Kulturgrenzen, Hot-Spots und Schlepper Sprachliche Verortungspraktiken von Flucht und Asyl

Abstract

Janine Wegmüller, Bern (wegmueller.janine@gmail.com)
Jeannine Wintzer, Universität Bern (wintzer@giub.unibe.ch)

Am 5. Juni 2016 stimmen Schweizer Stimmberechtigte über die Revision des Asylgesetzes ab, denn die Schweizerische Volkspartei (SVP) hat nach einer ersten Abstimmung im Juni 2013 ein erneutes Referendum initiiert. Folge der politischen Auseinandersetzung ist die mediale Debatte über Flucht und das Recht auf Asyl in Schweizer Printmedien. In diesem Beitrag fragen wir: „Wie wird Flucht und Asyl im Juni 2016 medial verarbeitet und welche gesellschaftlich akzeptierten Sinnsysteme werden dabei reproduziert?“. Im Rahmen der rekonstruktiven Methoden der Sozialforschung analysieren wir mittels Metaphernanalyse sozialräumliche Wissensordnungen und gesellschaftliche Sinnstrukturen von Flucht und Asyl. Es wird deutlich, dass sich Printmedien aktiv an den Bedeutungszuschreibungen von Flucht und Asyl beteiligen, indem sie spezifische Subjektpositionen und Raumkonstrukte (re-)produzieren und in Bezug zueinander setzen, sodass Akteure und Handlungen verräumlicht repräsentiert werden.


On 5 June 2016, following the Swiss People's Party (SVP) initiation of a new referendum after an initial vote in June 2013, Swiss citizens voted on the revision of the Asylum Act. This political debate resulted in a media debate in the Swiss press regarding refugees and the right to asylum. This article examines the following question: “How were the terms “refuge” and “asylum” processed by the media in June 2016 and which socially accepted systems of  meaning were reproduced?”. Using reconstructive methods and the analysis of metaphors, we analysed the structures of meaning linked to the terms “refuge” and “asylum”. It became clear that the press actively ascribed meaning to refuge and asylum by (re-)producing specific subject positions and spatial constructs and putting them in relation to each other, thereby spatially re-presenting actors and actions.

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Seite 109

1. Einleitung
Das Schweizerische Asylgesetz ist eines der restriktivsten in Europa (UNHCR
2005). Seit dessen Einführung 1981 wurde es wiederholt (teil-)revidiert und
ergänzt. Eine erneute und grundlegende Revision wird im Juni 2013 durch die
Volksabstimmung zur Asylgesetzrevision eingeleitet und mit 78,4% Ja-
Stimmen angenommen. Ziele der Revision sind beschleunigte Verfahren im
Asylwesen, die Einführung eines kostenlosen Rechtsschutzes für Asylsuchende
sowie der Bau neuer Bundesasylzentren. Die Eidgenössische Migrationskommission
(EMK), die Delegierten der Sozialdemokratischen Partei der
Schweiz (SP) und der Grünen sowie Amnesty International, die Schweizerische
Flüchtlingshilfe (SFH) und das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen
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Schweiz (HEKS) weisen in diesem Kontext auf die zunehmend verschärfenden
Tendenzen in der Schweizerischen Asylpraxis hin. Diese zeigen sich in der
Abschaffung des Botschaftsasyls, dem Ausschluss von Wehrdienstverweigerung
als Asylgrund und der Unterbringung von renitenten Asylsuchenden.
Am 5. Juni 2016 stimmen die Schweizer Stimmberechtigten erneut über die
Revision des Asylgesetzes ab. Dies, weil die SVP das Referendum ergriffen
und sich gegen die geplante Einführung eines kostenlosen Rechtsschutzes für
Asylsuchende geäußert hat. Das Referendum wird von 66,8% der Stimmberechtigten
abgelehnt. Nach dem Willen der Stimmberechtigten soll in der
Schweiz also ein beschleunigtes, aber auch restriktiveres Asylverfahren im
Sinne der Revision eingerichtet werden. Allerdings soll es nicht nach der
Intention der SVP verschärft werden.
In Medienberichten wird das Referendum zur Revision des Asylgesetzes
thematisiert. Dies steht im Kontext der insgesamt hohen medialen Aufmerksamkeit
von Flucht und Asyl sowie der als Flüchtlinge deklarierten Personen in
Schweizer Medien. So konzentriere sich „die Flüchtlingsproblematik stark auf
das Tessin“, im Sinne eines „Hotspots“ (B3: Blick 8.6.2016). Flüchtlinge werden
durch Schlepper „über Internetseiten gar an nichts ahnende Private
[vermittelt]“ (T7: Tagesanzeiger 20.6.2016) und „in Hohlräumen in Lieferwagen
[versteckt]“ (ibid.). Und: „mit der Flüchtlingswelle kommen viele Muslime
nach Europa“ (B2: Blick 4.6.2016). An diesen Beispielen zeigen sich die
medialen Verortungspraktiken von Flucht und Asyl: Flüchtende werden als
anstürmende Massen und Nationalstaaten als abgeschlossene Raumbehälter in
Bezug zueinander gesetzt. Diese Quantifizierung und Kulturalisierung von
Flüchtenden wird als latente Bedrohung für die Einheimischen und den
Nationalstaat repräsentiert, sodass der Nationalstaat als Kulturraum erscheint
und einheimische Kultur gegenüber anderen Kultureinflüssen verteidigt werden
muss. Auf diese Verräumlichung von Flüchtenden und Migration verweisen
Ansätze der Neuen Migrationstheorie (cf. Tazzioli 2015; Horn 2002;
Castro Varela 2007). Eine Folge dieser Verräumlichungspraktiken ist, dass
problem- und krisenhaft Wahrgenommenes wiederum räumlich zu lösen sei.
Bezugnehmend zu Elisabeth Wehling (2016) vertreten wir die These, dass
Medien Orte sind, an denen gesellschaftliche Relevanzsysteme (re-)produziert
werden. Mittels Sprache wird sozialräumlichen Prozessen und Menschen Bedeutung
zugeschrieben. In Folge dessen entstehen und zirkulieren spezifische
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Vorstellungen über Flucht und Asyl, deren stete Reproduktion einen gesellschaftlich
akzeptierten Deutungsrahmen hervorbringt. Dieser leitet wirkmächtig
an, welcher individuelle und gesellschaftliche Umgang mit Flucht
und Asyl und deren Figuren als normal gilt. Nach Brigitte Hipfl (2004) sind
Medien damit semiotische Räume, da in ihnen soziale Ein- und Ausschlusspraktiken
vorgenommen werden. Da sich Raum- und Identitätskonstruktionen
gegenseitig durchdringen (Lossau 2015), müssen Raumkonstruktionen
auf die darin angelegten Identitätsangebote befragt werden.
In diesem Beitrag untersuchen wir die Schweizerische Medienberichterstattung
zu Flucht und Asyl im Abstimmungsmonat Juni 2016 und beantworten
die Frage: „Wie wird Flucht und Asyl im Juni 2016 medial gedeutet
und welche gesellschaftlich akzeptierten Sinnsysteme werden dabei reproduziert?“.
Mittels einer thematischen Clusterung erstellten wir aus über 300
deutschsprachigen Artikeln zum Thema Flucht im Monat Juni 2016 ein
geschlossenes Sample von 30 Artikeln. Das Sample ist thematisch breit
aufgestellt und zugleich erlaubt die Reduktion auf wenige Artikel eine vertiefende
Auseinandersetzung mit dem Text. Die Artikel finden sich in vier auflagestarken
und überregionalen Zeitungen (Blick/Sonntagsblick, Neue Zürcher
Zeitung, Tagesanzeiger, Weltwoche).
Ziel dieser Analyse ist es, den durch sprachliche Verortungspraktiken hergestellten
sozialräumlich in- und exkludierenden Deutungsrahmen zu erarbeiten,
da mit diesem Praktiken von Flucht normalisiert werden. Dabei wird
deutlich, dass die von Journalisten und Journalistinnen gewählten Versprachlichungen
die Deutungsmöglichkeiten des Phänomens Flucht nicht ausschöpfen.
Ein besonderes Erkenntnisinteresse legen wir auf die sprachliche
Verknüpfung von Raum und Sozialem. Aus einer sozialgeographischen
Perspektive wird gezeigt, wie Raum im Schreiben über Flucht als Metapher
eingesetzt wird, um darüber für entsprechende Handlungsempfehlungen zu
argumentieren. Dafür folgt (2) eine theoretische Einführung in die versprachlichten
Geographien der Migration (Ratfisch 2015; Husseini 2011; Wellgraf
2008; Hipfl 2004). Sie verweisen auf die sprachliche Verknüpfung zwischen
räumlichen (hier/dort) und sozialen (wir/sie) Differenzierungen, die wirkmächtige
Wissensstrukturen für die Herstellung gesellschaftlicher Ordnung
bereitstellt (Glasze/Pütz 2007: 2). Daran (3) schließt sich die Präsentation der
rekonstruktiven Methoden der Sozialforschung an (Kruse 22015; Bohnsack
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82010; Przyborski/Wohlrab-Sahr 2014). Sie gehen davon aus, dass Sprache auf
intersubjektiv geteilte Regeln und Relevanzen verweist und bieten damit einen
methodischen Zugang zu gesellschaftlich akzeptierten Deutungsrahmen. Für
dieses Paper kommt den sprachlich verwendeten Metaphern besondere
Aufmerksamkeit zu, da sie kollektive Sinnstrukturen zum Ausdruck bringen,
die auf jeweils gültige gesellschaftliche Ordnungen verweisen (Kruse et al.
2011; Wehling 2016). Abschließend (4) erfolgt die Präsentation der Ergebnisse
durch zahlreiche empirische Beispiele in Form von Zitaten und Paraphrasen
aus ausgewählten Schweizer Zeitungsartikeln.
2. Versprachlichte Geographien der Migration: Stand der Forschung
2.1 Sprachlich konstruierte Wirklichkeit
Wir verstehen Sprache als Mittel, Bewusstsein zu strukturieren, weltliche
Phänomene nach einem sozialen Sinn zu gestalten und auf dieser Grundlage
in der Welt zu handeln (Keller 2013: 31). Die dadurch reproduzierte gesellschaftliche
Ordnung ist zugleich Resultat und Voraussetzung menschlicher
(Sprech-)Handlungen. Berger/Luckmann (262016 [1969]) betonen in Die
gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit, dass Menschen aufgrund subjektiver
Weltwahrnehmung in einer Vielfalt von Wirklichkeiten leben. Ihre
Argumentation basiert unter anderem auf der Phänomenologie von Alfred
Schütz (1932), der den Aufbau der sozialen Welt als Produkt von Sinnzuschreibungen
konzipiert. Aufgrund alltäglicher Erfahrungen entwickeln
Menschen Interpretationen der Welt, die durch Wiederholung und Sinnhaftigkeit
für andere einen gesellschaftlichen Wissensvorrat bilden. Diese
Sinnstruktur einer Gesellschaft findet ihren Ausdruck im alltäglichen Sprechen
und Handeln und wird durch stete Wiederholungen stabilisiert.
Durch Sprache und Schrift (Berger/Luckmann 262016: 39) wird die Begreifbarkeit
von subjektivem Sinn ermöglicht. Die Herstellung der Sinnstruktur
einer Gesellschaft läuft interaktiv und sozial ab. Subjektive Erfahrungen und
Deutungen werden durch Sprache objektiviert und – um bei unserem
empirischen Beispiel zu bleiben – mittels Medien in den Bereich des Öffentlichen
überführt. Der kollektiv gebildete öffentlich zugängliche Wissensbestand
wird von Individuen wiederum internalisiert und selbst angewendet.
Berger/Luckmann betonen hier den Aspekt der Sozialisierung von Neuankömmlingen
in existierende Sprachgemeinschaften. Menschen werden in eine
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Gesellschaft hineingeboren, die Deutungen, Sinnzuschreibungen, Typisierungen
und Regeln der Versprachlichung für sie bereithält. Diese Regeln spiegeln
einen Teil des gesellschaftlich akzeptierten Wissensvorrates, der zur Deutung
von sozialen Phänomenen bereitsteht. Nach Berger/Luckmann ist Sprache
deshalb das wichtigste Mittel zur Konstruktion gesellschaftlicher Wirklichkeit.
Sprache ist sowohl das Hauptmedium der gesellschaftlichen
Konstruktion der Wirklichkeit, als auch das Hauptmedium der
Vermittlung gesellschaftlich konstruierter Wirklichkeit (Luckmann
1980: 117, zit. in: Keller 2013: 37; Herv. i. O.).
Während Berger/Luckmann bei der sozialen Konstruktion von Wirklichkeit
durch Sprache vordergründig an Vis-à-vis-Situationen und die Anwesenheit
der sinngebenden Subjekte dachten, verweisen Studien informiert durch den
Sozialkonstruktivismus seit spätestens der 1980er-Jahre auf die wachsende
Bedeutung der Massenmedien als zentrale Instanzen der (Re-)Produktion
gesellschaftlicher Sinnstrukturen und Wissensvorräte (cf. Luhmann 1996;
Bischoff 2016). In diesem Sinne sind Journalisten und Journalistinnen Akteure
bei der Produktion sozialer Sinnstrukturen. Sie beteiligen sich an der Verhandlung
von gültigem Wissen, indem beispielsweise Fluchtwirklichkeiten in
Medientexten unter spezifischen Vorzeichen vergegenwärtigt werden. Bendel-
Larcher (2015: 75-76) bezeichnet dies als Storytelling.
Aus sozialkonstruktivistischer Sicht gibt es keine mediale Berichterstattung,
die objektiv Wirklichkeit abbilden könnte (Scholl 2015: 435). Journalisten und
Journalistinnen deuten und versprachlichen soziale Phänomene durch
individuelle und kollektive Brillen und stellen das darauf konstruierte Wissen
über die Welt im Zuge des Storytelling für andere Menschen in einen sinnhaften
Zusammenhang. Da sie in Deutungsgemeinschaften hineinsozialisiert
sind, wird vor allem kollektiver Sinn reproduziert. Das hat methodische Konsequenzen,
da in einer Analyse von Zeitungstexten nicht primär Einzelerfahrung,
sondern sozial geteilter Sinn rekonstruiert wird.
Darüber hinaus geben Journalistinnen und Journalisten als Produzenten und
Produzentinnen von massenmedialen Texten vor, welches Wissen – in unserem
Zusammenhang – zu Flucht gültig ist und wie der gesellschaftliche
Umgang mit Flucht erfolgen könnte. Damit fungiert das vermittelte Wissen
auch als Anleitung zu einem gesellschaftlichen Umgang miteinander. Nach
Pfetsch/Adam (2008) können Massenmedien als politische Akteure vermetaphorik.
de 29/2019
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standen werden, da sich die Wissensvorräte, die sie reproduzieren, an gesellschaftlichen
Machtlinien, Interessen und Hierarchien orientieren. Die Analyse
von Sprache bietet damit auch einen Zugang zu den gesellschaftlichen
Machtpositionen, die Sprechen und Denken über soziale Phänomene grundlegend
gestaltet.
2.2 Sprachorientierte Ansätze in der Migrationsforschung
Studien zur sprachlichen Bedeutungszuschreibung in medialen Migrations-,
Flucht- und Asyldiskursen zeigen eine Tendenz zu Konfliktzentrierung,
Problematisierung und Stereotypisierung (cf. Bischoff 2016; Yildiz 2011;
Wellgraf 2008; Spindler 2011; Beck-Gernsheim 2004). Allerdings weist Bischoff
(2016: 28) darauf hin, dass Medien auch zur Normalisierung und Veralltäglichung
des Wissens über Migration beitragen. Der Vorwurf der Problematisierung
berücksichtigt nicht, dass „Problematisierung und Skandalisierung [...]
Grundkonstanten der Medienrealität“ (ibid.: 29) sind. In problemzentrierten
Berichterstattungen werden Migranten und Migrantinnen als anders markierte
Figuren zu kulturalisierten, ethnisierten und rassialisierten Subjekten differenziert.
Dies betrifft nicht nur populistische Medienberichte und Abgrenzungsdiskurse.
Auch als liberal eingestufte Medien engagieren sich an der
Ausbildung von Bedrohungsdiskursen in Bezug auf Migration (Castro Varela
2007: 46). So werden nichteuropäische Migranten und Migrantinnen sowohl in
Abwehrdiskursen, als auch in humanitären und Integrationsdiskursen als
fremd, falsch sozialisiert und integrationsresistent beschrieben (Yildiz 2011).
Mit Medien als Vierte Gewalt machen Jäger/Link (1993) darauf aufmerksam,
dass solche Zuschreibungen das alltägliche Wissen um Migration tief durchdringen.
In steter Wiederholung normalisiert, entfalten sie eine gesellschaftliche
Macht, die rassistische Haltungen erzeugt und verfestigt. Auf den neuen
gesellschaftsfähigen Rassismus in den Medien weisen auch Yildiz (2011),
Terkessidis (2004) und Marschik (2000) hin. Damit tragen Medien eine Verantwortung
an politischen Einstellungen gegenüber Flüchtenden. In der
(Re-)Produktion von Ordnungen werden Subjekte und Räume als politisch
adressierbare Kategorien definiert. Gleichzeitig halten politische Akteure
Konzepte bereit, welche medial aufgegriffen werden. Beispielsweise bringt die
Europäische Politik legale Subjekte der Migration hervor, die anders adressiert
werden als zum Beispiel „Geschäftsleute, Touristen, Studenten, WissenWegmüller/
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schaftler und Arbeitnehmer“ (Europäischer Rat 2010: 5, zit. in: Ratfisch
2015: 8). Umgekehrt werden verschiedene Flüchtlingsstati mit jeweils spezifischen
Aufenthaltsrechten wirksam. Das heißt, Illegale Migranten und
Migrantinnen inkorporieren die Illegalität nicht. Ganz im Gegenteil werden
Akteure durch kollektive Zuschreibungspraktiken zu Flüchtlingen und
ungesetzmäßig Handelnden.
Im Flucht- und Asyldiskurs werden diese (Zu-)Ordnungen von Akteuren in
eine machtvolle politische Praxis transformiert, die Ein- und Ausschlüsse
(re-)produziert und Verortungen vornimmt. Dabei können sich die Zuschreibungen
laufend verändern. Horn (2002: 36) beschreibt den Wandel der
Institution Asyl von Schutzgewährung hin zu biopolitischen Kontroll- und
Einschließungsmaßnahmen. Die Zusammenhänge von restriktiver Asylpraxis
und stigmatisierenden gesellschaftlichen Deutungen zu Flüchtenden und
Asylsuchenden in der Schweiz werden von Kury (2003), Riaño/Wastl-Walter
(2006a; 2006b) sowie Skenderovic/D’Amato (2008) aufgearbeitet. Gemeinsam
ist ihren Arbeiten die Analyse von gesellschaftlichen Überfremdungsdiskursen
und einer damit einhergehenden Abschottungspolitik. Sie zeigen auf,
wie im politischen, gesellschaftlichen und medialen Diskurs Differenzierungen
wie Überfremdung (Kury 2003), Illegale (Skenderovic/D’Amato
2008: 187–188), Asylmissbraucher (idem: 196) und Kriminelle (Riaño/Wastl-
Walter 2006a: 12) entworfen werden, um nationalstaatliche Abgrenzungspraktiken
legitimieren zu können.
Diese Deutungsmuster der kulturellen Bedrohung und Belastung durch
Flüchtende und Asylsuchende werden gegenwärtig reaktiviert und auf neue
Kontexte und Figuren übertragen. Nach einer relativ liberalen Asylpolitik
gegenüber Kommunismusflüchtenden in den 1960er- bis 1980er-Jahren zeichnet
sich nach Riaño/Wastl-Walter (2006b: 4–5) die aktuelle politische Periode
durch Kriminalisierung von Asylsuchenden und Verschärfung der Asylpolitik
aus. Die Autorinnen erklären dies damit, dass im Gegensatz zu Einwanderungsländern
wie Kanada oder der USA, die Gastarbeiter in der Schweiz
nur als temporäre Immigranten akzeptiert waren. Es gab zu keiner Zeit
Bemühungen, diese zu gleichberechtigten Gesellschaftsmitgliedern zu machen.
Die Folge ist eine breit akzeptierte gesellschaftliche Trennung zwischen
Einheimischen und Ausländern und Ausländerinnen (Wimmer 2002). Die einmal
akzeptierte Sinnstruktur zirkuliert zwischen Politik, Wissenschaft und
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Gesellschaft hin- und her, was Van Hear (2011) anhand der Konzepte Diaspora
und Mixed Migration Inter-Media-Agenda-Setting-Effekt nennt. So hat der
UNHCR Mixed Migration politisch institutionalisiert, nachdem wissenschaftlich
festgestellt wurde, dass Migration aus gemischten Motiven stattfindet.
3. Verortungspraktiken analysieren: Methodisches Vorgehen
Für die Analyse wurde mittels Themenclusterung aus über 300 deutschsprachigen
Zeitungsartikeln der schweizerischen Printpresse eine Auswahl
von 30 Artikeln vom Abstimmungsmonat Juni 2016 erstellt. Die Artikel
stammen aus vier auflagestarken und überregionalen Zeitungen: Neue Zürcher
Zeitung (8), Tagesanzeiger (8), Blick/Sonntagsblick (8) und Weltwoche (6). Nach
Bischoff (2016: 83) handelt es sich bei diesen Medien um Leitmedien, da sie
eine „Position in der Meinungsführung [...] gegenüber anderen Regional- und
Lokalmedien ein[nehmen]“. In der Themenclusterung werden alle Texte einer
Inhaltsanalyse unterzogen und relevante Akteure, Orte und Themen sowie
Quellen und Erscheinungsdaten wurden in der Mindmappingsoftware freeplane
festgehalten. Dies erlaubt auch eine Visualisierung der Vielfalt und
Verteilung der Artikel nach Themen – beispielsweise nationale Grenzen, EUPolitik,
Sicherheit, Integration, Entwicklungshilfe.
Um das thematische Spektrum zu erhalten, werden aus jedem Themenkomplex
Artikel unterschiedlicher Zeitungen sowie unterschiedlicher Autoren
und Autorinnen in das reduzierte Sample aufgenommen. Nicht nur die
sachlichen Inhalte sind für diese Auswahl entscheidend, sondern auch unser
erster interpretativer Eindruck zum journalistischen Umgang mit dem Thema.
Dabei werden auch auf den ersten Blick als widersprüchlich wahrgenommene
Artikel aufgenommen – zum Beispiel migrationskritisch verfasste Artikel für
den als liberal eingestuften Tagesanzeiger. Das geschlossene Sample wird im
Programm f4-Analyse einer vertiefenden Themenanalyse unterzogen, wobei
auf die W-Fragen der Grounded Theory (Wer, Wann, Was, Wie, Warum, Wozu,
Womit; zusätzlich Wo) zurückgegriffen wird (cf. Strübing 2004; Kruse 22015).
Diese bieten einen ersten Zugang zu den sozialräumlichen Ordnungsmustern
von Flucht und Asyl.
Der sozialkonstruktivistischen Argumentation von Berger und Luckmann
(262016 [1969]) folgend, können Sinnstrukturen über Sprachanalysen rekonWegmüller/
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struiert werden. Die zentrale Frage lautet: Wie wird sozialer Sinn sprachlich
hergestellt? In dieser Herangehensweise wird nicht Flucht per se problematisiert,
sondern die machtvollen gesellschaftlichen Zuschreibungen zu Flucht.
In diesem Vorgehen wird von der Mikrostruktur der Texte auf die Makrostruktur
der sozialen Sinn- oder Relevanzsysteme hingearbeitet. Dabei ist zu
bedenken, dass auch Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sozialisierte
Subjekte sind und sich in einer machtvollen Position befinden, Bedeutung
spezifisch zu (re-)produzieren. Als sozialgeographisch informierte Wissenschaftlerinnen
sind wir insbesondere auf raumbezogenes Vokabular in den
Texten sensibilisiert. Dieser thematische Fokus beeinflusst unsere Resultate
maßgeblich. Zudem verengen wir die Analyse für dieses Paper sukzessive hin
zu einer rekonstruktiven Metaphernanalyse (Kruse et al. 2011), die nur „ein
Schlüssel“ (Kruse 22015: 371, Herv. i. O.) am „Schlüsselbund“ (ibid., Herv. i. O.)
rekonstruktiver Verfahren darstellt.
In rekonstruktiven Verfahren wird der zu untersuchende Text als „autonome
Gestalt“ (Lucius-Hoehne/Deppermann 2002, zit. in Kruse et al. 2011: 9) verstanden.
Dieser gibt die thematische Fokussierung und methodische Bearbeitung
durch die in ihm kommunizierten Sprachpraktiken vor. Kruse et al.
(2011) beschreiben diese Herangehensweise mit dem Prinzip der Offenheit als
epistemologische Haltung gegenüber dem Gegenstand. Im Zuge dessen wird
auf essenzialisierende Kategorien wie Nation und Ethnie verzichtet, da diese
einen methodologischen Nationalismus (Glick-Schiller/Wimmer 2002) oder
methodologischen Kulturalismus (Hess 2013) zur Folge haben können.
Im Zuge eines verfremdenden und verlangsamten Lesens (Bohnsack 82010: 19)
wird Vorwissen zurückgestellt und Begriffe werden bedeutungsoffen, im
Sinne der Polysemie von Zeichen, interpretiert. Dafür schlägt Kruse (22015)
Analyseheuristiken vor, wie zum Beispiel räumliche Heuristiken (hier/dort,
innen/außen, Nord/Süd, Ausbreitung, Orte, Wege, usw.). Diese beobachtungsleitenden
Unterscheidungen des Räumlichen sind Kategorisierungen
einer Gesellschaft, um soziale Kontrolle über Raum und räumliche Kontrolle
über Soziales zu erlangen. Nach Redepenning (2006) dienen diese Raumabstraktionen
der Sinnfixierung, da sie Bestandteile der Strukturierung von
alltagsweltlicher Erfahrung sind. Raumbezogene Semantiken wirken selektiv,
da sie soziale Vorgänge unter bestimmten Aspekten bedeutsam machen.
Gleichzeitig sorgen sie für Orientierung bei der Deutung komplexer sozialer
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Phänomene (Miggelbrink/Redepenning 2004; Pott 2007). Raum funktioniert in
dieser Hinsicht als Metapher. Soziales erscheint als räumlich und materiell
„Fixierbares, Verankertes, Bedingtes“ (Hard 1999: 156, zit. in: Redepenning/
Wilhelm 2014: 322). Diese Fixierung trägt zu Erwartungssicherheit bei, weil sie
vorgibt, „was wo seinen ‚richtigen‘ Ort hat bzw. haben soll“ (ibid.). Durch die
Verknüpfung von räumlichen Differenzsemantiken (hier/dort) mit sozialen
Differenzsemantiken (wir/sie) werden letztere naturalisiert und objektiviert.
Raumsemantiken tragen so zur Verdinglichung des Sozialen bei (Glasze
2012: 157).
Die Bedeutung raumbezogener Semantiken liegt in der Bereitstellung
einer coping-Strategie für die durch Unsicherheit hervorgerufene
Krisenanfälligkeit einer Gesellschaft, indem sie raumbezogene
Übersichtlichkeit als Semantik (...) der sozialstrukturell
erfahrbaren Unsicherheit und erschwerten Orientierung gegenüber
stellt und letztere absorbieren hilft (Redepenning 2006: 133–134).
Die in medialen Berichten reproduzierten Ordnungen des Sozialen werden
durch Wiederholungen stabilisiert, was auf konsistente gesellschaftliche Sinnfiguren
und auf ein geteiltes kollektives Erfahrungswissen einer Gesellschaft
hinweist. Daher werden nur wiederkehrende Versprachlichungsregeln einer
Analyse unterzogen. Das Ziel einer rekonstruktiven Analyse ist es, einige
wenige Regeln zu benennen, welche die sprachliche Strukturierung eines
Phänomens nachvollziehbar machen. Konkret bedeutet dies zu fragen, wie
WAS gesagt wird (Motive) und was WIE gesagt wird (Thematisierungsregeln)
(Kruse 22015). Allerdings reicht der Verbleib auf der mikrosprachlichen Ebene,
die vorwiegend deskriptiv analysiert wird, nicht aus. Es bedarf weiterer
Analyseformen, die sich interpretativ vom Text entfernen und auf übergeordnete
Zusammenhänge abzielen (Wintzer 2014: 100).
Mittels einer rekonstruktiven Metaphernanalyse (Kruse et al. 2011) untersuchen
wir metaphorische Konzepte, die sich als wichtige Thematisierungsregeln
im medialen Fluchtdiskurs zeigen. Konzeptuelle Metaphern (Wehling
2016) sind wirkmächtige Versprachlichungen von kollektiven Wissensvorräten.
Sie verweisen auf gedankliche Sinnordnungen und verleihen insbesondere
abstrakten Sachverhalten, wie Einwanderung, Identität oder Grenze
bildhafte Bedeutungen. So weist Wellgraf (2008) am Beispiel der printmedialen
Berichterstattung im April 2006 zur Rütli-Schule in Neu-Kölln in
Artikeln des Spiegels und der Süddeutschen Zeitung darauf hin, dass durch eine
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metaphernreiche Sprache wie „im Sog der Gewalt“, „Brennpunkt“,
„Terrorschule“ kollektive Imaginationen aktiviert werden, die zu einer Wahrnehmung
von Migration als Bedrohung führen. Im August 2018 erfolgt zu
„bedrohenden“ und „giftigen“ Metaphern eine Debatte im Guardian.
Shariatmadari (2018) verweist hier auf die vielfach verwendeten Metaphern
„Schwärme“, „Überschwemmungen“ und „Plünderer“ in englischen Medien
und wie diese die öffentliche Debatte um Migration und Flucht „vergiften“.
Wehling (2016) untersucht mittels der kognitionswissenschaftlichen Framekonzeption,
wie konzeptuelle Metaphern im Flucht- und Asyldiskurs in
Deutschland eingesetzt werden. Sie betont die politische Relevanz metaphorischer
Konzepte im alltäglichen Sprachgebrauch, denn Metaphern entfalten
eine Eigenmacht. Ihre kognitive Verarbeitung findet weitestgehend unbewusst
statt, jedoch lösen sie ein Netz an sinnlichen Assoziationen und Reizimpulsen
aus, die in hohem Masse handlungswirksam sind. Individuelle und kollektive
Erfahrungs- und Wissensvorräte zum Begriff Welle können beispielsweise
sein: Wasser, Plötzlichkeit, blau, grau, Rauschen, Salzwasser, Kälte, Strand,
Ferien, rauer Seegang, Natur. Wenn von Flüchtlingswelle die Rede ist, dann
werden entsprechende bildspendende Aspekte auf den abstrakten Bereich
Flucht übertragen. Flüchtende werden als rollende, sich bewegende und
plötzlich entstehende Naturgewalt und die eigene Gesellschaft als örtlich
statisch, bedroht und hilflos imaginiert. Diese Metapher hat eine „deontische
Funktion“ (Bendel-Larcher 2015: 68), denn sie kann entsprechende politische
Reaktionen einer schnell reaktionsfähigen physischen Grenzsicherung mit
fokussierter Beobachtung auf das Mittelmeer (z.B. durch Sicherung der Südgrenze)
hervorrufen. Zudem wird eine Deutung angeboten, für wen in diesem
Diskurs Empathie empfunden werden soll, wenn die Einheimischen als Opfer,
die Flüchtlinge hingegen als gefühllose Wassermasse dargestellt werden.
Einzelne Metaphern können zu ganzen Bildwelten ausgebaut werden. Dies ist
zum Beispiel der Fall, wenn Flüchtende als Welle (Wehling 2016: 173-176), ein
Nationalstaat als Boot in Seenot (idem: 167-171) und die EU als Riesenkrake (W3:
Weltwoche 16.6.2016) konzipiert werden. „Solche Bildwelten legen häufig bestimmte
Handlungsmaximen nahe“ (Bendel-Larcher 2015: 90). Die Metapher
von Flucht als Seekrieg kann als Rechtfertigung für politische Entscheidungen
herangezogen werden, die auf Grundlage dieser bildlichen Sprachwirklichkeit
operieren. Das Beispiel verdeutlicht, wie bedeutungsoffen Begriffe sind.
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Zugleich ist diese Bedeutungsoffenheit auch eingeschränkt, denn Bedeutung
entsteht in Relation zu anderen Begriffen und in der interpretativen Lesetätigkeit.
Findet eine Metapher laufend Verwendung, können sie und die auf
ihr basierenden Konzepte von Flucht „nicht [mehr] anders gedacht werden“
(Wintzer 2014: 107).
Beim Lesen eines Textes kommt es dabei darauf an, welche Rahmungen von
Phänomenen zuerst angeboten werden, da diese allgemein das Denken und
das Sprechen dominieren (Thibodeau/Boroditsky 2011, zit. in: Wehling
2016: 47). Deshalb wird in einer rekonstruktiven Analyse der Text sequenziell
und linear interpretiert. Auch Kruse (22015: 564) verweist auf die Wichtigkeit
der Eingangspassage eines Textes, da sie eine „verdichtete Kernaussage“ darstellt.
In einem ersten Schritt wird ein Metapherninventar angelegt. Die gesammelten
Metaphern werden kategorisiert und zu Konzepten verdichtet –
zum Beispiel „steigende Asylzahlen“ (T5: Tagesanzeiger 6.6.2016) und „überfüllte
Unterkünfte“ (W1: Weltwoche 9.6.2016) zu HOCHWASSER und dies zusammen
mit „Flüchtlingswelle“ (B2: Blick 4.6.2016) beziehungsweise „Migrationswelle“
(W3: Weltwoche 16.6.2016) und „Hotspot“ (B3: Blick 8.6.2016) zu NATURGEFAHR.
Abschließend werden die Metaphern auf ihre Raumbezogenheit hin interpretiert.
Im folgenden Abschnitt zeigen wir, wie sich Raumkonzepte und
Metaphern gegenseitig informieren und welche gesellschaftlichen Ein- und
Ausschlusslogiken, also Verortungen, dadurch (re-)produziert werden. Metaphorische
Sprache entwirft bezogen auf unsere eigene Körperlichkeit und
sinnliche Erfahrung ein räumliches Koordinatensystem (oben/unten, innen/
außen, reisen usw.) wodurch weitere Phänomene sinnhaft werden. Zugleich
bieten metaphorische Konzepte durch ihren selektiven Charakter eine bestimmte
Deutung sozialer Räume an, und unterstützen beziehungsweise
unterdrücken dadurch die (Re)Produktion gesellschaftlicher Zugehörigkeitslogiken.
4. Sprachliche Verortungspraktiken von Flucht und Asyl: Ergebnisse
Ein erster Blick auf das Datenmaterial zeigt, dass raumbezogene Semantiken
im medialen Sprachgebrauch eine hohe Dichte aufweisen. Die rekonstruktiven
Methoden und die Metaphernanalyse zeigen erstens, dass Flüchtende und
andere Figuren der Migration über Raumsemantiken als (nicht-)dazugehörige,
ein- oder ausgegrenzte, eigene oder fremde Subjekte fixiert werden. Zweitens
Wegmüller/Wintzer: Sprachliche Verortungspraktiken von Flucht und Asyl
121
(re-)produzieren die Raumsemantiken Flucht und Asyl als sozialräumliche
Wirklichkeit mit ganz bestimmten Bedeutungen. Flüchtende werden als
Gruppe von dort konstruiert, die anders ist als wir hier. Somit entsteht die
Bedeutung von nicht-hierher-gehörend. Gleichzeitig wird dadurch drittens eine
davon unterscheidbare Gruppe, wir hier, mitproduziert, die aufgrund scheinbar
einheitlicher Merkmale rechtmäßig im Hier verweilen darf. Viertens bieten
die räumlich argumentierten Subjektivierungen Identitätskategorien von Wir
und Andere an, die sich als Selbst- sowie Fremdzuschreibung realisieren
können und als Denk- und Handlungskategorien das gesellschaftliche Zusammenleben
beeinflussen.
4.1 Kontexte von Flucht und Asyl: NATIONALSTAATEN ALS
CONTAINERRAUM
Das Konzept NATIONALSTAAT dient als Grundlage der Flucht- und Asyldebatte
und der sprachlich medialen Verortungspraktiken. Die Vorstellung eines
abgeschlossenen Territoriums, das durch eine Gruppe bewohnt wird, die sich
als hinreichend homogenes Volk versteht, diente im Kontexte der Nationalstaatenentstehungen
des 17. und 18. Jahrhunderts der Kommunikation und
Durchsetzung von Selbstbestimmungsrechten und besitzt bis heute in politischen
Kontexten argumentative Legitimation (Böke 1997; Mio 1997; Cisneros
2008; Musolff 2017). Die in der Sozialgeographie als CONTAINERRAUM bezeichnete
Vorstellung einer Einheit von Raum und Volk nach innen und der
damit eindeutigen Abgrenzung nach außen kollektiviert Menschen in homogene
Gruppen und legitimiert neben der politischen Argumentation gesellschaftliche
Hierarchisierungsprozesse (Santa Ana 1999; Arcimaviciene/
Baglama 2018).
Der CONTAINERRAUM wird in medialen Repräsentationen von Flucht und Asyl
aktiviert und als Ort mit begrenztem Fassungsvermögen und damit einhergehend,
mit begrenzten Ressourcen vorgestellt (Charteris-Black 2006; Musolff
2015, 2016; Castañoa et al. 2017). Dies wird sprachlich durch raumbezogene
Semantiken angezeigt, z.B.:
(1) einwandern (W2),
(2) ausreisen (T4),
metaphorik.de 29/2019
122
(3) durchreisen (W4),
(4) feststecken (T1),
(5) aufnehmen (N3),
(6) intern (N6),
(7) integrieren (B5),
(8) ausserhalb (N6),
(9) Zugang (W4),
(10) Aufnahme (B5),
(11) Schliessung (T1),
(12) Ausschaffung (B6),
(13) dichtmachen (W5).
Auch verweisen Gebäude- und Schiffsmetaphern auf die nationalstaatlichen
Verortungspraktiken:
(14) nach/zu Hause (B2),
(15) Rechtsstaat aufbauen (B2),
(16) Wiederaufbau ihres Landes (B2),
(17) Europa soll abgewrackt werden (B8),
(18) Europas Tore (N4),
(19) die Fundamente Europas (N4),
(20) gerechte Verteilung der Lasten (N6).
Ein Denken, dass Zuwandernde Ressourcen nicht aufbrauchen, sondern
ausbauen (cf. Wehling 2016: 173) ist nicht mehr möglich. Zuwanderung erzeugt
als zunehmend raumfüllendes Phänomen drohende räumliche Enge, was
negativ konnotiert wird. Diese Logik des im Staatsraum wird es eng bildet die
argumentative Grundlage gesellschaftlicher Exklusionspraktiken, die sich in
den Handlungsoptionen von Flüchtenden wie Zugang zu Wohnung, Arbeit
und Sozialsystem widerspiegeln.
Wegmüller/Wintzer: Sprachliche Verortungspraktiken von Flucht und Asyl
123
4.2 Sicherung des Nationalstaates I: Containerraum abdichten
Neben Schiffs- und Gebäudemetaphern werden Naturphänomene sprachlich
auf das Phänomen Flucht und Asyl übertragen. Die folgenden Beispiele
(21) Steigende und sinkende (T5),
(22) zu- und abnehmende (N5)
Flüchtlingszahlen,
(23) Höchststand (B3, N6),
(24) Rekord (B3, N5)
und
(25) überfüllte Unterkünfte (W1)
sind Wassermetaphern im semantischen Kontext von Welle und Hochwasser.
Flüchtende lassen sich damit als Naturgewalt denken, denen die betroffenen
Einheimischen hilflos ausgeliefert sind. Hinzu vergegenwärtigen Begriffe wie
(26) Flüchtlings- oder Migrationsstrom (T4, N6, W4)
eine latente Gefahr, die große Schäden anrichten kann. Die sozialen
Phänomene werden durch die angenommene Fließrichtung von Süden nach
Norden zusätzlich naturalisiert. Bilder von Überschwemmungsereignissen
werden aktiviert und ermöglichen die sinnhafte Strukturierung von FLÜCHTLINGS-
UND MIGRATIONSSTROM ALS UNKONTROLLIERBARES NATURPHÄNOMEN.
Strom bietet dabei keinen Raum für Individualität, sodass Empathie für
Flüchtende umgelenkt wird auf einheimische Opfer. Soziale Ursachen von
Flucht werden ausgeblendet und stehen nicht für eine gesellschaftliche Debatte
zur Verfügung. Flucht als Naturphänomen bleibt somit immer ein außerordentliches,
abnormales und sporadisch auftretendes Phänomen mit Extremcharakter.
Die mögliche Veralltäglichung und Normalisierung von Flucht und
Flüchtenden wird in einer Gesellschaft aufgrund weiterhin bestehender
wirtschaftlicher, politischer und sozialer Hierarchisierungen verdrängt.
Eine Folge dessen ist die Wahrnehmung des Containerraums als undicht
beziehungsweise als Ort, dessen als physische Entität imaginierten Grenzen
nicht stark genug sind. Die medial vorgeschlagenen Strategien im Umgang
mit FLUCHT ALS WASSERMASSE sind
(27) den Strom stoppen (N6, T4),
(28) die Grenzen dichtmachen (N4, W4, W5),
metaphorik.de 29/2019
124
(29) Schliessung der Grenzen (W4),
(30) Sicherung der südlichen Landesgrenze (N2),
(31) Grenzwachkorps im Süden [...] verstärken (N5),
(32) Ausbildung der Küstenwache (N2),
(33) den Zustrom eindämmen (W1),
(34) den Zufluss regulieren (W3).
Die Beispiele verweisen auf die Vorstellung, dass Gefahren in Folge von
Flucht und Asyl je nach Höhe des Wasserstandes abzuschätzen sind und dem
Phänomen mit einem Monitoring und einem modernen Katastrophenmanagement
präventiv begegnet werden könnte:
(35) Aufgrund der Wetterverbesserung habe man die Zunahme
erwartet und entsprechende Planungen vorgenommen (B3).
Für den Ernstfall werden
(36) Notfallszenarien gezeichnet (T3),
es gibt einen
(37) Asylnotfallplan (W4)
und ein
(38) Notfallkonzept (ibid.),
die europäischen Staaten sollen
(39) frei entscheiden, wie viele [...] sie aufnehmen wollen (N3),
die Massen sollen
(40) gerecht verteilt werden (W1, W3, B5).
Dadurch können, je nach Fassungsvermögen und Belastungsgrenzen der
Staaten,
(41) die Zuflüsse (W3)
reguliert werden.
Wegmüller/Wintzer: Sprachliche Verortungspraktiken von Flucht und Asyl
125
4.3 Sicherung des Nationalstaates II: Selbstbestimmung sichern
(42) Flüchtlingskrise (N3, N7),
(43) Flüchtlingsproblematik (B3),
(44) Krisenstimmung (B1),
(45) katastrophale Lage (B2),
(46) Kulturkampf (W3),
(47) ein hohes Risiko von Chaos in Europa und der arabischen Welt
(B2)
und
(48) Not (B2, B5, N7)
zeigen, dass Flucht medial als Krisenzustand gedeutet wird. Flüchtende
werden im Zuge dessen als Ursache von Gefahr, Krisen- und Konflikthaftigkeit
konstruiert. Gleichzeitig wird die Utopie von Europa als Ort des
Friedens und der Ordnung produziert, in dem die erschütterte europäische
Bevölkerung angesichts der auf sie zukommenden Krise in
(49) Angst und Schreck erstarrt (N4).
Flüchtende als Kriegspartei zu deuten, ist neben der Naturkatastrophenmetaphorik
eine weitere raumbezogene Praxis, Flucht und Asyl als Bedrohung
zu deuten. Flüchtlingslager in Griechenland werden als Orte beschrieben,
(50) wo sich Zelt an Zelt reiht (W1),
die überfüllten Lager befinden sich
(51) rund um die [...] Hauptstadt (ibid.),
die
(52) grösser werdenden Camps (T1)
treten als Wartezonen von
(53) verharrenden (ibid.)
Flüchtenden in Erscheinung.
Die Metapher Wartezone geht über das Konzept von FLUCHT ALS REISE hinaus,
da auch ein Bild von Flüchtenden in Lauerstellung konstruiert wird. In dieser
Deutung bleiben Flüchtende auf dem Weg nach Europa stecken und
metaphorik.de 29/2019
126
(54) campieren in der Hoffnung, es irgendwann doch noch zu
schaffen (T1).
Dabei
(55) setzen sie zu Hunderttausenden von Libyen mit Booten nach
Italien über (W4)
und
(56) ziehen danach in Richtung Norden weiter (ibid.),
(57) von Italien her in die Schweiz kommen[d] (W4)
beziehungsweise
(58) streben[d] (W1).
Die taktische Konnotation der Sprache hinterlässt Vorstellungen von
Belagerungsstrategien der Flüchtenden, die expansiv, zielorientiert und
potentiell verheerend ist.
Tritt die Kriegsmetapher im Zusammenhang mit der Metapher von
NATIONALSTAAT ALS GEBÄUDE auf, wird Flüchtlingen ein Zerstörungspotential
zugeschrieben. Es ist von der
(59) Zerstörung Europas (W3)
die Rede und von der
(60) Bedrohung der freiheitlichen Fundamente Europas (N4).
Durch die Personifizierung von Staatsgebilden und Volk erscheint die
Bedrohung auch als körperlicher Angriff, der bis zum staatlichen Tod führen
kann. Beispielsweise droht Italien durch den wachsenden Druck der
Migration
(61) in eine mörderische Zange zu geraten (T1).
Diese Deutung vom Sterben einer Nation ist nur möglich, wenn Nationalstaaten
und ihr Volk als menschliche Körper versprachlicht werden.
Mit dem Konzept von Fluchtorten als Zielorte wird der Sinn einer richtungsorientierten
Migration mit zielstrebigem Raumauffinden kreiert. Flüchtende
sind demzufolge Menschen, die genau wissen, wohin sie expandieren wollen
und mit welcher Strategie sie dies erreichen. Nach Falk (2012: 218–219) ist die
Invasionsmetapher verwandt mit der Kolonialisierungsimagination. Da europäische
Länder, darunter auch die Schweiz eine koloniale Vergangenheit und
Gegenwart haben (Purtschert 2008: 78–79), wird in dieser Deutung eine
Wegmüller/Wintzer: Sprachliche Verortungspraktiken von Flucht und Asyl
127
umgekehrte Kolonialisierung postuliert. Europa erscheint als Ort, der belagert
und eingenommen wird, während Migranten und Migrantinnen koloniale Absichten
eingeschrieben werden. In diesem Zusammenhang mischt sich die
koloniale Repräsentation mit einer Vergeschlechtlichung von Migration.
Flüchtlinge werden im Zuge des Invasionskonzeptes als männlich dargestellt
respektive wird der Anteil von Männern besonders hervorgehoben, wenn „73
Prozent der in Italien ankommenden Migranten […] Männer [sind]“ (W5).
Koloniale und vergeschlechtlichte Migration vergegenständlicht Flüchtende
als Kriegsstrategie anderer Mächte. Sie sind entweder Machthebel der EU oder
der türkischen Politik oder Abgesandte des Islamischen Staates (IS). Der Blick
fragt, ob
(62) die Türkei als Rache Massen von Flüchtlingen nach Europa
weiterziehen [lässt] (B1).
Die Deutung einer
(63) Verschwörung der europäischen Eliten (W3)
oder des
(64) Feind[es] in Brüssel (B8)
gegen die europäischen
(65) Vaterländer (W3)
wird artikuliert.
In dieser Deutung funktionieren
(66) Flüchtlingsmassen (B1, W3)
als politische Strategie der Festigung und Zentralisierung des EU-Apparates,
um eine Schwächung der europäischen Nationalstaaten herbeizuführen, denn
(67) [d]ie europäischen Eliten benutzen Masseneinwanderung als
Hebel (W3).
Auch hier werden Fluchtursachen von den persönlichen Erfahrungen der
Flüchtenden entkoppelt und im Sinne einer Pull-Strategie auf den Zielort
Europa verlagert. Die EU fungiert in dieser Konzeption als Fluchtförderer und
Fluchthelfer, denn
(68) Schiffe der EU agieren [...] als Fähren, welche die Migranten [...]
bringen (W5).
metaphorik.de 29/2019
128
Die Bedeutung einer bedrohten Selbstbestimmung wird zudem durch den
Bedrohungsmythos eines Riesenkraken gestützt, wenn die Praktiken Anderer
als
(69) krakenartige Umschlingung der Nationalstaaten durch das
europäische Projekt (W3)
versprachlicht werden.
4.4 Subjektpositionen und Differenzierungskategorien: Flüchtende
und Religion
Im Zuge des Bedrohungskonzeptes erfolgt eine religiöse Differenzierung. Die
Fokussierung erfolgt in den Medien ausschließlich auf den Islam, der
konsequent mit extremistischem Islamismus vermischt wird. So werde
(70) der Islamismus die Oberhand über Europa gewinnen (B2)
und ihre
(71) Freiheit missbrauchen (B2).
Das Opfer der
(72) islamischen Gefahr (N4)
sind weibliche Figuren wie in diesem Beispiel
(73) die europäische Freiheit (B2)
oder die von Koranversen
(74) abhängige Rolle [...] muslimischer Frauen (W2).
Der Islam wird als
(75) immer stärker werdende Strömung, die bald unkontrollierbar
wird (B2)
konzipiert.
(76) Viele Muslime [kommen] nach Europa (B2)
und sie tragen den medialen Repräsentationen zufolge eine potentiell
terroristische Gefahr in sich:
(77) Europäische Staaten befinden sich im Fadenkreuz des
internationalen Terrorismus (N1),
dieser
Wegmüller/Wintzer: Sprachliche Verortungspraktiken von Flucht und Asyl
129
(78) schickt seine Abgesandten nach Europa (ibid.).
Medienberichten zufolge ist Europa somit einerseits Zielort des internationalen
Terrorismus, andererseits auch Zielort der Religion Islam. Muslime
und Musliminnen werden also kollektiv aus Europa exkludiert. In diesem Bedrohungsdiskurs
wird Europa als menschlicher Körper konstruiert, der durch
eine Art Virus gefährdet ist. Das Konzept von ISLAM ALS VIRUS findet sich nur
in einem der untersuchten Texte, als Beispiel einer Ansteckungsmetapher. Im
Blick ist von einer
(79) Verbreitung des Extremismus über Kinder (B2)
die Rede und es wird die Frage gestellt:
(80) wie muss man sich hier vor Extremismus schützen? (ibid.).
Ein zu viel an Muslimen wird auch als Last gedeutet. Der Westen erscheint als
(81) unterjochtes Zugtier (ibid.)
des Islams und verliert seine Freiheit und Unabhängigkeit. Die argumentierte
Konsequenz aus dieser Bedrohung ist, dass der
(82) Islamische Staat militärisch zerschlagen (ibid.)
und
(83) die immer stärker werdenden extremen islamischen
Strömungen bekämpf[t] (ibid.)
werden müssen. Es erfolgt damit eine Handlungsaufforderung zu einem
Gegenangriff auf alles Islamische, sei es extremistisch oder nicht.
4.4 Umgang mit Flucht und Asyl: mediale Strategieangebote
Neben Verortungspraktiken halten Medienberichte Strategien im Umgang mit
Flucht bereit. Mit dem im Zeitungsartikel kritisch diskutierten Beispiel
(84) Abschottung [ist] die einzige Hoffnung (T2)
erfolgt ein erster Hinweis auf Handlungsoptionen. Weitere denkbare
Strategien sind:
(85) Abschreckung (W5),
(86) Abwehr (T5, W4),
(87) Zurückdrängung (T2),
(88) Grenzschutz (N2, W5),
metaphorik.de 29/2019
130
(89) Küstenwache (N2),
(90) Armeeeinsatz an der Grenze (N5, W4),
(91) sich mit polizeilichen und militärischen Maßnahmen
abschließ[en] (N7).
Die Beispiele zeigen, dass sich in den verhandelten Handlungsoptionen die
Vorstellung des Containerraums mit dem Wunsch nach Abgrenzung und
nach Wahrung der Selbstbestimmung vermischen. So legt die Versprachlichung
von Flucht spezifische Normen und Regeln im Umgang mit Flüchtlingen
fest, die nur so und nicht anders denk- und sagbar sind. Das Ziel dieser
sozialräumlich argumentierten Abgrenzungslogik ist, dass
(92) irreguläre Migranten [...] nicht nach Europa kommen (N3).
Da Flucht als Krieg oder kriegerische Strategie gedeutet wird, muss auch die
gesellschaftliche Antwort in diesen Kategorien ausfallen: Es wird von einer
(93) härtere[n] Gangart in der Ausländerpolitik (B5)
gesprochen und im Umgang mit eritreischen Asylsuchenden greift der
Bundesrat sprachbildlich zu Foltermethoden, wenn er
(94) die Schraube ganz wenig an[zieht] (B7).
Obwohl nur metaphorisch ausgedrückt, wird hier eine spezifische Deutung in
bestimmten Ordnungen angeboten, die in der Gesamtschau Abschottung,
Gegenwehr und potenzielle Gewaltanwendung legitimiert.
Über Verortungen werden weitere medial angebotene Handlungsoptionen,
die auf Abgrenzung und Nicht-Passung in die einheimische Gesellschaft
zielen, realisiert. Dabei fließen unterschiedliche und auch widersprüchliche
Konzepte in einer Deutung von Abgrenzung zusammen. Das Sprachbild von
FLUCHT ALS REISE, die auf spezifischen
(95) Routen (T3)
und durch verschiedene
(96) Transitländer (W5)
stattfindet, zielt konzeptionell in dieselbe Richtung. So sollen
(97) die Wünsche der Flüchtlinge nach einem Zielland einfließen
(B5),
wenn es um deren räumliche Bewegung geht. Die in den Flüchtlingslagern
festsitzenden Menschen warten,
Wegmüller/Wintzer: Sprachliche Verortungspraktiken von Flucht und Asyl
131
(98) bis ihre Reise weitergeht (W1).
(99) [N]ach überlebter Fahrt übers Mittelmeer (T1)
werden Flüchtlinge
(100) mit Autobussen nach Genua gefahren (ibid.)
und
(101) mit Charterflügen [wieder] in den Süden Italiens gebracht
(ibid.).
Akteure fungieren dabei als Tourismusunternehmen für Flüchtlinge, die ihre
(102) Wunsch- und Zielländer selber aussuchen (W1)
sollen. Der Blick (B6) beschreibt in einer Ausschaffungsszene, wie eine Familie
(103) durch Beamte abgeholt und an den Flughafen gebracht wird,
wo sie die Kabine eines Privatjets nach Moskau betritt (B6).
Bei dieser Deutung von FLUCHT ALS TOURISTISCHE REISE werden dramatische
Momente der Unfreiwilligkeit und des Zwangs mit dem sprachlichen Konzept
von sorgfältiger Planung und Freiwilligkeit überschrieben.
Werden Flüchtlinge hingegen vergegenständlicht, wird die Abgrenzungsstrategie
mit einer Logik der Raumverteilung oder des zufälligen Anschwemmens
als
(104) Gestrandete (W1)
argumentiert. Als Objekte konzeptualisiert können Flüchtlinge
(105) aufgegriffen (B3),
(106) registriert (N1, N6, T1, W1, W4, W5),
(107) verteilt (N6, B5, W1, W3, W6),
(108) abgeschoben (T4, W5)
und
(109) zurückgeschickt (B7)
werden. Damit geht das Verständnis von FLUCHT ALS LAST einher. Über
Zahlenargumente werden Flüchtlinge als zu-viele-im-Raum(container)
bedeutsam gemacht, die durch ein strategisches Management der Flüsse
(110) gerecht verteilt (B5)
werden müssen.
metaphorik.de 29/2019
132
Hier wird deutlich, wie metaphorische Konzepte ein Netz an Bedeutung aufspannen.
Verschiedene, zum Teil auch widersprüchliche Sprachbilder fließen
in Konzepten der Bedrohung und Belastung zusammen und argumentieren
für Handlungsstrategien, die auf Abwehr und Abgrenzung zielen. Diese
halten jeweils gesellschaftliche Differenzierungslinien wie Kultur, Rasse und
Geschlecht gegenüber der eigenen Normgesellschaft aufrecht.
5. Diskussion
Informiert durch die versprachlichten Geographien der Migration und auf der
Basis einer Metaphernanalyse zeigt der Beitrag erstens die Variation des
medialen Sprachgebrauchs in Bezug auf Flucht und Asyl, die über zeitliche
Kontexte hinweg Diskontinuitäten aber auch Kontinuitäten aufweist. Letztere
werden beispielsweise durch stetige Wiederholung von Bedeutungszusammenhängen
im alltäglichen Sprechen und Schreiben oder durch den Gebrauch
alter Konzepte in neuen Kontexten (re-)aktiviert. Zweitens zeigen sich
in den untersuchten Beispielen Abweichungen, Mehrdeutigkeiten und Widersprüche.
Zum Beispiel werden Flüchtlinge als zielstrebig Reisende und
expansive Strategen, aber auch als zufällig Gestrandete und Schutzsuchende
repräsentiert.
Trotz des Gebrauchs von unterschiedlichen Metaphern zeigt sich als
kollektives Sinnmuster die Gefährdung des Nationalstaates durch Flüchtlinge
und Asylsuchende. Dies kann interpretativ durch eine Verdichtung von
sprachlichen Regeln zu metaphorischen Konzepten rekonstruiert werden.
Beispielsweise werden Flucht und Flüchtende über Naturgefahren- und
Kriegsmetaphern als Krisenhaftes problematisiert, während Europa und europäische
Nationalstaaten über Behälter- und Wassermetaphern als von Überschwemmung
bedrohte Entitäten konzipiert werden.
Drittens werden diese medialen Repräsentationen über Verortungen realisiert,
die bestimmte Räume für bestimmte Menschen im Sprechen über Flucht und
Asyl reservieren. Zudem werden gleiche Ortsbegriffe mit verschiedenen
Bedeutungen und Zugriffsregelungen belegt, die je nach Subjektposition
unterschiedliche Gültigkeit besitzen. Beispielsweise werden über die Argumentation
vermeintlicher Diskrepanzen von Körper und Raum sowie Belastungsgrenzen
staatlicher Gebilde bestimmte Menschen an bestimmten
Orten illegalisiert. Die Bewältigung von Flucht wird durch die PersonifiWegmüller/
Wintzer: Sprachliche Verortungspraktiken von Flucht und Asyl
133
zierung Europas und europäischer Nationalstaaten sowie durch die Verdinglichung
Flüchtender auf eine nationalstaatliche und überregionale Ebene
verlagert, von der das nichtthematisierte Einzelne ausgeschlossen wird.
Im medialen Sprachgebrauch sind es Nationalstaaten, die Flucht sozialräumlich
managen. Als unsichtbare Gegenfolie zu den repräsentierten Subjekten
fungieren die über Begriffe wie ‚wir’ oder ‚uns’ kollektivierten Nicht-
Flüchtenden, das Nicht-Nationalstaatliche und das Nicht-Europäische, die
dem Spektakel weitgehend teilnahmslos beizuwohnen scheinen. Viertens
zeigen die Ergebnisse, wie Metaphern argumentativ aufeinander bezogen sind
dadurch ein semantisches Netz an gesellschaftlich relevanten Handlungsoptionen
aufgespannt wird. Damit wird sichtbar, dass durch Metaphern
räumliche Deutungen und Handlungsstrategien für soziale Phänomene bereitgestellt
werden. Mediale Akteure sind als Storyteller aktiv an der Reproduktion
von Verortungen beteiligt, über die soziale Ein- und Ausgrenzungen
realisiert werden.
Die Analyse kann und sollte erweitert werden. So erfolgte für diesen Beitrag
eine forschungspragmatische Fokussierung auf Printmedientexte. Diese kann
angesichts einer zunehmend mediatisierten Gesellschaft (Knoblauch 2012:261)
kritisiert werden. Individuen sind im 21. Jahrhundert nicht mehr bloß Rezipienten
und -innen von kollektiv orientierten Massenmedien, sondern interagieren
zunehmend mit personalisierten Geräten und Angeboten. Fortführend
ist es daher interessant zu fragen, welche Verortungspraktiken in zeitlich
schnelllebigen Onlinemedien (re-)produziert werden und welche tagespolitischen
und gesellschaftlichen Aushandlungsprozesse diese widerspiegeln.
Zudem wurden visuelle Darstellungen aus forschungspraktischen Gründen
nicht in die Analyse mit einbezogen. Nach Bischoff bietet eine Analyse der
Bild-Text-Narrative einen Zugang zu den „inter- und intramedialen Wechselwirkungen
und Abhängigkeiten“ (2016: 15) zwischen Bild und Text, welche
aktuelle Konzepte von „Dezentriertheit, Brüchigkeit, Inkohärenz und Nichtlinearität
von Lebensläufen betonen und das Leben in Übergängen mit verschiedenen
Raum- und Grenzerfahrungen zumindest ansatzweise aufgreifen“
(idem: 16). Dadurch kann die verunsichernde Uneindeutigkeit des Fremden
im 21. Jahrhundert sichtbar gemacht werden (idem: 11).
Basierend auf diesen Erkenntnissen stellt sich die Frage, wie Journalisten und
Journalistinnen von Flucht und Asyl berichten sollten, um diskriminierende
metaphorik.de 29/2019
134
Verortungspraktiken zu vermeiden. Wehling (2016) weist darauf hin, dass
weder Sprechen noch Verstehen ohne Metaphern auskommen. Die Frage ist
daher, welche Metaphern im jeweiligen Sprechen benutzt werden und welche
kollektiv geteilten Sinnsysteme diese (re-)produzieren. Sie plädiert für die
Förderung eines vielfältigen Sprachgebrauchs, da dieser die Deutungsmöglichkeiten
vergrößert. Laut Pörksen (2014) kann Vielfalt jedoch nur erfolgen,
wenn Medienschaffende sich ihrer Konstruktionsmacht bewusst sind. Allerdings
stehen sie dem Konstruktivismuskonzept generell kritisch gegenüber.
Die Grundlage ihrer alltäglichen Arbeit ist die Abbildung von Wirklichkeit.
Die Welt muss adäquat und wahrheitsgemäß erfasst und objektiv dargestellt
werden (Bentele 1993: 159, zit. in Pörksen 2014: 11). Eine Absage an diese
Prinzipien käme in der Medienlandschaft einem anything goes gleich.
Selbst Medien, die sich einem kritisch-reflexiven Journalismus widmen, wie
zum Beispiel das Onlinemedium Refugees Deeply, gehen davon aus, dass mit
einem vertieften, komplexitätsgerechten Blick und durch journalistische Netzwerke
vor Ort die Realität von Flüchtenden genauer abgebildet werden könne
(Setrakian 2017). Eine solche Perspektive bricht nicht mit der Vorstellung,
Medienschaffende könnten – wenn sie sich nur richtig bemühen – objektiv
über sozialräumliche Phänomene berichten. Folgen dessen sind neue Verortungspraktiken
und Komplexitätsreduktionen, indem Fluchtursachen zum
Beispiel auf Gebiete außerhalb Europas verlagert werden. Pörksen (2014)
plädiert ebenso wie Wehling (2016) für einen konstruktivistisch informierten
Journalismus, der Metaprinzipien folgt. Diese können sein: die Vergrößerung
der Möglichkeiten journalistischer Berichterstattung, um die Vielfalt an Denkweisen
zu fördern, eine konsequente Kritik an Dogmen sowie das Ersetzen
des Objektivitätsanspruchs durch Glaubwürdigkeit und Nützlichkeit, die
Trennung von Fakten und Meinung oder das Bewusstsein für Pluralität und
Widersprüchlichkeiten sozialräumlicher Phänomene.
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7. Sample
B1 Blick (3.6.2016): Erdogan rächt sich sofort.
B2 Blick (4.6.2016): Europa spielt in der Welt keine Rolle mehr.
B3 Blick (8.6.2016): Kommt nun der grosse Flüchtlings-Ansturm?
B4 Blick (11.6.2016): Diese Menschen dürfen keine Flüchtlinge werden.
B5 Sonntagsblick (12.6.2016): Glättli will Flüchtlinge aus Lagern holen.
Wegmüller/Wintzer: Sprachliche Verortungspraktiken von Flucht und Asyl
141
B6 Sonntagsblick (12.6.2016): Ausschaffung de luxe.
B7 Blick (24.6.2016): Verschärfung ohne Folgen.
B8 Sonntagsblick (26.6.2016): Wie alles kam.
N1 Neue Zürcher Zeitung (3.6.2016): Attentatspläne in Deutschland durchkreuzt.
N2 Neue Zürcher Zeitung (8.6.2016): Mit Zuckerbrot und Peitsche.
N3 Neue Zürcher Zeitung (8.6.2016): Mehr Fachkräfte statt Flüchtlinge.
N4 Neue Zürcher Zeitung (13.6.2016): Süd gegen Nord.
N5 Neue Zürcher Zeitung (15.6.2016): Neue Flüchtlingsrouten befürchtet.
N6 Neue Zürcher Zeitung (21.6.2016): So viele Flüchtlinge wie noch nie.
N7 Neue Zürcher Zeitung (21.6.2016): Kirchen als Schutzraum.
N8 Neue Zürcher Zeitung (23.6.2016): Eine kleine Erfolgsgeschichte.
T1 Tagesanzeiger (1.6.2016): Italienischer Dampfkochtopf.
T2 Tagesanzeiger (1.6.2016): Die Vorteile der Zuwanderung.
T3 Tagesanzeiger (6.6.2016): Friedhof im Mittelmeer.
T4 Tagesanzeiger (6.6.2016): Millionen für Afrikas Diktatoren.
T5 Tagesanzeiger (6.6.2016): Das Volk wählt den gangbaren Weg.
T6 Tagesanzeiger (14.6.2016): SP will keine provisorischen Flüchtlinge mehr.
T7 Tagesanzeiger (20.6.2016): Schweiz kämpft mit 7-Mann-Truppe gegen
Schlepper.
T8 Tagesanzeiger (23.6.2016): Reiseverbot für Flüchtlinge soll verschärft
werden.
W1 Weltwoche (9.6.2016): Gefragt ist Ehrlichkeit.
W2 Weltwoche (9.6.2016): Wegducken, bis es zu spät ist.
W3 Weltwoche (16.6.2016): Angriff auf die Integrität der Staaten.
W4 Weltwoche (23.6.2016): Finanzieller Notstand.
W5 Weltwoche (30.6.2016): Syrer, die Marokkaner sind.
W6 Weltwoche (30.6.2016): Die Suppe selber auslöffeln.