Athanasius Kircher und das Theater des Wissens
Abstract
Ausgehend von der Bedeutung des Theaters für Unterricht, Ausbildung und konfessionelle Indoktrination der Jesuiten rückt der Beitrag die Vielfalt des Theaterbegriffs ins Zentrum des Interesses. Nicht in seiner Statik einer Definition, sondern in der Polyvalenz räumlicher, performativer sowie metonymischer Bedeutung wird Theatrum hier untersucht. Anhand der Sammlung sowie der Druckwerke des Athanasius Kircher (1602-1680), der seit 1635 am Jesuitenkolleg in Rom wirkte und zu den schillerndsten Gelehrtenfiguren des Jahrhunderts gehörte, analysiert der Beitrag den Theaterbegriff auf seine Bedeutung und Funktion für ein Verständnis frühneuzeitlichen Wissens hin.
Given the importance of theatre for the instruction, education and confessional in- doctrination of the Jesuits this paper focuses on the variety of the term theatre. It does not take as a base a static definition but rather analyses the diversity of spatial, performative and metonymic signification of theatrum. Looking at the collection and the printed works of Athanasius Kircher (1602-1680), who worked since 1635 at the Jesuit’s College in Rome and who was one of the most scintillate scholars of the century, this paper underlines the signification and importance of the term theatre for an understanding of knowledge in the early modern period.
Seit der Gründung des Ordens im Jahre 1540 und der Eröffnung des ersten
Kollegs in Messina acht Jahre später gehörten Theaterstücke und
-aufführungen zum regulären curriculum jesuitischer Bildung und Aus- bildung. Zur Unterrichtung und Indoktrination im Kontext katholischer Restauration fand das Theater in Jesuitenkreisen seit Anbeginn hohe Beachtung. In der Ratio studiorum von 1599 wurden die Leitplanken drama- tischer Inszenierung festgehalten und das Theater als Ort und Mittel religiöser Instruktion bestimmt (Bjurström 1972:99).
Zugleich erlebte der Begriff ‚theatrum’ seit der Mitte des 16. und bis weit ins
18. Jahrhundert hinein sowohl im Lateinischen als auch in den National- sprachen als ‚teatro’, ‚théâtre’, ‚theatre’ oder ‚Theater’ weite Verbreitung. Für Institutionen und Sammlungen wurde Theater ebenso verwendet wie es als Titel für deren Bekanntmachung in Buchform diente. Das weithin berühmte Naturalienkabinett des Bologneser Gelehrten Ulisse Aldrovandi trug nicht nur die Bezeichnung Studio Aldrovandi, sondern auch die eines teatro di natura. Die architektonische Erneuerung Roms durch Gian Lorenzo Bernini wurde von
Giovanni Battista Falda nicht nur als szenische Darstellung in Stichen
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zusammengeführt, sondern unter dem Titel Nuovo Teatro delle fabriche et edifcii […] sotto il felice papato di Papa Alessandro VII (1665-1669) gedruckt. Als Titel für Buchpublikationen war ‚Theater’ in technischen Bereichen ebenso beliebt wie in Geographie, Moral, Historie, Literatur oder in Enzyklopädien.1 Und schließ- lich verwendete Michel de Montaigne bereits in seinen Essays von 1580 den Begriff als Metapher, wenn er davon spricht, „im Theater dieser Welt erschei- nen“ zu wollen (Findlen 1994:294).
Die Frühe Neuzeit verwendete den Begriff ‚theatrum’ in einer Vielzahl von Bedeutungen und Kontexten; sie unterschied im Begriff ‚theatrum’ bereits die dramatische Handlung vom Ort des Theaters selbst sowie metonymische Verwendungen beider Bedeutungsfacetten voneinander. Angesichts dieser terminologischen Offenheit scheint es nicht weiterführend, eine Definition des Begriffs zu formulieren, um damit bewaffnet die heterogene Verwendung von
‚Theater’ abschließend zu deuten. Es darf also nicht um eine sprachgeschicht- liche Fixierung gehen; vielmehr bedarf es Erkundungen in einem seman- tischen Feld. Dieses Feld ist von sozialer, künstlerischer und wissen- schaftlicher Theorie und Praxis gleichermaßen geprägt wie von benachbarten, aber dennoch differenten Begriffen wie ‚musaeum’, ‚bibliotheca’, ‚studium’,
‚studiolo’, ‚galleria’, ‚thesaurus’ und anderen mehr.
Worauf nämlich die Verbreitung von ‚theatrum’ – im Lateinischen ebenso wie in den Nationalsprachen – zwischen 1550 und 1750 hinzuweisen scheint, ist die Attraktivität einer Denkfigur, mit der sich heterogene Sinn- und Bedeutungszusammenhänge fassen und repräsentieren ließen. Doch dabei ist das Verhältnis unterschiedlicher im Theaterbegriff steckender Bedeutungs- facetten nicht unverrückbar fixiert, sondern vielmehr Teil terminologischer Praxis. Etwas als ‚Theater’ zu bezeichnen, bedeutet also nicht einfach per- formative, räumliche oder metonymische Realitäten zu beschreiben, sondern vielmehr damit erst zu deren Realisierung beizutragen. Das gilt ganz besonders für das hier behandelte Theater des Wissens; in seiner termino- logischen Offenheit kommt diesem Theater die Funktion des Erkennens, des Ordnens sowie des Vorführens zugleich zu (Mattenklott 2003:28-49). Das Theater des Wissens ist somit Kognition, Evidenzherstellung und Reprä- sentation frühneuzeitlicher Wissensbestände in einem.
1 Weitere Beispiele bei Kirchner (1985:135).
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I.
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zählte zu den Dingen, die man an- lässlich eines Rombesuchs um jeden Preis gesehen haben musste, das musaeum celeberrimum des Jesuiten Athanasius Kircher. Dieser selbst formulierte dies- bezüglich prägnant: „Kein auswärtiger Besucher, der das Museum des Collegio Romano nicht gesehen hat, kann behaupten, wirklich in Rom gewesen zu sein.“2 Diese Einschätzung teilten im heiligen Jahr 1675 offensichtlich so viele Romfahrer, dass Kircher die aus Bekanntheit und Beliebtheit seiner Sammlung erwachsene Belastung zu viel zu werden drohte. Gegenüber seinem Augs- burger Freund und ersten Biographen, Hieronymus Langenmantel, beklagte er „die hohe Besucherzahl, Würdenträger und Gelehrte, die jeden Tag zu mir kommen, um das Museum zu besuchen. Ich bin so sehr damit beschäftigt, [diese Leute] zu unterhalten, dass mir kaum Zeit bleibt, nicht nur für meine Studien, sondern auch für meine spirituellen Pflichten“, womit die täglichen Exerzitien gemeint waren (Reilly 1974:161). Dies sind nicht nur Klagen eines eitlen Professors, denn tatsächlich war ein Besuch in der Sammlung Kirchers Bestandteil jeder Grand Tour, die nach Rom führte.
Eine gewisse Faszination umgab den gelehrten Jesuiten bereits, bevor er nach Rom gelangte. Unmittelbar nach seiner Ankunft in der ewigen Stadt wurde der kurz zuvor ins Exil verbannte Galilei (1633) über die Anwesenheit eines
„gelehrten Jesuiten unterrichtet, der zwölf Sprachen spricht, ein guter Geo- meter ist […] und eine große Zahl wunderbarer Objekte besitzt“ (Rivosecchi
1982:49). Sein Ruf als Kenner, insbesondere der Hieroglyphen, seine Forschungen zum Magnetismus sowie seine Fähigkeiten, wissenschaftliche Apparate zu bauen, eilten Kircher weit voraus (Hankins/Silverman 1995). Wie bereits in Deutschland und Frankreich führte er auch in Rom ‚beaucoup secrets de la nature’ durch, aber auch vor. Unter anderem baute er eine Uhr, die angetrieben von der Blüte einer Sonnenblume die Zeit auch ohne direkte Sonneneinstrahlung, ja sogar nachts und in geschlossenen Räumen anzeigen sollte (ΩΡΟΣΚΟΠΙΟΝ ΕΛΙΟΤΡΟΠΙΚΟΝ). Solche Vorführungen riefen vieler- orts Zweifel an Kircher hervor. Selbst ein so gelehrter und Kircher zudem wohl gesonnener Mann wie Claude Fabri de Peiresc nahm das Experiment der Sonnenblumenuhr mit großer Enttäuschung auf. Zu Recht, denn Kirchers
2 Pontificia Università Gregoriana, Kircher ms. 560 (VI), f. 111 (Rom, 23. Oktober 1671). Vgl. Findlen (2001:41).
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Erfindung stellte eher einen Kompass dar als eine Uhr und bedurfte für jede Vorführung minutiöser Vorbereitungen; um dem Wunder auf die Sprünge zu helfen, musste Kircher die Zeit jeweils von Hand norden, um den Magnet- zeiger seiner Uhr schließlich mit großer Bewunderung des Publikums die richtige Zeit anzeigen zu lassen, wenn die Magnetnadel nach Norden ausschlug. Trotz solch berechtigter Vorbehalte verbreitete sich im gelehrten Europa die Nachricht über dieses ‚Naturwunder’ und denjenigen Mann, der es bewirken konnte, wie ein Lauffeuer. Erscheint dieses Experiment von heutiger Warte aus als Scharlatanerie, muss das nicht zwingend auch für Kirchers Verständnis von Wissenschaft gelten. Lorraine Daston und Katherine Park haben wiederholt auf den enormen Stellenwert des Wunders für die Ent- wicklung wissenschaftlicher Entdeckungen hingewiesen (Daston/Park 1998).
Berichte über den Besuch der Sammlung Kirchers in Rom unterstützen dies. Der Komponist und Schriftsteller Wolfgang Caspar Printz, der 1661 nach Rom reiste und dort die Sammlung besuchte, schildert 1693 diesen Besuch unter Verwendung eines leicht zu entschlüsselnden anagrammatischen Pseudonyms:
„Alle diese Raritäten, aber wollte ich für nichts achten, wenn ich nicht den unvergleichlichen Philosophum und Mathematicum Katharinum Asicherum und desselben wunderwürdiges Museum gesehen hätte. Als Herr Eumenes, den ich nebst einigen anderen begleitete, in das erwehnte Museum hinein trat, empfieng ihn ein Bild oder Statua, mit einer kurtzen, doch schönen und artlichen Rede, welche uns alle erst erstaunend machte, sintemal dieses Bild nicht nur die Augen verwendete, sonder auch im Reden den Mund nicht anders als ein lebendiger Mensch bewegete. Da wir beschäfftiget waren allerhand Mathematische, und sonderlich wunderbare optische Kunsttücke zu besehen, öffnete Herr Katharinus Asicherus ein Fenster, da höreten wir eine frembde und artliche Harmoni, und wussten nicht, wo sie herkam“ (Printz
1693:93).
Auch der Botaniker und Mitbegründer der Royal Society John Evelyn berichtet ganz ähnlich über die Sammlung Kirchers, die er im November 1644 besuchte.
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„Here Father Kircher, professor of Mathematics and oriental tongues showed us many singular courtesies, leading us finally through a hall hung round with pictures of such of their order into his own study, where […] he showed us his perpetual motions, catoptrics, magnetical experiments, models, and a thousand other crotchets [verrückter Einfälle] and devices […]“ (Bray 1901:105f.).
Sowohl Prinz als auch Evelyn heben die Wundereffekte hervor, die ihnen hier vorgeführt wurden. Was die beiden Besucher notierten, war die Inszenierung des Wunders, des Naturwunders, das der gelehrte Jesuit in seiner Sammlung zu vollführen wusste. Die Berichte betonen durchwegs die performative Dimension der Wunder, die ihnen von Kircher in seinem Theater präsentiert wurden. Hierin lagen Reiz und Modernität der Sammlung; sie war nicht mehr nur Präsentationsort des göttlichen Schöpfungswunders in den exotica, mirabilia und naturalia, wie sie seit Jahrhunderten in Kirchenschätzen, Kunst- und Wunderkammern verwahrt und bestaunt werden konnten, sondern sie war ein Ort, an dem der gelehrte Sammlungskurator Naturwunder und Naturgeheimnis hervorzubringen verstand. Hier trat das Wissen auf die Bühne – nicht im Sinne von Repräsentation, sondern von Performanz. Nicht die schlichte Präsentation, sondern die Inszenierung als Akt fördert zutage, worum es in dieser Sammlung ging: um die Sichtbarmachung frühneu- zeitlicher Wissensbestände und somit Evidenzherstellung.
Obschon der Begriff ‚Theater’ in Kirchers gedruckten Werken kaum verwen- det wird und als Buchtitel gar nie auftaucht, erscheint er an einer auffällig prominenten Stelle: als Unterschrift des Frontispizes des von Kirchers lang- jährigem Mitarbeiter Giorgio de Sepi besorgten Katalogs der Sammlung, der noch zu Lebzeiten Kirchers 1678 in Amsterdam erschien: Kircheriana Domus naturae artisque theatrum (Abb. 1).3
3 Zum Verhältnis des Katalogs von Giorgio de’ Sepi und Sammlungsbestand vgl. den
Beitrag von Angela Mayer-Deutsch in diesem Band.
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Abb. 1: Giorgio de Sepi, Collegii Romani Societatis
Jesu Musaeum, Rom 1678, Frontispiz.
II.
Wie oben angedeutet, stand der Theaterbegriff der Frühen Neuzeit nicht nur für den Raum dramatischer Aufführungen sowie deren Performativität, sondern auch für deren metonymische Verwendung. Überträgt man diese um- fassende Bedeutung von ‚theatrum’ auf die Sammlung Kirchers, überschritt das Theatrum der domus kircheriana nicht nur die Grenzen herkömmlicher Kunst- und Wunderkammern; es verschob sich hier nicht nur das staunende Sehen des Schöpfungswunders zu deren wunderbarer Inszenierung durch den
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Sammlungskurator als Demiurg. Vielmehr trat die Theatralität frühneu- zeitlicher Wissensbestände zugleich über die Raumgrenzen des ’theatrum’ selbst hinaus. In seinen Büchern präsentierte Kircher seine Fähigkeit der Wunderinszenierung, obschon er dabei auf den Theaterbegriff als Buchtitel verzichtete. In der Sammlung und im Buch klingt mit anderen Worten die ordnende sowie erkenntnisfördernde Bedeutung der Theatermetapher und somit die Notwendigkeit einer Theatralisierung frühneuzeitlicher Wissens- bestände an.
Das oben geschilderte Experiment der Sonnenblumenuhr, das so genannte Horoskopion Heliotropikon, das Kircher seit den 1630er Jahren wiederholt öffentlich gezeigt hatte, fand seinen Weg aus der domus kircheriana auch in das gedruckte Werk (Abb. 2).
Abb. 2: Athanasius Kircher, Magnes sive de arte magnetica, Rom 1654, fol. 508.
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Es wurde in der ausführlichsten Studie Kirchers zu magnetischen Phäno- menen, der Magnes sive de arte magnetica, 1641 erstmals publiziert – in der dritten Auflage, Rom 1654. Damit inszenierte Kircher das Wunder, das er Besuchern des Collegio Romano vorzuführen pflegte, jenseits der Mauern seines Museums/Theaters vor einem gesamteuropäischen Publikum. Trotz dieser Entgrenzung wunderbarer Inszenierung nahm Kircher als Autor der Magnes weiterhin die Rolle des Demiurgen wahr. Sei es in der Sammlung, sei es in den Druckwerken: ohne Kurator und Autor gab es keine Wunder und schon gar keine Erklärung hierfür.
In seiner Studie zu magnetischen Phänomenen führte Kircher dem Lese- publikum zahlreiche weitere Wunder auf der Bühne seiner Folianten vor, etwa eine Maschine, mit welcher der Stand der sieben Planeten angezeigt wurde (Abb. 3). Wie die Sonnenblumenuhr fußte auch diese Erfindung auf der These, dass zwischen Erde, Sonne und Planeten magnetische Beziehungen herrschten und somit in einer Ars magnetica umfassend gedeutet werden könnten.
Abb. 3: Athanasius Kircher, Magnes sive de arte magnetica, Rom 1654, fol. 259.
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Die Inszenierung von Wundern beschränkte sich aber weder im Museum noch in den Publikationen Kirchers auf magnetische Erscheinungen; ebenso unter- suchte er optische, musikalische und akustische Phänomene. In seiner Musurgia Universalis (Rom 1650) trug er eine Theorie vor, der zufolge es die Aufgabe der Musik sei, verschiedene Zustände des Gemüts nachzuahmen, zu veranschaulichen sowie diese beim Zuhörer zu evozieren. Jenseits dieser Kernthese enthält die Untersuchung eine hohe Zahl an akustischen Experi- menten (Abb. 4).
Abb. 4: Athanasius Kircher, Musurgia Universalis, Rom 1650, Bd. 2, fol. 264 iconismus xv.
Unter dem Titel Magia Phonocamptica, sive de Echo zeigt Kircher ein solches Ex- periment, mit dem er die Akustik als eine Gesetzmäßigkeit der Reflexion, also
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des Widerhalls zu erklären sucht. Dieses Experiment folgt im Wesentlichen der Idee, dass Töne sich gleich verhalten wie Licht, dem Kircher bereits mit seiner Ars magna lucis et umbrae eine große Studie gewidmet hatte, die 1646 erstmals in Rom gedruckt und 1671 in Amsterdam neu aufgelegt wurde. Diese Theorie erprobte er nun für die Akustik in unterschiedlichen geometrischen Anordnungen, die er in Text und Bild schildert. Die Darstellungen werden somit sowohl zu Verbildlichungen der Versuchsanordnung – man könnte vom Auftritt der These auf der Bühne der Wissenschaft sprechen –, als auch und zugleich zur Bestätigung der Ausgangsthese durch die Evidenzherstellung im Bild selbst. These, Versuchsanordnung und Inszenierung sind bei Kircher alles Mittel theatralischer Inszenierung des Wunders – im gedruckten Buch glei- chermaßen wie beim Besuch in der Sammlung des Collegio Romano.
Museum und Publikationen bildeten gemeinsam die Bühne, auf der Athana- sius Kircher seine Wunder inszenierte. Die Berichte von Besuchern sowie die gezeigten Bildbeispiele verdeutlichen, dass hier zwei unterschiedliche Medien zur Präsentation derselben Wunder dienten; in beiden tritt die Performativität der Wunderherstellung durch den Kurator/Autor deutlich in den Vorder- grund. Mehr als die Ursachen, Voraussetzungen und Grundlagen des Wunders zeigt sich dem Besucher und Leser die demiurgische Fähigkeit Kirchers, die Wunder immer wieder neu zu bewirken.
III.
Doch die Präsentation des Wunders im Buch wiederholt und verstetigt nicht nur die Performativität des wunderbaren Effektes, sie materialisiert also nicht nur den ephemeren Moment der Wunderinszenierung im Museum auf den Papierseiten des Buches, sondern verweist auf die eigentliche heuristische Funktion des Wunders für Kirchers Verständnis von Wissenschaft.
Liest man nämlich Kirchers Texte etwas genauer, zeigt sich sehr rasch, dass es dabei nicht nur um die Beschreibung von Wundern geht, sondern vielmehr um die Bedingungen der Wunder sowie deren Einordnung in wissen- schaftliche Diskurse und Theorien seiner Zeit. Folgerichtig unterscheiden sich seine eigenen Texte grundlegend von den Berichten der Besucher seines Museums. Kircher führt in seinen Büchern Wunder nicht nur vor, sondern er führt sie zugleich auf ihre Abhängigkeiten, Voraussetzungen und Be- dingungen zurück. Seine Erwartung ist es demnach, eine wissenschaftliche
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Erklärung des Wunders zu finden und somit letztlich die Dekonstruktion des
Wundereffektes zu erreichen.
Daraus floss noch nicht von selbst Wissen. Doch geht es hier nicht um die Frage, ob Kirchers Wissen sich als bis heute „richtig“ erwiesen hat, sondern darum, inwiefern frühneuzeitliche Wissensdiskurse als Inszenierung und Theatralisierung geführt wurden, also in welchem Verhältnis sich Wissen zu Theatrum verhielt.
Der Versuch, Kirchers zahlreiche Theorien wissenschaftlich zu rehabilitieren, ist von Beginn an zum Scheitern verurteilt; aus heutiger Perspektive war be- reits der Großteil seiner Annahmen nicht richtig, auf die er die von ihm in Experimenten untersuchten Phänomene zurückzuführen suchte. Dabei war viel Kirchers Grundannahme geschuldet, alles sei mit allem in einer Ordnung verbunden (omnia in uno sunt et in omnibus unum4), ein Axiom, dem fast alle seine Untersuchungen folgen. Doch abstrahiert man hiervon, zeigt sich sein methodisches Vorgehen durchaus auf der Höhe wissenschaftlicher Ansprüche und Methoden seiner Zeit. Für eine wissenschaftsgeschichtliche Einordnung Kirchers ist es somit ratsam, zwischen der bis heute anhaltenden Gültigkeit seiner Wissensbestände, den Wegen und Methoden, die er zur Sicherung dieses Wissens beschritt, sowie den Grundannahmen und Axiomen, auf die er sein Wissen zurückführte, scharf zu trennen.
So gehörte es zur Wissenschaftlichkeit seines Vorgehens und seiner Methode ganz selbstverständlich, dass Kircher in seinen Werken nicht nur die Effekte und Wunderinszenierungen beschrieb und vorführte, sondern im selben Atemzug die Anleitung zur Herstellung des Wunders hinzufügte. Die Expe- rimente werden Schritt für Schritt erläutert, Anweisungen zum Bau der Instru- mente und Maschinen beigegeben, die Effekte vorausgesagt sowie Nutzen und Verwendung der Erfindungen angezeigt. Dementsprechend folgt der Aufbau der Texte Kirchers wissenschaftlichen Verfahren seiner Zeit: (Natur-)Beobachtung, Falsifikation bestehender Deutungen sowie schließlich Formulierung einer eigenen, neuen und das Phänomen umfassender, ja besser erklärenden Interpretation oder Theorie. Die Orientierung an praktischer An- wendung neuer Wissensbestände entsprach aktuellen Tendenzen einer Natur- philosophie als einer präzise beobachtenden Experimentalwissenschaft, wie
4 Dieses Motto übernimmt Kircher aus der Kombinatorik des katalanischen Neuplatonikers
Raimundus Lullus (1232-1316).
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sie mit dem Namen von Francis Bacon verbunden wird. Es handelt sich bei Kircher mit anderen Worten nicht um ein hermetisches Geheimwissen über die Wunder der Natur, sondern um die Dekonstruktion der Wunder und ihrer Effekte als Phänomene wissenschaftlicher Prinzipien sowie um die Sicht- barmachung der Wirkungszusammenhänge und somit der daraus gewonne- nen Wissensbestände. Dieser Anspruch ist bei Kircher kaum zu bestreiten, doch gerät er immer wieder in den Hintergrund, da er von seinen aus heutiger Sicht nicht haltbaren Annahmen gleichsam überschattet wird.
Ein Blick auf die Bebilderung der Kircher’schen Druckwerke unterstreicht dies. Den Darstellungen kommt dabei in ganz besonderer Weise die Funktion von Evidenzherstellung zu (Abb. 5).
Abb. 5: Athanasius Kircher, Magnes sive de arte magnetica, Rom 1654, fol. 327.
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An einem magnetischen Orakel, einer weiteren Erfindung Kirchers, zeigt sich dies deutlich. Die Glasgloben enthalten Wachsfigürchen mit magnetischen Kernen, die von einem großen Magneten in der Basis des Obelisken beein- flusst werden konnten. Auf den Globen befinden sich Buchstaben und Tier- kreiszeichen, auf welche die Figürchen hindeuten. Durch Drehen an der vorn befindlichen Kurbel kann der Magnet in der Mitte in Bewegung gesetzt werden, und die Figürchen beantworten Fragen und buchstabieren Worte, die schließlich einen Orakelspruch ergeben. Doch dieser Art sind die wenigsten Darstellungen in Kirchers Werken. Weit häufiger und durch gleichsam alle Druckwerke hindurch lässt Kircher weniger das Wunder bzw. die Wun- dermaschine auftreten, als dass er vielmehr einen Blick – um im Bild zu bleiben – hinter die Kulissen wagt und gewährt (Abb. 6).
Abb. 6: Athanasius Kircher, Magnes sive de arte magnetica, Rom 1654, fol. 255.
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Hierzu seziert die Darstellung das Wunder gleichsam, indem sie in das Innere der Wundermaschine weist. Bei dieser Darstellung eines Horoscopium magne- ticum, einer in ihrer Funktionsweise dem magnetischen Orakel vergleichbaren Maschine, ist die Hülle der Erfindung weggelassen und der Betrachter blickt auf die Funktionsmechanismen des Wunders, auf dessen Innenleben und ursächliche Zusammenhänge. Das Bild deckt hier das Wunder und dessen Geheimnis rücksichtslos auf; es zeigt, wie das Wunder, das die Maschine zu wirken vermag, mechanisch funktioniert. Die Darstellung dekonstruiert mit anderen Worten das Wunder, erläutert die Bedingungen seines mechanisch- magnetischen Innenlebens und erklärt damit die wissenschaftlichen Grundlagen seines Funktionierens.
Abb. 7: Athanasius Kircher, Ars Magna Lucis et Umbrae, Amsterdam 1671, fol. 768 (Detail).
Diese Differenzierung von Wunderbild und Wissenschaftsbild des Wunders ist für die Bebilderung der Kircher’schen Druckwerke konstitutiv (Abb. 7). Die meisten Stiche in Kirchers Druckwerken gehören in die letztgenannte Kate- gorie – so auch die Darstellungen seiner optischen Maschinen, allen voran die weithin berühmte Zauberlaterne. Um dem Leser das Verfahren, nicht dessen Effekt zu enthüllen, verzichtet Kircher darauf, die Lichtquelle restlos in den
Kasten einzuschließen, was für die reine Darstellung des Wunders nicht nur
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ausgereicht, sondern es erst dazu gemacht hätte, weil die Lichtquelle dadurch unsichtbar würde (Abb. 8).
Abb. 8: Athanasius Kircher, Ars Magna Lucis et Umbrae, Amsterdam 1671, fol. 783 (Detail).
Dasselbe gilt für die so genannte katoptrische Metamorphosen-Maschine, die dem Betrachter beim Blick in den Spiegel acht verschiedene Köpfe, darunter Monstrositäten und Tierköpfe auf den Rumpf projizieren konnte. Der schauerliche Effekt zeigt sich dem Leser – im Gegensatz zu dem im Bild dar- gestellten Probanden – nicht beim Blick in den Spiegel, sondern direkt auf die Bildertrommel; er vermag also den wunderbaren Effekt nicht nur zu beobachten, sondern zugleich dessen Entstehungsbedingungen zu durch- schauen, weil wie bei der Zauberlaterne auch durch das Fehlen der vorderen Abdeckung das Geheimnis gleichsam gelüftet wird.
Aber nicht nur dort, wo es ohnehin um optische Fragen geht, setzt Kircher diesen sezierenden, das Wunder enthüllenden Blick ein (Abb. 9). Auch in der Musurgia Universalis von 1650 und in der Phonurgia Nova von 1673, die beide diese Abbildung enthalten, rückt die Darstellung die Funktionsweise des
Wunders ins Bild. Die in der Darstellung aufgerissene Mauer gibt den Blick
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frei auf eine gigantische Hörmuschel, die das im Hof Gesprochene in spiral- förmigen Windungen bis zum Mund einer Statue transportiert und dem im Hausinnern stehenden Zuhörer als Rede der Statue übermittelt. Der Musiker Prinz erwähnte die sprechende Statue explizit als eines der von Kircher herge- stellten Wunder.
Abb. 9: Athanasius Kircher, Musurgia Universalis, Rom 1650, Bd. 2, fol. 303 iconismus xvii.
Die Darstellung dokumentiert die vielfältige Bedeutung der Theatralisierung des Wissens bei Kircher. Zum einen erläutert sie die Versuchsanordnung, zum anderen visualisiert sie die Funktionsweise des wunderbaren Effektes und drittens schließlich fungiert sie gleich selbst als bildlicher Nachweis der von ihr vorgelegten These. Sehen wir hierin einen Zirkelschluss, sah Kircher darin vielmehr die Bestätigung seiner Annahme. Diese beruhte jedoch gar nicht primär auf dem Experiment selbst, sondern vielmehr auf der menschlichen Physiologie, d.h. auf der Gestalt des inneren und äußeren Ohres, woraus Kircher schloss, dass mit spiralförmigen Muscheln die beste akustische Wirkung zu erzielen sei.
Doch unabhängig von der Richtigkeit seiner Annahmen und davon, welchen Phänomenen Kircher nachspürte, seine Druckwerke – Text und Bild gleicher- maßen – verhüllen nicht, sondern enthüllen Wissen und dessen Anwendung; sie sind ausführliche Erläuterungen wunderbarer Phänomene und deren Durchleuchtung zugleich. Die Wunder, für deren Herstellung der gelehrte
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Jesuit so berühmt war, zeigen sich uns stets so, dass der Leser den Effekt zwar extrapolieren und sich nach Bedarf auch daran erfreuen kann, sie jedoch stets auch wissenschaftlich durchdringt und somit dekonstruiert. Nirgends verharren Kirchers Darstellungen bei der Vorführung des Wunders. Sein Ziel war nicht mehr die alleinige Präsentation des Schöpfungswunders, sonder die Visualisierung des Wissens, das diesem Wunder zugrunde liegt.
IV.
Dank der Verzeichnisse Giorgio de’ Sepis, des langjährigen Schülers und Mitarbeiters von Kircher, sind wir gut über den Bestand des musaeum celeberrimum unterrichtet; ein Gutteil der hier verzeichneten Objekte, Apparate und Versuchsanordnungen begegnen auch in Kirchers Druckwerken, ja die Abbildungen der Objekte sind häufig mit Stichen in früher erschienenen Werken identisch. Versteht man sowohl das musaeum celeberrimum als auch Kirchers Druckwerke als zwar differente, aber jeweils eigenständige Orte früh- neuzeitlicher Wissensproduktion, lassen sich von der oben vorgeschlagenen Interpretation der gedruckten Bücher Kirchers Rückschlüsse auf die heuristische und forschungspraktische Bedeutung der Sammlung ziehen, obwohl sich hierzu kaum direkte Dokumente erhalten haben.
Auch das musaeum celeberrimum bleibt ebenso wie die Werke Kirchers ein Ort des Wunders. Doch ebenso wenig wie diese nicht Orte sind, an denen Wunder kommentarlos präsentiert werden, war auch jenes ein Ort, an dem das Wunder inszeniert und zugleich dessen Innenleben beobachtet, untersucht und analysiert wurde; ein Ort, an dem bisherige Deutungen dieses Wunders falsifiziert und neue mögliche Interpretationen formuliert wurden. Ein Ort also der wissenschaftlichen Reflexion, der Explikation sowie der Sichtbar- machung des Wunders und somit ein Ort, an dem sich das Wunder in Wissen transformierte.
Ansatzweise wird diese Transformation auch in den Berichten einiger Besucher des theatrum naturae artisque des Athanasius Kircher ebenso spürbar, wie diese die Verbindung zwischen Sammlung und Druckwerken zur Herstel- lung frühneuzeitlicher Wissensbestände wahrgenommen haben. Der oben zitierte Wolfgang Caspar Printz, der ob der ihm von Kircher vorgeführten Maschinen ins Staunen geriet, beschloss die Darstellung seines Besuches im Collegio Romano nicht mit der Schilderung des Wunders oder mit seinem
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Staunen darüber, sondern er folgte Kircher bei seiner Inszenierung des Wissens: „Doch muss ich dieses noch erwehnen. Dass wir viel nicht für natürlich gehalten hätten, wenn uns nicht dieser Wunder-Mann [gemeint ist Kircher, L. B.] die Ursachen derselben entdecket und gewiesen hätte“ (Printz
1693:93).
Kircher hob für sein Publikum also gewissermaßen den Vorhang und ermöglichte ihm so einen Blick ins Innere seiner Maschinen, Apparate und Vorrichtungen und damit auf die Funktionsweisen des Wunders. Der Besuch war somit nicht ausschließlich Wunderschau zur religiösen Erquickung, sondern eine Wissensinszenierung. Auch John Evelyn, ein weiterer Zeuge der Inszenierung von Maschinen, Effekten und Wundern im Museum, schließt seine Schilderung mit einem Hinweis auf Transformation des Wunders zum Wissen und erwähnt eigens die Bedeutung der Druckwerke Kirchers hierfür:
„Perpetual motions, catoptrics, magnetical experiments, models and a thousand other crotchets and devices, most of them since published by himself or his industrious scholar, Schotti” (Bray 1901:106). Damit ist niemand anderes gemeint als der Jesuitenbruder und langjährige Mitarbeiter Kirchers, Gaspar Schott, der in seinen eigenen Werken die Erkenntnisse Kirchers fortschrieb, diese teilweise auch ins Deutsche übersetzte.
Das musaeum celeberrimum und die Druckwerke des gelehrten Jesuiten Athanasius Kircher sind Orte theatralischer Inszenierung des Wissens. Obschon Kircher sowohl hier wie dort sein Publikum in Staunen versetzte, wunderbare Erfindungen und Maschinen vorführte, also die in der barocken Theatertheorie geforderte Affektevokation bediente, reichte sein theatrum naturae artisque zugleich weit über das Theater des Barock hinaus – sei es bezogen auf die Evokation der Affekte, der religiösen Unterrichtung oder seine illusionistischen Wirkungen. Kirchers Inszenierungen brachten nicht nur das Wunder auf die Bühne und somit die Betrachter zum Staunen; der Erfindung, Präsentation und Inszenierung wunderbarer Effekte folgte auf derselben Bühne die Dekonstruktion dieser Effekte, d.h. deren wortwörtliche Sektion in den bildlichen Darstellungen der Druckwerke sowie in den Füh- rungen durch die Sammlung im Collegio Romano, mit anderen Worten deren Durchleuchtung und Explikation als Resultat wissenschaftlicher Prinzipien,
Gesetzmäßigkeiten und Theorien.
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In Kirchers musaeum celeberrimum sowie in seinen Druckwerken vollzog sich somit eine Transformation enormer Tragweite. Aus einem Theater des Wunders und des Staunens, wie es so viele frühneuzeitliche Kunst- und Wunderkammern bargen, wurde hier ein Theater des Wissens; aus Samm- lungsbeständen wurden Wissensbestände. Doch diese Transformation vollzog sich nicht in eindeutiger Abgrenzung oder gar offener Ablehnung tradierter Vorstellungen, weder ihren Fragen noch ihrem Inhalt noch ihrer Form nach. Vielmehr zeigt sich, dass das Wissenstheater Kirchers sich eines im früh- neuzeitlichen Wissens-, Sammlungs- und Repräsentationsdiskurs beliebten Motivs bediente: der Theatermetapher. Obschon als Begriff nur selten verwendet, weisen Sammlung und Druckwerke Kirchers alle Facetten von
‚theatrum’ auf. Sammlung und Druckwerke sind Orte der Wissens- inszenierung, zugleich aber auch performative Akte, d.h. selbst Akteure einer dramatischen Inszenierung des Wissens und sie sind schließlich auch Agenten einer metonymischen Verwendung des Begriffs, mit der nicht nur ein Erkennt- nisvorgang von Wissen und Wahrheit gekennzeichnet, sondern mit der zugleich der aktive, organisierende und ordnende Umgang mit Wissen als einem Erkenntnisweg beschritten war.
In das semantische Feld des Theatrum als der Leitmetapher von Welt- erfassung im 17. Jahrhundert schrieb auch Athanasius Kircher sein Projekt des Wissens ein. Das erscheint auf den ersten Blick konventionell und unmodern, denn aus heutiger Sicht ist das Verhältnis von Theater und Wissenschaft das- jenige eines gegenseitigen Ausschlusses. Auf dieser Seite Objektivität, exakte Beobachtung und erkenntnisgeleitetes Experiment, auf jener subjektive Wahr- nehmung, Illusion und Täuschung. Doch die Wissenschaftsgeschichte hat längst darauf aufmerksam gemacht, dass es keine reine Wissenschaft und keine lineare Entwicklung wissenschaftlichen Denkens gibt. Laborsoziologie, Aporien und Diachronien wissenschaftlicher Entdeckungen sowie Inszenie- rungsbedingungen von Messresultaten bestimmen den Fortgang der Wissen- schaften weit mehr als Forschungspläne und -ziele oder ein linearer Verlauf wissenschaftlicher Erkenntnis (Foucault 1973; Bachelard 1984; Latour 1987; Rheinberger 1997; Shapin 1994; Rheinberger 2003:366-382). In Kirchers Eng- führung von Wissen und Theater steckt somit nicht nur Konvention, sondern zugleich auch ein Kern Modernität; auf alle Fälle verweist sie uns darauf, dass
Wissenschaft stets auch Wissenstheater ist und bleiben wird.
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V. Literaturverzeichnis
Bjurström, Per (1972): „Baroque Theatre and the Jesuits“, in: Rudolf Wittkower/Jaffé, Irma B. (edd.): Baroque Art: The Jesuit Contribution, New York, 99-110.
Bachelard, Gaston (1984): Die Bildung des wissenschaftlichen Geistes, Frankfurt a.M.
Bray, W. (ed.) (1901): The Diary of John Evelyn, London.
Daston, Lorraine/Park, Katherine (1998): Wonders and the Order of Nature, New
York.
Findlen, Paula (1994): Possessing Nature. Museums, Collecting, and the Scientific
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VI. Bildnachweise
Diathek Historisches Seminar der Universität Luzern.
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