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metaphorik.de 30/2020

Vorwort / Preface

Redaktion

Vorwort

(
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Kaum eine andere Thematik hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten für die Geistes- und Sozialwissenschaften so viele innovative Ansätze geliefert wie die Gender-Forschung, die heute im Sinne der Intersektionalitätsforschung auch verschiedene Diskriminierungsformen wie Rassismus, Sexismus oder Klassenzugehörigkeit in den Blick nimmt.
Fragen der stereotypen oder allegorischen Darstellung, der sprachlichen, medialen und literarischen Konstruktion von Geschlechtskategorien sind insbesondere durch feministische Ansätze in das Zentrum der kulturwissenschaftlichen Diskussionen gerückt.
Deutlich wird in den Gender-Studien darüber hinaus, dass geschlechtliche Identität in vielen Fällen ein soziales Konstrukt darstellt, das nicht zuletzt auf sprachlich sowie kulturell vermittelten Konzepten beruht. Durch diesen Zusammenhang ergeben sich zahlreiche Schnittpunkte mit dem Bereich der Metaphorik und Metonymie, deren Erforschung und Beschreibung Kernziel von metaphorik.de ist: Worin liegen die metaphorischen Dimensionen genderbezogener Identitätskonstruktionen? Gibt es so etwas wie eine spezifische Metaphorik zur Beschreibung geschlechtlicher Stereotypen? Gibt es sogar einen genderspezifischen Metapherngebrauch? Dies waren u.a. Leitfragen des Call for Papers, der diesem Band vorausging.

Der nun vorliegende Themenband von metaphorik.de versammelt verschiedene Beiträge, die nach dem thematischen Aufruf eingegangen sind. Wir sind sehr erfreut über die gute Resonanz, die andeutet, dass die Thematik offensichtlich eine hohe Relevanz besitzt.

Der Band beginnt mit Marina Bletsas‘ Beitrag, der zeigt, dass die sprichwörtlich sprichwörtliche Konstruktion von Weiblichkeit in französischen und italienischen Phraseologismen auf langwährenden kulturellen Überzeugungen beruht.
Francesca Capacchietti untersucht auf der Basis eines französischsprachigen Korpus die Frage, in welchem Rahmen weibliche Influencerinnen in der Darstellung sportlicher Aktivitäten eine spezifische
Metaphorik nutzen. Welche Eigenschaften werden hier metaphorisch mit Weiblichkeit assoziiert?
Jennifer Henke betrachtet japanische Comic- bzw. Manga-Adaptationen einzelner Shakespeare-Dramen und analysiert die grafischen Visualisierungen genderbezogener Metaphern. Deutlich wird hier das Potenzial umfassender semiotischer Studien, die Sprache, Sprachbilder und Verbildlichungen miteinander in Bezug setzen.
Suneeta Mishra wirft in ihrer Studie zum politischen Diskurs Indiens die Frage nach dem Verhältnis zwischen grammatikalischem Genus im Hindi und der metaphorisch gestützten Gender-Identität auf. In welchem Maße bedingt das grammatikalische Genus eines als Bildspender eingesetzten Substantivs sein Potenzial zur Projektion auf personenbasierte Bildempfänger?
Annegret Richter geht schließlich in ihrem literaturwissenschaftlichen Beitrag entlang eines Werkes der franko-algerischen Literatur der metaphorischen Konstruktion von Geschlechtlichkeit in Verbindung mit Raewyn Connells Konzept der hegemonialen Männlichkeit nach. Die hier veröffentlichten Studien zeugen von der Diversität, Aktualität und Relevanz der Fragestellungen im Zusammenspiel von Metaphorik und Gender.
In einer weiteren außerhalb des Themenschwerpunktes angesiedelten Studie untersucht Hanna Bruns metaphorischen Sprachgebrauch in internen Diskussionen der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland. Dabei geht sie der Frage nach, in welchem Rahmen hier metaphorische Konzepte aktiviert werden, die bereits im Nationalsozialismus beliebt waren.

Wir hoffen auf ein vielfältiges Interesse an diesem Schwerpunktband und sind überzeugt, dass die vorliegenden Analysen Anregungen für weitere Forschungen bieten. Bedanken möchten wir uns für die Erstellung der Layout-Vorlagen bei Marisa Sieberg (Essen) und vor allem Kerstin Sterkel und Vera Neusius (Saarbrücken). Dem Wehrhahn-Verlag gebührt Dank für die Erstellung der gedruckten Ausgabe und Bernd Backhaus (Bochum) für die technische Unterstützung der online-Version.


Bochum, Bremen, Essen, Flensburg, Halle, Hamburg und Saarbrücken im Juli 2020

Anke Beger
Martin Döring
Olaf Jäkel
Katrin Mutz
Dietmar Osthus
Claudia Polzin-Haumann
Natascha Ueckmann
Judith Visser



Preface

You would be hard-pressed to find a field in recent years and decades that has provided humanities and social sciences with more innovative approaches than gender studies. Modern gender studies take an intersectional approach and also scrutinise many other forms of discrimination, such as racism, sexism or classism. Largely because of feminist approaches, cultural sciences have come to focus on questions about stereotypical or allegorical representations as well as about linguistic, medial and literary construction of gender categories.
Furthermore, gender studies have brought to light that gender identity is in many cases a social construct that is in no small part based on linguistically and culturally transmitted concepts. Inherent to this connection are numerous overlaps with the field of metaphor and metonymy – the research and description of which is the main objective of metaphorik.de.
What are the metaphorical dimensions of gender-based identity constructs? Is there something like a specific realm of metaphor used to describe gender stereotypes?
Might there even be a gender-specific use of metaphor? These were the central questions posed in the call for papers preceding this issue.

The metaphorik.de issue you are reading is dedicated to the topic of gender and compiles various articles submitted after our call for papers. We are very pleased at the many submissions, which are a sign of how relevant this topic
must be.

This issue’s first article is written by Marina Bletsas, who shows that the metaphorical construction of femininity in French and Italian phraseologies literally builds on deep-rooted cultural beliefs. Using a French corpus,
Francesca Capacchietti then discusses to which extent female influencers use specific metaphors when representing athletic activities. Which traits are being metaphorically associated with femininity?
Jennifer Henke looks at Japanese comic and manga adaptations of a number of Shakespeare plays and analyses how gender-related metaphors are visualised in the images. Her study clearly
demonstrates the untapped potential of comprehensive semiotics research that ties together language, metaphor and their representation in images.
Suneeta Mishra follows with a study of the political discourse in India, in which she investigates the relationship between grammatical gender in Hindi and gender identity, which is reinforced by metaphor. How far does the grammatical gender of the source noun condition its potential to be projected onto a human target?
Finally, Annegret Richter’s article has a literary topic. She studies the metaphorical construction of gender in connection with Raewyn Connells’ concept of hegemonic masculinity in a French-Algerian work of literature. The studies published in this issue are testament to the diversity, topicality and relevance of research questions at the interface of metaphor and gender.
In a further study outside the thematic focus, Hanna Bruns examines the metaphorical use of language in internal discussions of the right-wing populist party Alternative für Deutschland (Alternative for Germany). In doing so, she examines the question of the extent to which metaphorical concepts that were already popular under National Socialism are activated here.

We hope that many will find this special issue interesting and are convinced that the analyses it contains will spark much further research. We would like to thank Marisa Sieberg (Essen) and, in particular, Kerstin Sterkel and Vera Neusius (Saarbrücken), for designing the layout templates. Our thanks to the Wehrhahn-Verlag for the print issue and to Bernd Backhaus (Bochum) for his technical support with the online version.

Bochum, Bremen, Essen, Flensburg, Halle, Hamburg and Saarbrücken in July 2020

Anke Beger
Martin Döring
Olaf Jäkel
Katrin Mutz
Dietmar Osthus
Claudia Polzin-Haumann
Natascha Ueckmann
Judith Visser
 

Ausgabe: 

Jahrgang: 

Seite 7

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