Helge Skirl/Monika Schwarz-Friesel: Metapher, Heidelberg, Universitätsverlag Winter

Katrin Mutz

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Helge Skirl / Monika Schwarz-Friesel (2007): Metapher, Heidelberg, Universitätsverlag Winter (Kurze Einführungen in die germanistische Linguistik, Band 4), 100 S.

Katrin Mutz, Bremen (katrin.mutz@uni-bremen.de)

In der Reihe Kurze Einführungen in die germanistische Linguistik (Kegli) ist als vierter Band 2007 eine Einführung zur Metapher erschienen.
Die Autoren möchten mit dem Band „eine überschaubare und anwendungsorientierte Einführung [...] bieten, die leicht verständlich ist und keine speziellen linguistischen Kenntnisse voraussetzt“ und somit für
„Studierende aller philologischen Fächer geeignet ist“, so die Autoren in ihrem Vorwort. Dieses Vorhaben ist den beiden Autoren auch gelungen. Die Einführung überzeugt sowohl in der Art und Weise der Darstellung der metaphernbezogenen Inhalte als auch hinsichtlich der Gliederung und der Präsentation von Faktenwissen und illustrierenden Beispielen.
Die 100-seitige Einführung bereitet die Metapher unter acht verschiedenen Perspektiven auf, die je einem (wiederum untergliederten) Kapitel zugeordnet sind; unterbrochen wird der Textfluss in den Kapiteln bzw. Unterkapiteln durch unregelmäßig eingestreute, jeweils zur behandelten Thematik passendenden Übungsaufgaben (insgesamt 31); jedes Kapitel schließt mit einem Hinweis auf weiterführende Literatur, die in einer kurzen Bibliographie am Ende des Buches aufgeführt ist. Dort findet sich auch ein Sachregister, in welchem diejenigen Termini aufgeführt sind, die im Fließtext durch Fettdruck hervorgehoben werden.
Die von den Autoren im Buch aufgeführten Beispiele für Metaphern beziehen sich alle auf die deutsche Sprache, stammen aus unterschiedlichen Quellen, und die meisten von ihnen haben gemein, dass es sich um keine ausgedachten Beispiele sondern um realiter verwendete, authentische Metaphern handelt: Sie entstammen vor allem Zeitschriftenartikeln, literarischen Werken oder sind Zitate bekannter Persönlichkeiten aus dem öffentlichen bzw. kulturellen Leben (Sport, Politik, Literatur). Die Vielfalt der Quellen ist ein Beleg für die Omnipräsenz metaphorischen Sprechens in unseren alltäglichen Kommunikationshandlungen und Kommunikationsbezügen.

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Wenden wir uns nun den verschiedenen Gesichtspunkten zu, hinsichtlich derer die Metapher in dem Büchlein betrachtet wird: Die Einführung verzichtet auf einen die Thematik einbettenden Einleitungsteil und startet gleich in medias res mit Kapitel 1 und der Frage „Was sind Metaphern?“ (S. 1-
19). Um diese Frage zu beantworten, wird die Metapher in verschiedenen Unterabschnitten unter folgenden Aspekten beleuchtet: „Metaphern als nicht- wörtlicher Sprachgebrauch“ (S. 1-4), dem „Metaphernbegriff“ (S. 4-6),

„Metaphern als Ausdruck von Konzeptualisierung“ (S. 7-11), „Metapher und Vergleich“ (S. 11-14), „Metapher und Metonymie“ (S. 14-17) sowie „Metapher und weitere rhetorische Figuren“ (S. 17-19). Bei der Behandlung der Metaphernbegrifflichkeit (S. 4-6) werden dem in der Einführung verwendeten linguistischen Metaphernbegriff, der im ersten Kapitel als „Arbeitsdefinition“ (S. 6: „Metaphern als einer spezifischen Form des nicht-wörtlichen Sprachgebrauchs“ auf der Basis einer Ähnlichkeitsrelation) eingeführt und in den folgenden Kapiteln verfeinert wird, andere Begrifflichkeiten von Metapher gegenübergestellt, z.B. alltagssprachliche und fachspezifische; diese unterscheiden sich in wesentlichen Punkten dem zugrunde gelegten sprachwissenschaftlichen Metaphernbegriff. Verfeinert wird dieser zunächst rein sprachliche Metaphernbegriff durch a) Hinzuziehung der konzeptuellen Ebene (S. 9: „KONZEPT1 IST WIE EIN KONZEPT2 BEZÜGLICH DER MERKMALE Z“) – wobei sich die Autoren allerdings nicht dem rein konzeptuellen Metaphernbegriff von Lakoff/Johnson (1980) anschließen (vgl. S. 10) – durch b) Abgrenzung der Metapher von Vergleichen, von c) Metonymien sowie durch das Beschreiben des Wirkens der Metapher in d) euphemistischen, hyperbolischen und ironischen Ausdrücken.

Im zweiten Kapitel (S. 20-27) werden die Besonderheiten von Metaphern im Zusammenhang mit verschiedenen Wortarten näher angeschaut, nämlich die Substantivmetapher, die in verschiedene Untertypen, wie Genitivmetapher, Appositionsmetapher oder substantivische Prädikativmetapher zerfällt (S. 21-
25) und, nur ganz kurz, die Adjektivmetapher (S. 25f.) sowie die
Verbmetapher (S. 26f.).
Das dritte kurze Kapitel (S. 28-33) befasst sich zum einen mit alten, konventionalisierten Metaphern und zum anderen mit neuen Metaphern, die kreativ oder innovativ sind. Kreative Metaphern sind für die Autoren solche
„die auf bekannte konzeptuelle Kombinationen [...] verweisen, die sich in

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lexikalisierten Metaphern nachweisen lassen [...] und diese entweder erweitern oder zumindest mit unkonventionellen lexikalischen Mitteln benennen” (S. 30); innovative Metaphern dagegen ließen sich nicht auf bekannte Konzeptualisierungen zurückführen, sondern würden auf neuen Konzeptualisierungen fußen (S. 30). In diesem Zusammenhang wird das Kontinuum zwischen jungen, „klischeehafte[n]“ (S. 29) und lexikalisierten Metaphern bis hin zu toten Metaphern, die „gegenwartssprachlich nicht als Metapher[n] erkannt werden“ (S. 28), aufgezeigt. Im Zuge der Beschäftigung mit innovativen Metaphern hätte außer dem Blick auf innovative Metaphern in literarischen Werken oder in der Rede von Politikern auch die Berücksichtigung des alltagssprachlichen Sprechens etwa von Jugendlichen, die sehr kreativ im Entwerfen neuer Metaphern sind, die Allgegenwart der Metapher zusätzlich herausgestellt.
Im vierten Kapitel (S. 34-48) wird das Verhältnis von Metapher und Lexikon untersucht. Es wird dargestellt, inwiefern und inwieweit Metaphern das Lexikon bereichern (S. 34-36): Im Zuge des Aufkommens von Bezeichnungsnotwendigkeiten aufgrund von Entdeckungen oder Erfindungen beispielsweise ist die Metapher ein wichtiges Verfahren, um lexikalische Lücken zu schließen, auch fußt die Polysemie von Lexemen häufig auf einer Metapher (z.B. Computermaus). In diesem Zusammenhang werden als häufige Quelle für Metaphern die Bezeichnungen für menschliche Körperteile (z.B.
‘Kopf’, ‘Fuß’, ‘Rücken’) genannt (vgl. S. 35f.), die auch aus universeller Perspektive in zahlreichen europäischen und nicht-europäischen Sprachen eine große Prägnanz als Metapherspendequelle haben. Die bereits angesprochenen lexikalisierten Metaphern und deren systematischen Beziehungen zueinander werden in Unterkapitel 4.2. einer genaueren Betrachtung unterzogen (S. 36-39); abermals, wie bereits im vorausgehenden Abschnitt, wird auf Paul (1880) verwiesen (leider nicht im Literaturverzeichnis aufgeführt) und dessen Übersichtsdarstellung bezüglich der Rekurrenz auf räumliche Dimensionsausdrücke zum metaphorischen Referieren auf abstraktere Sachverhalte (z.B. Zeitverhältnisse, Gefühle, mentale Abläufe) genannt (S. 37); auch wird die Alltagsmetapherntypologie von Baldauf (1997) aufgeführt, die zwischen den folgenden vier Typen konzeptueller Metapher unterscheidet: Attributsmetaphern, ontologischen Metaphern, bild-
schematischen Metaphern, sowie Konstellationsmetaphern (S. 38). Metaphern

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sind nicht nur der Alltagssprache zu eigen, sondern man findet sie ebenfalls in Fachsprachen, so z.B. auch in der linguistischen Terminologie, zum einen zum Schließen lexikalischer Lücken, zum anderen als theoriekreative Metaphern (z.B. Sprachfamilie, Sprachverwandtschaft, Sprachwandel der unsichtbaren Hand). Der letzte Abschnitt von Kapitel 4 (S. 42-48) befasst sich mit Idiomen, dem Aufbrechen von Idiomen durch Remetaphorisierungen (z.B. Aphorismus von S. J. Lec Nun bist du mit dem Kopf durch die Wand. Und was wirst du in der Nachbarzelle tun?, S. 46) sowie dem Kombinieren von Idiomen durch Kreativität (vgl. Aphorismus von Karl Kraus Wo sie hintrat, wuchs kein Gras, außer jenes, in das sie die Männer beißen ließ, S. 47) oder durch Unachtsamkeit (Stilblüten).
Das Einsetzen und das Verständnis von Metaphern in der kommunikativen
Interaktion ist Gegenstand von Kapitel 5 („Metaphorische Äußerungen“, S. 49-
64). Um zu erklären, wie Metaphern im konkreten Sprachgebrauch als solche erkannt und interpretiert werden, nehmen die Autoren Bezug auf die von Bierwisch (1979) unterschiedenen drei Bedeutungsebenen: der wörtlichen, kontextunabhängigen Ausdrucksbedeutung, der kontextabhängigen Äußerungsbedeutung sowie dem kommunikativen Sinn: „Metaphorischer Sprachgebrauch wird erst bei der Etablierung der Äußerungsbedeutung identifiziert und nicht etwa schon in Bezug auf die Ausdrucksbedeutung“ (S.
50); eine Metapher könne, bei Beibehaltung der Äußerungsbedeutung (S. 51), den kommunikativen Sinn, d.h. die Illokution, verändern. Wenn auch auf Ausdrucksebene eine Identifizierung der Metapher nicht möglich sei (s.o.), gäbe es auf dieser Ebene bereits Hinweise auf ein metaphorisches Sprechen, z.B. durch Verletzung von Selektionsrestriktionen (S. 52f.) oder durch konkretes sprachliches Explizieren im gesprochenen Diskurs (Verwendung von Ausdrücken wie bildhaft gesprochen, im übertragenen Sinne, S. 54) bzw. im geschriebenen Diskurs (durch metasprachliche Markierung). Bei der Besprechung des Verstehensprozesses von Metaphern (S. 56-60) setzen sich die Autoren zum einen kurz mit der Problematik der sog. Substitutionstheorie auseinander, die besagt, dass Metaphern schlicht einen eigentlich gemeinten Ausdruck ersetzen; dieser eigentlich gemeinte Ausdruck wiederum wäre gleichsam die Paraphrase der Metapher. Sie streifen auch kurz die Interaktionstheorie (Black 1977) sowie die Blending Theory (Fauconnier/Turner
2002 (nicht im Literaturverzeichnis aufgeführt)), in welcher erklärt wird, wie

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die Kommunikationsteilnehmer in spezifischen Kommunikationskontexten konstruktiv neue Bedeutungen bzw. neue Metaphern erarbeiten, ohne dass die Merkmale der Metaphernbedeutung „zur kognitiven Domäne des metaphorisch gebrauchten Ausdrucks gehören“ (S. 58). Die wichtigsten kommunikativen Funktionen metaphorischer Äußerungen werden in Kapiel
5.4. (S. 60-64) vorgestellt: so werden Metaphern z.B. zur Evaluation eingesetzt, zur Persuasion, zum Hervorrufen positiver oder negativer Emotionen, um komplexe, abstrakte Sachverhalte zu explizieren oder um indirekte Sprechakte als solche zu markieren.
Während in Kapitel 5 die pragmatisch-kommunikativen Aspekte der Metapher im Vordergrund stehen (wenngleich leider Analysen gesprochener Nähesprache fehlen und nur Äußerungen in Zeitungsinterviews analysiert werden), geht es im sechsten Kapitel um das Wirken und Verstehen der Metapher im Text (S. 65-71); so tragen z.B. „(indirekte) metaphorische Anaphern“ (S. 68f.) zur Etablierung referentieller Kohärenz bei; verschiedene Kotextualisierungsstrategien erleichtern den Rezipienten das Verstehen insbesondere innovativer Metaphern (S. 70f.). Illustriert wird das textuelle Funktionieren der Metapher vor allem an literarischen Texten.
Im siebten Kapitel (S. 72-85) suggeriert der Titel „Metaphern in den Massenmedien“, dass metaphorische Äußerungen in der Presse, im Fernsehen, im Radio oder auch im Internet untersucht werden. Es werden aber de facto – leider – ausschließlich metaphorische Äußerungen aus den Printmedien analysiert, nämlich Metaphern in der politischen Bericht- erstattung (S. 73-77), Metaphern in der Boulevardpresse (S. 78-81), Metaphern in der Sportberichterstattung (S. 81-83) sowie schließlich noch in der Werbung (S. 84-85). Es werden „vor allem kreative und innovative, aber auch konventionalisierte und klischeehafte Metaphern“ (S. 73) behandelt und auf ihre kommunikative Wirkung hin analysiert. Konventionalisierte Metaphernkonzeptualisierungen wären z.B. SPORT ALS KRIEG (S. 81f.), POLITIK ALS THEATER (S. 75), wohingegen bei POLITIK ALS NAHRUNG eine innovative Konzeptualisierung vorliegt (vgl. Bsp. auf S. 77).
Das achte und letzte Kapitel der Einführung widmet sich der Verwendung und der Funktion von Metaphern in literarischen Texten (S. 86-95) und stellt zunächst heraus, dass, entgegen geläufiger Meinung, „der Gebrauch von Metaphern [...] nicht als eine notwendige Eigenschaft literarischer Texte“ (S.

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Ohne einen konkludierenden oder prospektiven Schlussteil folgt diesem achten Schlusskapitel direkt das Literaturverzeichnis bzgl. wissenschaftlicher Sekundärliteratur; eine Liste der herangezogenen Primärliteratur bzw. eine Aufführung der Quelltexte, aus denen die Metaphernbeispiele bezogen werden, fehlt leider. Das vierseitige Literaturverzeichnis stellt laut Buch eine Auswahl aus einer ausführlicheren, kommentierten Literaturliste dar, die auf der KEGLI-Homepage zu finden sei. Die Rezensentin wollte die ausführliche Bibliographie konsultieren, wurde aber auf der angegebenen Homepage leider nicht fündig. Online zu finden sind allerdings die (auch in der Einführung abgedruckten) Übungsaufgaben und die dazugehörigen (nicht im Büchlein abgedruckten) Lösungsvorschläge. Neben dem hilfreichen Sachindex wäre ein Personenregister nützlich gewesen, um z.B. schnell nachschlagen zu können, was für Überlegungen Lakoff/Johnson (1980) hinsichtlich der Metapher angestellt haben; auch hätte sich für die Einführung die Zusammenstellung eines Glossars mit den wichtigsten Fachtermini angeboten.
Zwar lässt die kurze Einführung – sicherlich bedingt durch die engen Seitenvorgaben der Reihe – einige Wünsche bezüglich der Ausführlichkeit der Darstellung verschiedener Metapherntheorien offen, sie bietet aber einen guten einführenden Überblick über die wichtigsten Wirkungskreise der Metapher und stellt mit ihren vielen illustrierenden Beispielen ein kompaktes, gut lesbares Büchlein dar, das Studierenden vor allem der deutschen Philologie sicher ein guter Wegweiser durch den spannenden Dschungel der
Metaphorik ist.

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Literatur:

Baldauf, Christa (1997): Metapher und Kognition. Grundlagen einer neuen Theorie der Alltagsmetapher, Frankfurt.
Bierwisch, Manfred (1979): „Wörtliche Bedeutung – eine pragmatische Gretchenfrage“, in: Grewendorf, Günther (ed.): Sprechakttheorie und Semantik, Frankfurt, 119–148.
Black, Max (1977): „More about Metaphor”, in: Ortony, Andrew (ed.) (21993):

Metaphor and Thought, Cambridge, 19–41.

Fauconnier, Gilles/Turner, Mark (2002): The Way We Think: Conceptual Blending and the Mind's Hidden Complexities, New York.
Lakoff, George/Johnson, Mark (1980): Metaphors we live by, Chicago. Paul, Hermann (1880): Prinzipien der Sprachgeschichte, Halle.

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