch einige Metaphern benannt, die in der Genetik sehr verbreitet sind. Majoros und Csatár (2011) machen anhand einer Analyse von Universitätslehrbüchern der Zellbiologie deutlich, dass die einzelnen zellbiologischen Metaphern untereinander kohärent sind und ein metaphorisches Modell bilden. Sie nennen dieses Modell „DIE ZELLE IST EINE COMPUTER­GESTEUERTE INDUSTRIESTADT“ (ebd.: 153). Innerhalb dieses Modells sind die folgenden drei übergeordneten Metaphern vorherrschend:

 „DAS GENETISCHE MATERIAL IST EIN COMPUTER­PROGRAMM VERFASST IN DER PROGRAMMIERTSPRACHE DER NUCLEINSÄUREN bzw. DER ZELLKERN IST EIN COMPUTER, ORGANELLEN UND ENZYME SIND MASCHINEN und ENZYME SIND ARBEITER“ (ebd.: 153).

Nachdem nun ein kurzer, exemplarischer Einblick in die Forschungslage zu Metaphern im Bereich der Genetik gegeben wurde, werden im folgenden Abschnitt didaktische Perspektiven auf die Verwendung von Metaphern in der Wissensvermittlung dargestellt.

2.4  Didaktische Perspektiven zu Metaphern in der Wissens­vermittlung

Nicht zuletzt beschäftigen sich auch Didaktiker mit der Frage nach der angemessenen Verwendung metaphorischer Sprache in der Vermittlung der Naturwissenschaften. So stellt Ohlhoff (2002) fest, dass Metaphern in der Biologie-Didaktik bisher kaum behandelt werden. In der Regel wird die Fach­sprache, die eindeutig und klar definiert ist, der Alltagssprache vorgezogen. Allerdings hat sich entgegen dieser Aussage in den vorher­gehenden Abschnitten gezeigt, dass auch die Fachsprache Metaphern enthält und sich über sie konstituiert. Oft wird es als problematisch angesehen, dass Metaphern nur Teilaspekte fokussieren und somit potenziell ein falsches Bild der Sachverhalte vermitteln können (vgl. Ohlhoff 2002: 95f.). Andererseits besitzen Metaphern auch ein bedeutendes Potenzial für das Lernen, denn sie können helfen, Lernenden „etwas Neues durch bildhaftes Anknüpfen an Bekanntes näher zu bringen“ (ebd.: 81). Viele Didaktiker plädieren daher für einen kritischen und reflektierten Einsatz von Metaphern in der Wissens­vermittlung (vgl. ebd.: 96). Finke (2003) unterscheidet in diesem Zusammen­hang zwischen guten und schlechten Metaphern. „Gute Metaphern sind solche, die unsere Kenntnisse gegenüber dem status quo erweitern oder verbessern, schlechte sind solche, die das nicht tun oder sogar das Gegenteil bewirken“ (Finke 2003: 49). Spezifischer beschäftigt sich zum Beispiel Kattmann (2005) mit Anthropomorphien in der Wissensvermittlung der Biologie und kommt zu dem Schluss, dass sie das Lernen und Verstehen erleichtern und aufgrund ihrer vermenschlichenden Funktion Empathie und Interesse fördern können. Außerdem können Schülerinnen und Schüler so lernen, „das metaphorische ‚als ob‘ in anthropomorphen Aussagen zu reflektieren und sich dadurch von einem naiv-realistischen Verständnis zu distanzieren“ (Kattmann 2005: 172). Andererseits bergen anthropomorphe Metaphern die Gefahr, von den Lernenden wörtlich verstanden zu werden. Das Beispiel der ‚kranken Gene‘ macht diesen Zwiespalt deutlich, da hier einerseits die Gefahr besteht, dass die Aussage wörtlich verstanden wird und einem Gen Eigenschaften zuge­schrieben werden, die es de facto nicht besitzt. Andererseits können solche Ausdrücke auch Empathie fördern und der Sachverhalt lässt sich leichter lernen, sodass Anthropomorphien also nicht vermieden, sondern nur geschickt ausgewählt und eingesetzt werden sollten (vgl. ebd.: 173).

Auf der Grundlage der in Abschnitt 2 dargestellten Erkenntnisse zu Metaphern in der Wissenschaft und der Wissensvermittlung soll nun in Abschnitt 3 anhand einer vergleichenden Analyse eines spanischsprachigen Lehrbuchtextes und eines Onlinevideos insbesondere die didaktische Funktion von Metaphern in der Wissensvermittlung der Genetik näher unter­sucht werden.

3.    Analyse

In der folgenden Analyse wird der Fragestellung nachgegangen, ob sich der Ge­brauch von Metaphern in einem Onlinevideo von dem in einem Schul­lehrbuch für die Oberstufe unterscheidet. Angesichts der Ergebnisse von Knudsen (2003) und Liebert (1995), die in Abschnitt 2.2 dargestellt wurden, lässt sich vermuten, dass in dem Onlinevideo verstärkt offene und pädagogische sowie relativ konkrete Metaphern verwendet werden, da sich solche Videos in der Regel an einen weniger fachlichen Adressatenkreis richten.

In methodischer Hinsicht soll die Metaphernanalyse im vorliegenden Fall in Form einer qualitativen Analyse erfolgen. Als Grundlage dienen die in Abschnitt 2.1 dargestellte kognitive Metapherntheorie sowie die Ansätze zu Metaphern in der Wissenschaft und in der Wissensvermittlung aus den Abschnitten 2.2 bis 2.4. Neben Metaphern werden auch Vergleiche in die Analyse mit einbezogen. Der Fokus der Analyse soll auf Metaphern liegen, die den Aufbau der DNA und die Prozesse der DNA-Replikation und der Proteinbiosynthese beschreiben, um eine bessere Vergleichbarkeit zwischen den Metaphern im Medium Buch und im Medium Video herzustellen.

Den Korpus der Analyse bilden ein Lehrbuchtext und ein Onlinevideo. Der analysierte Lehrbuchtext (Reyes Méndez 2011: 58-62) entstammt einem spanischsprachigen Biologie-Lehrbuch für die Oberstufe und ist als Ein­führung in das Themengebiet der molekularen Genetik zu sehen, setzt jedoch ein grundlegendes, allgemeines biologisches Vorwissen voraus. Das analy­sierte Video mit dem Titel „¿Qué es el ADN y cómo funciona?“ (Perry 2014) ist auf der Onlineplattform YouTube hinterlegt und gehört zu einer Reihe von Videos namens Stated clearly (Claramente declarado), die Inhalte aus den Be­reichen Genetik und Evolution in einfacher Sprache vermittelt. Aus dem verwendeten sprachlichen Register, was zum Beispiel in der Anrede mit Du oder in Formulierungen wie „probablemente has oído hablar de que […]“ (ebd.: Z. 8) deutlich wird, lässt sich schließen, dass sich das Video primär an Kinder richtet.[1]

Nachfolgend werden die Ergebnisse der Metaphernanalyse des Lehrbuches und des Videos zunächst einzeln dargestellt (Abschnitte 3.1 und 3.2). Am Ende dieses Abschnitts findet sich jeweils eine tabellarische Übersicht der gefundenen Metaphern. Die Analyse folgt der Struktur der Tabelle und be­zieht sich auf die dort angegebenen Metaphern. In den Abschnitten 3.3 und 3.4 werden die Ergebnisse dann miteinander verglichen und diskutiert.

3.1  Metapherngebrauch im Lehrbuch

In dem analysierten Lehrbuch (Reyes Méndez 2011: 58-62) wird die DNA als „la clave para la vida“ (ebd.: 58) und als „material hereditario“ (ebd.: 59) be­schrieben. Es handelt sich hierbei um Strukturmetaphern, bei denen die Konzepte SCHLÜSSEL und MATERIAL auf die DNA übertragen werden. Ihr wird also die Funktion zugeschrieben, im metaphorischen Sinne etwas aufschließen zu können bzw. als Ressource für einen Herstellungsprozess zu dienen. In der Beschreibung der Funktion der DNA finden sich außerdem mehrere Personifikationen, die der DNA also Eigenschaften eines LEBEWESENS zuschreiben: „da instrucciones“ (ebd.: 58), „porta […] la información genética“ (ebd.: 58) sowie „puede sufrir mutaciones“ (ebd.: 58). In diesen Fällen wird die DNA metaphorisch als BEFEHLSGEBER und als INFORMATIONS­TRÄGER konzeptualisiert. Die beiden Konzepte lassen sich dem Ursprungsbereich COMPUTERPROGRAMM zuordnen, der auch schon in der Studie von Majoros und Csatár als metaphorisches Modell benannt wurde (vgl. Majoros/Csatár 2011: 153). Die metaphorischen Konzepte ERB­MATERIAL und INFORMATIONSTRÄGER finden sich regelmäßig auch in der Fachliteratur zur Genetik wieder, so zum Beispiel im Taschenlehrbuch Biologie: Genetik, welches im Georg Thieme Verlag erschienen ist (vgl. Munk 2010: 3), und können daher als geschlossen und theoriekonstitutiv gelten. Die Metaphern ‚SCHLÜSSEL des Lebens‘ und ‚eine Mutation ERLEIDEN‘ lassen sich hingegen nicht unbedingt als Bestandteil der Fachterminologie und somit auch nicht als theoriekonstitutiv bezeichnen. Allerdings sind diese beiden Metaphern in der Alltagssprache relativ gebräuchlich: der Ausdruck ‚einen Schaden erleiden‘ wird häufig auch für Objekte, wie beispielsweise ein Auto, gebraucht, der Ausdruck Schlüssel etwa in Phrasen wie ‚der Schlüssel zum Verständnis‘, sodass es sich hier dennoch eher um geschlossene Metaphern handelt. Die Personifikation ‚Befehle geben‘ wird in dieser Form auch eher nicht in der Fachsprache verwendet und ist somit prinzipiell als offene Metapher zu bezeichnen. Das dahinterstehende metaphorische Konzept der DNA als COMPUTERPROGRAMM ist jedoch in der Genetik sehr verbreitet (vgl. Majoros/Csatár 2011: 153) und kann daher als theoriekonstitutiv gelten.

Die Form der DNA wird mit den metaphorischen Konzepten KETTE („cadena“, Reyes Méndez 2011: 59) und FADEN („hebra“, ebd.: 59) beschrieben. Beide Ausdrücke sind auch in der Fachliteratur gebräuchlich (vgl. z.B. Munk 2010: 100/25) und können somit als geschlossene Metaphern gelten. Allerdings handelt es sich in diesen Fällen nicht unbedingt um theoriekonstitutive Metaphern im Sinne Boyds, da die Ausdrücke im Fachdiskurs häufig auch durch andere Bezeichnungen, vor allem durch den Ausdruck Strang (ebd.: 135), beschrieben werden. Daneben findet sich in dem analysierten Lehrbuch aber auch eine nicht-metaphorische und geometrisch präzisere Beschreibung der DNA als Doppelhelix („doble hélice“, Reyes Méndez 2011: 59).

Die Abfolge der Basenpaare der DNA wird mit den beiden Strukturmetaphern SEQUENZ („secuencia“, Reyes Méndez 2011: 58) und INFORMATION („información“, ebd.: 58) beschrieben. Das Konzept der SEQUENZ bezeichnet, wie auch in anderen Fachbereichen, allgemein eine Abfolge, wohingegen das Konzept der INFORMATION eine Bedeutung der Basenpaare impliziert. Hier lässt sich der Fokussierungseffekt von Metaphern feststellen, da beide Konzepte unterschiedliche Eigenschaften der DNA in den Vordergrund rücken. Beide Ausdrücke stellen feste und nicht ersetzbare Bestandteile der Fach­terminologie dar (vgl. z.B. Munk 2010: 8/4) und sind somit als geschlossene und theorie­konstitutive Metaphern anzusehen. In dem Ausdruck „Contienen la información genética“ (Reyes Méndez 2011: 58) tritt zudem nach Lakoff und Johnson eine Gefäßmetapher hervor: DIE DNA IST EIN GEFÄSS. Das ‚Ablesen‘ der DNA-Sequenz wird als KOPIEREN („copiaba“, ebd.: 59) bezeichnet, wobei ein DNA-Strang als „molde“ (ebd.: 59), also als MATRIZE bzw. GUSSFORM, fungiert. Der ‚Ablesevorgang‘ wird also durch Metaphern aus dem Ursprungsbereich des MASCHINELLEN BUCHDRUCKS beschrieben. Beide Konzepte sind ebenfalls in der Fachterminologie fest etabliert (vgl. z.B. Munk 2010: 70/100) und können somit als geschlossen und theoriekonstitutiv gelten.

Analog zur DNA wird auch die mRNA mit einer Personifikation belegt: „tiene un tiempo corto de vida“ (Reyes Méndez 2011: 61). Die Verwendung der Metapher LEBENSDAUER in Bezug auf die mRNA oder bestimmte Zelltypen findet sich auch in der Fachliteratur wieder (vgl. z.B. Munk 2010: 146/297), weshalb hier von einer geschlossenen Metapher gesprochen werden kann. Als theoriekonstitutiv ist diese Metapher allerdings nicht unbedingt zu bezeichnen, da die Eigenschaft der kurzen Beständigkeit auch umschrieben werden kann. Das Aussehen der tRNA wird bildlich als LOCKEN („bucles“, Reyes Méndez 2011: 62) bzw. KLEEBLATT („hoja de trébol“, ebd.: 62) beschrieben. Dies geschieht allerdings nicht als Metapher, sondern in Form eines Vergleiches. Zumindest die Bezeichnung ‚Kleeblattstruktur‘ ist auch in der Fachsprache gebräuchlich, wird dort allerdings ebenfalls eher als Vergleich dargestellt: „in der zweidimensionalen Darstellung ähnelt die Struktur einem Kleeblatt“ (Munk 2010: 189). Insofern handelt es sich eher um offene und pädagogische Metaphern. Bei den im Buch angesprochenen Enzymen findet sich die ebenfalls von Majoros und Csatár beschriebene Konzeptualisierung als MASCHINEN bzw. ARBEITER wieder, welche sich hier in dem meta­phorischen Ausdruck AKTIVIEREN („se activan“, Reyes Méndez 2011: 60) und der Personifikation ARBEITEN („trabaje“, ebd.: 60) zeigt (vgl. Majoros/ Csatár 2011: 153). Da beide Begriffe auch in der Fachliteratur verwendet werden (vgl. z.B. Munk 2010: 344/90) und nach Majoros und Csatár Bestandteil eines essentiellen metaphorischen Modells der Zellbiologie sind, kann also in diesem Fall von geschlossenen und theoriekonstitutiven Metaphern gesprochen werden. Die für den Ort der Replikation ikonisch verwendeten Metaphern Replikations-BLASE („burbuja de replicación“, Reyes Méndez 2011: 60) und Replikations-GABELN („horquillas de replicación“, ebd.: 60) sind in der Genetik speziell für den Prozess der DNA-Replikation als Fachbe­griffe etabliert und werden zum Beispiel auch bei Munk (2016: 109) verwendet, sodass sie als geschlossene und theoriekonstitutive Metaphern gelten können.

Die Funktion der DNA

  • „es la clave para la vida“ (S. 58)
  • „era el material hereditario“ (S. 59)
  • „le da instrucciones a la célula“ (S. 58)
  • porta […] la información genética“ (S. 58)
  • „puede sufrir mutaciones“ (S. 58)

Die Form der DNA

  • „dos largas cadenas de nucleótidos unidas entre sí en forma de una doble hélice“ (S. 59)
  • una hebra del ADN“ (S. 59)

Die Sequenz der DNA (bzw. RNA) und der ‚Ablese­vorgang‘ bei der DNA-Replikation bzw. der Proteinbiosynthese

  • „su secuencia“ (S. 58)
  • Contienen la información genética“ (S. 58)
  • „cómo este ácido nucleico copiaba su información“ (S. 59)/„la información copiada del ADN“ (S. 61)
  • las hebras preexistentes sirven como molde complementario a las nuevas“ (S. 59)

 

Weitere Komponenten innerhalb der DNA-Replikation bzw. der Proteinbiosynthese

  • el ARN mensajero: “tiene un tiempo corto de vida“ (S. 61)
  • el ARN de transferencia:

„Sus moléculas adquieren un aspecto de bucles, como una ‘hoja de trébol‘“ (S. 62)

  • las enzimas:

se activan otras enzimas“ (S. 60)

„Para que trabaje la ADN polimerasa“ (S. 60)

  • la burbuja de replicación:

„se forma un área conocida como burbuja de replicación, donde se encuentran las horquillas de replicación“ (S. 60)

Tabelle 1: Übersicht über die ermittelten Metaphern und Vergleiche im Lehrbuch (Reyes Méndez 2011), sortiert nach inhaltlichen Kategorien. Metaphern sind in Fettdruck, Vergleiche durch Kursivsetzung hervorgehoben.

3.2  Metapherngebrauch im Onlinevideo

In dem analysierten Video (Perry 2014) werden die Begriffe PLAN („plano“, Z. 8) und REZEPT („receta“, ebd.) aus den Ursprungsbereichen BAUEN bzw. HAUSHALT auf den Zielbereich der DNA übertragen. Es handelt sich bei diesen beiden Metaphern um Konzepte aus dem Erfahrungsbereich des all­täglichen Lebens, die nicht der biologischen Fachterminologie entstammen und somit als offene und pädagogische Metaphern klassifiziert werden können. Die DNA wird außerdem durch die Personifikationen SAGEN („decirles“, ebd.: Z. 26f.), LEBEN („viviendo“, ebd.: Z. 38), ERSCHAFFEN („crea“, ebd.: Z. 59) und MACHEN („hace“, ebd.: Z. 25) metaphorisch als LEBEWESEN kon­zeptualisiert und insbesondere durch die ihr zugeschriebene Fähigkeit der ver­balen Kommunikation sogar implizit als MENSCH verbildlicht. Die ge­nannten Personifikationen finden sind in diesem Zusammenhang in der Regel nicht in der Fachliteratur wieder. Somit sind sie als offene Metaphern anzu­sehen und erfüllen hier eine pädagogische Funktion.

Das Aussehen der DNA wird im Video zunächst als „ein Haufen aneinander­geklebter Atome“ („un montón de átomos pegados“, ebd.: Z. 4f.) beschrieben. Die Metapher KLEBEN für die Beschreibung chemischer Verbindungen wird im Fachdiskurs nicht verwendet und kann folglich ebenfalls als offene, pädagogische Metapher angesehen werden. Die genaue Form der DNA wird mit der Strukturmetapher TREPPE bzw. LEITER („escalera“, ebd.: Z. 6) be­schrieben, die durch die Ergänzung „en forma de espiral“ (ebd.) näher als WENDELTREPPE bzw. WENDEL-STRICKLEITER spezifiziert wird. Außer­dem bildet sie weitere konzeptuelle Entsprechungen und Möglichkeiten der Ausdifferenzierungen: Die Basenpaare der DNA sind STUFEN bzw. SPROSSEN („peldaños“, ebd.: Z. 32) und ein Einzelstrang der DNA wird als „la mitad de la escalera“ (ebd.: Z. 34f.) bezeichnet. Die Metapher der TREPPE wird in der Fachliteratur eher nicht verwendet, wohl aber das Konzept der STRICKLEITER und die entsprechende Bezeichnung der Basenpaare als SPROSSEN, die allerdings bei Munk (2010: 89) nicht als Metaphern, sondern in Form von Vergleichen verwendet werden. Auch in anderen fachwissen­schaftlichen Quellen, wie zum Beispiel im Campbell Biologie, wird das Konzept der STRICKLEITER zur Erklärung des Modells der DNA verwendet: „Stark vereinfacht ähnelt das Modell einer Strickleiter mit festen Sprossen. Die seitlich verlaufenden Seile entsprechen dem Zucker-Phosphat-Gerüst, die Basen den Leitersprossen“ (Reece et al. 2016: 412). Der Vergleich mit einer STRICKLEITER wird also auch in fachwissenschaftlichen Quellen verwendet. Es handelt sich jedoch nicht um eine geschlossene Metapher. Vielmehr ist ihre Metaphorizität sehr auffallend und wird gezielt zur Veranschaulichung der Struktur genutzt, weshalb in diesem Fall dennoch von einer offenen und pädagogischen Metapher gesprochen werden kann. Darüber hinaus wird der aufgewundene Zustand der DNA bildlich durch den Vergleich mit einer FADENNUDEL („enroscada como un fideo“, Perry 2014: Z. 38) dargestellt, der ebenso wie die Konzepte KLEBEN und TREPPE dem Ursprungsbereich HAUSHALT entstammt. Das metaphorische Konzept einer FADENNUDEL ist in der genetischen Fachsprache nicht üblich und kann daher als offene und pädagogische Metapher eingeordnet werden.

Für die Abfolge der Basenpaare werden im Video die Metaphern CODE („código“, ebd.: Z. 35) und SEQUENZ („secuencia“, ebd.) verwendet. Beide Metaphern werden in der Genetik eigentlich als feststehende Fachbegriffe und somit als geschlossene, theoriekonstitutive Metaphern verwendet (Munk 2010: 178), werden hier jedoch zur Erklärung durch die Adjektive „químico“ (Perry 2014: Z. 35) bzw. „genética“ (ebd.: Z. 36) ergänzt und somit in gewisser Weise wieder geöffnet. Das ‚Ablesen‘ der Sequenz wird im Video durch die Strukturmetaphern LESEN („leer“, ebd.: Z. 35) und BUCHSTABEN („letras“, ebd.: Z. 37) sowie den Vergleich mit einem BUCH („libro“, ebd.: Z. 36) erklärt. Diese Metaphern entstammen alle dem Ursprungsbereich LESEN und suggerieren, dass das ‚Ablesen‘ der Basensequenz wie das Lesen von Schrift­zeichen abläuft. Die Metapher des LESENS erweist sich für den Bereich der Genetik ebenso als theoriekonstitutiv, da sie, zumindest bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt, kaum anders sprachlich erfasst werden kann. In der Fachliteratur wird der Begriff ablesen in der Regel ohne Erklärungen als etablierter Fach­begriff und somit als geschlossene Metapher verwendet (vgl. z.B. Munk 2010: 93). In dem Onlinevideo hingegen scheint die Metapher des LESENS zur Erklärung wieder geöffnet zu werden: „se puede leer su código químico o secuencia genética de arriba abajo como un libro”(Perry 2014: Z. 35f.). Unterstützt wird die Veranschaulichung durch den Vergleich mit einem BUCH und durch die Orientierungsmetapher „de arriba abajo“ (ebd.: Z. 36). Es wird also ein Bild erzeugt, in dem der Anfang der DNA-Sequenz wie bei einem Buch oben situiert wird, während das Ende sich unten befindet. Hinzu kommt die Personifikation „cada juego de tres letras del código del ARN le dice al ribosoma“ (ebd.: Z. 51f.), die die Vorstellung erzeugt, dass jeweils drei BUCHSTABEN des Codes ein Wort bilden. Die metaphorischen Konzepte BUCHSTABEN und BUCH dienen hier also der Erklärung und sind daher als offene und pädagogische Metaphern zu bezeichnen. Auch in Fachlehrbüchern werden zum Teil zur Erklärung unterstützende, kohärente Metaphern ver­wendet. Sie werden dort aber zumeist als solche gekennzeichnet, beispiels­weise durch Anführungs­zeichen: „In der ‚Sprache‘ der Nucleinsäuren gibt es vier ‚Buchstaben‘: A, T, G und C“ (Munk 2010: 179).

Die Beschreibung der Ribosomen erfolgt im Video über die Strukturmetapher MASCHINE („máquinas“, Perry 2014: Z. 47). Kohärent dazu wird der Prozess der Protein­biosynthese, der an den Ribosomen abläuft, als KONSTRUKTION bzw. HERSTELLUNG verstanden: „construyen las proteínas“ (ebd.: Z. 47f.). Metaphern aus dem Ursprungsbereich der MASCHINELLEN HERSTELLUNG werden auch in der Fachliteratur verwendet. Allerdings treten die Ribosomen dort nicht direkt als ‚Maschinen‘ hervor, die aktiv etwas herstellen. Vielmehr ist dort allgemein von einem Syntheseprozess die Rede, der an den Ribosomen stattfindet (Munk 2010: 4). Obwohl das Konzept der Synthese als theorie­konstitutiv gelten kann, sind also die Metaphern MASCHINE und HERSTELLEN selbst in diesem Kontext eher als offene und pädagogische Metaphern zu bezeichnen. Das Material für diesen Herstellungsprozess sind die Aminosäuren, die im Video als ZIEGELSTEINE („ladrillos“, Perry 2014: Z. 14) beschrieben werden. Es folgt außerdem ein Vergleich mit LEGO­STEINEN („legos“, ebd.: Z. 16), der diesen Konstruktionsprozess noch stärker verbild­licht und von der kindlichen Alltagswelt aus konzeptualisiert. Diese beiden meta­phorischen Konzepte werden in der Fachliteratur nicht verwendet und lassen sich aufgrund der auffallenden Metaphorizität und ihrer veranschaulichenden Funktion als offene und pädagogische Metaphern bezeichnen. Außerdem entstammen sie nicht mehr dem Ursprungsbereich der MACHINELLEN HERSTELLUNG, sondern vielmehr dem Bereich BAUEN. Analog zur DNA werden darüber hinaus im Video auch die Aminosäuren mit der Personifikation „viven“ (ebd.: Z. 40) belegt und somit metaphorisch als LEBEWESEN erfasst, wobei es sich ebenfalls um eine offene, pädagogische Metapher handelt.

Die Funktion der DNA

  • „actúa como un plano o una receta“ (Z. 8)
  • „una de sus funciones […] es decirles a los aminoácidos […]“ (Z. 26f.)
  • viviendo en el interior del núcleo“ (Z. 38)
  • „el ADN crea al ARN“ (Z. 59)
  • „El ADN hace muchas cosas interesantes“ (Z. 25)

Die Form der DNA

  • „Es un montón de átomos pegados“ (Z. 4f.)
  • „la forma de una larga escalera en forma de espiral“ (Z. 6)
  • los peldaños de la escalera“ (Z. 32f.)
  •  „la mitad de la escalera“ (Z. 34f.)
  • „está enroscada como un fideo“ (Z. 38)

Die Sequenz der DNA (bzw. RNA) und der ‚Ablese­vorgang‘ bei der DNA-Replikation bzw. der Protein­biosynthese

  • „se puede leer su código químico o secuencia genética de arriba abajo como un libro“ (Z. 35f.)
  • „Millones de letras“ (Z. 37)
  • „Cada juego de tres letras del código del ARN le dice al ribosoma […]“ (Z. 51f.)

 

Weitere Kompo­nenten innerhalb der DNA-Repli­kation bzw. der Proteinbiosynthese

  • los ribosomas:

„los ribosomas son máquinas que construyen las proteínas“ (Z. 47f.)

  • los aminoácidos:

„Los aminoácidos […] viven afuera del núcleo“
(Z. 40)

los ladrillos de la vida“ (Z. 14f.)

„se pueden conectar así como si fuesen ‚legos‘“ (Z. 16)

Tabelle 2: Übersicht über die ermittelten Metaphern und Vergleiche im Onlinevideo
(Perry 2014), sortiert nach inhaltlichen Kategorien. Metaphern sind in Fettdruck,
Vergleiche durch Kursivsetzung hervorgehoben.

3.3  Vergleich der gefundenen Metaphern nach Ursprungsbereichen

Im Folgenden sollen die Ergebnisse der Einzelanalysen miteinander ver­glichen werden. Zur besseren Übersicht werden zunächst in Tabelle 3 die wesentlichen Ursprungsbereiche der gefundenen Metaphern gegenübergestellt, um diese im Weiteren miteinander zu vergleichen.

Lehrbuch

Onlinevideo

  • COMPUTERPROGRAMM
  • LEBEWESEN
  • HAUSHALT
  • MASCHINELLER BUCHDRUCK
  • MASCHINELLE HERSTELLUNG
  • COMPUTERPROGRAMM
  • LEBEWESEN (MENSCH)
  • HAUSHALT
  • LESEN

 

  • MASCHINELLE HERSTELLUNG/ BAUEN

Tabelle 3: Übersicht über die Ursprungsbereiche der gefundenen Metaphern im Lehrbuch
und im Onlinevideo.

So zeigt die vorangegangene Analyse auf, dass es in beiden Medien Metaphern gibt, die dem Ursprungsbereich COMPUTERPROGRAMM zuzu­ordnen sind, der, wie in Abschnitt 3.1 dargestellt, grundsätzlich als theoriekonstitutiv für die Genetik anzusehen ist. Im Lehrbuch sind hier vor allem die metaphorischen Konzepte BEFEHLSGEBER, INFORMATIONS­TRÄGER, SEQUENZ und INFORMATION anzuführen, im Video hingegen die Metaphern CODE und SEQUENZ. Die im Lehrbuch verwendeten Metaphern konnten, mit Ausnahme der Personifikation „da instrucciones“ (Reyes Méndez 2011: 58), als geschlossene Metaphern eingeordnet werden. Während der Ausdruck SEQUENZ im Lehr­buch als geschlossene Metapher erscheint, wird er im Video zusätzlich durch die Metapher CODE und den Vergleich mit einem BUCH kontextualisiert: „se puede leer su código químico o secuencia genética de arriba abajo como un libro“ (Perry 2014: Z. 35f.). Die Metapher der SEQUENZ wird also in gewisser Weise wieder geöffnet.

Der Ursprungsbereich LEBEWESEN tritt sowohl im Buch als auch im Video in Form von Personifikationen in Erscheinung. Es handelt sich zwar formal in beiden Medien um Personifikationen, jedoch unterscheiden sie sich hin­sichtlich der Stärke der wahrgenommenen Metaphorizität durch die Leserinnen und Leser (vgl. Debatin 1995: 147). Die Metaphorizität der im Buch verwendeten Personifikationen ARBEITEN, ERLEIDEN, LEBENSDAUER und INFORMA­TIONSTRÄGER fällt beim Lesen nicht so stark auf, da diese Metaphern, wie in Abschnitt 3.1 dargestellt, auch regelmäßig in der Fach- oder Alltagssprache genutzt werden. Somit können sie als geschlossene und im Falle von ARBEITEN und INFORMATIONSTRÄGER zudem auch als theorie­konstitutive Metaphern angesehen werden. Lediglich die Personifikation „da instrucciones“ (Reyes Méndez 2011: 58) bildet als offene Metapher eine Aus­nahme. Im Gegensatz zu den eher geschlossenen Personifikationen im Lehrbuch müssten die im Video verwendeten Metaphern SAGEN und LEBEN dem Rezipienten deutlicher auf­fallen, weil sie üblicherweise im Fachdiskurs und auch im alltäglichen Gespräch zwischen Erwachsenen nicht auf Objekte ange­wendet werden. Sie erzeugen also noch offensichtlicher die Vorstellung eines (im ersten Fall sogar mensch­lichen) LEBEWESENS und können daher als offene und pädagogische Metaphern gelten.

Außerdem werden in beiden Medien metaphorische Konzepte verwendet, die sich als Alltagsgegenstände in gewisser Weise dem Ursprungsbereich HAUS­HALT zuordnen lassen. Darunter fallen die Metaphern KETTE und FADEN aus dem Buch und die Metaphern REZEPT, TREPPE/LEITER, STUFEN/ SPROSSEN und KLEBEN sowie der Vergleich mit einer FADENNUDEL aus dem Video. Wie bereits in den Einzelanalysen heraus­gestellt wurde, handelt es sich bei KETTE und FADEN zwar nicht um theoriekonstitutive, aber immerhin um geschlossene Metaphern, da sie regelmäßig im Fachdiskurs verwendet werden. Die Metaphorizität von FADENNUDEL, TREPPE/ LEITER, STUFEN/SPROSSEN, KLEBEN und REZEPT ist hingegen auffälliger. Obwohl der Vergleich mit einer STRICKLEITER auch in der Fachliteratur herangezogen wird, sind alle diese metaphorischen Konzepte, wie in Abschnitt 3.2 herausgestellt, als offene Metaphern einzuordnen und erfüllen eine pädagogische Funktion.

In Bezug auf den ‚Ablesevorgang‘ der DNA lassen sich zwei unterschiedliche Ursprungsbereiche im Buch und im Video ausmachen. Im Lehrbuch wird der Prozess der DNA-Replikation mit den Metaphern KOPIEREN und MATRIZE/GUSSFORM aus dem Ursprungsbereich des MASCHINELLEN BUCHDRUCKS dargestellt. In beiden Fällen handelt es sich um geschlossene und theoriekonstitutive Metaphern. Im Video hingegen wird die Protein­biosynthese durch die Metaphern LESEN, BUCHSTABEN und BUCH aus dem Ursprungs­bereich LESEN konzeptualisiert. Die für die Genetik theorie­konstitutive und tendenziell geschlossene Metapher des LESENS wird hier zur Erklärung wieder geöffnet und auch die unterstützenden Metaphern BUCH­STABEN und BUCH können als offene und pädagogische Metaphern bezeichnet werden. Die unterschiedlichen Ursprungsbereiche in den beiden Medien sind vermutlich auf die Tatsache zurückzuführen, dass hier zwei verschiedene Prozesse beschrie­ben werden: im Lehrbuch die DNA-Replikation, also die identische Verdopplung der DNA, und im Video die Proteinbiosynthese, also die ‚Übersetzung‘ bestimmter DNA-Abschnitte über die mRNA und die tRNA in eine Aminosäuresequenz.

Darüber hinaus werden im Lehrbuch und im Video weitere Komponenten der DNA-Replikation und der Proteinbiosynthese beschrieben. Im Lehrbuch wird die Aktivität der Enzyme bei der DNA-Replikation mit den geschlossenen und theoriekonstitutiven Metaphern AKTIVIEREN und ARBEITEN aus dem Ursprungsbereich der MASCHINELLEN HERSTELLUNG dargestellt. Der Prozess der Proteinbiosynthese wird im Video ebenfalls durch Metaphern aus dem Ursprungsbereich der MASCHINELLEN HERSTELLUNG beschrieben. Bei den hier verwendeten Metaphern MASCHINE und HERSTELLEN handelt es sich jedoch eher um offene, pädagogische Metaphern. Daneben werden im Video zusätzlich Metaphern verwendet, die dem Ursprungsbereich BAUEN zuzuord­nen sind, wie etwa PLAN, ZIEGELSTEINE und LEGOSTEINE, die in Abschnitt 3.2 als offene und pädagogische Metaphern klassifiziert werden konnten.

Abschließend sollen im folgenden Abschnitt die Ergebnisse der Einzel­analysen und des Vergleichs der wesentlichen Ursprungsbereiche der ver­wendeten Metaphern diskutiert werden.

3.4  Diskussion

Der Vergleich der Ursprungsbereiche der in Lehrbuch und Video verwendeten Metaphern zeigt, dass drei der fünf wesentlichen Ursprungsbereiche über­einstimmen. Der Ursprungsbereich der MASCHINELLEN HERSTELLUNG überschneidet sich ebenfalls, wird jedoch im Video durch den aus kindlicher Sichtweise greifbareren und konkreteren Ursprungsbereich BAUEN ergänzt. Diese Greifbarkeit zeigt sich besonders gut in dem Vergleich der Aminosäuren mit LEGOSTEINEN, welche unmittelbar der kindlichen Erfahrungswelt entstammen. In Bezug auf den ‚Ablesevorgang‘ der DNA werden zwei unter­schiedliche Ursprungsbereiche verwendet. Der Ursprungsbereich MASCHI­NELLER BUCHDRUCK gehört eher dem industriellen Umfeld an, wohin­gegen der im Video verwendete Ursprungsbereich LESEN alltagsnäher und somit konkreter ist. In diesem Fall kann die Verwendung unterschiedlicher Ursprungsbereiche, wie bereits in Abschnitt 3.3 erwähnt, jedoch auch darauf zurückgeführt werden, dass in den Quellen zwei unterschiedliche Prozesse beschrieben werden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich zwar die Ursprungsbereiche der gefundenen Metaphern in vielen Bereichen nicht voneinander unterscheiden, wohl aber die einzelnen Metaphern, die aus diesen Ursprungsbereichen jeweils verwendet werden. In dem analysierten Onlinevideo werden zum Teil dieselben Konzepte wie im Lehrbuch durch noch konkretere und aus der kindlichen Erfahrungswelt heraus greifbarere und anschaulichere Metaphern dargestellt. So wird zum Beispiel die DNA im Lehrbuch durch die in der Fachsprache etablierte Metapher der KETTE beschrieben, im Video hingegen als FADENNUDEL. Außerdem werden in diesem Zusammenhang im Video viele sehr konkrete Personifikationen ver­wendet, deren Metaphorizität im Allgemeinen auffälliger ist als die der Personifikationen im Lehrbuch. So ist die Personifikation SAGEN („le dice al ribosoma“, Perry 2014: Z. 52) aus dem Video zum Beispiel noch konkreter als die Metapher der DNA bzw. RNA als BEFEHLSGEBER („le da instrucciones a la célula“, Reyes Méndez 2011: 58) aus dem Lehrbuch, da die verbale Kommunikation aus der kindlichen Erfahrungswelt heraus leichter nachvollziehbar ist als die Vorstellung von Befehlen innerhalb eines Computer­programms. Zunächst lässt sich also die Hypothese bestätigen, dass im Onlinevideo tendenziell konkretere metaphorische Ausdrücke verwendet werden als im Lehrbuch (vgl. Liebert 1995: 174f.).

Im Lehrbuch sind darüber hinaus bis auf wenige Ausnahmen geschlossene und theoriekonstitutive Metaphern, oft in Form von etablierten Fachbegriffen, vor­herrschend, während im Onlinevideo überwiegend offene und pädagogische Metaphern verwendet werden. Außerdem werden vereinzelt auch theorie­konstitutive Metaphern wieder geöffnet, um sie für die Adressaten zu kontextualisieren und zu erklären, was beispielsweise bei den Metaphern SEQUENZ und LESEN beobachtet wurde. Diese Ergebnisse decken sich mit den Erkenntnissen von Knudsen (vgl. 2003: 1255f.) und bestätigen somit die aufgestellte Hypothese, dass im Video verstärkt offene und pädagogische Metaphern verwendet werden.

Das analysierte Lehrwerk stellt gewissermaßen eine Zwischenform zwischen populärwissenschaftlichen und fachwissenschaftlichen Texten dar, da es sich zwar an Lernende mit noch geringem Vorwissen richtet, aber als offizielles Lehrbuch dennoch den Anspruch hat, eine adäquate Fachterminologie einzu­führen. Im Gegensatz zu Onlinevideos unterliegen Lehrbücher außerdem einer strengen Kontrolle bezüglich der adäquaten Darstellung der Inhalte. Dieser Aspekt spiegelt sich eben in der Tatsache wider, dass in dem Lehrbuch zwar überwiegend geschlossene und viele theoriekonstitutive Metaphern vor­kommen, sich einige der Metaphern aber auch nicht eindeutig als theorie­konstitutiv einordnen lassen. Zudem werden dennoch vereinzelt auch offene und pädago­gische Metaphern verwendet (KLEEBLATT und LOCKEN), die sich allerdings teilweise auch im Fachdiskurs wiederfinden. Führt man die Ergebnisse der vorliegenden Analyse mit denen von Knudsen zusammen, so könnte man sagen, dass Metaphern umso mehr geöffnet werden, je geringer der Grad der Fachlichkeit des Adressatenkreises ist.

Wie in der Analyse aufgezeigt wurde, sind viele der im Onlinevideo verwendeten metaphorischen Konzepte noch konkreter und näher an der kindlichen Erfahrungswelt orientiert als im Lehrbuch, wodurch das Ver­ständnis des komplexen und abstrakten Themas der Genetik erleichtert werden kann (vgl. Ciapuscio 2011: 91). Auch das Überwiegen von päda­gogischen Metaphern stützt diese These. Insofern lässt sich sagen, dass die Unterschiede im Metapherngebrauch in den beiden analysierten Medien wahr­scheinlich auch mit der leichteren Verständlichkeit von Onlinevideos einhergehen. Dies könnte einen Grund darstellen, warum sich Onlinevideos so großer Beliebtheit erfreuen. Aber bringt dieser veränderte Metapherngebrauch im Onlinevideo nur Vorteile mit sich, oder birgt er möglicherweise auch Gefahren?

Einige Kritiker sehen in Metaphern die Gefahr der unspezifischen Beschreibung und Verfälschung von Sachverhalten. Grundsätzlich eröffnet jede Metapher eine spezifische Perspektive auf einen Gegenstand. Auch geschlossene und theoriekonstitutive Metaphern, die einen festen Bestandteil der Fachterminologie bilden, wie etwa die Konzeption der DNA als COMPUTER­PROGRAMM können unter Umständen eine falsche Vorstellung bzw. ethisch bedenkliche Sichtweisen erzeugen, indem sie zum Beispiel suggerieren, dass die DNA beliebig manipulierbar sei (vgl. z.B. Stoschus 2005: 60). Es stellt sich allerdings hier in Hinblick auf die Fragestellung, ob sich der Metaphern­gebrauch im Lehrbuch von dem im Onlinevideo unterscheidet, die Frage, ob die Metaphern im Video den Gegenstand durch ihre größere Konkretheit noch stärker vereinfachen bzw. verfälschen als die Metaphern im Buch und somit falsche Vorstellungen erzeugen können. Ein Beispiel aus dem Video, das diese Befürchtung möglicherweise bestätigt, ist die Beschreibung des Aussehens der DNA als „ein Haufen aneinandergeklebter Atome“ („un montón de átomos pegados“, Perry 2014: Z. 4f.). Zum einen ist diese Beschreibung im Grunde für jedes Makromolekül zutreffend und somit sehr unspezifisch. Zum anderen erweckt die Metapher KLEBEN eine falsche Vorstellung von chemischen Bindungen und auch die Bezeichnung „Haufen“ wirkt sehr stark ver­einfachend und wird der regelmäßigen Anordnung von Basen, Zucker- und Phosphatteilchen fachlich nicht gerecht. Ebenso stellt die metaphorische Konzeptualisierung der DNA als FADENNUDEL und der Aminosäuren als ZIEGELSTEINE bzw. LEGOSTEINE natürlich eine extreme Vereinfachung dar. Es ist allerdings zu fragen, ob die Rezipienten diese Konzepte tatsächlich wörtlich verstehen bzw. Implikationen daraus ableiten. Zumindest bei den letzten Beispielen ist tendenziell davon auszugehen, dass den Rezipienten die eingeschränkte Übertragbarkeit der Eigenschaften einer NUDEL oder eines ZIEGELSTEINS auf die DNA bzw. die Aminosäuren bewusst sein sollte. Ebenso verhält es sich mit den Anthropomorphien, die in der Analyse als Personifikationen herausgestellt wurden. Einerseits erscheint es einsichtig, dass die Personifikation SAGEN („le dice al ribosoma“, Perry 2014: Z. 52) aus dem Video eine stärkere Verfälschung darstellt als die Personifikation BEFEHLE GEBEN („le da instrucciones a la célula“, Reyes Méndez 2011: 58) aus dem Lehrbuch, da hier eindeutig auf die menschliche Kommunikation Bezug genommen wird. Andererseits kann davon ausge­gangen werden, dass ein Großteil der Rezipienten potenziell verfälschende Anthropomorphien wie ‚DIE DNA SPRICHT‘ angemessen reflektieren kann und dadurch nicht un­bedingt Missverständnisse erzeugt werden. Grundsätzlich ist es allerdings schwer, pauschal zu sagen, ob ein metapho­risches Konzept nun Fehlvor­stellungen und unerwünschte Implikationen erzeugt oder nicht, da die Interpretation dieser Äußerungen letztendlich von Rezipient zu Rezipient unterschiedlich sein kann und die Deutung stark mit dem Alter und dem Vorwissen der Rezipienten und damit verbunden mit der Fähigkeit, das metaphorische „als ob“ angemessen reflektieren zu können, zusammenhängt (vgl. Kattmann 2005: 172). Einerseits besteht also gerade bei den stark vereinfachenden metaphorischen Konzepten im Onlinevideo potenziell die Gefahr der Verfälschung. Andererseits schaffen konkrete, auf die alltägliche Erfahrungswelt bezogene Metaphern sowie Anthropomorphien auch eine große Anschaulichkeit und Lebendigkeit der Inhalte und dadurch möglicher­weise einen gewissen Grad an Empathie, der sich motivierend auf das Lernen auswirken kann (vgl. ebd.). In dem analysierten Onlinevideo wird also zu­gunsten der Verständlichkeit eine sehr starke didaktische Reduktion vorge­nommen. Im Lehrbuch hingegen steht die adäquate Vermittlung des Fachwissens stärker im Fokus und es wird bereits ein gewisses Grund­verständnis vorausgesetzt, weshalb die didaktische Reduktion hier weniger stark ist.

4.    Fazit

In diesem Beitrag wurde zunächst dargestellt, dass Metaphern in der Wissen­schaft wichtige Funktionen erfüllen und insbesondere bei der Wissens­vermittlung auch eine pädagogische Funktion haben. In der Analyse wurden anschließend ein spanischsprachiger Lehrbuchtext und ein Online­video zum Thema Genetik miteinander verglichen, um mögliche Unterschiede im Metapherngebrauch festzustellen. Die Analyse konnte aufzeigen, dass sich der Metapherngebrauch im Schullehrbuch und im Onlinevideo tatsächlich von­einander unterscheidet. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in dem analysierten Lehrbuch bis auf einige Ausnahmen vor allem geschlossene und theoriekonstitutive Metaphern zu finden sind, während im Onlinevideo überwiegend offene und pädagogische Metaphern verwendet werden. Außerdem werden vereinzelt auch theoriekonstitutive Metaphern wieder geöffnet, um sie stärker zu veranschaulichen. Darüber hinaus sind viele der im Video verwendeten metaphorischen Konzepte konkreter und stärker an der kindlichen Erfahrungswelt orientiert, wohingegen das Lehrbuch eher zu bereits etablierten und überwiegend technischen bzw. industriellen Metaphern tendiert und damit näher an einem Fachdiskurs zu verorten ist. Und schließlich ist auch bei den im Video ermittelten Personifikationen bzw. Anthropomorphien die Metaphorizität stärker wahrnehmbar und lässt die Inhalte somit lebendiger wirken. Somit bestätigt sich die Hypothese, dass im Onlinevideo vor allem offene, pädagogische und relativ konkrete Metaphern verwendet werden. Es scheint, als machten die Unterschiede im Metaphern­gebrauch das Onlinevideo insgesamt anschaulicher, leichter verständlich und eventuell motivierender als das Lehrbuch und stellen somit einen möglichen Grund für die Beliebtheit solcher Onlinevideos dar. Andererseits wurde aber auch auf die Gefahr der Entstehung von falschen Vorstellungen durch eine zu starke Vereinfachung durch Metaphern hingewiesen.

Zu Bedenken ist jedoch, dass sich die in diesem Beitrag vorgestellten Er­gebnisse lediglich auf die Analyse eines Lehrbuches und eines Videos stützen. Um die Rolle von Metaphern in der Wissensvermittlung durch Lehrbücher bzw. Onlinevideos genauer zu untersuchen und repräsentativere Aussagen zu erlauben, müsste eine empirisch umfassendere Studie durchgeführt werden, die auf der Grundlage eines größeren Korpus aus mehreren Lehrwerken und Videos neben einer qualitativen auch eine quantitative Analyse umfasst. Um die didaktische Rolle von Metaphern sowie den Zwiespalt zwischen dem ‚Potenzial für das Lernen‘ und der ‚Entwicklung von falschen Vorstellungen‘ weiter aufzuklären, würde sich neben einer umfassenderen Metaphernanalyse auch eine Untersuchung an Lernenden anbieten: Denkbar wäre beispielsweise ein experimentelles Design, bei dem die Lernenden mit unterschiedlichen Metaphern konfrontiert werden und anschließend in einem Nachtest durch gezielte Fragen das erworbene Wissen und die vermittelten Vorstellungen abgefragt werden. Somit wirft der vorliegende Beitrag eine ganze Reihe von offenen Fragen auf: Lassen sich die Ergebnisse bei einem größeren Korpus replizieren und auf andere Bereiche übertragen? Erlauben konkretere Metaphern grundsätzlich ein besseres Verständnis? Erzeugen vereinfachende Metaphern notwendigerweise Fehlvorstellungen bei Lernenden? Welches Maß an didaktischer Reduktion durch vereinfachende Metaphern ist je nach Adressatenkreis angemessen? Er will damit mögliche Perspektiven für zukünftige Forschungsansätze auf dem Gebiet der didaktischen Metaphern­forschung in der Genetik, aber auch auf anderen Gebieten eröffnen.

5.    Literaturverzeichnis

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Perry, Jon (2014): ¿Qué es el ADN y cómo funciona? [Online unter: https://www.youtube.com/watch?v=NQaZecHCCNA (12.09.2016)].


6. Anhang

Transkription des analysierten Onlinevideos (Perry 2014)

¿Qué es el ADN y cómo funciona?

ADN, también llamado ácido desoxirribonucleico es una molécula. Es un montón de átomos pegados. En el caso del ADN estos átomos se combinan para crear la forma de una larga escalera en forma de espiral, como está aquí. Si alguna vez has estudiado biología o visto la película ‘Jurassic Park’, probablemente has oído hablar de que el ADN actúa como un plano o una receta para un ser vivo.

¿Pero cómo? ¿Cómo puede una molécula actuar como un plano para algo tan complejo y maravilloso como un árbol, un perro o un dinosaurio? Para ayudar a contestar esta pregunta, primero echamos un vistazo a los aminoácidos. Los aminoácidos son diminutas sustancias químicas dentro de nuestros cuerpos, que son tan importantes que a menudo se los refiere como los ladrillos de la vida. Hay alrededor de veinte tipos de aminoácidos, cada uno con su propia forma única. Lo fantástico es que se pueden conectar así como si fuesen ‚legos‘, para producir una gran variedad de partículas más grandes llamadas proteínas. Los aminoácidos forman las proteínas. Las proteínas, junto con otros productos químicos se combinan para formar las células. Las células forman tejidos, los cuales forman órganos y los órganos, cuando se juntan y funcionan, forman a los seres vivos como tú y yo. Estas proteínas que componen nuestro cuerpo, y ten en cuenta que hay millones de diferentes tipos de proteínas, deberán construirse en la forma perfecta para poder funcionar. Si tienen la forma equivocada por lo general no funcionan.

Allí es donde entra en el juego el ADN. El ADN hace muchas cosas interesantes, algunas de las cuales no entendemos del todo. Pero una de sus funciones principales y más claramente entendida es decirles a los aminoácidos cómo alinearse y organizarse en formas específicas para hacer proteínas que funcionen. En teoría, si las proteínas correctas se construyen en el momento adecuado y en el lugar correcto, todo lo demás, desde las células a los órganos y hasta los organismos enteros se crearán bien.

Este es un modelo simplificado del ADN. Nos muestra que los peldaños de la escalera se componen de cuatro diferentes tipos de productos químicos, que se muestran aquí con diferentes colores y letras. Si nos fijamos solamente en la mitad de la escalera, en realidad se puede leer su código químico o secuencia genética de arriba abajo como un libro. Una sola escalera de ADN es extremadamente larga. Millones de letras. Durante la mayor parte de su vida está enroscada como un fideo viviendo en el interior del núcleo o en el compartimiento central de la célula.

Los aminoácidos sin embargo viven afuera del núcleo en lo que se llama el citoplasma. Para ayudar al ADN a interactuar con el citoplasma y crear las proteínas, ciertos productos químicos especiales dentro del núcleo hacen copias parciales del código del ADN. Estos nuevos ejemplares llamados ARN se parecen al ADN, pero son más cortos por supuesto y les falta un lado de la escalera. El pequeño tamaño y la forma del ARN le permite pasar a través de pequeños poros en el núcleo hacia el citoplasma y dentro de la boca de otra partícula, llamada el ribosoma. Los ribosomas son máquinas que construyen las proteínas. Leen el ARN tres letras a la vez, recogen aminoácidos de sus alrededores y los enlazan entre sí para construir una cadena de acuerdo con el código del ARN. A medida que la cadena crece, se dobla, se pliega y se pega a sí misma para formar una proteína de forma perfecta. Cada juego de tres letras del código del ARN le dice al ribosoma cuál de las veinte variedades de aminoácidos hay que añadir a la cadena de proteína. Por ejemplo „C-A-A” le dice al ribosoma que recoja una glutamina, “A-G-U” dice que recoja una serina y así sucesivamente. Una vez que la proteína se termina de construir, se puede hacer un número de cosas diferentes. Una de esas podría ser ayudar a formar un nuevo tipo de célula.

Así que para responder a la pregunta original, ¿Qué es el ADN?, El ADN es un plano molecular para un ser vivo. ¿Cómo funciona? El ADN crea al ARN. El ARN crea proteínas. Y las proteínas pasan a formar la vida. Todo este proceso tan complicado, tan sofisticado, tan mágico como puede parecer se basa por completo en la química. De esta manera puede ser estudiado y se puede entender. Esto es el ADN claramente declarado.



[1] Eine Transkription des Videos ist diesem Beitrag angehängt.

 

“Is this road lazy or just incompetent?” Conceptual proximity as a parameter of salience in metonymies

Hubert Kowalewski

Abstract

Conceptual metonymy is often defined as a way of referring to one entity (the target) by means of another entity (the vehicle (cf. Lakoff and Johnson 1980:36) or as a shift in profile, so that one aspect of a construal is highlighted instead of another (e.g. Langacker 2008:69). Both of these approaches acknowledge that metonymy involves entities which “are somehow associated” and that this association is salient for the conceptualizer (Radden and Kövecses 1999:17), but the nature of this salience is rarely discussed. This article attempts to account for and parametrize salience in terms of conceptual proximity within a cognitive domain. The key postulate is that usually the most salient concept is the one which is the closest to the target concept within a network of contiguity relations defined relative to a cognitive domain. The default cognitive domain for selecting the vehicle is the domain of observables or direct physical interaction, but the choice of the domain is highly context-dependent.

Konzeptuelle Metonymie wird oftmals definitiert als ein Verfahren, das ermöglicht auf eine Entität (das Ziel (target)) mittels einer anderen Entität (das Vehikel (vehicle)) zu verweisen (vgl. Lakoff/Johnson 1980:36), oder sie wird als ein Verschieben der Profilgebung beschrieben, indem ein Bestandteil eines Konzepts zu Ungunsten eines anderen Bestandteils hervorgehoben wird (siehe z.B. Langacker 2008:69). Beide Ansätze gehen davon aus, dass Metonymie mit Entitäten zu tun hat, die “irgendwie miteinander verbunden” sind und dass diese Verbindung für denjenigen, der die Konzeptualisierung vornimmt, salient ist (Radden / Kövecses 1999:17); welcher Art die Salienz ist, wird allerdings nur selten diskutiert. Der Artikel versucht die Salienz mit Hilfe des Moments der konzeptuellen Nähe innerhalb einer kognitiven Domäne zu erfassen und zu parametrisieren. Es wird postuliert, dass eine jeweilige kognitiven Domäne durch ein eigenes Netzwerk von Kontiguitätsrelationen charakterisiert ist und dass das salienteste Konzept dasjenige ist, das dem Zielkonzept in einem solchen Netzwerk am nächsten steht. Für das Vehikel wird, im unmarkierten Fall, die kognitive Domäne des konkret Beobachtbaren bzw. die Domäne direkter phyischer Interaktion gewählt, grundsätzlich ist die Domänenwahl aber stark abhängig vom Kontext.

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Seite 41

“Is this road lazy or just incompetent?” Conceptual proximity as a parameter of salience in metonymies

 

Hubert Kowalewski, Maria Curie-Skłodowska University in Lublin, Poland

(hubert.kowalewski@umcs.pl)

Abstract

Conceptual metonymy is often defined as a way of referring to one entity (the target) by means of another entity (the vehicle (cf. Lakoff and Johnson 1980:36) or as a shift in profile, so that one aspect of a construal is highlighted instead of another (e.g. Langacker 2008:69). Both of these approaches acknowledge that metonymy involves entities which “are somehow associated” and that this association is salient for the conceptualizer (Radden and Kövecses 1999:17), but the nature of this salience is rarely discussed. This article attempts to account for and parametrize salience in terms of conceptual proximity within a cognitive domain. The key postulate is that usually the most salient concept is the one which is the closest to the target concept within a network of contiguity relations defined relative to a cognitive domain. The default cognitive domain for selecting the vehicle is the domain of observables or direct physical interaction, but the choice of the domain is highly context-dependent.

Konzeptuelle Metonymie wird oftmals definitiert als ein Verfahren, das ermöglicht auf eine Entität (das Ziel (target)) mittels einer anderen Entität (das Vehikel (vehicle)) zu verweisen (vgl. Lakoff/Johnson 1980:36), oder sie wird als ein Verschieben der Profilgebung beschrieben, indem ein Bestandteil eines Konzepts zu Ungunsten eines anderen Bestandteils hervorgehoben wird (siehe z.B. Langacker 2008:69). Beide Ansätze gehen davon aus, dass Metonymie mit Entitäten zu tun hat, die “irgendwie miteinander verbunden” sind und dass diese Verbindung für denjenigen, der die Konzeptualisierung vornimmt, salient ist (Radden / Kövecses 1999:17); welcher Art die Salienz ist, wird allerdings nur selten diskutiert. Der Artikel versucht die Salienz mit Hilfe des Moments der konzeptuellen Nähe innerhalb einer kognitiven Domäne zu erfassen und zu parametrisieren. Es wird postuliert, dass eine jeweilige kognitiven Domäne durch ein eigenes Netzwerk von Kontiguitätsrelationen charakterisiert ist und dass das salienteste Konzept dasjenige ist, das dem Zielkonzept in einem solchen Netzwerk am nächsten steht. Für das Vehikel wird, im unmarkierten Fall, die kognitive Domäne des konkret Beobachtbaren bzw. die Domäne direkter phyischer Interaktion gewählt, grundsätzlich ist die Domänenwahl aber stark abhängig vom Kontext.

1. Introduction

The study of conceptual metonymy has been at the very heart of cognitive linguistics from the very inception of the paradigm. Starting from the seminal Metaphors We Live By (Lakoff and Johnson 1980), many prominent cognitive linguists contributed to the study of this conceptual phenomenon. Since the basic literature on conceptual metonymy is well-known and widely available, it is hardly necessary to discuss the basic assumptions about the conceptual device in great detail. It suffices to remind the reader that within the formalism of cognitive linguistics, metonymy is usually defined as a mapping within one cognitive domain (Croft 1993), within an Idealized Cognitive Model (Lakoff 1987), or as a shift in profile of an expression (Langacker 2008). Metonymy is traditionally related to a broadly understood referential function (Lakoff and Johnson 1980, Langacker 1993, Taylor 2009) where the referring concept is called “the vehicle” and the concept referred to is “the target.” This article remains neutral as for whether conceptual metonymy is to be described as a mapping (the Lakovian approach) or as a shift of profile (the Langackerian approach). The question whether metonymy functions within a cognitive domain, an ICM, or any other knowledge structure will be left open as well. The terminology and the graphical conventions adopted in this article lean towards considering a metonymy as mapping within a cognitive domain, but the analysis can be transposed into a different formalism without much effort and without any loss of epistemic content

Cognitive linguists often point out that the choice of the vehicle concept in a metonymy is not arbitrary. Radden and Kövecses write that “[the] choice (…) appears to be motivated or restrained by cognitive principles” (Radden and Kövecses 1999:44) and that the vehicle and the target “are somehow associated” (1999:17). Langacker argues that metonymies reflect “our natural inclination to think and talk explicitly about those entities that have the greatest cognitive salience for us” (1993:30). Taylor, in turn, holds that “the essence of metonymy resides in the possibility of establishing connections between entities which co-occur within a given conceptual frame” (2009:125). All these observations point to important aspects of metonymic mappings: the mappings do not seem arbitrary and established solely through a linguistic convention, the vehicle is associated with the target in a salient way, and the two concepts co-occur within a conceptual frame (an ICM, a cognitive domain, etc.). Yet these observations shed little light on the mechanism of selecting the vehicle for a particular target. Beyond doubt, in Lakoff and Johnson’s example (1980:37), repeated here as (1), face is somehow salient relative to an attractive person, but why is face salient rather than, say, feet or nails?

(1)       She’s just a pretty face.

Co-occurrence of face and person within one cognitive domain does not seem to be a convincing explanation, since feet and nails co-occur with person in the same frame, so in principle they should be available as potential vehicles. Intuitively, one may simply state that the face is the body part that people pay most attention to as far as physical attractiveness is concerned, but this adds very little to the claim that the face is “somehow salient” in the context of physical attractiveness: it hooks up salience to attention, but it fails to explain why more attention is given to the face as opposed to the feet. Apparently, there is some kind of salience at play in (2) again (once again borrowed from Lakoff and Johnson (1980:35)), because ham sandwich in somehow salient relative to the customer.

(2)       The ham sandwich is waiting for his check.

Yet how are the instances of salience in (1) and (2) related to each other? Is there anything they have in common or are all instances of salience entirely idiosyncratic? Is it merely a handy umbrella term for unrelated associations created in an opportunistic and ad hoc manner, or is there a more uniform and general cognitive mechanism for determining salience, and thus guiding the selection of the vehicle?

The general guiding hypothesis of this article is that there is such a cognitive mechanism of determining salience. More specifically, the vehicle selection is constrained by conceptual proximity. For the purpose of this article, I propose to define conceptual proximity more formally as the distance between the vehicle and the target concepts in a network of contiguity relations defined relative to a cognitive domain (the idea behind “a network of contiguity relations” will be discussed in more detail in the following section). Within this formalism, the salience of a concept, and hence its likelihood of becoming the vehicle, is inversely proportional to the distance between the potential vehicle concept and the target concept, that is the concepts closer to the target are more likely to be selected as vehicles. Conceptual proximity is not the only parameter of salience and in some cases it is not even the most important one (examples of salience determined by factors other than proximity will be discussed in Sections 5 and 6), but it seems to be an important factor that underlies numerous metonymies analyzed frequently as distinct types. I will, therefore, argue that conceptual proximity represents a strong and pervasive constraint on the salience of concepts, but a constraint that may be overridden by other factors.[1]

The importance of something like conceptual proximity has already been highlighted by Radden and Kövecses, who include immediate over non-immediate as one of the cognitive principles of salience in metonymies (1999:47). This observation is convergent with the main thesis of this discussion, but this point is worth taking a bit further. Radden and Kövecses list immediate over non-immediate among many other cognitive principles (like subjective over objective, functional over non-functional, and typical over non-typical) without prioritizing any of them in any obvious way. I will argue that conceptual proximity captured by the principle immediate over non-immediate underlies other principles listed by the authors. In effect, it appears that the principles can be seen as lower-level manifestations of the principle of conceptual proximity. The reason why the principle of conceptual proximity gives rise to other principles and, consequently, to many different metonymies is that the principle operates within different cognitive domains.

2. Networks of contiguity relations

Conceptual proximity is best illustrated in a fairly extensive network of contiguity relations within a cognitive domain. On the most schematic and abstract level, the network can be visualized as a graph in which vertices stand for concepts and edges represent associations between the concepts (see Figure 1). This representation is maximally schematic, and therefore it does not specify the kind of contiguity relations at play. On a more specific level, the relations may be partitive, causal, spatial, temporal; they may involve provenience, force interaction, social relations, etc.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Figure 1: Maximally schematic network of contiguity relations

On this schematic level, the contiguity relations represented by the edges are not aligned hierarchically and do not have any inherent orientation, but elaborated relations may have these properties. For example, Langacker’s “hierarchies consisting of successive whole-part relations,” like body > arm > hand > finger > knuckle (2008:64) can be viewed as elaborations of the network in Figure 1. The partitive relations are inherently hierarchical and directional,[2] which is signaled in Figure 2 by arrowheads at the end of edges. The graph representation provides a handy way of “measuring” the distance between various concepts. The unit of measurement is simply an edge linking two vertices. For example, in Figure 2 body and arm are one edge apart, body and hand are two edges apart, body and knuckle are four edges apart, etc.

 

 
 

Figure 2: Network of partitive relations in the domain [human body]

Consider now the metonymy analyzed by Radden and Kövecses (1999:36) as an instance of sound for event causing it, quoted here as (3a):

(3)       (a) The car screeched to a halt.

                        (b) ??? The car irritated (me) to a halt.

Obviously, (3a) makes use of a causal contiguity association between a car halting and the sound accompanying the event. The chain of causation does not end here, however. The screeching sound is usually unpleasant for the hearer, so the feeling of irritation may be an effect of the sound. The question is why screeching appears to be a natural choice for the vehicle in (3a), while the choice of irritation results in semantic anomaly in (3b). The answer does not seem to be the perceptual salience alone, whatever the definition of perceptual salience may be, since both screeching and irritation are directly experienced by the conceptualizer. It is unlikely that co-occurrence is the best explanation either: halting of a car is not always accompanied by screeching. At best, one could argue that screeching co-occurs with a particular kind abrupt halting, so the metonymy is used to refer to this particular kind, but in a similar vein one could argue that irritation caused by screeching co-occurs only with a particular kind of halting as well. But why is not irritation used to refer to this particular kind of halting? In sum, while co-occurrence may provide the motivation for the selection of the vehicle, it does not provide sufficient constraints on the selection.

Digressing a little from the domain of linguistics, a similar problem is raised by Bas van Fraassen (1980) in his discussion on causality in scientific explanation. Van Fraassen deliberates whether counterfactual situations used to detect causal relationships between events[3] can be used for singling out salient causal links required in a successful scientific explanation.

Suppose David’s alarm clock goes off at seven a.m. and he wakes up. Now, we cite the alarm as the cause of the awakening, and may grant, if only for the sake of argument, that if the alarm had not sounded, he would not (then) have woken up. But it is also true that if he had not gone to sleep the night before, he would not have woken in the morning. This does not seem sufficient reason to say that he woke up because he had gone to sleep.

The response to this and similar examples is that the counterfactuals single out all the nodes in the causal net on lines leading to the event (the awakening), whereas ‘because’ points to specific factors that, for one reason or other, seem especially relevant (salient) in the context of our discussion. No one will deny that his going to sleep was one of the events that ‘led up’ to his awakening, that is, in the relevant part of the causal net. That part of the causal story is objective, and which specific item is singled out for special attention depends on the context. (1980:115; original emphasis)

The remark on context dependence is an important one and I will return to this point later in the article. For the time being, it is useful to think about salience in terms of the distance between nodes in a contiguity network (“causal net” in van Fraassen’s passage). Concept A is salient relative to concept B if A and B are linked by only one edge in the network. More concretely, in van Fraassen’s alarm clock example, the factor determining the salience of a node is the distance between the node and the target element. The alarm clock going off is the event immediately preceding the waking up, but going to sleep is an event “further down” the causal net. Thus, even though both of the event caused Adam’s waking up (and counterfactuality tests can confirm that), only the alarm clock would be considered as cognitively salient for explaining Adam’s waking up.

 

 
 

Returning to linguistic examples, analogical causal proximity is the factor constraining the vehicle selection in (3). The causal net is sketched in Figure 3, where the actual vehicle concept is marked with the bold rectangle and the arrows at the ends of the edges signal the direction of causation (from the cause to the effect). In short, the screeching sound is cognitively salient relative to halting of the car, because it is only one edge away from the intended target concept, while irritation is two edges away, and is therefore less cognitively salient.

Figure 3: Network of causal relations in The car screeched to a halt

 

To conclude this part of the discussion, I propose a working version of the proximity hypothesis about the mechanism of vehicle selection in a metonymy:

Proximity hypothesis A: Ceteris paribus, within a network of contiguity relations, the preferred vehicle is the concept closest to the target.

For the time being, the ceteris paribus clause limits the scope of the hypothesis to a situation in which: 1) all contiguity relations in the network are of the same type (i.e. all relations are exclusively causal, partitive, temporal, etc.); 2) all contiguity relations in the network belong to the same cognitive domain (e.g. the domain [human body] in Figure 2).

3. Domain dependence of contiguity networks

One crucial point about the vehicle selection is that it operates within a specific cognitive domain. For this reason, one target concept can be metonymically associated with different vehicle concepts depending on which domain is activated without violating the proximity hypothesis. In this sense, the search domain,[4] i.e. the domain in which the network of contiguity relations emerges, also constrains vehicle selection. As a consequence, the explanatory potential of the proximity hypothesis A is somewhat limited, because the hypothesis says nothing about this domain dependence. Consider the expressions in (4) ((4a) after Radden and Kövecses 1999:38):

 

The target concept in (4a) is quality of road metonymically referred to via quality of traffic. The contiguity relation employed in this metonymy (effect for cause) is grounded in a causal link between the two concepts. The same target concept is referred to in the metonymies cause for effect in (4b)-(4d), which employ causal links between the workers who built the road and the quality of the road: the road may be of poor quality, because the workers were incompetent or they were being lazy due to lack of motivation. The question is: why are the expressions in (4b)-(4d) semantically anomalous or at least very unlikely to be used in a normal context? Certainly, the reason is not the reversed causal orientation of the vehicle and the target orientation in (4b)-(4d), i.e. cause for effect rather than effect for cause, because the former metonymy is productive in English (cf. Healthy complexion in Radden and Kövecses (1999:38)). The network of causal contiguities relevant for the expressions in (4) is sketched in Figure 4.

Figure 4: Network of causal relations in This road is slow

In this case, the proximity hypothesis is not enough to account for the fact that slow traffic is selected for the vehicle, because the concepts lazy workers and incompetent workers are within the same distance (one edge) from the target as slow traffic. The only expression successfully ruled out by the proximity hypothesis A as semantically anomalous is (4c), where low motivation is two edges away from the target concept. The difference between (4a) and (4b)-(4d) can be accounted for in terms of the difference in search domains. Apparently, in (4) the domain of the observable phenomena is preferred over the domain of workers responsible for the quality of the road. To put this point plainly and more generally, the expressions in (4) suggest that when causal metonymies are at play conceptualizers tend to focus on observable causes/results rather than more speculative causes/results outside the realm of direct experience. In the light of this observation, the proximity hypothesis may be reforged in the following way:

 

 

Proximity hypothesis B: Ceteris paribus, within a network of contiguity relations inside a search domain, the preferred vehicle is the concept closest to the target. The preferred search domain is the domain of observables.

The modified version of the proximity hypothesis is capable of explaining the salience effects that clearly falsify the proximity hypothesis A. The expression in (5) (derived from “Revealed: Mosquitoes” 2014) is another example of a metonymy incompatible with the proximity hypothesis A, but successfully covered by the revised version:

(5)       Mosquitoes kill more people in 4 mins than sharks in a year.

The article hinges upon a rhetoric device of comparing, to quote the accompanying infographics, “world’s deadliest animals,” including mosquitoes, snakes, sharks, crocodiles, etc. Some of the deadly animals are included via a metonymic association: what actually causes death is a disease carried by some of the animal rather than an attack of the animal itself. Thus, it can be argued that the victims of sharks, dogs, and wolves die due to wounds inflicted by the animals, but the bites of mosquitoes, tsetse flies, and assassin bugs are not direct causes of death.[5] Thus, the actual referent in (5), i.e. the direct cause of death, is a disease and a metonymy is employed to link the disease with an animal.[6] This “scientific understanding” of the causal chain in insect-borne diseases is sketched in Figure 5(a). The figure suggests that according to the proximity hypothesis A, the most likely vehicle concept should be Plasmodium, a genus of parasitic protozoa carried by mosquitoes and responsible for various sorts of malaria. After all, it is the protozoan that is the direct cause of the lethal disease rather than the mosquito, and hence the protozoan is the deadliest animal. Yet this is not what happens in the metonymy in (5). Why does the mechanism of vehicle selection “skip” one vertex in the causal chain sketched in Figure 5(a) and selects a more distant concept?

Figure 5: Network of causal relations in Mosquitoes kill more people…

Just like in the case of the expressions in (4), the answer is the cognitive preference for the domain of observables as far as the search domain is concerned. While Figure 5(a) represents the domain of the scientific knowledge about malaria, invisible microorganisms are absent from the domain of observable entities (this absence is signaled by the lighter, broken-line rectangle in the center of Figure 5(b)). Hence, the causal net in the domain [observables] is structured in such a way that the most immediate visible cause of malaria is the mosquito. In effect, the metonymy in (5) is compatible with the proximity hypothesis B in the sense that within the preferred search domain [observables] the mosquito is the concept closest to the target.

The analyses of (4) and (5) suggest that the domain [observables] has a special role in determining cognitive salience of the vehicle. In (4) this domain is merely the preferred search domain, but this fact alone may not be a particularly good indication of its importance. In (5), however, the effect is more prominent, as the domain [observables] overrides the domain of scientific knowledge about insect-borne diseases. In other words, even when speakers have a fairly good understanding of malaria, they may still opt for a metonymy, which allows them to talk about less immediate causes of the disease, but which are readily available for direct observation. More generally, people may prefer to speak about entities and situations which are experienced directly, even at the expense of factual and scientific accuracy.[7]

The proximity hypothesis B helps to see a fundamental unity of some lower-level cognitive principles discussed by Radden and Kövecses (1999). This is particularly true for the principles concrete over abstract, occurrent over non-occurrent, good gestalt over poor gestalt, bounded over unbounded, specific over generic, as well as perhaps more over less and common over less common. In all of the above principles concrete, occurrent, bounded, specific entities with good gestalts fall more squarely into the domain [observables], i.e. the preferred search domain for vehicle selection, than the other element of each pair. Analogically, more and common are more easily observable than less and less common, so the former fit in better in domain [observables] than the latter. To be fair, however, it should be noted that other principles discussed by Radden and Kövecses, like rare over less rare, pose a challenge to the proximity hypothesis B. This issue will be addressed at some length in the following section.

4. Context in domain selection

The ceteris paribus clause in the proximity hypothesis B is meant to signal that the hypothesis applies to default, neutral, and more typical cases of metonymies. The hypothesis could be paraphrased into “if no other factors are at play, the most salient concept selected for the vehicle is the concept one edge away from the target within the domain of observables.” This hypothesis successfully accounts for semantic acceptability and anomalies in expressions (3)-(5). Yet the situation is not always as simple as that. Many metonymies run counter this version of the proximity hypothesis, since they select “unobservable” vehicles, even though “observable” candidates are easily available. One example of such a metonymy is the already mentioned healthy complexion, (cause for effect; after Radden and Kövecses (1999:38)), where the health is not observed directly, but only indirectly through its effect on the complexion.

At this point, context of domain selection becomes crucial. Let us digress once again into more philosophical areas. In a simple thought experiment, Hanson asks us to imagine a car crash, with fatal consequences. A group of experts are sent on the site to examine the cause of death:

There are as many causes of x as there are explanations of x. Consider how the cause of death might have been set out by a physician as ‘multiple hemorrhage’, by the barrister as ‘negligence on the part of the driver’, by a carriage-builder as ‘a defect in the brakeblock construction’, by a civic planner as ‘the presence of tall shrubbery at that turning’. (1972:54)

Van Fraassen concludes that “the salient feature picked out as ‘the cause’ in that complex process, is salient to a given person because of his orientation, his interests, and various other peculiarities in the way he approaches or comes to know the problem – contextual factors” (1980:125).

Within the formalism of cognitive linguistics, this aspect of metonymy encapsulating the “orientation, interests, and various other peculiarities of the approach” can be described in terms of search domain selection. As far as Hanson’s car crash example is concerned, a cognitive linguist may say that a physician activates the domain [human body] to determine the cause of death, the barrister activates the domain [traffic regulations], a carriage-builder activates the domain [car construction], etc. Since each of the experts sets up the causal net in a different cognitive domain, each net features different elements, and therefore the principle of proximity picks out a different salient cause in each case.

A good illustration of context dependence is Lakoff and Johnson’s example of the metonymy controller for controlled (1980:38), quoted here as (6a):

(6)(a) Nixon bombed Hanoi.

                   (b) Airplanes bombed Hanoi.

The clearly metonymic (6a) can be juxtaposed with (6b), which is metonymic in a less obvious way. The latter sentence is metonymic, because there is a clear sense of agency implicit in the action of bombing and airplanes can hardly be viewed as actual agents. At best, the airplanes can be described as instruments and agency is reserved for the crew of the airplanes. Since agency requires volitional control over one’s behavior, it would be hard to argue that airplanes were literal agents of the bombing, even if the bombs were released accidentally, due to technical malfunction, and not due to a conscious action of the crew. Therefore, if one thinks of the bombing of Hanoi as deliberate action, the most direct agents of the bombing are the crew of the airplanes. For this reason, (6b) is more adequately analyzed as an instance of the metonymy controlled for controller.

What are the semantic differences between (6a) and (6b)? One of them is that (6a) instantiates the metonymy controller for controlled, while (6b) is an example of controlled for controller. But this is not the whole story. The two expressions are clearly about different aspects of the same event: (6a) refers to the political responsibility for the attack, while (6b) is more closely related to the on-site experience of the event. In this sense, the two examples express different what van Fraassen calls “orientation, interests, and various other peculiarities in the way he approaches or comes to know the problem” (1980:125). For instance, (6a) could be produced by a journalist or a political opponent of Nixon, who wishes to highlight the political and moral responsibility of the president. (6b), in turn, provides a dry factual account of what happened from the point of view of someone who may have witnessed the bombing. Neither of the expressions is semantically anomalous, because both of them comply with the proximity hypothesis B. The reason why they select different vehicle concepts is that they operate within different cognitive domains. Thus, in (6a), where the domain of political responsibility is activated, president Nixon is the most immediately responsible agent of the attack, even though he was not over Hanoi during the bombing. Since prototypical responsibility for an action presupposes freedom of taking or not taking the action, the pilots of the bombers and their military superiors are not included in the domain [political responsibility] (or perhaps they are included very peripherally), because they are not free to disobey the president’s orders. (6b) is more compatible with the “default” case of vehicle selection, when the preferred search domain is [observables]. Here, the visible entities most closely associated with the military pilots are the airplanes, and

 
 

therefore they are picked out as the vehicle (cf. Figure 6).

Figure 6: Network of control relations in Nixon bombed Hanoi

5. Effective reference requirement

The proximity hypotheses A and B parametrize salience in terms of distance of concepts within a contiguity network. Additionally, the latter version of the hypothesis points to the domain [observables] as the preferred search domain. This, however, is not to say that proximity is the only parameter of salience, even within the default search domain. An important constraint on the parameter, or a factor that can override it, is the need for ensuring effective metonymic reference to the target concept. If selecting the concept closest to the target within a contiguity network does not secure effective reference to the target, the proximity hypothesis B may be violated and a more distant concept may be selected instead. A good illustration of this is the names of species of Amazon parrots, some of which are listed in Table 1[8]:

 

 

 

 

English name

Latin name

Distinctive feature

blue-fronted amazon

Amazona aestiva

blue patch between eyes

yellow-headed amazon

Amazona oratrix

yellow head

yellow-naped amazon

Amazona auropalliata

yellow back of head

yellow-crowned amazon

Amazona ochrocephala

yellow top of head

red-crowned amazon

red-headed amazon

Amazona viridigenalis

red forehead and top of head

red-spectacled amazon

Amazona pretrei

red rim around eyes

yellow-shouldered amazon

Amazona barbadensis

yellow upper rim of wings

Table 1: Names of Amazon parrots and their distinctive features

Clearly, the English names were created on the basis of metonymic associations between the birds and their distinctive visual features (which is an instance of the popular metonymy part for whole). The examples in Table 1 are compatible with the second part of the proximity hypothesis B in the sense that the search domain is [observables] rather than domains of scientific or cultural knowledge about the parrots, even though the latter domains are rich sources of potential vehicles. For example, even though some of Amazon parrots are good at imitating human speech, none of them is called +talking amazon,[9] +talking green parrot, +red-crowned chatterbox, or anything of that ilk. The domain of talking is not activated when the vehicles for the metonymies are selected, despite the fact that in Western culture there is a strong association between parrots and the ability to “talk”.[10] However, not all the names in Table 1 are compatible with the first part of the proximity hypothesis B, because not all body parts used as vehicles in Table 1 are in immediate partitive relation with the whole body of the bird. Thus, if one assumes that the target concepts in Table 1 are the whole bird, some of the metonymies select different (more distant) vertices of the contiguity network than the proximity hypothesis B would predict. The networks behind the names in Table 1 are sketched in Table 2 (the vehicles selected are written in bold).[11]

English name

Contiguity network (partitive relations)

Distance in edges

blue-fronted amazon

body → head → front (of the head)

2

yellow-headed amazon

body → head

1

yellow-naped amazon

body → head → nape

2

yellow-crowned amazon

body → head → crown

2

red-crowned amazon

body → head → crown

2

red-headed amazon

body → head

1

red-spectacled amazon

body → head → rim around eyes

2

yellow-shouldered amazon

body → wings → upper rim of wings

2

Table 2: Partitive relations in names of Amazon parrots

Table 2 shows that only in the case of yellow-headed amazon and red-headed amazon the vehicles are one edge away from the target. In all other examples more distant vertices are selected, which blatantly violates the proximity hypothesis B. This time it is impossible to resort to the explanation used in the analysis of (5), that is to claim that the “skipped” vertices are absent from the domain [observables], because all body parts included in Table 2 are observable.

The easiest way to deal with this unexpected selection of the vehicle is to evoke the ceteris paribus clause, that is to say that in this case “not all things are equal.” By resorting to this clause, one would effectively say that there are some additional factors at play that interfere in the selection of the vehicle concept in such a way that the selection is no longer governed by the proximity hypothesis B. This provisional solution would defend the proximity hypothesis from outright falsification, but it would not provide any new insights into the matter of salience. Let us then take the analysis one step further and determine the factor responsible for the unpredicted selection of the vehicle. We will then use these insights to improve the proximity hypothesis.

Commonsensically, yellow-crowned amazon is the English name of Amazona ochrocephala, because only the top of the bird’s head, i.e. the crown, is yellow. Thus, yellow-crowned amazon is simply more perceptually accurate than +yellow-headed amazon as far as this particular species of parrot is concerned and it is this factor that overrides the proximity hypothesis. Yet in general, perceptual accuracy does not seem to be a crucial factor for motivating the way people refer to objects. The most typical example of overriding perceptual accuracy in establishing reference are expressions involving active zones (cf. Langacker 1987: section 7.3.4; Langacker 2008: section 10.2.5). For example, Langacker notices that “the yellow portion of a yellow croquet ball may be limited to a stripe around its circumference. In this case, the stripe is said to be the croquet ball’s active zone with respect to the yellow relationship” (Langacker 2008: 103). More abstractly, the active zone mechanism allows for referring to objects via a property X, even though the property is not perceptually dominant in the target object. Consequently, perceptual accuracy could have been overridden by the active zone mechanism, which would give rise to +yellow-headed amazon: the name compatible with the proximity hypothesis B. Thus, if +yellow-headed amazon is cognitively plausible, why is yellow-crowned amazon used instead?

One possible answer is that yellow-crowned amazon is simply a conventionalized and entrenched exception to the proximity hypothesis B. This may well be the case, but this solution has at least two serious disadvantages. Firstly, it creates a precedent for automatic labeling of all expressions that do not comply with the proximity hypothesis as exceptions to the hypothesis. If this solution were adopted, almost all items from Table 2 would be discarded as unprincipled conventional exceptions, which neither deserve, nor require any systematic explanation. This would be a handy strategy of defending the proximity hypothesis from falsification, but this would be an ad hoc solution. Secondly, the fact that so many expressions in Table 2 behave “exceptionally” suggests that perhaps the expressions are not so exceptional after all. It may be the case, that there is an additional factor at play, which brings some regularity into the data and can contribute to our understanding of vehicle selection. Explaining away the unexpected expressions as conventionalized exceptions may obscure this factor. Let us then try to find some deeper principle governing the names in Table 1.

An important “perceptual” fact is that all parrots have predominantly green plumage. For this reason, it may be argued that the problem of coining the appropriate name for the parrots in Table 1 consists in finding, what Bateson aptly calls, “the difference which makes a difference” (2000 [1972]:459) between the birds. Therefore, the salience of a potential vehicle of a metonymy is not determined merely by the distance within the network of partitive relations, but also by the need for discriminating between the birds effectively. A closer look at the birds in Table 1 reveals that the proximity hypothesis B in conjunction with the active zone mechanism cannot ensure this kind of salience. For example, if the proximity hypothesis B and the active zone mechanism were the only mechanisms determining salience, a yellow-headed amazon, a yellow-naped amazon, and a yellow-headed amazon would be all called yellow-headed amazons. The reason for this is that activation of an active zone would “extend” the color of one part of the head (the crown or the nape) to the whole head. This kind of extension by means of an active zone would indeed produce a name compatible with the proximity hypothesis B (the head is in an immediate partitive relation to the rest of the body), but it would not provide sufficiently fine-grained distinctions between different species of the parrots. One would simply refer to all three biologically and visually distinct species as +yellow-headed amazon.

The constraint resulting from the need for effective metonymic reference is also recognized by Radden and Kövecses, who note that “[metonymy] may only arise when the intended target is uniquely accessible” and “[the] greater the conceptual contrast between vehicle and target, the better is a relationship suited to be exploited metonymically” (both quotations from 1999:30). In the case of Amazonian parrots, selecting the concept closest to the target does not secure unique accessibility within the class of the birds, since it does not produce sufficient conceptual contrast between the vehicle and the target.

Yet even when the need for fine-grained perceptual distinctions does not interfere with the proximity hypothesis, speakers may still favor perceptual accuracy over partitive proximity. Consider the examples from Table 1 involving the color red. Amazona viridigenalis has two alternative names, red-crowned amazon and red-headed amazon, and it is distinguished from an Amazona pretrei called red-spectacled amazon. In the case of the former species, the metonymy in red-headed amazon selects the vehicle concept in compliance with the proximity hypothesis B and the active zone mechanism, but red-crowned amazon and red-spectacled amazon violate the proximity hypothesis. The incompatibility of red-spectacled amazon with the proximity hypothesis can be explained analogically to the “yellow” parrots discussed in the previous paragraph: selection of a less immediate vehicle is justified by the need of providing more detailed distinctions between various species of parrots. Yet why does the red-crowned amazon (incompatible with the proximity hypothesis B) still exist if red-headed amazon (compatible with the proximity hypothesis B) is already used as a name of this species? There are several plausible explanations, but perhaps the simplest one is that the items in Table 1 give rise to a local regularity in naming convention (perhaps even a local “constructional schema” in Langacker’s nomenclature (cf. 2008: chapter 8)). This regularity consists in a tendency to use “parts of body parts” rather than “body parts” while coining names for Amazonian parrots. Of course, this is merely to say that red-crowned amazon is an exception after all, but an exception principled by the local regularity. This example shows limitations of the proximity hypothesis, but the word “limitations” is not meant to have negative connotations. Section 7 will discuss briefly the explanatory scope of the proximity hypothesis and stipulate that the hypothesis is not meant to be an exceptionless covering law; instead, it is meant to capture a vast and non-trivial regularity in the process of vehicle selection, even if the regularity does not work across the board.

In order to incorporate some of the findings from the analysis of the Amazonian parrot names, the proximity hypothesis B has to be revised. The proximity hypothesis C includes the constraints of effective metonymic reference:

Proximity hypothesis C: Ceteris paribus, within a network of contiguity relations inside a search domain, the preferred vehicle is the closest concept which ensures effective reference to the target. The preferred search domain is the domain of observables.

The proximity hypothesis C covers all the cases accounted for by the previous versions of the hypothesis and explains why certain vertices in contiguity networks sketched in Table 2 are “skipped” when the vehicle is selected. On this account, the vertices one edge away the target are omitted, because the metonymies based on them would not secure effective reference within the class of Amazonian parrots. Successful reference can be achieved when vehicles from the parts “further down” the partitive network are selected.

6. Cultural conventions

In a broad sense, culture defines, or at least heavily influences, all aspects of vehicle selection. To talk about responsibility in (6a), one needs to have a detailed understanding of the American political system and the prerogatives of the president. To make sense of The ham sandwich is waiting for his check, one needs to know how restaurants function. The sentence The car screeched to a halt would make no sense in cultures that do not use cars, like in 19th century Europe. Metonymies like She’s just a pretty face are conventionalized to a large extent and they belong to the Anglophone culture by the virtue of the linguistic conventions.[12] In this sense, target and vehicle concepts, entire metonymic associations, and cognitive domains in which networks of contiguity relations arise are embedded in broadly understood cultural knowledge about the world. This section of the article investigates the role of culture in a narrower sense. The following case studies demonstrate how cultural factors influence vehicle selection when the proximity hypothesis C alone does not provide sufficient constraints on the process.

 

 
 

The role of culture is particularly evident when several potential vehicle are within the same distance from the target. Usually in such cases, the proximity hypothesis alone is not enough to determine the relative of potential vehicle concepts. One illustration of this kind of culture dependence is the metonymic association between love and heart predominant in Western culture, and love and liver evident in the Bahasa Indonesian language. Linguistically, the contrast between these metonymies can be found in the English expression broken heart and its equivalent in the Bahasa Indonesian patah hati (‘broken liver’) (cf. Siahaan 2008; also Niemeier 2003). The difference between the metonymies cannot be explained by means of conceptual proximity alone, since both vehicles are within the same distance from the target within the network of contiguity relations. The difference cannot be accounted for by means of alternate selection of cognitive domains, because both vehicles are in the same domain [human body]. In the formalism proposed in this article, this mapping can be visualized as the target being connected to two equidistant vertices, both of which can be used as the vehicle of the metonymy (cf. Figure 7).

Figure 7: Network of culturally established associations in heart/liver for love

The most likely explanation of the choice of the vehicle is significance of the two organs is cultural factors. According to Siahaan, the selection of liver for the vehicle is motivated by the role attributed to the organ in traditional Indonesian rituals and beliefs, including divination techniques in local religions and “an animistic belief that the liver is the seat of life” (Siahaan 2008: 48). This contrasts with relative importance of the heart in pre-modern Western and Islamic cultures, where the heart was usually considered to be a seat of complex emotional and psychological process, while the liver was believed to perform “lower” biological functions like digestion (cf. Baig et al. 2007).

 

 
 

In the case of love metonymies, cultural conventions are instrumental in “picking out” one of otherwise equivalent vertices of a contiguity network. Yet cultural factors may also influence the selection of the cognitive domain in which the network is established. Consider the English expression fountain pen and its Polish equivalent wieczne pióro (‘eternal pen’). Both the nominal modifier fountain and the adjective wieczne ‘eternal’ refer to the writing device via a metonymy, but the two metonymies evoke different aspects of a pen’s functionality. The English fountain pen is more in accordance with the proximity hypothesis C, because it activates [observables] as the search domain of the metonymy. The Polish wieczne pióro violates the proximity hypothesis in that it selects a more abstract domain capturing the functionality of the pen over an extended period of time: the pen is “eternal,” because when the ink runs out, the pen can be refilled (and therefore used “eternally”). Nonetheless, the Polish expression complies with the proximity hypothesis in that it selects the vehicle from among the concepts in the vicinity of the target (cf. Figure 8).

Figure 8: Network of “interactional” relations in fountain pen/wieczne pióro

The fountain pen example provides another opportunity for revising the proximity hypothesis. As already noted, the Polish wieczne pióro violates version C of the hypothesis, because refilling of the pen does not belong to the domain [observables]. Nevertheless, there is a sense in which observable facts and typical usage of physical objects belong together. Unsurprisingly, the common denominator is the Lakoff’s and Johnson’s experiential grounding. Of course, the conclusion that metonymies are grounded experientially is neither original, nor unexpected within the paradigm of cognitive linguistics (cf. Lakoff and Johnson 1980, Lakoff 1987, Lakoff and Johnson 1999). In the early days of the paradigm, Lakoff and Johnson stated explicitly that

[experience] with physical objects provides the basis for metonymy. Metonymic concepts emerge from correlations in our experience between two physical entities (e.g. part for whole, object for user) or between a physical entity and something metaphorically conceptualized as a physical entity (e.g. the place for the event, the institution for the person responsible). (Lakoff and Johnson 1980:59)

Beyond doubt, both observation and active physical manipulation of concrete objects may give rise to “systemic correlates within our experience” (Lakoff and Johnson 1980:58). These case study of fountain pen and wieczne pióro provides an opportunity to integrate experiential grounding the proximity hypothesis more explicitly:

Proximity hypothesis D: Ceteris paribus, within a network of contiguity relations inside a search domain, the preferred vehicle is the closest concept which ensures effective reference to the target. The preferred search domain is the domain of direct sensory or physical experience.

7. Concluding remarks

The starting point of the article was a crude hypothesis about the mechanism of vehicle selection in metonymies. Throughout the article, a number of case studies were examined; some of them corroborated the hypothesis, and others challenged it. The falsifying examples were used to refine the proximity hypothesis up to the point where version D was proposed. This version is a significant improvement over the initial hypothesis in terms of explanatory power (it covers more instances of metonymies) and epistemic content (it provides richer insights into the mechanisms of metonymy). The study should be concluded with several general points.

Firstly, the proximity hypothesis D is not to be treated as a “covering law” applying to all metonymies. Salience of one concept relative to other concepts is determined by many factors and what counts as salient for a particular conceptualizer in a particular situation cannot always be captured by a simple rule. More likely, the process of vehicle selection is a complex heuristics, in which many factors compete for predominance. One example of metonymies where the proximity hypothesis D fails to sufficiently constrain the selection of the vehicle is the English broken heart vs. the Indonesian patah hati (‘broken liver’) discussed briefly in Section 6. Even though these expressions are compatible with the proximity hypothesis D, the hypothesis fails to select a single vehicle concept from all plausible candidates. In this case, cultural conventions are needed to provide additional constraints. Nonetheless, the final version of the proximity hypothesis seems to capture an important part of the vehicle selection process and it allows for making accurate generalizations about many specific types of metonymies.

Secondly, it should be borne in mind that the proximity hypothesis D is not the final, definitive, or the best possible version. Even though the three revisions undertaken in the light of falsifying evidence helped to enhance the explanatory power of the hypothesis, further revisions may help to improve it even further. In principle, the ceteris paribus clause bulwarks the hypothesis against all falsifiers, because a researcher may simply claim that a piece of evidence is incompatible with the hypothesis as “not all things are the same in this case.” This, however, would be at best an instance of poor research practice. Excessive and gratuitous use of the ceteris paribus clause would immunize the proximity hypothesis to falsification, but also to improvement. Metonymies challenging the hypothesis signal the presence of additional factors that influence the selection of the vehicle. It may be worthwhile to pay closer attention to these factors.

Thirdly, the study of metonymies in other semiotic systems could provide more support and challenges to the proximity hypothesis. I (offhandedly) propose that metonymies in visual signs, comic books and graphic novels, sign languages, etc. are mostly compatible with the proximity hypothesis D, but this claim requires extensive testing. Perhaps, some evidence for the proximity may be provided by the analysis of indexical signs (in Peirce’s (1998 [1894]) sense), since this type of signs is motivated by contiguity between the expression and the content. It seems plausible that the selection of salient concepts used as vehicles in metonymies and expressions of indexical signs is guided by the same cognitive mechanism operating along the lines of the proximity hypothesis.

References

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The creation of this article was financially supported by Maria Curie-Skłodowska University in Lublin as a part of a grant from the Faculty of Humanities.



[1] In general, salience is so relative and context dependent that (most probably) it cannot be captured by one cut-and-dry principle. Evaluation of salience is a matter of a complex heuristics rather than a straightforward algorithm, so no algorithmic rule can fully capture the process in all situations. At the same time, salience does not appear to be a “basic concept,” which cannot be explained, described, or parametrized by means of something even more basic. Thus, providing a reductive account, or at least some parts of a reductive account, seems to be both feasible and desirable.

[2] Directionality and hierarchy of this sort have a more formal interpretation. Directionality of the relation R between a and b is equivalent to asymmetry of R. Thus, R(a, b) is directional/asymmetric if it does not hold that R(b, a):R(a, b) → ~R(b, a)      Asymmetry implies irreflexivity, so directionality assumes that ~R(a, a). Hierarchy of a, b, and c is equivalent to a strict partially ordered set of the elements with the relation R holding between them. In a strict partially ordered set (irreflexivity of R being implied in asymmetry), R is:

                asymmetric:R(a, b) → ~R(b, a)

                transitive:             (R(a, b) ∧ R(b, c)) → R(a, c)

                In the above body part example, a finger is a part of the hand, but not the other way around (so, partitive relations are directional/antisymmetric). Also, a finger is a part of the hand and a knuckle is a part of the finger, and technically a knuckle a part of the hand (so there is the hierarchy of hand > finger > knuckle).

 

 

[3] Most generally, a causality test involving counterfactuals assumes that if “A is the (a) cause of (or: caused) B’ is true, it is also true that if A had not happened, neither would B have” (van Fraassen 1980:115). The counterfactuality test is a handy rule of thumb for discriminating between genuine causation between events from merely co-occurrence of the two events.

[4] I borrow the terms “search domain” from Hawkins (1981). It should be noted, however, that Hawkins used the term to account for locational prepositions rather than metonymies.

[5] In fact, one may continue “zooming in” the causal network to find even more immediate causes of death. The causal net does not seem to have any “inherent granularity,” so one may freely speculate about causes at any imaginable scale. For example, it can be argued that it is not a shark bite that causes death, but a hemorrhage caused by the bite. It is true that what counts as the relevant cause of an event is decided somewhat arbitrarily and the relevance of causal connections will be discussed in more detail the following section. For the purpose of this case study, I will assume that deaths are caused by something that a (micro)organism does to a human being, and not by further consequences of these actions or prior causes leading up to the action. For example, what qualifies as the cause of death is a shark bite or a disease brought about by a microorganism; however, the death is not caused by a mosquito bite that infects a person with the microorganisms or by authorities who failed to issue a shark warning.

[6]  In the article under analysis, an animal (and not a disease) is required, because the article and the accompanying infographics are about animals rather than lethal infections. Hence, the thematic coherence of the text forces a metonymy with an animal as the vehicle, even though a disease is the actual cause of death.

[7] Obviously, this conclusion should not come as a surprise, since it is an illustration of what Lakoff and Johnson term “experiential grounding” (cf. Lakoff and Johnson 1980, Lakoff and Johnson 1999, also Section 6 of this article).

[8] The Latin names in Table 1 has been derived from www.birdlife.org

[9] Throughout the article, I will use a superscript plus sign (e.g. +talking amazon) to mark grammatical or grammatically plausible expressions which are not used in actual metonymic reference for some reasons.

[10] Which of course amounts to the ability to imitate sounds without comprehension.

[11] I will ignore metaphorical projections in yellow-crowned amazon and red-crowned amazon (top of the head is crown), red-spectacled amazon (rim around the eyes are spectacles), and yellow-shouldered amazon (upper rim of the wing is shoulder). I will assume that the main function of these metaphors is delineating subpart of bird’s body that do not have non-metaphoric equivalents or whose non-metaphorical equivalents are not used in everyday English. Under this interpretation, the metaphors make the subparts available for selection as vehicle concepts, but they do not interfere in any other way in the mechanism of the selection. For this reason, the presence of the metaphors can be ignored for the purposes of this article.

[12] This point was brought to my attention by Enn Veldi in a private conversation.

 

Metaphernerwerb: eine empirische Studie bei Kindern im Alter von sechs bis vierzehn Jahren

Swetlana Vogt, Peter Indefrey

Abstract

Unsere Studie [1] zielt darauf, wichtige Etappen der Entwicklung des Verstehens übertragener Ausdrucksweise bei Kindern nachzuvollziehen. Dabei richten wir den Fokus auch auf die spezifischen kognitiven Voraussetzungen, die beim Spracherwerb für das Verstehen von Wörtern mit übertragener Bedeutung unerlässlich sind. Erst auf der Grundlage begrifflichen Verstehens sprachlicher Ausdrücke und eines Denkens in Analogien und strukturellen Relationen sind ein korrektes Verstehen und eine situationsangepasste Verwendung von Metaphern gesichert. Wir gehen davon aus, dass Kinder vor der Verwendung meta­phorischer Ausdrücke Wörter auf assoziativ-anschauliche Weise miteinander verknüpfen und sich dabei an Übereinstimmungen orientieren, wie sie durch körperliche Erfahrungen, bildhafte Vorstellungen und sozio-kulturelle Interaktionen mit ihrer nahen sozialen Um­gebung gegeben sind. Wir folgern daraus, dass bei Kindern der untersuchten Altersgruppe einer entwickelten Metaphorik in der Regel eine assoziative, ‘pseudometaphorische‘ Rede­weise vorausgeht.

Our empirical study is aimed at finding evidence for children’s understanding of figurative language. We, furthermore, bring the specific cognitive requirements into focus that are indispensable for comprehending words with a metaphorical meaning. Only when children reach the level where they have acquired a conceptual understanding of utterances and are capable of thinking in analogies and configurational relations, they can truly comprehend metaphorical language and use it appropriately.

Our premise is that prior to any usage of metaphorical expressions children combine words in an intuitively accessible manner, guided by correspondences that arise from bodily experiences, mental images and socio-cultural interaction with their surroundings. Based on these premises, we assume that the use of metaphors is usually preceded by an associative, 'pseudometaphorical' manner of speaking.



[1] Die Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf sieht sich in der Pflicht, ihren Studierenden nicht nur eine fachlich-theoretische Grundlage zu vermitteln, sondern ihnen auch Praxis­felder zu eröffnen, auf denen sie ihre Theoriekenntnisse anwenden und überprüfen können. Aus diesem Grund haben wir zusammen mit unseren Studierenden Tim Gebauer, Melanie Knapp, Stefanie Laguna, Stephanie Molyneux, Florian Stein, Katharina Theimoorian, Lulia Smarovoz im Sommersemester 2013 und mit unseren Studierenden Christina Bauch, Isabell Kappl, Monika Liczycka, Carolin Marlene Scharnowski, Eva Schuhardt, Stefanie Alexandra Skwara, Anna Widel, Natalia Lamp und Susanne Heinrich (Schulte) im Wintersemester 2013/2014 die Studie an der Gemeinschaftsgrundschule GGS in Düsseldorf, Südallee 100 durchgeführt.

Wir bedanken uns bei Frau Natrop, vom Schulverwaltungsamt der Landeshauptstadt Düsseldorf, die uns unbürokratisch und schnell die Erlaubnis für die konkrete Schule erteilt hat, beim Schulleiter Herrn Richard Schmitz, bei der Grundschullehrerin Frau Sandra Fabricius-Schmidt, bei der Leiterin der Schulorganisation Frau Treudt-Marder, die uns allesamt freundlich aufgenommen, nach Kräften unterstützt und die Durchführung der Tests letztlich erst ermöglicht haben. Besonderer Dank gilt auch den Eltern, die das Projekt unterstützt haben und auch den Schulkindern der ersten, der zweiten und der dritten Klasse, die sich sehr engagiert an den Tests mit den Studenten beteiligt haben.

 

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Seite 69

Metaphernerwerb: eine empirische Studie bei Kindern im Alter von sechs bis vierzehn Jahren

Swetlana Vogt, Düsseldorf (swetlana.vogt@uni-duesseldorf.de),
Peter Indefrey, Düsseldorf (indefrey@phil.uni-duesseldorf.de)

Abstract

Unsere Studie[1] zielt darauf, wichtige Etappen der Entwicklung des Verstehens übertragener Ausdrucksweise bei Kindern nachzuvollziehen. Dabei richten wir den Fokus auch auf die spezifischen kognitiven Voraussetzungen, die beim Spracherwerb für das Verstehen von Wörtern mit übertragener Bedeutung unerlässlich sind. Erst auf der Grundlage begrifflichen Verstehens sprachlicher Ausdrücke und eines Denkens in Analogien und strukturellen Relationen sind ein korrektes Verstehen und eine situationsangepasste Verwendung von Metaphern gesichert. Wir gehen davon aus, dass Kinder vor der Verwendung meta­phorischer Ausdrücke Wörter auf assoziativ-anschauliche Weise miteinander verknüpfen und sich dabei an Übereinstimmungen orientieren, wie sie durch körperliche Erfahrungen, bildhafte Vorstellungen und sozio-kulturelle Interaktionen mit ihrer nahen sozialen Um­gebung gegeben sind. Wir folgern daraus, dass bei Kindern der untersuchten Altersgruppe einer entwickelten Metaphorik in der Regel eine assoziative, ‘pseudometaphorische‘ Rede­weise vorausgeht.

Our empirical study is aimed at finding evidence for children’s understanding of figurative language. We, furthermore, bring the specific cognitive requirements into focus that are indispensable for comprehending words with a metaphorical meaning. Only when children reach the level where they have acquired a conceptual understanding of utterances and are capable of thinking in analogies and configurational relations, they can truly comprehend metaphorical language and use it appropriately.

Our premise is that prior to any usage of metaphorical expressions children combine words in an intuitively accessible manner, guided by correspondences that arise from bodily experiences, mental images and socio-cultural interaction with their surroundings. Based on these premises, we assume that the use of metaphors is usually preceded by an associative, 'pseudometaphorical' manner of speaking.

1.    Einleitung

Wir untersuchen in unserer Studie, wie sich bei Kindern im Alter von sechs bis vierzehn Jahren das Verstehen von Ausdrücken mit übertragener Bedeutung entwickelt. In der psychologischen Forschung herrschen hierzu bisher unter­schiedliche Auffassungen vor: 1. Kinder fangen ca. ab dem zweiten/dritten Lebensjahr (Winner 1988; Winner/Gardner 21993; Jäkel 2015) an, Wendungen mit metaphorischen Bedeutungselementen zu verstehen. 2. nach Waggoner/ Palermo/Kirsh (1997) geschieht dies erst mit dem sechsten, 3. nach Lodge/ Leach (1975) erst ab dem neunten Lebensjahr und 4. nach Augst (1994) sogar erst im Alter von elf/zwölf Jahren.

Da die sprachliche Entwicklung eines Kindes einen dynamischen Prozess darstellt, lässt sich nicht zutreffend genau bestimmen, zu welchem Zeitpunkt u.a. auch die Metaphernkompetenz erworben wird. Vor diesem Hintergrund bietet es sich an, zu analysieren, welche Prozesse dem Metaphernerwerb eigentlich zu Grunde liegen.

Die metaphorische Kompetenz ist ein komplexes Phänomen. Nach Piaget (1992), Wygotski (1993), Klann-Delius (22008) und Tomasello (2012) wird die Sprache als Kognition und somit als ein Teil der Gesamtentwicklung bei Kindern aufgefasst. Zu den wichtigen Komponenten der Kognition, die während der Entwicklung eines Menschen erworben und vervollkommnet werden, gehören: Sinneswahrnehmungen (visuelle, auditive, gustatorische, olfaktorische, taktile), Gedächtnis, Sprache, Aufmerksamkeit und die „Theory of Mind“ (ToM). Der Begriff „Theory of Mind“ geht auf David Premack und Woodruff (1978: 515) zurück. Unter diesem Begriff ist die Fähigkeit eines Menschen zu verstehen, mentale Zustände anderer Menschen wie Intentionen, Wünsche, Absichten, Glauben, Wissen, aber auch Gemeinschaftsgefühle wie Empathie oder Mitgefühl nachvollziehen zu können.

Um den Metaphernerwerb im Laufe der Sprachentwicklung eines Kindes besser verstehen zu können, bietet es sich an, nicht nur sprachliche Komponenten, sondern auch kognitive, psychische, soziale, kulturelle Faktoren sowie die mediale Umgebung des Kindes in der Entwicklung des Ver­stehens metaphorischer Bedeutungen in Betracht zu ziehen.

Insofern sind wir der Auffassung, dass die Vorläufer (siehe Kapitel 2) meta­phorischer Sprachentwicklung körperliche Erfahrungen, symbolische Spiele, die Entwicklung der ToM, das Phänomen der Sinnestäuschungen, das Ver­ständnis der Substanz des sprachlichen Zeichens und über ein Basiswissen hinausgehende Domäneninhalte sind. Einige dieser hier als „Vorläufer“ ge­nannten Phänomene wie z.B. Symbolspiele/Fiktionsspiele oder Sinnes­täuschungen werden von anderen Autoren (Winner 1988; Clark 1996) schon als Metaphern bezeichnet. Wir sind jedoch der Meinung, dass die kindliche Entwicklungsphase im Alter von zwei oder drei Jahren weniger durch die voll ausdifferenzierten oder echten Metaphern, wie es in der Erwachsenensprache der Fall ist, sondern eher durch sogenannte ‘Pseudometaphern‘ geprägt wird. Unter ‘Pseudometaphern‘ verstehen wir eine Art ‘Als-Ob-Metaphern‘. Kinder bedienen sich derer häufig, um ähnliche äußere Merkmale von Objekten (z.B. Farbe, Form, Textur) oder funktionale Merkmale (z.B. Verwendungszwecke) von Werkzeugen bei Fiktionsspielen oder bei der Wahrnehmung von Illusionen (Sinnestäuschungen) mittels des ihnen bekannten Wortschatzes zu be­schreiben.

Bei einer ‘echten‘ Metapher werden verschiedene Domänen miteinander ver­bunden und semantische Vernetzungen hergestellt sowie fehlende Infor­mationen ergänzt. Nach Fauconnier/Turner (2002) findet bei der Metaphern­bildung ein ‘Blending‘ statt, das wiederum keine einfache Komposition von Inputs darstellt, sondern es entwickelt seine eigene emergente Organisation. Metaphern lassen sich somit

„als eine ausschließlich sprachbasierte, multimodale Hyper-Integration konzeptionell verknüpfter Wortfelder oder Frames auffassen. Ohne jegliche direkte perzeptive Rückbindung wird gleichwohl der Zugriff auf unterschiedliche Konzeptdomänen auf­grund eines Transfers („shift“) zwischen zwei Domänen ermöglicht, der, insofern er über eine Korrespondenz oder Analogie zwischen domänenspezifischen Merkmalen lizenziert ist, Merkmale der Aus­gangsdomäne in eine Zieldomäne hineinbringt, gleichsam in sie innovativ einbettet“ (Vogt 2013: 19).

Vor diesem Hintergrund beleuchten wir in unserem Beitrag zunächst die theoretischen Grundlagen für den Erwerb des Metaphernverständnisses. Sodann treten wir an, mit unseren durchgeführten Tests zu zeigen, dass es unabdingbar ist, dass Kinder im Laufe ihrer Sprachentwicklung erst be­stimmte Stadien durchlaufen müssen, um letztendlich über die Fähigkeit zu verfügen, Metaphern zu perzipieren und zu produzieren. Wir haben deshalb Kinder aus drei Altersgruppen zwischen sechs und vierzehn Jahren getestet, um genügend Datenmaterial zu generieren, anhand dessen der Metaphern­entwicklungsprozess analysier- und nachvollziehbar wird.

2.    Parallele und sequenzielle Entwicklung physischer, psychischer und sprachlich-kognitiver Fähigkeiten als Grundlage für den Metaphernerwerb

Die kindliche Entwicklung ist gekennzeichnet durch dynamische Wachstums‑, Ausreifungs-, Lern- und Anpassungsprozesse. Dabei bilden Kinder durch Beobachtungen, Nachahmungen, Übungen und Erfahrungen zunächst immer neue innere bildhafte Vorstellungen. Diese gehen von konkret wahrge­nommenen Erlebnissen und Gegenständen aus, die auf früheren Stufen der Entwicklung sprachlich-symbolisch diejenigen Merkmale eines Konzeptes ent­halten, die zunächst erst nur die rein körperlichen Erfahrungen beschreiben. In späteren Phasen der Entwicklung des Kindes werden diese Konzepte durch neue Erfahrungen und gewonnene Erkenntnisse mit neuartigen Merkmalen erweitert und somit stets auch vervollständigt

2.1 Körperliche Erfahrungen

Für das metaphorische Verständnis bei Kindern sind ausreichende Wahr­nehmungserfahrungen durch eigenes Erproben, Experimentieren, Erleben sowie Begreifen und auch die Fähigkeit, solche körperlichen Erfahrungen im Langzeitgedächtnis (LZG) zu speichern, unabdingbar. Wir können z.B. die Metapher Das Problem wurde einfach weggefegt mühelos verstehen, weil wir den Vorgang des Wegfegens wie z.B. beim Wegfegen des Schnees vorm Haus oder beim Wegfegen der Herbstblätter vom Hof imaginieren können. Solche Simulation gelingt deshalb, weil das Individuum während seiner Ontogenese solche und ähnliche Vorgänge von sensumotorischen, introspektiven, affektiven sowie mentalen Zuständen anderer Personen im LZG als eine Art multimodale Frames/Skripten/Schemata/Szenarien gespeichert hat. Nach der Theorie der „Embodied Cognition“ stellen gerade derartige Simulationen die Grundlage für die Sprache bereit (Barsalou 2008). Eine Reihe von neuro­physiologischen Untersuchungen bestätigen die Annahme, dass eigene Körpererfahrungen oder eigenes verkörperlichtes Wissen die Basis auch für die Verarbeitung figurativer Sprache schaffen (Gallese/Lakoff 2005; Wilson/ Gibbs 2007).

2.2 Symbolspiele/Fiktionsspiele („Als-ob-Spiele“), Rollenspiele und ToM

Das Wesentliche einer Sprache besteht in ihrer Repräsentationsfunktion, und die Vorläufer solcher sprachlich-symbolischen Repräsentationen sind Symbol­spiele/Fiktionsspiele oder „Als-ob-Spiele“ (Leslie 2000; Kauschke 2012), die auch als die Vorläufer der „Theory of Mind“ zu veranschlagen sind (Baron-Cohen 22000).

Das Kind lernt bei solchen Spielen „in der erkannten und nicht in der sichtbaren Situation zu handeln“ (Wygotski 1980/1933: 450). Dabei bezieht es sich in der realen Situation auf sein verinnerlichtes Schema oder eine Modellvorstellung und versucht in dieser Situation, Objekten und Rollen sprachliche Anweisungen mitzuteilen. Dies stellt einen sehr wichtigen Schritt in der Sprachentwicklung dar, weil Kinder dann Wortbedeutungen von den konkreten Gegenständen loslösen können.

So läuft z.B. ein Junge mit einem Stock in der Hand, den er mit der Spitze über den Boden führt, laut brummend durch die Wohnung und ahmt so einen Staubsaugevorgang nach, den er des Öfteren bei der Mutter oder dem Vater gesehen hat. Als ihn seine Mutter oder sein Vater fragt, was er da tut, antwortet er: „Siehst du das nicht. Ich mache hier sauber mit dem Staubsauger“. Das Wort Staubsauger wird hier nicht im übertragenen Sinne, herausgelöst aus der gewohnten Situation und dem gewohnten Sprachgebrauch verwendet. Vielmehr wird Staubsauger quasi metonymisch gebraucht, hier bezogen auf einen Stock („Als-Ob-Saugrohr“/ein fiktives Saugrohr) als ein Teil für das Ganze, nämlich Staubsauger, der auf einen realen Gegenstand referiert. Dadurch wird die durchgeführte Handlung konkretisiert und nicht von der realen Situation abgekoppelt, wie es im Falle von Metaphern der Fall wäre. Hier stimmt die Funktion des realen Gerätes Staubsauger mit der Spielfunktion des Stocks überein, und alles findet in der gleichen Domäne HAUSHALT/ GERÄTE statt. Anders wäre es z.B. in einer neuartigen/innovativen Metapher wie: „Ich würde die Gedanken, die mich traurig machen, gerne aus meinem armen Kopf absaugen lassen“. Gedanken absaugen (= Gedanken ausradieren/ loswerden/loslassen) ist von der realen Handlung wie mit einem Staubsauger absaugen losgelöst. Es findet in diesem Fall ein Blending (eine Vermischung) zweier völlig verschiedener Domänen wie HAUSHALT/GERÄTE und PSYCHE statt.

Neben den Symbolspielen erweisen sich auch die Rollenspiele bei der Sprach­entwicklung als äußerst wertvoll. Bei der Inszenierung der ausgedachten Geschichten, in denen z.B. Personen aus dem Erwachsenenleben und ihre typischen Verhaltensweisen imitiert werden, finden die Erzeugung und die Mitteilung fiktiver Bedeutungen statt, was es dem Kind überhaupt erst ermöglicht, sich in eine andere Person hineinzuversetzen. Mit Rollenspielen fangen Vorschulkinder zwischen ungefähr vier und sechs Jahren an (Andresen 2002).

Nach Winner (1988: 61) sollen schon vierjährige Kinder sogenannte „cloud-pillow“-Metaphern begreifen können. Hierbei können wir jedoch nicht über ‘echte‘ Metaphorik, sondern höchstens über ‘Pseudometaphern‘ sprechen, und zwar aus folgenden Gründen: Das Beispiel von Winner (1988: 91), in dem ein Kratzer als kindliche Benennung für Kondensstreifen als Metapher gelten soll, ist nach unserer Auffassung keine Metapher, sondern es handelt sich dabei lediglich um eine kindliche Äußerung, die rein auf dem Phänomen der Sinnestäuschung beruht, wie sie bei z.B. Clustering-Illusionen (i. Pareidolie) vorkommen. Dieses sind allerdings notwendige Voraussetzungen für die spätere Rezeption von Metaphern. Das Kind sieht hier im Kondensstreifen eigentlich nur eine atypische Veränderung des ihm so bekannten, eigentlich einheitlichen unversehrten Himmelblaus, ähnlich einem Kratzer auf der Haut der Mutter oder z.B. auf dem Lack des Autos vom Vater.

Winner (1988) und Clark (1996) bezeichnen Objekte in Fiktionsspielen als Metaphern, my tail (dt. „Schwanz“) steht z.B. für a peace of string (dt. „Stück Schnur“) oder mixer (dt. „Mixer“) für a horn (dt. „Horn“) (Winner 1988: 93). Clark (1996: 410) spricht bei diesem „Renaming“ auch vom figurativen Gebrauch und bezeichnet es als „symbolic play metaphor“. Nach Vosniadou (1986: 22) sind ‘kindliche’ Metaphern

„not real metaphors (either because they represent literal over­extensions or nonsimilarity based pretend renamings), then what appears to be a decline in metaphor production is maybe only a decline in the proportion of utterances which appear metaphorical from the adult point of view but are not real metaphors.“

Solche „pretend renamings“ in einem Symbolspiel kann man nach Vosniadou (1986: 15) höchstens als Vorläufer/Wegbereiter einer Metapher auffassen.

Auch nach unserem Verständnis liegt hier keine Metaphorik im eigentlichen Sinne vor, sondern es handelt sich bei einem solchen kindlichen Spiel um ein Variieren verschiedener Ausdrucksmöglichkeiten, wobei ein sprachlicher Ausdruck (Prädikat) auf mehrere von ihrer Gestalt her vergleichbare/ähnliche Gegenstände appliziert wird. Kinder können allerdings sehr wohl zwischen einem lebendigen Tier mit echtem buschigen, beweglichen Schwanz und einem Plüschtier mit Stoffschwanz unterscheiden.

Winner (1988) und Clark (1996) sprechen auch über „sensorische Metaphern“, wenn das Kind z.B. einen Bleistift eine Nadel nennt. Beide Gegenstände sind schließlich spitz, und der Bleistift kann bei entsprechend umfunktioniertem Gebrauch auch stechen. Hier wiederum dient das Beispiel eher als Vergleich zwischen zwei Gegenständen. Der Vergleich als solcher ist eine bloße Gegen­über­stellung eines Objektes mit einem anderen, die Angleichung eines Objektes an ein anderes nach allgemeinen Merkmalen, und dabei geht es immer nur um nah verwandte und annähernd gleichartige Gegenstände. Der Begriff „sensorische Metapher“ ist nach unserer Auffassung zudem zu un­bestimmt, weil „sensorisch“ lediglich einen Oberbegriff für die ver­schiedensten Sinnesmodalitäten wie Hören, Sehen, Riechen, Schmecken und Fühlen darstellt.

Im Unterschied zu Vergleichen bezieht sich eine Metapher allerdings nicht auf zwei verschiedene Objekte, sondern sie projiziert einen einzigen bestimmten Gegenstand in einen weitreichenden Bildzusammenhang. In eine Metapher legt der Sprecher seine eigene Vorstellung über einen spezifischen Gegenstand oder die Erscheinung über ihn und beschreibt diesen sprachlich mit den Mitteln, die in den Bereich seines eigenen Wissenshintergrundes fallen. Der Hörer ist aufgefordert, die so vom Sprecher geschaffene zwei Wissensbereiche verbindende Inferenz nachzuvollziehen.

Das Fiktionsspiel und auch das Rollenspiel stellen somit eher einen Lern­prozess dar, in dem viele Kognitionen angesprochen und verbunden werden. Beispielhaft dafür lassen sich anführen: die bewusste Analyse und Koordination der Situation, die Entwicklung von bestimmten Strategien und Kreativität, die Erkennung von Zusammenhängen und Sinnverbindungen zwischen verschiedenen Zuständen und Personen und auch die Feststellung von Unterschieden zwischen Personen, Dingen und Ereignissen beim Ver­gleichen, das Lernen von Gesetzmäßigkeiten.

2.3  ToM & Emotionen

Die „Theory of Mind“ fängt erst ca. ab dem vierten oder fünften Lebensjahr an, sich zu entwickeln (Leslie 2000). Außer der Fähigkeit, sich in Gedanken anderer Menschen hineinzuversetzen und ihre Einstellungen zu kalkulieren/ abzuschätzen, gehört zur „Theory of Mind“-Kompetenz auch die wichtigste kognitive Fähigkeit, nämlich die emotionale Intelligenz, die für das Metaphern­verständnis unumstritten ist. Es lassen sich drei Stufen von Emotionen unterscheiden, die sich Kinder schrittweise aneignen.

Auf der ersten Stufe geht die Entwicklung emotionaler Kognitionen aus von unbestimmten und unbewussten Prä-Emotionen, die nach Zinck/Newen (2008) entweder Wohlbefinden oder Unbehagen ausdrücken. Dabei werden Äußerungen oder Situationen unbewusst negativ oder positiv bewertet.

Auf der zweiten Entwicklungsstufe geht es um die Basisemotionen oder die primären Emotionen. Diese primären Emotionen sind nach Zinck/Newen (2008) universell und in allen Kulturen gleich.

Bei der dritten Entwicklungsstufe handelt es sich um die sekundären Emotionen psychosozialen Charakters, die jeder Sprachträger in seiner bestimmten soziokulturellen Umgebung übermittelt bekommt. Deswegen unter­scheiden sich Sprachen auch hinsichtlich ihrer emotionalen Kom­ponenten von der kulturellen Einbettung der jeweiligen sprachtragenden Person. Derartige Emotionen sind eine Art gesellschaftliche/soziale Fiktionen, die den gesellschaftlichen Konventionen (Schablonen, Klischees oder Proto­typen) von emotionalen Verhaltensmustern sowie zeitgenössischen und kulturell geprägten Bewertungsmaßstäben entsprechen.

Mit jeder Entwicklungsstufe steigt demnach sowohl die Komplexität des emotionalen Musters/Frames als auch das Bewusstsein von Begriffen. Auf der ersten Stufe (Prä-Emotionen) verwenden zwei- und dreijährige Kinder ein emotionales Label („emotion labels“) z.B. „Glück“ für Gesichter, welche Glück, Überraschung und Angst ausdrücken (Wilden/Russel 2008). Sogar ältere Vorschulkinder im Alter von ca. vier Jahren zeigen vielfach noch erst gering ausgeprägte Fähigkeiten, Konzepte wie TRAUER, ÄRGER, ANGST und auch EKEL auszudifferenzieren, weil diese emotionalen Kategorien sich bis zum sechsten Lebensjahr erst noch entwickeln (Markham/Adams 1992). Emotionale Begriffe verstehen Kinder sogar über das Vorschulalter hinaus eher als breit gefasste Begriffe, die einige Dimensionen umfassen, deren Trag­weiten sie noch nicht erkennen können. So z.B. nahmen Kinder in der Studie von Widen/Russell (2008) mehrfach Gesichtsausdrücke nicht als fröhliche oder traurige oder Ekel ausdrückende wahr, sondern werteten sie rein affektiv als positiv/angenehm („pleasure“) oder negativ/unangenehm („dis­pleasure“): „[…] over the preschool years, children move gradually from understanding emotions in very broad terms to narrower ones, thus slowly moving toward an adult-like understanding“ (Widen/Russell 2008: 293).

Nach der Theorie von Zinck/Newen (2008) sind Emotionen als einheitliche Muster in unserem Gehirn repräsentiert, die sich aus biologischen, körper­lichen, verhaltensmäßigen, kulturellen und geistig-kognitiven Komponenten gebildet haben, vergleichbar mit der menschlichen Fähigkeit, Muster für Häuser zu speichern und Häuser dementsprechend auch wiederzuerkennen.

Solche Muster sind allgemeine Wissensstrukturen von Konzepten, wie auch Schemata, Frames, Skripten oder Szenarien. Unter Konzepten verstehen wir mentale im LZG gespeicherte verbale wie nonverbale Wissens­re­präsen­tationen über Einheiten, Ereignisse, Handlungsabläufe usw., welche jedes Individuum im Laufe seines Lebens (Ontogenese) durch Erfahrungen mit seiner Umwelt in bestimmter raumzeitlicher Dimension erwirbt. Obschon das Wissen über das Konzept „WUT“ bei Kindern im Alter zwischen sechs und sieben Jahren noch nicht vollständig und eher unausgewogen ist, bedienen sie sich doch schon eines Musters/Schemas, in dem z.B. der Ablauf von „wütend sein“, nämlich äußerliche Körperreaktion bei Wutausbrüchen, gespeichert ist. So beschreibt z.B. ein Junge den Zustand „wütend sein“ lediglich mit seinen eigenen Worten, anstatt die dargebotene Metapher zu paraphrasieren, wie das folgende Beispiel zeigt:

INT.: Ich platze beinahe vor Wut (= die Nerven verlieren).

(1) KIND (6,9 m): da platzt man ja nicht, da ist man nur rot oder SAuer hehe (--) oder TRAMpelt mit den FÜßen soo <<das Kind trampelt mit den Füßen>>.[2]

Bei ToM handelt es sich um eine hoch komplexe kognitive Fähigkeit, die sich bei Kindern sukzessiv entwickelt. Zwischen ihr und dem Metaphern­verständnis besteht ein fester Zusammenhang (Happé 1995). Die nicht ent­wickelte ToM führt immer zu einem defizitären metaphorischen Verständnis. Den Beweis dafür liefern uns die Forschungsergebnisse, die aus Tests mit autistischen Kindern resultieren. Es konnte so festgestellt werden, dass sogar ältere „high-functioning“ autistische Individuen große Schwierigkeiten beim Interpretieren metaphorischer Sprache zeigen (Happé 1993, 1994; Minshew/ Goldstein/Siegel 1995). Gerade für autistische Kinder ist es auch charakteristisch, dass diese nicht imstande sind, ein spontanes „Als-ob-Spiel“ auszuführen (Baron-Cohen 22000). Diese Kinder zeigen generell deutliche Mängel beim Umgang mit z.B. Vortäuschungen (Jarrold/Conn 2011), was letztlich auch ein Grund dafür sein könnte, dass sie häufig ein Unverständnis von Metaphern aufweisen.

 

 

 

2.4 Sinnestäuschung/Illusionen

Die Fähigkeit, aus Linien, Kurven und Kreisen, Flecken oder irgendwelchen Mustern menschliche Gesichter, Tiere, Gegenstände und nichtexistierende Gestalten herauszulesen, d.h. aus dem Sinnlosen das Sinnvolle zu er­schließen, ist sowohl Kindern als auch Erwachsenen gleichermaßen gegeben. Solcherart Sinnestäuschungen sind als Clustering-Illusionen (i. Pareidolie) bekannt. Pareidolie ist eine „Bezeichnung für eine Sinnestäuschung, bei der tatsächlich vorhandene Gegenstände subjektiv verändert wahrgenommen und zu einer neuen Erscheinung umgeformt werden“ (Brockhaus-Enzyklopädie 191991: 533).

Warum ist dies für das Metaphernverständnis bei Kindern von Bedeutung? Die Fähigkeit, sinnlosen Erscheinungen eine Sinnhaftigkeit zu vermitteln, er­leichtert eindeutig den Erwerb von Metaphernkompetenz bei Kindern. Diese lernen so, die realen Eigenschaften von existierenden Objekten, die als „verkörpertes“ Wissen über Objekte ihrer Umwelt im LZG gespeichert sind, den fiktiven (rein gedanklichen) ‘Als-Ob-Objekten‘ zuzuordnen. Auf diese Weise kann das Ergebnis dieses Verarbeitungsprozesses das Erkennen z.B. eines Bären in einer am Himmel ausgeprägten Wolkenformation sein. Das Kind stellt dabei eine Analogiebeziehung zwischen einem realen Bären und der so ausgeprägten Wolke ‘Als-Ob-Bär‘ her. Studien von Farzin/Hou/ Norcia (2015) machen deutlich, dass gesunde Kinder früh imstande sind, Illusionen wahrzunehmen und diese auch sprachlich wiederzugeben.

Obwohl Illusionen offenbar bei einigen Autoren (Winner 1988; Clark 1996) bereits als „Metaphern“ gelten sollen, kann es sich unserer Meinung nach noch nicht um Metaphern im engeren Sinne handeln. Denn nach Coulson/ Oakley (2000) ist die Metaphernbildung ein emergenter Prozess, bei dem ein Blending zweier oder mehrerer scheinbar unabhängiger Domänen in bestimmter raumzeitlicher Entfaltung stattfindet. Bei dem Bär-in-einer-Wolkenformation-Sehen kann beim Kind davon in diesem Entwicklungsstadium noch keine Rede sein, weil dem Kind eindeutig noch maßgebliche Voraus­setzungen dafür fehlen, wie nachstehend noch näher erläutert wird.

2.5 Die Kontinuität des Domänenwachstums

Zuerst erkundet ein Kind die unmittelbare äußere Welt um sich herum. Es macht Erfahrungen mit Geschehnissen der Umwelt mit all den ihm zur Verfügung stehenden Sinnen, und es lernt somit Begriffe aus verschiedenen Domänen. Brandt (2004) stellt zum näheren Verständnis dazu ein grund­legendes Netz mit vier ontologischen Domänen dar, das hier in einer stark vereinfachten Form gezeigt wird:

 

Abb. 1: Ein Netz von ontologischen Domänen nach Brandt (2004)

Die grundlegenden Domänen bilden ein inneres Dreieck, hier grün dargestellt, in dessen Zentrum sich D3, die „mental-subjektive“ Domäne (u.a. das mensch­liche Subjekt oder die „Erste-Person-Perspektive“), befindet. Um diese zentrale Domäne herum werden die sogenannten Satellitendomänen platziert: D1 „physical domain“ oder die Domäne „Außenwelt“ (u.a. physikalische Kräfte, kausale Welt von Distanzen, Gravitation, stationären und mobilen Objekten und Hintergründen sowie Fauna und Flora); D2 „cultural domain“ oder „social domain“ oder die Domäne „soziales Umfeld“ (u.a. eine Volks­gruppe, Bürgergruppe oder eine ethnische Gruppe mit ihren typischen Ver­haltensweisen und Umgangsformen, die sehr stark auf einzelne Mitglieder abfärben) und D4 „spiritual domain“ oder „speech-act domain“ (u.a. soziale Interaktion, Sprecherbedeutung, Willensakte und Austausch von Gedanken und Empathie („Theorie of Mind“)).

Zu den jeweiligen zwei grundlegenden Domänen von den insgesamt vier dargestellten Domänen existieren noch weitere Domänen, hier in Gelb dargestellt, die neue, weitere Kanten eines umfassenden Dreiecks bilden. Dabei findet hier eine Art „Blending“ zweier Domänen (z.B. D1 und D2) statt und es entsteht eine neue Domäne (z.B. D5). Auf diese Weise sind folglich drei neue Domänen entstanden: D5 „Land, Staat, Infrastruktur, staatliche Institutionen“, D6 „häuslicher Bereich, Familie“ und D7 „Weltanschauung, Religion, Heiligtum“. Danach entstehen neue dreieckige Konfigurationen mit weiteren neuen Domänen wie z.B. D8 „Wirtschaft/Ökonomie, Wohlstand“, D9 „Kunst, Ästhetik“ und D10 „Justiz, Rechtssystem“, die im Schaubild in Blau dargestellt sind. Es folgt noch eine Reihe von Diskursarten, einschließlich der verschiedenen Wissenschaften, die hier nicht weiter erläutert und im Schaubild dargestellt werden sollen.

Für unsere hier vorgelegte Arbeit ist Brandts Theorie zur Darstellung von Metaphern von großer Bedeutung, weil danach eine Metapher durch ein Netzwerk von „Mappings“ und „Blendings“ gekennzeichnet ist. Auch nach Lakoff (1993) aktiviert eine Metapher stets einen kognitiven Mechanismus, der mindestens zwei Erfahrungsdomänen zueinander in Beziehung setzt, indem er eine Abbildung bestimmter Elemente aus einer Quelldomäne in korres­pondierende Komponenten der Zieldomäne vornimmt („Mapping“). Für uns ergibt sich aus alledem Folgendes: Ohne bereits vorhandenes Wissen aus höheren Domänen z.B. Domäne „Weltanschauung, Religion“ haben Kinder er­fahrungsgemäß Schwierigkeiten beim Metaphernverständnis. So sind Grund­schulkinder der 1.-3. Jahrgangsstufe nach Pfeifer (2001) noch nicht imstande, die biblischen Metaphern wie z.B. ‚in der Dunkelheit leben’ – ‚Sehen lernen’ oder ,Verloren-Sein’ — ‚Gefunden-Werden’ zu verstehen. Erst ab der vierten Jahr­gangs­­stufe soll dieses überhaupt erst möglich werden. Die Studien von Pfeifer zeigten, dass „biblische Metaphorik weitgehend erst in der fortgeschrittenen Grundschulzeit eine Bedeutungszuweisung erhält, die Kindern Perspektiven für weiterführende sinnvolle Auseinandersetzungen gibt und nicht in einem Ikonoklasmus endet“ (Pfeifer 2001: 205). Das Verständnis der biblischen Metaphorik erfolgt jedoch nicht auf „rein innerakademischer Ebene, sondern nur im Dialog mit der konkreten Praxis“ (Pfeifer 2001: 205).

2.6  Begriffsbildung

Um übertragene Bedeutungen zu verstehen, bedarf das Kind begrifflichen Denkens und des Bewusstseins von Begriffen. Das setzt voraus, dass das Kind ganz bewusst mit Begriffen umgehen sowie sie sprachlich aktiv verwenden kann. Bis ein Kind diese Stufe erreicht hat und Begrifflichkeiten sicher be­herrscht, durchlebt es auch hierbei bestimmte Phasen der Entwicklung. Die typischen drei Stufen[3] der Entwicklung von Begrifflichkeit sind nach Wygotski (1993) wie folgt definiert:

I. Stufe „Synkretismus“, die mit ca. zwei Jahren beginnt. Nach Wygotski (1993: 120) besteht die Bedeutung des Wortes auf dieser Stufe „in der völlig unbestimmten, ungestalteten synkretischen Verkettung einzelner Gegen­stände, die sich auf irgendwelche Weise in der Vorstellung und Wahr­nehmung des Kindes miteinander zu einem einzigen zusammenhängenden Bild verbunden haben.“

II. Stufe „Denken in Komplexen“, die mit ca. vier Jahren beginnt. Diese Stufe hat wiederum einige Einzeletappen:

In der ersten Phase, dem assoziativen Komplex, werden Gegenstände sehr stark untereinander differenziert. Der Komplex baut sich aber um einen „Kern“ herum aufgrund eines einzelnen konkreten Merkmals (sei es Farbe, Form oder Format) auf.

Die zweite Phase „Komplex-Sammlung“ kennzeichnet „die heterogene Zusammensetzung, die gegenseitige Ergänzung und die Vereinigung in einer Sammlung. […] Der wesentliche Unterschied des Sammeltyps vom assoziativen Komplex ist der, dass in die Sammlung keine Dubletten der Gegenstände aufgenommen werden, die ein und dasselbe Merkmal besitzen. Von jeder Gruppe von Gegenständen werden gewissermaßen Einzel­exemplare als Vertreter der ganzen Gruppe ausgewählt“ (Wygotski 1993: 126).

Der Kettenkomplex ist gekennzeichnet durch den Aufbau „nach dem Prinzip der zeitweiligen Vereinigung einzelner Glieder zu einer einheitlichen Kette, und folglich einer Bedeutungsübertragung bei den einzelnen Gliedern dieser Kette auf“ (Wygotski 1993: 127).

Der diffuse Komplex kennzeichnet sich durch „diffuse, unbestimmte Verbindungen, die in anschaulich-konkreten Gruppen von Bildern oder Dingen vereinigt werden“ (Wygotski 1993: 129).

Der Pseudobegriff kommt erst in der letzten Phase des komplexen Denkens beim Kind im höheren Vorschulalter vor. Er ähnelt schon weitgehend dem eigentlichen Begriff der Erwachsenen, indem er eine Art „Vereinigung und Verallgemeinerung der einzelnen konkreten Erfahrungselemente“ (Wygotski 1993: 151) darstellt. Beim eigentlichen Begriff kommt jedoch noch das Wesent­liche dazu, „die Fähigkeit, die Elemente außerhalb der konkreten Ver­bindungen zu betrachten, in denen sie in der Erfahrung gegeben sind“ (Wygotski 1993: 151).

III. Stufe „Begriffliches Denken“ oder die Stufe des Bewusstseins von Begriffen, die im Übergangsalter[4] eines Kindes stattfindet. Zur Bildung eines Begriffes führen nicht allein die Assoziationen, sondern

„an seiner Bildung sind alle elementaren intellektuellen Funktionen in einer bestimmten Verbindung beteiligt. Dabei ist das zentrale Moment dieser ganzen Operation der funktionelle Gebrauch des Wortes als Mittel zur willkürlichen Lenkung der Aufmerksamkeit, der Abstraktion, der Herauslösung der einzelnen Merkmale, ihrer Synthese und Symbolisierung mit Hilfe eines Zeichens“ (Wygotski 1993: 164).

Wygotski (1993: 157) sagt aber klar und deutlich: „Man darf sich den Wechsel der einzelnen Denkformen und der einzelnen Phasen in einer Entwicklung nicht als mechanischen Prozeß vorstellen, bei dem jede neue Phase dann eintritt, wenn die vorhergehenden völlig abgeschlossen sind.“

Das Bewusstsein von Begriffen auf der dritten Stufe ist nach unserer Auffassung somit auch eine weitere wesentliche Voraussetzung für die Aneignung der Metaphernkompetenz. Das Nichtvorhandensein solch einer Voraussetzung führt eindeutig zu Schwierigkeiten beim Verständnis über­tragener Bedeutung.

Zusammengefasst machen unsere Vorüberlegungen deutlich, dass die nach­folgend beschriebene empirische Studie zwei für die Entwicklung des Metaphernverständnisses relevante Aspekte und deren Interaktion erfassen soll. Zum einen ist der Stand der kognitiven Entwicklung, insbesondere der Begriffsentwicklung wesentlich. Wir untersuchen daher Kinder verschiedener Altergruppen. Zum anderen ist aber auch der kindliche Erfahrungs­hintergrund von Bedeutung. Wir analysieren daher den Erwerb verschiedener Arten von Metaphern, die sich bezüglich der Möglichkeit der Anknüpfung an vorhandene Erfahrungen unterscheiden.

 

3.    Empirische Untersuchung

3.1  Testmaterial

Für den Test kamen allein konventionalisierte oder lexikalisierte Metaphern in die engere Auswahl. Das Testmaterial wurde gewonnen aus den Korpora DWDS (digitales Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache), COSMAS II (Corpusdatenbank des Instituts für deutsche Sprache in Mannheim), Deutscher Wortschatz der Universität Leipzig und aus Nachschlagewerken (Dudenredaktion 1999, 82015; Griesbach/Schulz 132000; Herzog 2013; Hessky/Ettinger 1997; Müller 2005; Schemann 1992, 22011; Worsch/Stolze-Stubenrecht 42013). Es wurden nur solche Metaphern verwendet, deren Wörter in denotativer Bedeutung üblicherweise Bestandteile des Wortschatzes von Kindern sind, die kurz vor der Einschulung nach Augst (1984) stehen. Untersucht wurde gegenwärtig gesprochene deutsche Sprache.

Die von uns für den Test ausgewählten lexikalisierten Metaphern wurden zuvor an 60 deutschen muttersprachigen Probanden auf generelle Verständ­lichkeit überprüft. Ausschließlich diejenigen Metaphern wurden in unseren Test aufgenommen, die von Muttersprachlern als meistgebräuchlich aner­kannt wurden. Das waren insgesamt sechsundsechzig Metaphern. Der Inter­viewer/die Interviewerin lasen die Sätze dem jeweiligen Kind vor. Das unter­suchte Kind sollte zunächst sagen, ob es den Satz jemals schon gehört hat und wenn ja, wie es diesen Satz versteht.

Wir haben die folgenden spezifischen Metaphernarten für unsere Tests zusammengestellt:

1. Techno- und biomorphe Metaphern: Die Maus hat Knopfaugen. Der Mann hat richtige Wurstfinger.

Hier findet eine Zuweisung spezifischer Eigenschaften aus der Quelldomäne (Gegenstände/Artefakte, Nahrungsmittel oder Pflanzen) auf Lebewesen statt. Beruht eine Metapher auf visuellen Merkmalen wie Form, Farbe oder Textur, kann man verallgemeinernd von ostentativer Metaphorik sprechen. In anderen Fällen wie z.B. Das Kamel ist das/ein Wüstenschiff auf dem Sandmeer, basiert die Metaphorik auf einer Funktionsanalogie zwischen Ausgangs- und Zieldomäne.

2. Anthropomorphe Metaphern (ontologische nach Lakoff/Johnson 2003): Der Himmel weint. Der Wind pfeift.

Bei anthropomorphen Metaphern oder Personifikationsmetaphern geht es um das Zusprechen menschlicher Eigenschaften an unbelebte Gegenstände. Sie sind durch die Verbindung eines kognitiv evidenten Vorstellungsbereichs mit einem umfassenderen abstrakteren Begriff wie z.B. Wind oder Himmel gekennzeichnet, der Wege oder Zugriff auf weitere neue unter ihn sub­sumierbare und mit ihm verknüpfbare Vorstellungen eröffnet, welche bis hinab zu einer kognitiv konkreten Vorstellung wie etwa weinen im Prä­dikations­bereich von Himmel oder pfeifen im Fall von Wind reichen können.

3. Tiermetaphern: Meine Schwester ist eine fleißige Biene. Mein Opa ist ein schlauer Fuchs.

Bei Tiermetaphern liegt ein zweiseitiges Mapping vor: „MENSCH — TIER — MENSCH“: Zuerst erfolgt mittels Übertragung die Zuweisung menschlicher Eigenschaften oder Verhaltensweisen auf Tiere, sodann werden vermeintlich „tierische“ Eigenschaften auf dem Wege der Rückübertragung Menschen zu­ge­sprochen, d.h. ihnen gegenüber re-prädiziert. So wird etwa der Biene Fleiß, d.h. das Prädikat fleißig zu sein zugeschrieben, sie wird somit als Vorbild unablässigen, emsigen Schaffens apostrophiert/angesprochen. In der Rück­über­tragung auf den Menschen wird die Biene sodann zum Inbegriff eigentlich menschlichen Fleißes für eben derart lobend zu qualifizierende Mit­glieder der Gattung Mensch gemacht.

4. ‘Synästhetische’ Metaphern

4.1 ‘Synästhetische’ Metaphern perzeptuellen Charakters: Meine Mutter liebt warme Farben. Im Winter haben wir hier eine klirrende Kälte.

4.2 ‘Synästhetische’ Metaphern emotionalen Charakters: Wir haben helle Freude am Schlittenfahren. Die Lehrerin ist eine kalte Person.

4.3 ‘pseudosynästhetische’ Metaphern: Ich kann keinerlei scharfe Kritik von meiner Freundin ertragen. Meine Schwester hat eine blühende Phantasie.

‘Synästhetische’ Metaphern greifen typischerweise auf Eigenschaftswörter zurück, die sich auf verschiedene sensorische Qualitäten (Qualia) beziehen lassen. Diese Metaphern sind unmittelbar mit dem Phänomenkreis echter Synästhesie vergleichbar und haben in der Verknüpfung und Vernetztheit von Kognitionen auch ihren semantischen Ursprung. Synästhesie stellt eine Sonderform der Verarbeitung und Verknüpfung multisensorischer Prozesse dar. Verschiedene Synästhetiker weisen jeweils eine nur ihnen eigentümliche, konstante, spezifische Verknüpfungsweise bestimmter Sinneswahrnehmun­gen auf. So initiiert etwa bei ganz bestimmten Synästhetikern die visuelle Wahrnehmung verschiedener Zahl- und Buchstabengestalten zugleich auch eine visuelle Wahrnehmungsvorstellung unterschiedlicher Farben. Mit einer derartigen direkten Verknüpfung verschiedener Wahrnehmungen, bei echten Synästhetikern auf neuronaler Ebene, lassen sich auch ‘synästhetische’ Metaphern auf Seiten des sprachlichen Ausdrucks wie knallrot, sattes Grün, schmutziges Grau, kaltes Blau, warmes Rot, warme Farben, kalte Farben (Vogt 2013) vergleichen und in aufschlussreicher Analogie zu Synästhesien verstehen.

In diesem Zusammenhang ist es jedoch angezeigt, zwischen ‘synästhetischer’ und ‘pseudosynästhetischer’ Metaphorik zu unterscheiden. Bei ‘synästhe­tischen‘ Metaphern stammen beide Elemente, sowohl das modifizierende, der Modifikator, als auch das modifizierte aus perzeptiven Bereichen, wie in: ein warmes Rot. Im Unterschied zur ‘synästhetischen’ ist allerdings die ‘pseudo­synästhetische’ Metapher dadurch gekennzeichnet, dass das modifizierende Element aus dem perzeptiven, das modifizierte aber aus einem nicht­perzeptiven Bereich stammt, wie z.B. in: heller Wahnsinn, heller Kopf, scharfe Kritik, heiße Debatte (Vogt 2013).

Oftmals weisen Metaphern auch mehrere metaphorische Anker auf, die sich nicht nur auf ganz bestimmte Domänen beziehen. Derartige Metaphern lassen sich in weitere Metaphernarten kategorisieren. Zu ihnen gehören vielfach solche mit einem Kern um einen Raumbegriff oder um eine Gestalt-Vorstellung, die wir ebenfalls im Test verwendet haben:

5. Räumliche Metaphern (Orientierungsmetapher nach Lakoff/Johnson 2003), bildschematische Metaphern nach Baldauf 1997): Diese Fußballmannschaft steht an der Spitze. Meine Freundin steht gerne im Mittelpunkt.

Metaphern dieses Typs weisen als zentralen Bestandteil einen Begriff aus den Bereichen „räumliche Gestalt“ oder „Figuralität“ auf, der auf einen ab­strakten Bereich übertragen wird.

6. Metaphern der Untergruppe, die sich auf die Aktionsart des Verbs im Satz beziehen:

6.1 Prozessmetaphern: Mir raucht der Kopf von lauter Hausaufgaben. Die Arbeit wächst mir oft über den Kopf.

6.2 Aktionsmetaphern: Das Problem wurde einfach weggefegt. Ich habe schon viele Bücher verschlungen.

6.3 Aktionsmetaphern mit Bezug auf Handlungen oder Aktionen, die einen emotionalen Zustand ausdrücken: Das Glück hat mir den Rücken gekehrt. Manchmal muss ich meinen Ärger einfach runterschlucken.

6.4 Zustandsmetaphern mit Bezug auf das emotionale Befinden: Ich platze vor Wut. Mein Herz ist gebrochen.

Bei diesen unter 6. genannten Metaphern beziehen sich die im übertragenen Sinne gebrauchten Verben meistens auf abstrakte Entitäten. Oft werden dabei sowohl konkrete als auch abstrakte Einheiten personifiziert, belebte Objekte werden entpersonifiziert. Häufig findet auch ein Diathesenwechsel statt, der die Veränderung der semantischen Valenz zur Folge hat.

3.2  Testausführung

Es wurden drei Gruppen von Schulkindern mit der Muttersprache Deutsch in den folgend benannten Altersgruppen untersucht:

Gruppe 1: Kinder im Alter von sechs bis sieben Jahren

Gruppe 2: Kinder im Alter von neun bis elf Jahren

Gruppe 3: Kinder im Alter von zwölf bis vierzehn Jahren.

Das gesamte Testverfahren bestand aus elf Aufgabentypen mit insgesamt 66 Sätzen, die sämtliche Metaphern enthielten. Insgesamt wurden 60 Schulkinder getestet, jeweils 20 pro Gruppe, ca. 30 Minuten lang.

Die Testpersonen wurden zu jedem vorgelesenen Satz mündlich aufgefordert, folgende Fragen zu beantworten: „Kann man so etwas sagen?“ „Hast Du schon so etwas gehört?“ „Verstehst du diesen Satz?“ Bei positiver Antwort sollten dann die Schulkinder mit eigenen Worten erklären, was der dargebotene Satz ihrer Meinung nach bedeutet.

3.3  Testauswertung

In unseren Tests ergab die Modellierung der Daten mit schrittweiser (vorwärts) logistischer Regression eine signifikante Verbesserung des Re­gressionsmodells durch Einschluss der Faktoren Gruppe (Modell 1, Chi2 = 615,3; df = 2; Nagelkerke R2 = 0,236; p = 0,000) und Metaphernart (Modell 2, Chi2 = 237,9; df = 10; Nagelkerke R2 = 0,316; p = 0,000) sowie deren Interaktion (Modell 3, Chi2 = 42,3; df = 20; Nagelkerke R2 = 0,330; p = 0,003). Separate Modelle des Einflusses der Altersgruppe in den verschiedenen Metaphern­arten ergaben signifikante Unterschiede der Korrektheit der Metaphern­interpretation zwischen den Altersgruppen (siehe Abbildung 2; ** p < 0,01; * p < 0,05; (*) p < 0.1, Bonferroni-korrigiert für multiple Vergleiche).

Es konnte festgestellt werden, dass bei den nachstehend benannten Me­taphern­arten die Kinder in der ersten Altersgruppe von sechs bis sieben Jahren Verständnisschwierigkeiten hatten. Die im Zusammenhang mit den Metaphernarten genannten Prozentzahlen geben den Anteil derjenigen Teil­nehmer wieder, welche die Metaphern verstanden haben. Hier die Auflistung: räumliche Metaphern mit 19% Verständnis, technomorphe Metaphern mit 20%, Aktionsmetaphern emotionalen Charakters mit 28%, Prozessmetaphern mit 33%, ‘pseudosynästhetische’ Metaphern mit 33% und Zustandsmetaphern mit 37%. Ein besseres Verständnis konnte bei den folgenden Metapherntypen beobachtet werden: ‘synästhetische‘ Metaphern perzeptuellen Charakters mit 43%, Aktionsmetaphern mit 53% und ‘synästhetische‘ Metaphern emotionalen Charakters mit jeweils 55%. Das höchste Verständnis wurde erzielt bei anthro­po­logischen Metaphern mit 60% und bei Tiermetaphern mit 62 %.

 

Abb. 2: Prozentuale Darstellung richtiger Interpretationen verschiedener Metaphernarten in drei Altersgruppen

In der zweiten Altersgruppe hat sich das Verständnis bei den folgenden Metaphern­arten deutlich verbessert. So wurden verstanden: räumliche Metaphern mit 49%, Aktionsmetaphern emotionalen Charakters mit 55%, techno- und biomorphe Metaphern mit 57%, ‘pseudosynästhetische‘ Metaphern mit 58% und ‘synästhetische‘ Metaphern perzeptuellen Charakters mit 63%. Bei den folgenden Metaphernarten ließ sich der sprachliche Ent­wicklungssprung bei den Kindern der zweiten Altersgruppe besonders deut­lich erkennen. Verstanden wurden: Prozessmetaphern mit 73%, Zustands­metaphern mit 74%, Tiermetaphern mit 85%, ‘synästhetische‘ Metaphern emotionalen Charakters mit 85%, Aktionsmetaphern mit 86% und anthro­po­morphe Metaphern mit 92%.

Bei der dritten Altersgruppe konnte eine deutliche Zunahme des Metaphern­verständnisses bei folgenden Metaphernarten festgestellt werden. So wurden verstanden: technomorphe Metaphern mit 67%, ‘synästhetische‘ Metaphern per­zeptuellen Charakters mit 80%, ‘pseudosynästhetische’ Metaphern mit 85%, Aktionsmetaphern emotionalen Charakters mit 89%, räumliche Me­taphern mit 90%, Prozessmetaphern mit 91%, ‘synästhetische‘ Metaphern emotionalen Charakters mit 91%, Zustandsmetaphern mit 92%, Tiermetaphern mit 92%, Aktionsmetaphern mit 94% und anthropomorphe Metaphern mit 99%.

4.   Erörterung der Ergebnisse

Trotz individueller Unterschiede im Metaphernverständnis zeigt sich bei den von uns getesteten Schulkindern eine deutliche Tendenz dergestalt, dass sich der Sprachschatz um einige spezifische Metaphernarten früher und um andere Metaphernarten später entwickelt, wie die folgenden Beispiele verdeutlichen:

Anthropomorphe und Tiermetaphern verstehen Kinder der ersten Alters­gruppe (6-7 Jahre) eindeutig besser als alle anderen Metaphernarten, aber es gibt dennoch Kinder, die solche Metaphern nicht erfassen können:

 

INT.: Meine Schwester ist eine fleißige Biene.

(2) KIND (6,8 m): MANche NEnnen mich maus (-) hase oder auch BIEne.

INT.: Das Meer wütet.

(3) KIND (6,1 w): nee: (-) das geht nicht.

Techno- und biomorphe Metaphern verstehen Kinder in der ersten Gruppe, aber auch in der zweiten Gruppe noch rein denotativ:

INT.: Die Maus im Käfig hat Knopfaugen (= runde, glänzende Augen).

(4) KIND (6,8 m): die maus hat AUgen aus KNÖPfen.

INT. : Die Frau hat einen Kirschmund (= rote Lippen).

(5) KIND (6,8 m): sie isst gerne KIRschen (--) und sie hat den mund ja VOller KIRschen.

INT.: Der Mann hat richtige Wurstfinger (= dicke, plumpe Finger).

(6) KIND (6,8 m): das heißt, der hat GA:NZ VIEle WÜRSTchen in der Hand.

Die drei Beispiele zeigen, dass Kinder auf ein standardisiertes Schema für bestimmte Wortkombinationen (Tomatensuppe, Glasvase, Holzrahmen) zurück­greifen. Ein derartiges Schema besteht aus einer allgemein spezifizierten und feststehenden Form-Bedeutungseinheit (Tomatensuppe = Suppe aus Tomaten, Glasvase = Vase aus Glas, Holzrahmen = Rahmen aus Holz). Dieses Schema verleitet Kinder dazu, dass sie auch beim Hören der oben dargebotenen Katachresen (= verblasste/gelöschte/tote Metaphern), wie z.B. Knopfaugen, Wurstfinger, Kirschmund nach dem ihnen schon vertrauten Schema handeln: Knopfaugen = Augen aus Knöpfen*, Wurstfinger = Finger voller Würstchen*, Kirschmund = Mund voller Kirschen*.

Bei räumlichen Metaphern haben Kinder sowohl der ersten als auch der zweiten Altersgruppe Interpretationsschwierigkeiten, z.B. mit den folgenden Metaphern: Diese Fußballmannschaft steht an der Spitze (= ist ein Tabellenführer) oder Der Fußballverein ist weg vom Fenster (= ist von der Öffentlichkeit nicht mehr beachtet/abgeschrieben/nicht mehr gefragt). Einige wenige Kinder konnten solche Metaphern jedoch mühelos verstehen. Ein Junge (6 Jahre und 8 Monate alt) erklärte die Bedeutung des ersten Satzes wie folgt:

(7) „das heißt, dass die (.) die !ALLER!beste FUßballmanschaft der !GAN!zen WELT ist.“

Auch der zweite Satz wurde von ihm wörtlich so interpretiert:

(8) „das heißt irgendwie so (--) dass er weg ist. ALso aus (-) zum Beispiel? (-) aus der zweiten BUNdesliga“.

Auch seine Erklärung des Satzes Meine Freundin steht gerne im Mittelpunkt. folgte dem vorgenannten Schema aus der Fußballszene:

(9) „das ist irgendwie so ne (.) FUßballteil (.) wo sie steht;“

Von dem Jungen gemeint war hier wohl der Mittelkreis eines Fußballfeldes, aber nicht die eigentliche Bedeutung dieses metaphorischen Ausdrucks: jemandem soll Aufmerksamkeit zuteilwerden/Er oder sie möchte beachtet werden.

Der Junge hatte uns berichtet, dass er und sein Vater eingefleischte Fans ihres Fußballvereins sind. Da dieses Kind ständig mit der Domäne FUSSBALL konfrontiert ist, lernte es früher den Fußballwortschatz, einschließlich meta­phorischer Ausdrücke, als solche Kinder, deren Eltern keine Begeisterung für den Fußballsport zeigen.

Oft verstehen Kinder eine Prozessmetapher nicht, weil sie auf das ihnen bekannte Schema zurückgreifen, in dem z.B. das Verb „wachsen“ ein Satzglied (ein Agens) mit dem Merkmal „+belebt“ erfordert:

INT.: Die Arbeit wächst mir über den Kopf (= etwas nicht mehr bewältigen können; überfordert sein; zu viel sein).

(10) KIND (7,6 m): man würde auch so nicht SA:gen. die ARbeit kann nicht WACHsen?

Einige Kinder versuchen bei der Erklärung der folgenden Prozessmetapher diejenigen Situationen wiederzugeben, in der ihnen solche Äußerungen z.B. von ihren Eltern erzählt wurden, z.B.:

INT.: Die Arbeit wächst mir über den Kopf.

(11) KIND (7,5 w): A:Lso (--) wenn der CHEF IRgendwas sagt, und man will das nicht, hat man grad keine Lust, dann ist das MANCHmal so nee-e !SCHEI!::

(12) KIND (9,9 m): dass die ARbeit viel zu schwer für ihn wird, ähm (---) und er nicht mehr kann, =ne, wenn der Chef zu viel gibt; also
(--) dass er MAchen soll.

Kinder im Alter von ca. sechs/sieben Jahren gehen häufig von denjenigen denotativen Bedeutungen idiomatischer Phraseologismen aus, die sie bei ihren gegenständlichen und praktischen Tätigkeiten erworben haben. Sie versuchen dann aus ihrer Sicht, plausible Erklärungen für die Bedeutungserweiterungen zu finden, wie das folgende Beispiel zeigt:

INT.: Mir raucht der Kopf vor lauter Hausaufgaben.

(13) KIND (7,5 w): ja der Kopf raucht; A:Lso (-) wenn man sich eine ZIgarette in den mund tut.

Einige Kinder verstehen auch schon eine erweiterte Bedeutung, aber gleich­zeitig können sie sich noch nicht von der denotativen Bedeutung abkoppeln:

INT.: Das Problem wird einfach weggefegt (= behoben).

(14) KIND (7,5 w): A:Lso (-) wenn man jetzt grad ein PROBlem hat, und das will das kind weg HA:ben, oder der MENSCH; dann PUStet man das weg; also so <<das Kind pustet>> oder der wind PUStet das weg.

Andere Kinder verstehen wiederum die gleiche Metapher auch schon früher:

INT.: Das Problem wird einfach weggefegt (= behoben).

(15) KIND (6,11 m): zum BEI:spiel wir HAben ein PROBlem; dann löst einer das und dann (--) nennt man das auch MANCHmal WEGgefegt.

Auch bei den Aktionsmetaphern mit Bezug auf einen emotionalen Zustand orientieren Kinder sich oft sowohl an einer denotativen als auch an einer übertragenen Bedeutung, wie die folgenden Beispiele zeigen:

INT.: Er kocht regelrecht vor Wut (= aufgebracht sein; sich aufregen; äußerst wütend sein).

(16) KIND (7,3 w): er ist jetzt RI:CHtig sauer, und er muss jetzt KOchen.

(17) KIND (7,6 m): IIRgendwie so das etwas in SEInem geHIRN oder so, das ist so ein AUSdruck, den man sagt, er ist WÜtend, aber TROTZdem er kocht.

(18) KIND (7,4 m): VIElleicht weil der !GANZ! sauer ist, und dann will der IRgendwie KOchen.

Anderseits verstehen einige Kinder wiederum metaphorische Ausdrücke sogar in den späteren Entwicklungsjahren nicht, wie z.B. in dem folgenden Beispiel:

INT.: Ich platze beinahe vor Wut (= die Nerven verlieren).

(19) KIND (9,3 w): weil man kann ja nicht PLAtzen <<erstaunt>>, das wäre ja !BLÖ:D!, wenn ich, wenn ein mensch PLÖTZlich platzt.

Bei den nächsten Beispielen folgen die Kinder dem ihnen bekannten Schema/ Muster, in dem das Verb „umarmen“ verlangt, dass der Akteur das Merkmal „+belebt“ besitzt und dass zwischen einer handelnden Person und der Person, um die die Arme gelegt werden, keine entfernte räumliche Distanz zueinander besteht.

INT.: Ich will die ganze Welt vor Glück umarmen (= sehr glücklich sein).

(20) KIND (7,9 m): die welt ist KEIne !PER!son, das geht !NICHT!.

(21) KIND (7,6 m): WEgen so die GANze welt <<erstaunt>> das kann man ja nicht WEgen äm (--) EIgentlich ja nur WEgen die luft DEShalb.

 

Zustandsmetaphern mit Bezug auf emotionales Befinden bereiten einigen Kindern keine Probleme:

INT.: Mein Herz ist vor Kummer zerbrochen (= unerträglich großen Kummer haben; einen Liebeskummer haben).

(22) KIND (6,8 m): das heißt IRgend so einen beSCHEU:erten spruch wie man die FRAUen zuRÜCKholt (---) LIEbeskummer oder so was ÄHNliches.

Die nächsten Beispiele zeigen, dass einige Kinder wiederum Zustands­metaphern nicht nur mit sechs, sondern auch mit ca. acht oder sogar mit ca. zwölf Jahren nicht begreifen:

INT.: Mir ist das Herz so schwer (= jemand wirkt bedrückt/traurig).

(23) KIND (6,11 m): VIElleicht; wenn man zu viel geGEssen hat oder so.

(24) KIND (7,8 w): das beDEUtet: das herz ist ja hier DRInnen, (-) in unserem KÖRper, und das braucht man nicht zu TRAgen, das ist EINfach nur in UNserem KÖRper.

(25) KIND (12,7 m): ich hab schon mal geHÖ:RT, dass man n !HERZ!fehler IRgendwie hat.

Der Gebrauch eines Wortes in einer neuen übertragenen Bedeutung bereitet dem Kind oftmals Probleme und es versteht die Äußerung der Erwachsenen entweder gar nicht oder es empfindet den Wortgebrauch als unlogisch:

INT.: Mein Herz ist vor Kummer zerbrochen (= unerträglich großen Kummer haben; einen Liebeskummer haben).

(26) KIND (6,9 m): das herz kann ja nicht zerBREchen, und das ist auch !NICHT! aus glas.

Das Fehlen der Kenntnisse über bestimmte Konzepte führt oft dazu, dass Kinder bei entsprechenden verbalen Bezeichnungen entweder fehlinter­pretieren oder dass sie oft auch mit ihnen eher willkürlich operieren, wie die Beispiele mit den ‘synästhetischen’ Metaphern zeigen:

INT.: Meine Mutter liebt warme Farben.

(27) KIND (8,6 w): weil (--) ich kann mir IRgendwie !NICHT! VORstellen, dass FARben WÄRme haben.

(28) KIND (6,8 w): WARme FARben sind blau, HELLblau, LIla, weiß und rot.

(29) Kind (7,00 m): die die schön und die angeNEHM sind, blau zum BEIspiel.

Das Kind im Beispiel 27 nimmt die Phrase warme Farben also wortwörtlich. Das Syntagma warme Farbe erfordert aber nicht nur das Wissen über das Konzept Wärme, sondern auch das Wissen über die physikalischen Eigenschaften des Konzepts Farbe. Das Beispiel 28 zeigt, dass das Kind schon verstanden hat, dass das Syntagma warme Farben nicht im direkten Sinne zu verstehen ist, aber ihm fehlt das Wissen über den physikalischen Grundparameter „Farbton“, um genau sagen zu können, welche Farben denn nun als „warm“ gelten.

Das Beispiel 29 zeigt deutlich, dass das Kind für die Beschreibung der Farbe nicht die Quelldomäne TEMPERATUR/WÄRME, sondern die Domäne EMOTIONEN nimmt. Hier bevorzugt das Kind eindeutig individuelle Assoziationen: die ästhetischen Gefühle im Sinne warme Farbe = schöne Farbe und die Grundgefühle im Sinne warme Farbe = angenehme Farbe. Allerdings sind hier bestimmte Einschränkungen bezüglich der Emotionen anzunehmen, d.h. es handelt sich hier nicht um differenzierte primäre Emotionen, sondern um verallgemeinernde Prä-Emotionen (siehe dazu Unterpunkt 2.3). Danach werden Äußerungen spontan als Empfindungen bewertet wie z.B. warme Farbe als „wohlfühlende, wohltuende, angenehme Farbe“ oder wie z.B. schräge Musik als „unwohlfühlende, unwohltuende, unangenehme Musik“.

Auch in der ‘synästhetischen’ Metapher emotionalen Charakters wie z.B. kalte Person wird keine zu erwartende Domäne hinzugezogen. Die ‘synästhetische’ Metapher kalte Person ist das Ergebnis des Blendings der Domäne TEMPERATUR und der Domäne MENSCH, nämlich die Einschätzung mensch­­lichen Verhaltens. Anstelle der Domäne MENSCH tritt hier die Domäne EMOTIONEN, nämlich individuelle Gefühle (Prä-Emotionen) in den Vordergrund, wie auch im Falle der Beispiele warme Farben und schräge Musik.

Wurden Kinder der Altersgruppe von sechs bis sieben Jahren in unserer Untersuchung z.B. mit einer Wendung wie „Der da ist ein kalter Mensch.“ konfrontiert, so unterstellten sie meist, dass eine Person gemeint ist, die in einer kalten Region wie z.B. am Nordpol zu Hause ist. In dieser Altersgruppe ist auffällig, dass die Kinder cross-modales Mapping etwa von Konzepten aus einer physikalischen in eine psychologische Domäne vermeiden. Kinder in diesem Alter bevorzugen es vielmehr, zwei Begriffe eher zu assoziieren als sie gleichzustellen. Kinder sind in diesem Alter somit noch nicht imstande zu erkennen, dass derartige Ausdrücke auf eine psychologische Bedeutungs­ebene anspielen. Nach Asch/Nerlove (1960) fangen Kinder erst ca. ab dem elften Lebensjahr an, eine Doppelfunktion (physikalische und psychologische) von Begriffen wie z.B. sweet oder hard zu verstehen.

Es fehlt dem Kind in dieser Altersgruppe auch das besondere Verständnis des Denkens und Fühlens wie „Theory of Mind“, um die Metapher kalte Person als solche zu begreifen. Um diese Fähigkeit zu entwickeln, muss ein Kind nach Piaget (52003) erst die Phase des Egozentrismus überwinden. Dadurch, dass die eher egozentrische Wahrnehmung der Umwelt noch eine wesentliche Rolle im kindlichen Bewusstsein spielt, ist das Kind in dieser Entwicklungs­stufe noch nicht imstande, zwischen eigenen Gefühlen und Gefühlen der anderen Mitmenschen („Theory of Mind“) zu unterscheiden.

INT.: Diese Lehrerin ist eine kalte Person (= Person ohne jedes Mitgefühl).

(30) KIND (7,8 m): die PERson, die nicht so nett ist.

(31) KIND (6,11 m): die ist streng (---) EIgentlich gar nicht lieb.

Wiederum verstehen einige Schulkinder der Gruppe 1 und 2 ‘synästhetische’ Metaphern emotionalen Charakters nur rein denotativ wie in den folgenden Beispielen:

INT.: Diese Lehrerin ist eine kalte Person (= Person ohne jedes Mitgefühl).

(32) KIND (6,7 w): dass die so KALT ist, (--) ich LIEbe kalt MEIStens, öh SCHMEIße ich, wenn ich EINschlafen will, ja-a meine DEcke RUNter.

(33) KIND (7,4 w): VIElleicht sie aus einem KALten land kommt oder so.

(34) KIND (7,6 m): wegen eine KÄLte, die I:mmer kalt ist, ob es DRAUßen MANCHmal warm ist.

Unsere Studie hat auch gezeigt, dass ‘synästhetische’ Metaphern perzeptuellen Charakters von Schulkindern der Gruppe 1 (sechs bis sieben Jahre alt) nur von 43% der Probanden verstanden wurden. Obwohl dieserart Metaphern einfach und transparent erscheinen, haben einige Schulkinder dennoch Probleme, ‘synästhetische’ Metaphern perzeptuellen Charakters im übertragenen Sinne zu verstehen:

INT.: Im Winter haben wir manchmal beißende Kälte (= furchtbare Kälte, die sogar schmerzhaft empfundenes starkes Kältegefühl bewirken kann).

(35) KIND (6,8 m): dass das!GANZ! kalt ist; und dass man sich auf die LIppen beißt.

(36) KIND (9,3 w): in WINter haben wir ZItternde ZÄHne zum Beispiel <<:-> soo> (es zeigt das zitternde Zähne) aber keine BEIßende KÄ:Lte; KÄLte ka:nn nicht BEIßen.

INT.: Mein Bruder hört oftmals schräge Musik (= von der Norm abweichend und daher nicht akzeptabel).

(37) KIND (6,8 w): ALLso, dass die so schief geht, und mein BRUder so GEhen muss <<das Kind zeigt eine schräg gestellte Hand>> und dann hört man das ja.

(38) KIND (7,6 m): die SCHRÄge passt !NICHT! zur MUsik: das kaPIERT man auch nicht.

INT.: Menschen leiden unter brüllender Hitze (= unerträgliche, sehr starke).

(39) KIND (8,5 m): wenn es so warm ist, dass man am LIEBsten SCHREIen würde.

(40) KIND (7,9 m): da musst du BRÜ:llen, wenn man so !RICH!tig RUMschreit, und das ist ja (-) auch schon mal HITze, das ist so ähnlich wie heiß.

Es zeigte sich, dass Kinder im Alter von sechs bis sieben Jahren auch Probleme mit ‘pseudosynästhetischen’ Metaphern haben. Im Syntagma giftige Bemer­kungen stammt das modifizierende Element „giftig“ aus der Domäne NATUR und das modifizierte Element „Bemerkung“ aus der Domäne GEISTESLEBEN. Das führt dazu, dass es in dieser Wortverbindung keinen Bezug zum sinnlich Wahrnehmbaren mehr gibt, vielmehr rückt der abstrakte Gehalt in den Vordergrund, was bei Kindern dann zu Schwierigkeiten beim Verständnis dieser Metaphernart führt:

INT.: Mein Nachbar hat ein Paar giftige Bemerkungen (= bösartige, gehässige Bemerkungen) zu meinen neuen Schuhen gemacht.

(41) KIND (6,0 m): ALso das heißt, wenn man (-) zum BEIspiel, gift in die SCHUhe tut, und der dann die SCHUhe anZIE: hat, und wird ja verGIftet, wenn der zum BEIspiel, eine WUNde hat, dann kommt das gift ja DAran.

INT.: Meine Oma ist sehr stolz auf ihren Enkel, weil er ein heller Kopf ist.

(42) KIND (6,11 m): das kind hat helle HAAre.

(43) KIND (7,3 w): weil man kann nicht EINfach zu einem MENschen SA:gen, du hast einen HEllen kopf, ja weil der so blond ist.

Im Syntagma heller Kopf (= kluger Mensch) wird die Bedeutung von hell erweitert. Hier ist wiederum der Fall einer abstrakteren ‘pseudo­synästhetischen’ Metapher gegeben, die aus den physikalischen Domänen der Sehwahrnehmung in den mentalen Bereich übertragen wird. Schwierigkeiten bereitet hier nicht nur die Interaktion zwischen Metapher und Metonymie, weil diese feste Redewendung auch ein Fall der Metaphtonymie (Zusammen­spiel von Metapher und Metonymie) ist, sondern auch die Art der Abstraktion, die über die rein sprachliche Information hinausgeht und nur durch Inferenzen innerhalb semantischer Verknüpfungen verständlich ist, z.B. „Licht“ (hell) gleich dem „Verstand“ (klug).

5.    Schlussfolgerung

Grundsätzlich geht es bei der menschlichen Interaktion im Wesentlichen um den Austausch, die Speicherung und die Verarbeitung von Informationen. Die Repräsentation raumzeitlich zusammenhängender Daten z.B. in neuronalen Netzen oder mittels Zeichensystemen spiegelt eine Art mentaler Organisation wider. Dabei werden Wahrnehmungen, Erfahrungen, wie auch komplexere Wissensinhalte zugleich in kognitive und kategoriale Ordnungen integriert. Repräsentation ist somit gemeinhin die Verortung von Wahrgenommenem oder von Erfahrungen in einen Gesamtzusammenhang, d.h. in eine Architektur des Wissens.

Um zu begreifen, wie die sprachliche Entwicklung eines Kindes besonders im Hinblick auf das Metaphernverständnis abläuft, ist es nicht ausreichend, sich nur auf die interne Repräsentation symbolischer Enkodierungen zu re­duzieren. Vielmehr sind auch noch weitere kognitive außersprachliche Fähig­keiten mit zu berücksichtigen. So sind z.B. auch aufeinanderfolgende und prägende Reifungsprozesse und Erfahrungen wie z.B. mit Sinnestäuschungen, Fiktionsspielen und der Perspektivübernahmen anderer Menschen in ihrem Einfluss nicht zu unterschätzen. Das nicht rechtzeitige bzw. gestörte Durch­leben solcher Prozesse hat in der Regel negative Auswirkungen auch auf die sprachliche Entwicklung und somit auf das metaphorische Sprach­verständnis.

Feste idiomatische Redewendungen mit ihrer semantischen und oft syntaktischen Irregularität werden von einigen der hier getesteten Kinder schon in der ersten Altersgruppe erkannt und als etwas interpretiert, das sich doch vom ‘normalen‘ Sprachgebrauch unterscheidet. Die Kinder äußern sich dann z.B. wie folgt: Es ist so was im Kopf oder Es ist so ein Spruch oder Es ist so im Gehirn oder Es ist nicht so ganz wirklich oder Man sagt so was.

Einige Kinder in den von uns untersuchten Altersgruppen 1 und 2 haben solche Strukturbesonderheiten phraseologischer Wortverbindungen jedoch vielfach noch nicht erkannt. Diese Kinder konstruieren oft hilfsweise aus einzelnen Teilen der gehörten Äußerungen diejenigen naheliegenden deno­tativen Bedeutungen, die zu den ihnen verinnerlichten und bekannten Schemata bestimmter Konzepte passen. Bei anderen getesteten Kindern werden wiederum spontan zwei Bedeutungen einer metaphorischen Rede­wendung gleich­zeitig geliefert: Neben dem metaphorischen Gebrauch erfolgt auch zusätzlich ein wortwörtlicher Gebrauch von dargebotenen idiomatischen Phraseologismen.

In unserer Studie konnte auch festgestellt werden, dass Schulkinder im Alter zwischen sechs und sieben Jahren am besten anthropomorphe Metaphern und Tiermetaphern verstehen. Das lässt sich damit erklären, dass sie schon seit der frühen Kindheit Erfahrungen mit den hoch salienten Konzepten der Domänen ihrer Umwelt wie z.B. HIMMELSKÖRPER und TIERWELT gemacht haben. Ein wirklicher Entwicklungsschritt beim Metaphernverständnis geschieht bei den Schulkindern erst ab ca. dem zwölften Lebensjahr: Bei der Vorlage eines metaphorischen Ausdrucks wird dann auch direkt eine übertragene Be­deutung angeregt.

Deutlich wurde auch, dass aus der linguistischen Betrachtungsweise die Aneignung der Metaphernkompetenz einem dynamischen Entwicklungs-prozess unterliegt. Dieser verläuft zunächst von der festen Zuordnung eines Begriffes an die situative Gegebenheit zur Beherrschung des begrifflichen Bewusstseins, dann über die gemischte Phase, in der an beiden Bedeutungen eines Konzeptes, sowohl der denotativen als auch der konnotativen Bedeutung, festgehalten wird, bis hin zum Loslassen wortwörtlicher Be­deutung und zur sofortigen Erkennung übertragener Bedeutung.

Der theoretische Teil unseres Beitrages sollte zeigen, dass bestimmte Grund­voraussetzungen zum Metaphernverständnis gegeben sein müssen, die allerdings im Rahmen der kindlichen Entwicklung erst schrittweise erfolgen. Abgeleitet aus den theoretischen Grundlagen lag die Vermutung nahe, dass Kinder erst kurz vor der Einschulung bzw. nach der Einschulung imstande sind, Metaphern allmählich zu verstehen und gegebenenfalls zu produzieren, nachdem sie sich die dafür erforderlichen Eigenschaften angeeignet haben. Wir haben somit bei der Auswahl der Altersgruppen der zu testenden Kinder bewusst in Kauf genommen, dass die Entwicklung der Metaphernkompetenz zwischen dem ca. sechsten und ca. vierzehnten Lebensjahr noch nicht voll­ständig abgeschlossen ist. Es konnte aber bewiesen werden, dass genau in diesem Zeitraum die Metaphernkompetenz eine enorme Steigerung erfährt. Die Testauswertung aus der ersten Gruppe hat gezeigt, dass Kinder gerade in dieser Entwicklungsphase von Kind zu Kind noch über ein deutlich unterschiedliches Metaphernverständnis bzw. noch über kein Metaphern­ver­ständnis verfügen. Offensichtlich haben einige Kinder bereits vor der Ein­schulung erste Entwicklungs­schritte hinsichtlich des Metaphern­ver­ständnisses absolviert. Die Testaus­wertungen aus der zweiten Gruppe zeigten, dass sich bei diesen Kindern das Metaphernverständnis schon weiter ausgeprägt hat. Die Ergebnisse aus der dritten Altersgruppe haben den Entwicklungsprozess hin zur Metaphern­kompetenz noch weiter bestätigt.

Metaphernerwerb erscheint uns nach der vorliegenden Untersuchung als hoch komplexes und vielschichtiges Phänomen, nicht zuletzt wegen der starken Verflechtung der natürlichen Sprache mit anderen Kognitionen. Unsere Forschungsarbeit war von dem Gedanken geleitet, bezüglich des Metaphernverständnisses bei Kindern ein neues, erweitertes Bewusstsein dafür gerade bei all denjenigen Personen zu schaffen, die in die kindliche Erziehung und Bildung eingebunden sind. Auch wollten wir deutlich machen, dass die Untersuchung kindlicher Metaphernkompetenz ein komplexer linguistischer Forschungsbereich ist, der weiteren empirischen Unter­suchungen bedarf, bis voll­ständiger theoretische Grundlagen zum Metaphern­erwerb und Me­taphern­­verständnis erarbeitet worden sind.

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[1]    Die Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf sieht sich in der Pflicht, ihren Studierenden nicht nur eine fachlich-theoretische Grundlage zu vermitteln, sondern ihnen auch Praxis­felder zu eröffnen, auf denen sie ihre Theoriekenntnisse anwenden und überprüfen können. Aus diesem Grund haben wir zusammen mit unseren Studierenden Tim Gebauer, Melanie Knapp, Stefanie Laguna, Stephanie Molyneux, Florian Stein, Katharina Theimoorian, Lulia Smarovoz im Sommersemester 2013 und mit unseren Studierenden Christina Bauch, Isabell Kappl, Monika Liczycka, Carolin Marlene Scharnowski, Eva Schuhardt, Stefanie Alexandra Skwara, Anna Widel, Natalia Lamp und Susanne Heinrich (Schulte) im Wintersemester 2013/2014 die Studie an der Gemeinschaftsgrundschule GGS in Düsseldorf, Südallee 100 durchgeführt.

Wir bedanken uns bei Frau Natrop, vom Schulverwaltungsamt der Landeshauptstadt Düsseldorf, die uns unbürokratisch und schnell die Erlaubnis für die konkrete Schule erteilt hat, beim Schulleiter Herrn Richard Schmitz, bei der Grundschullehrerin Frau Sandra Fabricius-Schmidt, bei der Leiterin der Schulorganisation Frau Treudt-Marder, die uns allesamt freundlich aufgenommen, nach Kräften unterstützt und die Durchführung der Tests letztlich erst ermöglicht haben. Besonderer Dank gilt auch den Eltern, die das Projekt unterstützt haben und auch den Schulkindern der ersten, der zweiten und der dritten Klasse, die sich sehr engagiert an den Tests mit den Studenten beteiligt haben.

[2]    Alle Beispiele aus unserer Studie werden nach GAT 2 transkribiert (Selting et al. 2009).

[3]    Jede Stufe hat wiederum einige Einzeletappen, die wir hier nicht weiter erläutern wollen (siehe dazu Wygotski 1964: Kapitel 5).

[4]    „Das sog. „Übergangsalter“ ist gekennzeichnet durch den Übergang zur „inneren Position des Erwachsenen“. Dies bedeutet die Entwicklung eines reflexiven Ichs: Die Heranwachsenden entdecken die Innenwelt ihrer Gefühle und Motive“ (Jantzen 2017: 1).

 

Martin Gehr (2014): Metaphern und Redewendungen im politischen Kommentar

Bernhard Haidacher

Martin Gehr, der Autor der vorliegenden Studie, studierte Diplom-Journalistik und Germanistik und arbeitet seitdem als freier Journalist mit dem Schwerpunkt Zeitung und Magazin. Er widmet sich in seinem 2014 im Springer Verlag erschienenen Buch Metaphern und Redewendungen im politischen Kommentar einem zentralen Bereich sprachlicher Metaphorik, dem politischen Kommentar.  [...]

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Seite 107

Rezension: Martin Gehr (2014): Metaphern und Redewendungen im politischen Kommentar.

Bernhard Haidacher, Innsbruck (bernhard.haidacher@gmx.at)

 

Martin Gehr, der Autor der vorliegenden Studie, studierte Diplom-Journalistik und Germanistik und arbeitet seitdem als freier Journalist mit dem Schwerpunkt Zeitung und Magazin. Er widmet sich in seinem 2014 im Springer Verlag erschienenen Buch Metaphern und Redewendungen im politischen Kommentar einem zentralen Bereich sprachlicher Metaphorik, dem politischen Kommentar. Trotz der vom Schreiber anvisierten linguistischen Annäherung an die Thematik, wendet sich das Werk in erster Linie an Journalisten und Kommunikationswissenschaftler. Diese Verankerung der Arbeit im Journalismus und ihre Nähe zur Kommunikationsforschung haben zweifelsohne ihre Begründung in den Studien des Autors und in der primär journalistischen Zielgruppe. Im Titel verknüpft der Verfasser Metaphern und Redewendungen und stellt eine Verbindung zwischen zwei sprachlichen Phänomenen her, die weder äquivalent noch synonymisch sind. Es wird ein Anspruch auf Breite erhoben, deren Bearbeitung leicht den Rahmen einer einzelnen Studie sprengen könnte.

Die Arbeit ist so aufgebaut, dass sie aus zwei Teilen mit annähernd gleichem Umfang besteht. Der theoretische Teil gliedert sich in ein einleitendes Kapitel (S. 11-15), Ausführungen zu „Metaphern und Phraseologismen“ (Kap. 2, S. 17-73), behandelt den „Kommentar als journalistische Darstellungsform“ (Kap. 3, S. 75-78) und schließt mit der Aufbereitung des politischen Hintergrunds zur „Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen 2010“ (Kap. 4, S. 79-90). Der empirische Teil setzt sich aus einem Kapitel „Die Untersuchung“ (Kap. 5, S. 93-113) und aus Ausführungen zur „Sprachlichen Analyse des politischen Kommentars“ (Kap. 6, S. 115-143) zusammen. Abgerundet wird die Arbeit mit einem Fazit zu „Konstruktive und destruktive Stilistik im Kommentar“ (Kap. 7; S. 153-159). Die Untersuchung ist synchron, wobei der Autor auf den Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen (S. 79ff.) innerhalb eines Zeitraumes von fünf Wochen (10. April bis 15. Mai 2010) (vgl. S. 94) fokussiert.

 

Zu Beginn der theoretischen Ausführungen präsentiert Gehr anhand eines konkreten Beispiels „Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ist auf Tauchstation“ (S. 17) das Phänomen der Sprachbilder. In der Folge gibt der Verfasser eine Metapherndefinition aus dem Duden (vgl. S. 18), um mit Kohl (2007) auf den ,Herkunfts-ʻ und ,Zielbereichʻ metaphorischer Prozesse überzuleiten (vgl. S. 18). Eine Definition von Metaphern, die sich primär auf den Duden (Fremdwörterbuch) gründet und die gängigen Metapherntheorien (Substitutions- u. Vergleichstheorie, Interaktionstheorie und Bilfeldmetapherntheorie) lediglich streift bzw. nicht erwähnt, ist kritisch zu hinterfragen. Herkunfts- und Zielbereich (vehicle und tenor) wurden von Richards und Black (1962) initiiert (vgl. Eitze 2012: 30) und sind spätestens seit der konzeptuellen Metapherntheorie von Lakoff&Johnson (1980) mit ihrem kognitionslinguistischen Ansatz fixer Bestandteil moderner Linguistik. Gehr blendet die kognitive Metapherntheorie und die Alltagssprachlichkeit metaphorischer Prozesse (Lakoff&Johnson) aus und leitet zu den „Funktionen der Metapher“ (S. 20) über. Es fehlen ein tiefer gehender linguistischer Ansatz für Metaphern, das kognitionswissenschaftliche Paradigma und die Aufbereitung des Phänomens in seiner Alltagssprachlichkeit. Der Autor präsentiert in seinen Ausführungen zum Metaphorischen Vergleich (S. 21) Beispiele wie „'Bridge over troubled water'“ als „metaphorischen, grammatisch offenbarten Vergleich“ (S. 21), die, wie dies öfters in der Studie der Fall ist (vgl. S. 21/24/25), nicht zur Thematik passen und bisweilen befremdend wirken. Nach kurzen Darlegungen zum Phraseologismus und einer Typisierung von Metaphern nach deren Konventionalität beschreibt Gehr ihre spezifischen Aufgaben für den Journalismus (S. 29-33). Die sich anschließende Untergliederung von (politischen) Metaphern nach Wortfeldern (S. 33-62) ist ein interessanter und weiterführender Ansatz. Der Autor verortet für den Bereich der Metaphern und Redewendungen im politischen Kommentar thematische Wortfelder, die „auf einen fachfremden Vorgang [=Politik] übertragen“ (S. 33) werden. Es fällt jedoch auf, dass Gehr im theoretischen Teil seiner Studie Metaphern auf Analogie (S. 21) und nicht auf Anomalie zurückführt. Die thematischen Wortfelder, die aus „fachfremden Bereichen“ (S. 33) stammen und vor allem für das Ressort Politik verwendet werden (vgl. S. 33), umfassen „Sport“ (S. 34), „Militärwesen“ (S. 37), „De[n] menschliche[n] Körper“ (S. 41), „Verkehrswesen“ (S. 43), „Meteorologie“ (S. 48), „Theater/Musik“ (S. 50), „Handwerk“ (S. 53), „Religion“ (S. 55), „Zoologie“ (S. 60) und „Medizin“ (S. 62). Diskussionswürdig scheint vor allem das Wortfeld menschlicher Körper, da wir keine spezifische Affinität zur politischen Metaphorik verorten und die angeführten Beispiele (S. 41) durchgehend alltagssprachlich sind. Diese Kritik trifft auch auf den Bereich Religion zu, wo wir in Beispielen, wie „Der Konzern spielt den barmherzigen Samariter“ (S. 58) keinen politischen, sondern einen wirtschaftlichen Bezug erkennen. Des Weiteren erhellt sich uns kein politischer Kontext, wenn aus dem zoologischen Wortfeld „Zinedine Zidane im WM-Finale 2006 […] mit den Worten kommentiert [wird]: Man weiß nicht, welches Pferd ihn da geritten hat“ (S. 61).[1] Im darauffolgenden Unterkapitel 2.2.3 (S. 64-67) setzt sich der Autor mit homogenen und heterogenen Sprachbildern auseinander, je nachdem, ob für die sprachliche Metaphorik auf ein und dasselbe oder verschiedene Wortfelder zurückgegriffen wird. Es folgen Ausführungen zu den Gefahren bei der Verwendung von Metaphern und Phraseologismen im politischen Kommentar (S. 67-72), die Gehr in „Routine“ (S. 67-71), der „Vermengung homogener und heterogener Wortfelder“ (S. 71), in „Meinungsverschleierung“ (S. 72) und „Belanglosigkeit“ (S. 72) sieht. Gehr geht von einer journalistischen Perspektive aus, die vom Streben nach möglichst großer Aufmerksamkeit und persönlicher Prägung in der sprachlichen Argumentation des politischen Kommentars geprägt ist. Es könnte eingewandt werden, dass derartige Gefahren auch bis zu einem gewissen Grad von der persönlichen Sichtweise des Journalisten, der offiziellen Intention des journalistischen Mediums und der Rezeption seitens der Leser abhängig sind. Vor allem auf Rezipientenseite verweisen wir auf die subjektive Färbung und individuelle Wahrnehmung durch den Leser. Das sich anschließende Unterkapitel über „Die Sprache der Politik“ (S. 73-74) könnte in Relation zur zentralen Bedeutung ergiebiger ausfallen, wenngleich der Autor dieses Defizit dadurch zu kompensieren versucht, indem er auf weiterführende Literatur zum Thema verweist.

 

Kapitel 3 fokussiert den „Kommentar als journalistische Darstellungsform“ (S. 75). Nach einer definitorischen Annäherung wird der Frage nach der Aufgabe des Kommentars nachgegangen. Die subjektive Färbung des Kommentars, eine seiner wesentlichsten Eigenschaften, erklärt sich aus der Abbildung und Begründung der Meinung durch den Verfasser (vgl. S. 76-77). Es fällt hier, wie an anderen Stellen der Studie, auf, dass Gehr bisweilen Zitate aneinanderreiht (vgl. S. 75), ohne dazu Stellung zu nehmen oder die 'Fremdzitate' kondensiert in eigenen Worten zu präsentieren. Auch im Rahmen theoretischer Ausführungen wären ein Mehr an eigener Sichtweise, das Einbringen eigener Erfahrung und Selbst-Positionierung wünschenswert. Das Kapitel schließt mit der Präsentation der verschiedenen „Kommentartypen“ (S. 76ff.), wie sie in der Fachliteratur dargestellt werden.

 

Der theoretische Teil der Studie endet mit Kapitel 4, das dem Landtagswahlkampf 2010 in Nordrhein-Westfalen gewidmet ist und einen zentralen Teil der Arbeit bildet. Die Unterkapitel sind folgende: „Der Wahlkampf als solcher und seine Strategien“ (Kap. 4.1; S. 79-81), „'Heiße Phase': Die letzten vier Wochen des Wahlkampfs“ (Kap. 4.2; S. 81-82), „Die Medien als Forum“ (Kap. 4.3; S. 82-84), „Wahlkampfthemen und Besonderheiten der NR-Wahl 2010“ (Kap. 4.4; S. 84-87) und „Die Ergebnisse der Landtagswahl und ihre Folgen“ (Kap. 4.5; S. 87-91). Auch in diesem Kapitel ist die Zitatlastigkeit der Arbeit augenscheinlich: „Mit diesem Satz fasst Rainer Link […] zusammen“ (S. 79), „umfasst nach Althoff“ (S. 80), „betont Niedermayer“ (S. 80), „schreibt Erwin Kurt Scheuch“ (S. 81), „ergänzt Rust“ (S. 81) etc. Diese Aufzählungen hinterlassen beim Leser ein gewisses Unbehagen. Zudem ist die Formulierung „Der Wahlkampf als solcher […]“ (S. 79) – und dies in einer Überschrift – zu diskutieren. In Kap. 4.3 (vgl. S. 82ff.) führt Gehr gezielt auf die fundamentale Bedeutung des Journalismus für die Meinungsbildung im Wahlkampf hin und setzt sich mit Kommunikationstaktiken auseinander. Es erstaunt einigermaßen, dass unter Kap. 4.3 (wenngleich medientechnische) Strategien genannt werden („Eine weitere Strategie ist die Präsenz [….]“ (S. 84)) und diese nicht im hierfür vorgesehen Unterkapitel 4.1 („[...] und seine Strategien“ (S. 79)) platziert sind. In Kap. 4.4 (S. 84ff.) werden die Wahlkampfthemen (Bildungs-, Arbeits-, Gesundheits-, Energie- und Finanzpolitik, Koalitionsoptionen) präsentiert, wobei die in der Kapitelüberschrift angekündigten „Besonderheiten der NR-Wahl 2010“ (S. 84) lediglich marginale Erwähnung finden. Im Unterkapitel 4.5 schließlich widmet sich der Verfasser den Ergebnissen der Landtagswahl und ihren Folgen (S. 87-91). In einer sehr anschaulichen Graphik (S. 88) werden das amtliche Endergebnis und die Sitzverteilung dargestellt.

 

Der empirische Teil der Arbeit (Kap. 5) beginnt mit der Vorstellung der Forschungsmethode und der zentralen Forschungsfrage: „In welcher Weise bedienen sich Kommentatoren solcher Argumentationsfiguren [=Metaphern und Phraseologismen]?“ (S. 93) Dabei soll erhoben werden, ob und unter welchen „stilistischen Umständen“ (S. 93) die Verwendung von Metaphern und Phraseologismen aus kommunikationstechnischer Sicht destruktiv oder konstruktiv ist. Eine Frage, die, wie Gehr selbst anmerkt (vgl. FN 68; S. 93), eigentlich die Sicht des Rezipienten betrifft. Er verzichtet jedoch aus methodischen Überlegungen auf diesen Aspekt und rechtfertigt dies mit seiner Fokussierung auf den sprachwissenschaftlichen Standpunkt. In der Folge werden die Auswahlkriterien für das Untersuchungskorpus präsentiert, die Vorgangsweise bei der Analyse beschrieben (S. 93-100) und die dem Korpus zugrundeliegenden Zeitungen vorgestellt. Es schließt sich die statistische Auswertung des Beitragskorpus (S. 109-114) an.

 

In Kap. 6 werden die Ergebnisse der Analysen vorgestellt, wobei das Hauptaugenmerk auf die im Rahmen der NRW-Wahl 2010 erhobenen Wortfelder (insgesamt 46) gerichtet ist (vgl. S. 115ff.). Für die vorliegende Studie besonders relevant sind folgende vier Wortfelder: „Allgemeine Bewegungsmetapher“ (S. 117-119), „Militär“ (S. 120-128), „Verkehrswesen“ (S. 129-130) und „Spiel“ (S. 131). Dieser Teil imponiert durch konkrete Ergebnisse, eine ansprechende Präsentation anhand von Beispielen und der bisher vermissten Eigenauslegung. Gehr tritt selbst in den Vordergrund und analysiert die korpusbasiert gewonnenen Forschungserkenntnisse. Der Leser kann den aufschlussreichen und verständlichen Ausführungen gut folgen. Die Darlegungen sind logisch nachvollziehbar und schlüssig. Nach der Präsentation einiger im Rahmen der Untersuchung erhobener „konventioneller“ Bilder (vgl. S. 132ff.), wendet sich Gehr den „Fehler[n] bei der Metaphernverwendung“ (S. 137) zu. Er zeigt Fehler auf, die „das falsche Wort“ (S. 137) betreffen, wobei die angeführten Beispiele im Sinne untadeliger Sprache sicherlich korrekturbedürftig sind. Bei den angeprangerten „fehlerhaften“ Dopplungen (S. 138f.) kann jedoch eine bewusste Verwendung durch die Journalisten nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Die unter „Der Widerspruch“ (S. 139f.) aufgelisteten sprachlichen „Entgleisungen“ sind äußerst störend und sicherlich nicht beabsichtigt. In Kap. 6.2 folgt eine statistische Auswertung im Hinblick auf die untersuchten Zeitungen. Am Ende des Kapitels (6.2.3; S. 143ff.) wendet sich Gehr der quantitativen und v.a. qualitativen Analyse des Konventionalitätsgrades der von ihm erhobenen Sprachbilder zu: Dies geschieht aufgrund der Überzeugung des Verfassers, dass konventionelle Metaphern einer konstruktiven Stilistik abträglich sind, während originäre Sprachbilder von hohem journalistischen Standard zeugen. Es erstaunt, dass die „konventionellen“ Metaphern im theoretischen Teil in Opposition zu den originären definiert wurden, jedoch die nun als zusätzliche Kategorie erwähnten „standardisierten Metaphern“ (S. 143) einer solchen Spezifizierung entbehren.

 

In seinem Fazit (Kap. 7; S. 153ff.) postuliert Gehr originäre Ideen (= originäre Metaphern), die den Inhalt aussagekräftig und den politischen Kommentar interessant machen (vgl. S. 153). Diesen Intentionen laufen konventionelle Sprachbilder zuwider, da sie v.a. die Gefahr des „Undurchdachten“ bergen (vgl. S. 153). Daraus leitet er einen „Anspruch an den Stil journalistischer Sprache“ (S. 154) ab[2], den er in fünf Thesen formuliert. Diese klar formulierten Ansprüche für den Metapherngebrauch im Rahmen eines qualitativ hochstehenden Journalismus sind das eigentliche Ergebnis der Studie. Ob es sich hierbei um wissenschaftliches „Neuland“ handelt oder um Praxistipps für Journalisten, die vom Verfasser durch seine Untersuchungen untermauert werden, sei dahingestellt.

 

 

Das Fazit zur vorliegenden Studie fällt durchwachsen aus: Der Verfasser hat sich einen sehr (zu) breiten Untersuchungsgegenstand ausgewählt, dem er sich v.a. aus journalistischer Sicht nähert. Die vom Autor selbst postulierte sprachwissenschaftliche Ausrichtung der Arbeit ist in den betreffenden Kapiteln weniger gegeben: Die Definition und Abhandlung von Metaphern basierend auf Duden (Fremdwörterbuch) und Kohl (2007) als bibliographische Hauptquellen übergeht viele Standardwerke (z.B. Lakoff&Johnson (1980); Drewer (2003); Fauconnier (1996); Goschler (2008)) zur Metaphorik. Zudem stören v.a. im Theorieteil die bisweilen recht unglücklich gewählten Beispielbilder. Die Sprache der Politik, als zentraler Forschungsgegenstand, wird marginal dargestellt. Die kondensierte Wiedergabe relevanter Theorien durch Aneinanderreihung von Zitaten lässt streckenweise Eigenmeinung und kritische Auseinandersetzung vermissen. Eine Selbst-Positionierung, mit der sich Gehr gekonnt bei der Analyse der Forschungsergebnisse einbringt, ist erst am Ende der Studie wahrnehmbar. Diese Schwächen in der theoretisch-linguistischen Präsentation sind sicherlich mit der primär journalistischen Ausbildung des Autors und seiner Fokussierung auf die Medienlandschaft zu erklären. Gleichzeitig ist aber Gehrs Verankerung im Journalismus auch seine Stärke, da er in seinen Ausführungen durch einen sprachkritischen Ansatz und Formulierungskompetenz brilliert. Stilistisch und sprachlich ist die Studie anspruchsvoll und präzise ausformuliert, wobei der Leser den Formulierungen und Ideen gut folgen kann. Dies trifft im Besonderen auf die genaue Spezifizierung der Forschungsmethodik und deren Präsentation zu. Hier beeindrucken die aussagekräftigen und für das Verständnis wichtigen Tabellen und Graphiken, die in kondensierter und gut verständlicher Form die erhobenen Daten optisch gelungen veranschaulichen.

 

 

 

 

 

 

Literatur

Drewer, Petra (2003): Die kognitive Metapher als Werkzeug des Denkens: Zur Rolle der Analogie bei der Gewinnung und Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse, Tübingen.

Eitze, Katrin (2012): Metaphern in der Börsenfachsprache: eine kontrastive Analyse des Spanischen und Deutschen, Hamburg.

Fauconnier, Gilles (ed.) (1996): Spaces, worlds and grammar, Chicago.

Goschler, Juliana (2008): Metaphern für das Gehirn: eine kognitiv-linguistische Untersuchung, Berlin.

Lakoff, George/Johnson, Mark (1980): Metaphors we live by, Chicago.

 



[1] Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass dem entgegenhalten werden kann, dass hier die einzelnen Wortfelder vorgestellt werden und Gehr auf Beispiele zurückgreift, die in erster Linie der Vorstellung der Zoologie, der Religion etc. dienen.

[2] Wir geben zu bedenken, dass es sich um eine auf die Sicht des (Text-) Produzenten fokussierende Praxis handelt.

 

Rossi, Micaela (2015): In rure alieno: métaphores et termes nomades dans les langues de spécialité

Charlene Meyers

1.  Pour un modèle pluriel de la métaphore dans les langues spécialisées

Micaela Rossi propose un modèle pluriel de la métaphore qui a pour objectif d’étudier les métaphores à la croisée entre d’une part les disciplines qui ont recours à celles-ci et d’autre part les contextes discursifs dans lesquels elles s’intègrent. Comme le souligne l’auteure à juste titre, ce modèle s’écarte de toute généralisation excessive que l’on trouve parfois dans d’autres études sur la métaphore. [...]

 

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Seite 115

Rezension: Rossi, Micaela (2015) In rure alieno: métaphores et termes nomades dans les langues de spécialité

Charlene Meyers (charlene.meyers@umons.ac.be)

 

1.  Pour un modèle pluriel de la métaphore dans les langues spécialisées

Micaela Rossi propose un modèle pluriel de la métaphore qui a pour objectif d’étudier les métaphores à la croisée entre d’une part les disciplines qui ont recours à celles-ci et d’autre part les contextes discursifs dans lesquels elles s’intègrent. Comme le souligne l’auteure à juste titre, ce modèle s’écarte de toute généralisation excessive que l’on trouve parfois dans d’autres études sur la métaphore.

L’ouvrage retrace, de manière concise, mais avec une grande finesse le passage d’une vision purement stylistique à une vision conceptuelle de la métaphore. Et ce, en rappelant les étapes clefs de cette évolution : l’apport de la socioterminologie et sa volonté de rompre avec la tradition wüstérienne afin de reconnaitre le potentiel néonymique des métaphores, les réflexions métalinguistiques de la communauté scientifique qui ont permis de reconnaitre le pouvoir heuristique de la métaphore et enfin, les avancées des cognitivistes qui ont bouleversé la vision purement ornementale de la métaphore pour positionner cette dernière au cœur de l’expérience humaine.

En se basant sur ces pierres angulaires, le modèle pluriel sollicite tour à tour le regard de la terminologie, de l’épistémologie et de l’analyse cognitive afin d’étudier quelques phénomènes dynamiques qui interviennent dans la création d’une métaphore d’invention, dans le figement de celle-ci, dans la formation d’essaims métaphoriques ou encore dans la formation de métaphores issues d’analogies.

Rossi voit en ces divers mécanismes métaphoriques trois manifestations principales ; premièrement, une fonction inventive que l’on retrouve dans les métaphores créatrices, souvent forgées à partir d’une relation conflictuelle entre deux termes (par exemple le terme « crêpe stellaire »). Deuxièmement, une fonction structurelle que l’on retrouve parmi les métaphores en essaims, qui forment des réseaux cohérents, qui charpentent un domaine et ouvrent également la voie à la formation de nouveaux termes métaphoriques et à leur intégration aux réseaux existants (comme le vocabulaire de l’œnologie). Enfin, les métaphores forgées sur des analogies formelles qui jouent un rôle dénominatif dans la terminologie de la langue de spécialité. Une fois entrées dans l’usage, ces métaphores perdent souvent leur pouvoir d’évocation et se retrouvent dispersées dans les langues de spécialité sans aucun lien entre elles, a contrario des métaphores en essaims.

À travers divers contre-exemples, Rossi n’hésite pas à démontrer que cette typologie de la métaphore terminologique n’est pas cloisonnée. Elle montre par exemple que la terminologie des nanotechnologies fait usage de catachrèses, alors qu’on s’attendrait à y trouver des métaphores d’invention :

Les nanotechnologies représentent sans aucun doute une discipline paradigmatique dans l’ensemble des sciences dures de pointe pendant les dernières décennies ; on pourrait par conséquent s’attendre à une fréquence élevée de métaphores conflictuelles, constitutives de théories, et à une absence parallèle des catachrèses dénominatives analogiques. En fait, il n’en est rien […] nous avons enregistré de nombreux cas de catachrèses à base d’analogie formelle. (Rossi 2015 : 106)

 

2. De la néonymie au figement

Les processus néonymiques et l’évolution terminologique des métaphores en langue de spécialité sont particulièrement bien renseignés et témoignent d’une fouille minutieuse en diachronie. Les exemples de la soupe quark-gluon, du boojum en mécanique des superfluides, de l’ARN messager, ou encore du diagramme pingouin sont particulièrement saillants.

La chercheuse s’intéresse à l’épineuse question du figement de la métaphore en passant en revue les diverses typologies proposées préalablement (notamment Goatly (1997) et Deignan (2005)) et adhère aux propos de Landheer (2002) selon lequel les statuts entre métaphore vive et morte ne sont pas dichotomiques.

D’après Rossi, le processus de figement ne doit pas être vu comme statique, mais comme étant au cœur de rouages sémiotiques dynamiques. Le figement métaphorique vu par Rossi n’est d’ailleurs pas synonyme de mort ; le nomadisme interdomanial ou la revivification dont font preuve de nombreuses métaphores témoignent du fait qu’une métaphore n’est jamais vraiment morte et peut potentiellement trouver son chemin vers d’autres disciplines ou à travers de nouvelles manifestations linguistiques au sein d’une même discipline.

Le figement de la métaphore dépend avant tout du traitement de celle-ci par la communauté d’usage. Dans son processus de figement, la métaphore va d’ailleurs être balisée de marqueurs discursifs et métalinguistiques propres à son introduction auprès de la communauté et à la négociation des membres de la communauté pour son acceptation ou son rejet, avant de voir ces marqueurs disparaitre lors de la standardisation de celle-ci en tant que terme.

Outre l’influence des communautés d’usage, l’auteure illustre la prépondérance de la culture (ex. : la terminologie des pâtes propre à la culture italienne) et de la langue (ex. : domination de la langue anglaise dans le monde scientifique) dans la création et le figement des métaphores dans d’autres langues.

 

3. Identification des métaphores, corpus et typologie d’analyse conceptuelle

Malheureusement, l’ouvrage fait l’impasse sur la description de la méthodologie de sélection des métaphores dans les corpus. Le groupe de recherche PRAGGLEJAZZ (2007) a par exemple développé la Metaphor Identification Procedure (2007) suivie par la Metaphor Identification Procedure VU University Amsterdam conçue par Steen et al. (2011) qui auraient été adéquates pour l’analyse de Rossi.

Aussi, les détails concernant les divers corpus issus des disciplines étudiées auraient pu être utiles au lecteur afin de juger de la méthode de compilation de ceux-ci, de leur taille, leur diversité, etc. Seuls quelques-uns d’entre eux tels que le corpus sur l’œnologie ou le corpus de termes financiers sont détaillés par rapport à leur taille et la source des textes qui les composent. Néanmoins, l’auteure mentionne dans des remarques préliminaires que certains corpus utilisés dans In rure alieno ont parfois déjà fait l’objet d’études publiées préalablement.

 

 

En outre, les relations d’équivalence conceptuelle entre les termes métaphoriques ne sont pas toujours expliquées. On distingue une nette différence d’interprétation entre d’une part le corpus sur l’œnologie et d’autre part le corpus de termes financiers :

Dans l’analyse du corpus sur l’œnologie, la plupart des exemples d’équivalence semblent basés sur une analogie du signe linguistique entre l’anglais, le français et l’italien comme dans l’exemple austere (ENG) – austero (ITA) – austère (FRA) (Rossi 2015 : 61). D’autres cas semblent reposer sur une proximité sémantique comme dans l’exemple attractive (ENG) – charmeur (FRA) (idem), mais sont plus rares. L’auteure conclut son analyse par un diagramme dévoilant le pourcentage de termes présents dans une seule langue, de termes présents dans deux langues et des termes présents dans les trois langues. Cette première analyse se restreint à une comparaison presque exclusivement linguistique des métaphores terminologiques.    
C’est lors d’une autre analyse de corpus que l’auteure met en lumière différents cas d’équivalence conceptuelle entre des termes du domaine de la finance dans différentes variétés de la langue française. Le diagramme qu’elle propose en conclusion est davantage enrichissant d’un point de vue conceptuel :

Pour 14% des termes analysés, on enregistre une identité d’isotopie métaphorique à l’œuvre dans la langue de départ et les langues d’arrivée. […] Dans 38% des termes du corpus, on assiste à une modulation de la métaphore dans le transfert L1-L2 : les domaines convoqués dans l’interaction changent sur la base de la culture d’arrivée. […] Dans la plupart des expressions du corpus, enfin (48%), le transfert interlinguistique coïncide avec un effacement de la métaphore de départ, remplacée par un terme complexe explicatif. (Rossi 2015 : 131 – 133)

Bien que la typologie proposée par Rossi rendant compte de 3 cas de transfert conceptuel des métaphores terminologiques s’avère utile, d’autres auteurs se sont également penchés sur la question, notamment Thoiron (1994), qui propose d’étudier les formes d’équivalences terminologiques interlinguistiques au niveau conceptuel. Oliveira (2009), qui est citée par Rossi dans son ouvrage, a d’ailleurs basé son analyse de la métaphore en cardiologie sur la théorie de Thoiron, qu’elle schématise de la façon suivante dans l’illustration 1 :

 

 

T = Terme

C = Concept

T1 = T2 pour C1 = C2 (équivalence totale)

T1 ≠ T2 pour C1 = C2 (équivalence partielle)

Illustration 1 : Reproduction du schéma proposé par Oliveira (2009) et basé sur les réflexions de Thoiron (1994).

De son côté, Schäffner (2004) a étudié la dimension conceptuelle de la métaphore en traduction. Selon elle, l’étude de la traduction des métaphores ne doit pas se cantonner à une dimension purement linguistique. Elle souligne la nécessité d’inclure la dimension conceptuelle dans l’analyse :

Translability is no longer a question of the individual metaphorical expression, as identified in the ST, but it becomes linked to the level of conceptual systems in source and target culture (Schäffner 2004 : 1258).

En incluant la dimension conceptuelle dans son cadre d’analyse, Schäffner a identifié pas moins de 5 cas de transfert interlinguistique de la métaphore rendant spécifiquement compte de la dimension cognitive de cette dernière. Même si Schäffner s’intéresse ici à la traduction, sa réflexion sur les relations d’équivalence est pertinente pour toute forme d’analyse contrastive des métaphores.

 

4. Conclusion : pour une définition de la métaphore terminologique

En conclusion, grâce à son modèle pluriel, forte des acquis des sciences cognitives, de l’épistémologie et de la terminologie, Rossi donne une nouvelle dimension à l’étude de la métaphore en inscrivant son analyse à la croisée des disciplines convoquées et des stratégies discursives mises en place par les différentes communautés d’usage.

La force de l’ouvrage réside dans le fait qu’en ne faisant varier qu’un seul paramètre à la fois, la chercheuse révèle la véritable complexité de la métaphore terminologique.

En outre, l’auteure jette les bases d’une définition de la métaphore terminologique à partir des traits communs aux trois grands types de métaphores décrits dans l’ouvrage, ouvrant ainsi la voie à une infinité d’analyses en fonction des langues et des disciplines étudiées et des contextes discursifs dans lesquels les métaphores sont intégrées.

 

Bibliographie

De Oliveira, Isabelle (2009): Nature et fonctions de la métaphore en science : l’exemple de la cardiologie. Paris: l’Harmattan.

Deignan, Alice (2005): Metaphor and Corpus Linguistics. Amsterdam: John Benjamins.

Goatly, Andrew (1997): The Language of Metaphors. London: Routledge.

Landheer, Ronald (2002): « La métaphore, une question de vie ou de mort ? » Semen. Revue de sémio-linguistique des textes et discours 15 : 25–40.

PRAGGLEJAZZ (2007): “MIP: A Method for Identifying Metaphorically Used Words in Discourse.” Metaphor and Symbols 22 (1): 1–39.

Schäffner, Christina (2004): “Metaphor and Translation: Some Implications of a Cognitive Approach.” Journal of Pragmatics 36 (7): 1253–69.

Steen, Gerard J., Aletta G. Dorst, and J. Berenike Herrmann (eds) (2011): A Method for Linguistic Metaphor Identification: From MIP to MIPVU. Converging Evidence in Language and Communication Research 14. Amsterdam: John Benjamins.

Thoiron, Philippe (1994): « La terminologie multilingue : une aide à la maîtrise des concepts. » Meta: Journal des traducteurs 39 (4): 765-773.

 

Constanze Spieß/Klaus-Michael Köpcke (Hrsg., 2015): Metapher und Metonymie. Theoretische, methodische und empirische Zugänge

Judith Visser

Der vorliegende Sammelband eröffnet die von Constanze Spieß und Wolfgang Imo im Verlag de Gruyter herausgegebene Reihe „Empirische Linguistik/ Empirical Linguistics“. Er vereinigt, wie im Vorwort präzisiert, Beiträge einer im Dezember 2011 an der Universität Münster veranstalteten Tagung zum Thema „Das Faszinosum Metapher. Erwerb – Bedeutung – Struktur – Funktion und Verstehen eines komplexen Phänomens aus interdisziplinärer Perspektive“, ergänzt um Artikel von Forscherinnen und Forschern, „die das Rahmenthema […] sinnvoll ergänzen“ (V). Ziel ist die Betrachtung der Metapher und Metonymie – Letztere wird im Tagungstitel allerdings nicht erwähnt – aus unterschiedlichen Richtungen. Der Blick in das Autorenverzeichnis zeigt die beteiligten Disziplinen auf: Psychologie, Germanistik (Linguistik und Didaktik), Anglistik und Amerikanistik (Linguistik und Didaktik), interkulturelle Kommunikation, allgemeine Linguistik. [...]

 

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Seite 121

Rezension: Constanze Spieß/Klaus-Michael Köpcke (Hrsg., 2015): Metapher und Metonymie. Theoretische, methodische und empirische Zugänge

Judith Visser, Bochum (Judith.Visser@rub.de)

 

Der vorliegende Sammelband eröffnet die von Constanze Spieß und Wolfgang Imo im Verlag de Gruyter herausgegebene Reihe „Empirische Linguistik/ Empirical Linguistics“. Er vereinigt, wie im Vorwort präzisiert, Beiträge einer im Dezember 2011 an der Universität Münster veranstalteten Tagung zum Thema „Das Faszinosum Metapher. Erwerb – Bedeutung – Struktur – Funktion und Verstehen eines komplexen Phänomens aus interdisziplinärer Perspektive“, ergänzt um Artikel von Forscherinnen und Forschern, „die das Rahmenthema […] sinnvoll ergänzen“ (V). Ziel ist die Betrachtung der Metapher und Metonymie – Letztere wird im Tagungstitel allerdings nicht erwähnt – aus unterschiedlichen Richtungen. Der Blick in das Autorenverzeichnis zeigt die beteiligten Disziplinen auf: Psychologie, Germanistik (Linguistik und Didaktik), Anglistik und Amerikanistik (Linguistik und Didaktik), interkulturelle Kommunikation, allgemeine Linguistik.

Der neben der Einleitung durch die Herausgeber 15 Beiträge umfassende Band ist in vier Teile gegliedert: Teil I umfasst drei Beiträge zu ‘theoretisch-methodischen Zugängen‘, Teil II vier zu ‘empirischen Analysen in einzelsprachlicher Perspektive‘, Teil III drei zu ebensolchen in ‘sprachvergleichender Perspektive‘. Teil VI widmet sich der Rolle von ‘Metaphern und Metonymien in Lehr-, Lern‑, Verstehens- und Verarbeitungsprozessen‘ (fünf Beiträge). Die in der Forschung tendenziell vernachlässigte Metonymie wird explizit im Titel zweier Aufsätze genannt. Die vier Teile zeugen insgesamt davon, dass die Kombination disziplinärer Perspektiven durch eine Auseinandersetzung mit verschiedensten methodischen und theoretischen Zugängen ergänzt wird, die eine Grundlage für die im Vorwort als Ziel formulierte ‘fruchtbare Ergänzung kontroverser Fachdiskussionen‘ (V) legt.

In ihrem einführenden Beitrag „Metonymie und Metapher – Theoretische, mtho­dische und empirische Zugänge“ (S. 1-21) verzichten Spieß und Köpcke auf den mit der Antike einsetzenden und für Studien zur Metapher fast schon klassischen historischen Überblick über die Auseinandersetzung mit Metaphern und unterstreichen damit ihren Fokus auf neuere Entwicklungen in der Metaphernforschung. Sie identifizieren aktuelle Forschungsschwerpunkte und –desiderata, denen sie die im Band vereinten Beiträge zuordnen.

Teil I wird eingeleitet durch Markus Tendahl, der den Versuch unternimmt, die Relevanztheorie und die kognitive Linguistik in einer ‘hybriden Metapherntheorie‘ zu vereinen (S. 25-49). In seinem auf Tendahl (2009) basierenden Ansatz plädiert der Verf. für die bei interdisziplinären Perspektiven auf einen Gegenstand notwendige Offenheit gegenüber verschiedenen Theorien, der im vorliegenden Fall das Potenzial innewohnt, „das Phänomen Metapher vielseitiger und detaillierter zu betrachten, als Relevanztheorie und kognitive Linguistik dies einzeln könnten“ (S. 44).

Alexander Ziem („(Konzeptuelle) Metaphern in der Kognitiven Konstruktionsgrammatik“, S. 51-80) widmet sich auf der Basis eines im Rahmen des DFG-Projekts „Sprachliche Konstruktionen sozial- und wirtschaftspolitischer ‚Krisen‘ in der BRD von 1973 bis heute“ (S. 67) erstellten ‘Krisenkorpus‘ der „Frage nach Formen und Funktionen von (konzeptuellen) Metaphern in der Konstruktionsgrammatik“ (S. 51), d.h. der Untersuchung, in welcher Hinsicht Metaphern bei der „Vernetzung von Konstruktionen“ und der „Organisation grammatischen Wissens“ (S. 57) relevant sind, nimmt aber auch die umgekehrte Blickrichtung ein, indem er Betrachtungsweisen der Kognitiven Konstruktionsgrammatik für die Metapherntheorie nutzbar zu machen versucht. Ausgangspunkt seiner Überlegungen bilden die Ausführungen Goldbergs (1995, 2006). Er kommt zu dem für metaphorische Korpusanalysen durchaus zentralen (Teil‑)Ergebnis, dass semantische Rollen eine große Bedeutung für die sprachliche Umsetzung konzeptueller Metaphern haben. Daraus lässt sich ableiten, dass „annotierte semantische Rollen dazu [genutzt werden können], konzeptuelle Metaphern auf der Satzebene systematisch zu identifizieren“ (S. 72). Im Rahmen des vorliegenden Sammelbandes liegt der Reiz des Beitrags von Ziem in den genannten methodologischen Anregungen für Korpusanalysen, insbesondere aber in dem metapherntheoretischen Blick auf Grammatik und dem grammatiktheoretischen Blick auf Metaphorik.

Kristin Kuck nutzt dasselbe ’Krisenkorpus’ zur Entwicklung eines Modells für die „Manuelle Annotation von Metaphern in großen Korpora“ (S. 81-107). Ausgehend von der Feststellung, dass „[d]as minimalistische Modell der Metaphernbeschreibung durch Herkunfts- und Zielbereich […] in der Praxis schnell überfordert“ ist (S. 96), ergänzt sie es um „kontextuelle Annotationsparameter“ (S. 104) (Sprecher/Akteur [Akteursrolle], Diskursposition, Teildiskurs). Für eine diskursanalytisch arbeitende Metaphernforschung erscheinen Überlegungen zur Bewältigung größerer Textmengen unerlässlich, insofern können die Vorschläge der Verf. als wertvolle Anregungen in dieser Hinsicht bewertet werden.

Der Aufsatz „Metaphern als Desillusionierung. Die Bereiche Theater, Höhle, Traum, Phantom, Gefängnis, Simulation und Hologramm als Ressource für Blendings“ (S. 111-141) von Andreas Liebert läutet Teil II zu einzelsprachlichen empirischen Analysen ein. Die Überlegungen des Autors kreisen um das Platonsche ‘Höhlengleichnis‘ und zielen darauf ab, sprach- und kulturwissenschaftliche Perspektiven auf die Metapher so miteinander zu verknüpfen, dass „Metaphern in ihrer Kulturbedeutung“ (111) beschreibbar werden. Der auf den ersten Blick auf die Antike fokussierte Beitrag bezieht in seine Auseinandersetzung mit ‘Metaphern der Desillusionierung‘ auch neuere kulturelle Produkte wie den Film Matrix ein und zeigt damit die Aktualität der Platonschen Überlegungen auf.

Der Diskursanalyse ist auch der folgende Beitrag von Monika Schwarz-Friesel gewidmet, die „Metaphern und ihr persuasives Inferenzpotenzial“ untersucht und sich dabei auf „Konzeptualisierungen des islamischen Terrorismus nach 9/11 im massenmedialen Diskurs“ (S. 143-160) konzentriert. Die Datengrundlage erwächst aus dem von der DFG finanzierten Projekt „Aktuelle Konzeptualisierungen von Terrorismus – expliziert am Metapherngebrauch im öffentlichen Diskurs nach dem 11. September 2001“ (S. 144). Aus methodischer Sicht leistet die Verf. ihren Beitrag zur gegenseitigen disziplinären Bereicherung und ‘fruchtbaren Ergänzung kontroverser Fachdiskussionen‘ insbesondere durch die Anwendung der kritischen Kognitionslinguistik (KKL). Metaphern spielen im Diskurs um 9/11 vor allem dahingehend eine Rolle, dass sie versuchen, „das Unbegreifliche begreifbar [zu] machen“ (S. 151).

Der Beitrag Olaf Jäkels („Metaphern im frühen Erstsprachenerwerb: (k)ein Problem? Erkenntnisse aus zwei Longitudinal-Korpora“, S. 161-176) beschäftigt sich mit einem Thema, das nicht nur in der Sprach- bzw. Kognitionswissenschaft und Pädagogik immer wieder diskutiert wird, sondern mit dem sich auch Eltern zwangsläufig – bewusst oder unbewusst – auseinandersetzen müssen: der Frage, wann Kinder in welchem Maße in der Lage sind, bildlichen Sprachgebrauch zu verstehen und ggf. selbst zu produzieren. Jäkel nutzt seine familiäre Konstellation zur Langzeitbeobachtung in Hinblick auf den Metaphernerwerb bei Kindern und stellt Hypothesen zu möglichen Erwerbssequenzen an.

Günter Radden widmet sich Zeitangaben („Vergangene, letzte oder vorige Woche? Puzzles zur Zeitmetaphorik“, S. 177-203). Zumindest jedem, der sich auch nur in Ansätzen mit Lakoff/Johnson (1980) oder nachfolgenden Arbeiten auseinandergesetzt hat, dürfte bewusst sein, dass Zeit metaphorisch konzeptualisiert wird. Der Verf. des vorliegenden Beitrags beschäftigt sich in einem weit über dieses Bewusstsein hinausgehenden Maße mit der Frage, welche metaphorische Basis deiktische Temporalausdrücke des Deutschen haben, die in Bezug auf ihre Referenzfunktion als funktional äquivalent einzustufen sind. Zur Illustrierung der einzelsprachlichen Besonderheiten greift er auf Beispiele aus dem Englischen, Ungarischen, Chinesischen, Thai und Japanischen zurück. Der Artikel ist deshalb zu Recht als ‘empirisch‘ kategorisiert, weil Radden mittels eines Fragebogens explorativ unter Studierenden zu eruieren versucht hat, „ob hinsichtlich der Wahl deiktischer Zeitangaben zwischen Sprechern des Deutschen ein Konsens besteht und, falls dies zutrifft, die Wahl der Zeitangaben durch ihre räumlich-zeitlichen Schemata bestimmt ist“ (S. 191). Die Ergebnisse von 21 Befragungen ergänzt er durch Korpusanalysen (Google und COSMAS II).

Die sprachvergleichenden empirischen Analysen (Teil III) werden eingeleitet von einer Studie Klaus-Uwe Panthers zu „Metonymien im Sprachvergleich“ (207-226), die dieser dem Verf. des vorangehenden Beitrags, Günter Radden, zum 80. Geburtstag widmet. Auch wenn funktionale Ähnlichkeiten zwischen Metaphern und Metonymien in der kognitiven Linguistik als unbestritten gelten dürften und z.B. die Herausgeber dieses Sammelbandes, aber auch diejenigen der Zeitschrift, in der die vorliegende Rezension erscheint, dieser Tatsache durch entsprechende Titel Rechnung tragen, ist dem Verf. zuzustimmen, wenn er der Metonymie ein „Schattendasein“ (S. 207) bescheinigt. Dies gilt auch für sprachvergleichende Untersuchungen. Panther setzt sich zum Ziel aufzuzeigen, dass es im Metonymiengebrauch zwischen Sprachen deutliche Unterschiede gibt. Er vergleicht das Englische, Deutsche, Ungarische, Französische und Spanische. Seine Studie beruht, wie er selbst anmerkt, auf wenig umfangreichen Korpora, kann also nur Tendenzen aufzeigen, nichtsdestotrotz aber „demonstrieren, dass übereinzelsprachliche Variation in der Ausnutzung von Metonymien existiert und ein lohnendes Forschungsgebiet ist“ (S. 213).

Waldemar Czachur widmet sich dem Thema „Semantischer und funktionaler Wandel von Metapher und Metonymie. Polnische Wirtschaft im deutschen Mediendiskurs zur Wirtschaftskrise“ (S. 227-246). Er zeigt auf, dass sich die Metapher polnische Wirtschaft als „deutsche Erfindung des ausgehenden 18. Jahrhunderts“ (S. 228) im Laufe der letzten Jahre, bedingt durch die Stärke der (nicht metaphorisch gemeinten) polnischen Wirtschaft während der Wirtschaftskrise 2008, gewandelt hat und eine ursprünglich negative Konzeptualisierung durch in eine positive abgelöst wurde.

Andreas Musolff untersucht Metaphern als potenzielle „Quelle von Missverständnissen im interkulturellen Diskurs“ (S. 247-265). Anhand von Beispielen, die sich auf konkrete Missverständnisse im interkulturellen Diskurs, und zwar in der politischen Kommunikation zwischen Großbritannien und Deutschland, beziehen, zeigt der Verf. auf, dass zum Verständnis von sprachlichen Bildern die Betrachtung des diskursiven Kontextes unerlässlich ist und exemplifiziert dies anschaulich anhand der kulturspezifischen Ausformungen politischer Körpermetaphorik, auch in historischer Perspektive (Kap. 3).

In verschiedensten Studien (z.B. Katthage 2004, 2005; Koch 2013 sowie metaphorik.de 16/2009) ist in jüngerer Zeit immer wieder darauf hingewiesen worden, dass die Erkenntnisse der Metaphernforschung in der Mehrzahl der Schulbücher des Deutschen und der schulischen Fremdsprachen nur bruchstückhaft angekommen ist, einem Transfer dieser Erkenntnisse auf Vermittlungssituationen aber großes Potenzial innewohnt. Insofern ist es konsequent, dass sich Teil IV der Bedeutung von Metapher und Metonymie in Lernprozessen widmet.

Ulrich Gebhard („Symbole geben zu denken. Zur Bedeutung der expliziten Reflexion von Symbolen und Phantasien in Lernprozessen“, S. 269-295) beschäftigt sich mit der Frage, ob die Auseinandersetzung mit Symbolen und Phantasien im Unterricht in produktiver Weise erfolgen kann. Dahinter verbirgt sich die Annahme, dass es eine Bereicherung des Lernprozesses darstellt, „wenn der symbolisierende, subjektivierende, intuitive Zugang zu den Phänomenen“ (S. 269) nicht nur zugelassen, sondern explizit gefördert und reflektiert wird. Die Hamburger Arbeitsgruppe „Intuition und Reflexion“ (S. 287) liefert die empirische Basis für die Überlegungen des Verf. Die Ergebnisse zweier Studien (cf. Kap. 6.4.) deuten darauf hin, dass „[d]ie explizite Berücksichtigung der subjektivierenden, symbolisierenden Deutungsmuster einerseits und das Nachdenken über die kulturelle Note naturwissenschaftlicher Inhalte (Mensch- und Weltbilder) andererseits […] Bildungsprozesse im Allgemeinen und das Lernen von naturwissenschaftlichen Phänomenen im Besonderen [vertieft]“ (S. 290).

Tobias Heinz nimmt in seinem Beitrag „Das Verschwinden der Metapher. Sprach- und literaturdidaktische Perspektiven auf den metaphorischen Wortschatz“ (S. 297-321) explizit auf die oben angeführten Studien von Katthage Bezug und formuliert das Ziel, die Entwicklung des Jahrzehnts, das seither vergangen ist, nachzuzeichnen. Auch er kommt zu dem anhand zahlreicher konkreter Lehrbuchaufgaben illustrierten Ergebnis, dass Lakoff/Johnson 1980 im „Deutschunterricht kaum Spuren hinterlassen ha[ben]“ (S. 313) und führt dies darauf zurück, dass der „kognitiv-konzeptuellen Ebene“ (ibid.) innerhalb der Fachdidaktik ein anderer Stellenwert beigemessen wird als innerhalb der Fachwissenschaften.

Constanze Spieß („Metonymie und Metapher. Sprachdidaktische Perspektiven auf das sprachreflexive Potenzial zweier Phänomene“, S. 323-354) integriert in ihre z.T. etwas redundanten Überlegungen zum Potenzial bildlichen Sprachgebrauchs für den Unterricht die Metonymie, der – analog zur Metapher – auch hier ein ‘Schattendasein‘ bescheinigt werden kann. Auch sie geht von einer Lehrwerkanalyse aus um aufzuzeigen, wie gering die Rezeption metaphern­theoretischer Ansätze in modernen Schulbüchern ist. Zur Hervorhebung des Potenzials von Metapher und Metonymie eignet sich die tabellarische Gegen­überstellung der Verf. zu deren „Funktionen und Leistungen“ (S. 336). Als die drei grundlegenden Ziele der Auseinandersetzung mit sprachlichen Bildern nennt sie (hier verkürzt dargestellt) die Identifikation, die Entschlüsselung und die eigene Produktion von Metaphern und Metonymien. Ihre Vorschläge für die Umsetzung sind reichhaltig und beziehen sich auf konkrete Bei­spiele. Für den Transfer in die Praxis wäre hier sicherlich noch ein Nachden­ken über die konkrete Konzipierung von Aufgaben (Formulierung der Frage- bzw. Aufgabestellung, Einbettung in ein Unterrichtsvorhaben) anzuschließen.

Der Untersuchung des kognitiven Verarbeitungsaufwands von Metaphern aus sprachpsychologischer Sicht widmen sich die Ausführungen von Lisa von Stockhausen und Ursula Christmann. Mittels einer Blickbewegungsstudie differenzieren sie dabei konventionelle und unkonventionelle sprachliche Bilder (S. 355-371). Ausgangspunkt ihrer Überlegungen ist das sogenannte ‘ästhetische Paradox‘ (Christmann et al. 2011), das einen Zusammenhang zwischen „figurativer Ästhetik“ (S. 356) und Konventionalität bzw. Unkonventionalität bildlicher Äußerungen in den Raum stellt und auf der Vermutung aufbaut, dass der kognitive Aufwand bei der Entschlüsselung tendenziell zu einer Zunahme des ästhetischen Gefallens zu führen scheint. Ziel der im Beitrag vorgestellten Studie ist die „Untersuchung des objektiven kognitiven Verarbeitungsaufwandes beim Lesen konventioneller und unkonventioneller Me­taphern mit der Methode der Blickbewegungsmessung“ (S. 357). Sie zielt also auf eine empirische Überprüfung der die Grundlage des Paradoxons bildenden Annahme, dass außergewöhnliche sprachliche Bilder den Rezeptionsprozess verlangsamen, und können diesen Zusammenhang tatsächlich belegen. Davon ausgehend lässt sich die Hypothese formulieren, dass – unter der Voraussetzung, dass die Metapherninterpretation gelingt –, dieser verlangsamte Dekodierungsprozess in einem höheren ästhetischen Erleben mündet. Die empirische Überprüfung dieser positiven Bewertung steht jedoch noch aus und wird als Forschungsdesideratum formuliert.

Den letzten Beitrag zum Sammelband trägt Marie Lessing-Sattari bei (S. 373-398). Sie interessiert sich für Metaphernfelder, verstanden als „besonderes strukturelles Format von Metaphorik. Die Metaphern treten in Verbänden mit ge­meinsamen komplexen Konzeptbereichen auf und breiten diese netzartig in Texten aus“ (S. 373), und für die Frage, welche Konsequenzen sich aus ihrer Existenz für die Lesedidaktik ergeben. Empirisch untersucht werden die Anfor­derungen, mit denen Schülerinnen und Schüler sich konfrontiert sehen, anhand des Metaphernfeldes Weltwirtschaft ist Titanic (S. 379ff.). In gekürzter und modifizierter Form wurde eine Glosse aus dem stern (Jörges 2008) SchülerInnen und Schülern des 9. Schuljahres vorgelegt. Die Verstehensprozesse wurden anhand Lautes-Denken-Protokollen erhoben. Die exemplarische Dis­kussion eines schwachen und starken Schülers zeigt, dass „[j]e nach Lesefähig­keitsniveau […] die […] Anforderungsstruktur des Metaphernfeldes […] eine kognitive Entlastung […] [oder] eine verarbeitungsbezogene Belastung dar[stellt]“ (S. 394).

Der Sammelband ist nicht frei von formalen (z.B. Wechsel der Schriftart bei Musolff, S. 254 unten) und sprachlichen Unsauberkeiten, die sich besonders in den Beiträgen von Radden und Czachur häufen, den Gesamteindruck aber nur gering trüben.

Insgesamt halten die Herausgeber, was sie einleitend versprechen: Die Perspektiven auf den Gegenstand sind sehr vielfältig und anregend, die Beiträge von hohem Niveau. Es wird sehr deutlich, dass zahlreiche Experten gewonnen werden konnten, die z.T. in den vorliegenden Beiträgen lediglich in verkürzter Form Ausschnitte aus größeren Forschungsprojekten vorstellen. Daraus und aus dem hohen Reflexionsniveau der sowohl theoretisch-methodischen als auch empirischen Ansätze resultiert, dass das Buch sich besonders für diejenigen Leserinnen und Leser zur Lektüre anbietet, die im Bereich der Metapherntheorien ein gewisses Vorwissen mitbringen. Welcher Artikel als wie aufschlussreich und ‘befruchtend‘ wahrgenommen wird, dürfte dabei von der disziplinären Perspektive des jeweiligen Lesers abhängen.    

 

 

 

 

 

 

Literatur

Christmann, Ursula/Wimmer, Lena/Groeben, Norberg (2011): „The aesthetic paradox in processing conventional and non-conventional metaphors – a reaction time study”, in: Scientific study of Literature 1, 199-240.

Goldberg, Adele E. (1995): Constructions: A Construction Grammar Approach to Argument Structure, Chicago et al.

Goldberg, Adele E. (2006): Constructions at Work. The Nature of Generalization in Language, Oxford.

Jörges, Hans-Ulrich (2008): „Zwischenruf. Volle Fahrt auf den Eisberg“, http://www.stern.de/politik/deutschland/zwischenruf-volle-fahrt-auf-den-eisberg-3744106.html (15.09.2016).

Lakoff, George/Johnson, Mark (1980): Metaphors We Live By, Chicago.

Katthage, Gerd (2004): Didaktik der Metapher. Perspektiven für den Deutschunterricht, Baltmannsweiler.

Katthage, Gerd (2005): „Kurzes Plädoyer für eine Didaktik der Metapher“, in: Der Deutschunterricht 57, 85-89.

Koch, Corinna (2013): Metaphern im Fremdsprachenunterricht: Englisch, Französisch, Spanisch, Frankfurt a.M. et al.

metaphorik.de 16/2009.

Tendahl, Markus (2009): A Hybrid Theory of Metaphor: Relevance Theory and Cognitive Linguistics, Houndmills/Basikstoke.