Eine Lehrbuchanalyse bestätigt den Befund. Koch zählt die Metaphern in den
Schulbüchern und berechnet die Metaphernfrequenz pro Seite. Mit diesem
interessanten Verfahren wird unmittelbar evident, dass Schulbuchtexte,
offenbar aus didaktisch wohlmeinender Rücksichtnahme, Metaphern deutlich
weniger benutzen, als es im authentischen Sprachgebrauch üblich ist. Darüber
hinaus wird der metaphorische Sprachgebrauch verschleiert, indem als
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Übersetzungshilfe ein hier von einem Blick auf die Metaphorizität des
Ausdrucks bewusst ablenkt und damit eine große Chance verspielt wird (vgl.
S. 180, 190ff.).
Entgegen der gängigen Praxis im Fremdsprachenunterricht wirbt Koch für das
Potenzial eines Unterrichts, der das Fremdsprachenlernen aus der Metapher
heraus entwickelt und strukturiert.
Um diese Fähigkeit der Metapher auszuschöpfen, hält Koch eine substanzielle,
fachwissenschaftlich fundierte, aber gleichwohl didaktisch taugliche
Definition der Metapher für unabdingbar. So besteht fast ein Drittel ihrer
Arbeit daraus, eine neue Metapherndefinition zu erarbeiten. Wiederum
parallel zum Deutschunterricht leidet die Metapher im
Fremdsprachenunterricht unter hartnäckigen Vorurteilen und längst
überkommenen Vorstellungen. Sie wird entweder substitutionstheoretisch als
rhetorische Figur unter vielen anderen marginalisiert oder als sprachliches
Ornament in den Kontext der schönen Literatur, vornehmlich der Lyrik,
gettoisiert. Kochs ‚Befreiungsaktion der Metapher’ stützt sich hauptsächlich
auf die Metapherntheorie der kognitiven Linguistik und deren prominenteste
Vertreter George Lakoff und Mark Johnson. Ihr kompetenter
Forschungsbericht referiert und erörtert darüber hinaus die Lage der
Metapherntheorie sowie ihrer schulischen Umsetzung. Vor allem unter dieser
Perspektive favorisiert sie die Auffassung von Lakoff und Johnson. Dass hier
die Metapher als ubiquitäres Phänomen der Alltagssprache ins Bewusstsein
rückt, greift Koch dankbar auf. Sie möchte die Reflexion der Metapher
vornehmlich aus der Alltagssprache entwickeln. Ein solcher Ansatz erlaubt es
zudem, dass auch Schüler mit geringen Fremdsprachkenntnissen, also schon
zu Beginn ihres Sprachenlernens, Metaphern für die Entwicklung ihrer
Sprachkompetenz nutzen können. Sie müssen nicht erst ein solides
Sprachwissen aufbauen, um dann Metaphern in schwierigen literarischen
Texten zu begegnen. Koch ist sogar davon überzeugt, dass neben einer
rezeptiven auch eine produktive Metaphernkompetenz in einem frühen
Lernstadium möglich ist. Eigene Metaphern zu finden, erhöht nicht nur den
Eigenanteil des Lernens, sondern wird in realen Sprachsituation von
Muttersprachlern wohlwollend akzeptiert. Ein aus der Alltagssprache
entwickeltes Metaphernbewusstsein fördert also didaktisch das
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Rezension – Review – Compte rendu
Sprachenlernen und entspricht fachwissenschaftlich neueren
Metapherntheorien.
Die Metapherndefinition, die Koch im Unterricht einführen und verwenden
möchte, ist äußerst differenziert und führt zu einem zweiseitigen Papier, das
die Schüler am Ende einer theoretischen Erarbeitung des Phänomens erhalten.
Trotz der lobenswerten begrifflichen Genauigkeit geht ihre „’neue’ Definition
der Metapher“ (S. 120) nicht über ein traditionelles und im schulischen Bereich
durchaus übliches Verständnis hinaus, etwa indem Koch nach wie vor von
„Bildspender und Bildempfänger“ (S. 122) spricht. Auch aus theoretischer und
didaktischer Sicht ist Kochs Definition diskussionswürdig. Die Autorin
unterteilt ihre Definition in die Teilbereiche „Funktionsweise“,
„Metaphernarten“, „Gefahren“, „Identifikation der Metapher“, nennt die
„Notwendigkeit des Kontextes“ sowie die „Rolle für unser Denken und
Handeln“ und nimmt zuletzt eine „Abgrenzung zu anderen Phänomenen“ vor
(S. 122f.). Trotz aller Ausführlichkeit reichen ihr in der Bestimmung der
Metaphernarten lediglich die beiden Enden der Parabel, innovative und
lexikalische Metaphern. Den großen Zwischenbereich metaphorischen
Sprachgebrauchs, der die Alltagssprache dominiert und den man gemeinhin
als konventionelle Metapher typisiert, schlägt sie der lexikalischen Metapher
zu – ein schon begrifflich problematisches Vorgehen. Gerade jene
Metaphernart, „die nicht mehr neu, aber auch noch nicht lexikalisiert ist“
(Kurz 1988: 19), verdeutlicht in alltäglichen Kommunikationssituationen den
metaphorischen Sprachgebrauch am deutlichsten. Es besteht in der Tat, um
Beispiele von Gerhard Kurz aufzugreifen, ein Unterschied zwischen dem
lexikalisierten Zweck, dessen metaphorische Etymologie nicht mehr
unmittelbar zu erkennen ist, und einem Ausdruck, der keine
Bedeutungsirritation auslöst, der aber sofort als Metapher erkennbar ist, z.B.
die Sonne lacht. Gerade in der konventionellen Metapher spiegelt sich häufig
der kulturelle Kontext einer Fremdsprache wider, auf den Koch einen
besonderen Fokus richtet.
Dagegen erscheint die neu eingeführte Metaphernart der subjektivinnovativen
Metapher unmittelbar einleuchtend. Für den Sprachlernenden ist
nahezu jede Metapher neu, insbesondere, wenn sie aus einem kulturell
bedingt anderen metaphorischen Konzept entstammt. Was im Denken des
Muttersprachlers selbstverständlich der Sprachkonvention entspricht, kann
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den Fremdsprachler irritieren, begleitet in jedem Fall aber
„Sprachaufmerksamkeit“ (S. 142): ein zentrales sprachdidaktisches Ziel.
Gerade wenn der gleichsam phylogenetische Prozess der
Konventionalisierung metaphorischen Sprachgebrauchs ontogenetisch
nachgebildet wird, zeigt sich eine Stärke metaphernzentrierter Sprachdidaktik.
Weiterhin nimmt Koch eine Abgrenzung der Metapher von „anderen
Phänomenen“ (S. 109, 123) in ihr Definitionspapier auf und meint damit in
erster Linie rhetorische Figuren. Wenn man sich auf das Spiel der Textrhetorik
einlässt, muss man deren Lust zur peniblen Unterscheidung mittragen. Die
genannten ‚Phänomene’ verwischen aber die ausgefeilten Differenzierungen
rhetorischer Kataloge. So bilden Personifikationen eine Untergattung zur
Metapher. Während Allegorie, Metapher, Metonymie als Tropen auf einer
Ebene stehen, gehört der Vergleich als Quantitätsfigur in eine andere
Kategorie. Das Gleichnis ist als erweiterter Vergleich eine hier unnötige
Spezifizierung, denn Gleichnis und Vergleich bilden als Similitudo-Figuren
eine Einheit, allerdings steht das Gleichnis anders als die anderen genannten
Wortfiguren auf der textologischen Ebene. Die Analogie kann nicht in einem
Atemzug mit rhetorischen Kategorien genannt werden, weil sie eine
Denkform, ein methodisches Verfahren und kein Mittel des Stils benennt, eine
„Wurzel“ (Coenen 2002: 97), aus der für H. G. Coenen die Metapher erst
entsteht.
Im Text wird die Abgrenzungsliste noch um die Phänomene Euphemismus,
Hyperbel und Bild ergänzt, die im Unterricht „besprochen werden“ sollten. (S.
109). Damit nähert sich die Autorin bedenklich den beliebten Listen
rhetorischer Figuren, die Lehrwerke für den Deutschunterricht Schülern
anbieten. Spätestens wenn diese die auswendig gelernten Rhetorik-Vokabeln
mechanistisch anzuwenden versuchen, muss man in den meisten Fällen
konstatieren, dass Sinn und Zweck dieser Veranstaltung auch nicht in
Ansätzen verstanden wird. Die Gefahr einer Rückkehr in eine sinnfreie
Figurensuche muss ein Neuansatz einer Didaktik der Metapher jedoch
tunlichst vermeiden.
Ob tatsächlich so differenzierte, definitorische Unterscheidungen helfen, bei
Schülern Metaphernkompetenz aufzubauen, muss in Frage gestellt oder
wenigstens im Praxistest überprüft werden. Deutlich übermotiviert erscheint
jedoch Kochs Plädoyer, auch in der Sekundarstufe I bereits „so genau wie
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Rezension – Review – Compte rendu
möglich“ – was immer das heißt – „mit Unterscheidungen zu arbeiten“ (S.
109). Was im Oberstufenunterricht im Fach Deutsch kaum gelingt, möchte
Koch im Fremdsprachenunterricht der Unter- und Mittelstufe übernehmen:
Die Deutschkollegen wird es erfreuen. Da figurative Differenzierungen primär
keine fremdsprachlichen Kompetenzen darstellen, sollte man dieses Feld doch
weiterhin dem Deutschunterricht überlassen. Im besten Fall könnte man
fächerverbindend arbeiten.
Neben der Absicht, der alltäglichen Ubiquität der Metapher im Unterricht
gerecht zu werden, besteht ein weiteres großes Anliegen Kochs darin, mithilfe
der Metapher interkulturelle Kompetenz aufzubauen. Auch in diesem Bereich
kann sie sich auf Lakoff/Johnson stützen, deren programmatischer Titel,
Metaphors We Live By (1980), schon signalisiert, dass die Metapher als
Sprachform nur als ein sekundäres Produkt aus der Metapher als Denkform
resultiert. Einzelne metaphorische Ausdrücke erhalten ihre Bedeutung stets als
Teil eines metaphorischen Konzepts. Der amerikanische Begriff Concept
bedeutet weit mehr als das deutsche Konzept, das einen ‚Plan’ oder ‚Entwurf’
bezeichnet. Es meint ein mentales Modell, eine quasi transzendentale Einheit
im Sinne Kants, eine Denkkategorie, die Bedingung der Möglichkeit, unter der
wir die Welt sehen und begreifen. Obwohl es offenbar basale, anthropologisch
einheitliche metaphorische Konzepte gibt, in erster Linie räumliche
Orientierungsmetaphern wie oben/unten, sind die meisten metaphorischen
Konzepte kulturell determiniert. Die jeweilige kulturelle Einheit zu
bestimmen, ist schwierig. Sie reicht von einer „europäischen
Bildfeldgemeinschaft“ (S. 101) bis hin zu gruppenspezifischen Varietäten.
Insgesamt gilt: Viele Metaphern sind ohne kulturelles Hintergrundwissen
nicht verstehbar. Koch sieht in dieser Erkenntnis, „dass eine Sprache nicht
ohne ihre Kultur gelernt bzw. verstanden werden kann“ (S. 109), ein großes
erzieherisches Potenzial. Gerade Metaphern aus metaphorischen Konzepten,
die sich von muttersprachlichen Konzepten unterscheiden, fördern, ja
zwingen förmlich zu einer kulturellen Offenheit, indem Schüler eine andere
Perspektive einnehmen müssen und somit auch ihr eigenes Weltverständnis
reflexiv einem neuen, distanzierten Blick unterziehen: Fremdverstehen fördert
Eigenverstehen. Fremdsprachige Metaphern, die in ihrer Bildlichkeit irritieren,
können bei Schülern Interesse für die kulturellen Kontexte wecken. Das
bedeutet eine neue Chance für die in letzter Zeit „etwas in den Hintergrund
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geratene Landeskunde“ (S. 100), die Koch wiederbeleben möchte. Das gerne
propagierte, aber oftmals vage Ziel interkultureller Kompetenz erhält in der
Kombination aus Metaphernaufmerksamkeit und landeskundlichem
Faktenwissen eine realistische didaktische Umsetzung.
Auch wenn sich eine Studie explizit als Grundlagenforschung positioniert,
kommt eine didaktische Arbeit nicht daran vorbei, den konkreten Unterricht
in den Blick zu nehmen. Der lernende Schüler bildet Ursprung und Ziel, den
permanenten Hintergrund aller didaktischen Überlegungen. So gibt Koch
immer wieder Hinweise, Tipps und Leitlinien für eine Umsetzung ihres
Konzepts im konkreten Fremdsprachenunterricht. Neben einer ausführlichen
Sammlung, wo der Lehrer Material für einen metaphernzentrierten Unterricht
finden kann, macht die Autorin auch methodische Vorschläge.
Aus der Perspektive des schulischen Alltags erscheint dieser Bereich ihrer
Dissertation jedoch nur wenig überzeugend. Insgesamt entspricht der
Unterricht, den Koch sich vorstellt, kaum dem aktuellen Anforderungsprofil
an modernen Unterricht. Er wirkt hausbacken, weitgehend gelenkt und bietet
nur wenig Raum für entdeckendes Lernen. Methodisch gehen die Hinweise
selten darüber hinaus, dass ein angesprochenes Phänomen mit den Schülern
„untersucht“ (S. 243) „besprochen“ (S. 109, 213) oder „diskutiert“ (S. 98, 211)
werden soll. Wie genau das geschieht, kann diese Dissertation nicht klären.
Koch schlägt ein Dreiphasenmodell vor, um „Lernerautonomie“ (S. 137) im
Umgang mit Metaphern zu erzielen. Es unterstellt eine starre Sequenzierung
in dieser Reihenfolge: Lehrervortrag, fragend-entwickelnder Unterricht und
weitgehende Schülerautonomie. Die „systematisch“ (S. 135) aufzubauende
Metaphernkompetenz funktioniere unter dem Kriterium „von deklarativem
zu prozeduralem Wissen“ (S. 136), d.h., „es sollen [...] zunächst Kenntnisse
vermittelt werden, [...] bevor diese in einem weiteren Schritt durch
Anwendung und Übung“ automatisiert werden (S. 136). Ob dieses Theorie-
Praxis-Schema Schüler zu Metaphernaufmerksamkeit motiviert, muss
bezweifelt werden. An dieser Stelle wünschte man sich eine größere
Methodenvielfalt und ein paar pfiffige Ideen und Impulse.
Die nicht ausgereifte Methodik erklärt sich natürlich auch mit der fehlenden
Praxiserfahrung von Frau Koch, die – der Klappentext weist darauf hin – erst
nach der Promotion ihr Referendariat angetreten hat. Es ist zu hoffen, dass ihre
Studie zu praxisorientierten Anschlussarbeiten motiviert, zur Entwicklung
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Rezension – Review – Compte rendu
von Unterrichtsmodellen und -sequenzen, die zeigen, wie die Idee eines
metaphernzentrierten Fremdsprachenunterrichts in die Tat umgesetzt werden
kann. Darauf darf man gespannt sein auf. Aus schulischer Sicht, im Wunsch
nach einem sachlich fundierten, interessanten, schülerorientierten und
erfolgreichen Unterricht kann man nur zu Konkretionen ermutigen.
Eine persönliche Anmerkung zur Sprache sei dem Rezensenten gestattet.
Mitunter leistet sich Kochs Sprache kleine Seitensprünge in die
Umgangssprache oder schielt in das Vokabelheft des Zeitgeistgequatsches.
Dass auch Wissenschaftler letztendlich ein Stück weit Sinn machen, muss der
geneigte Leser heutzutage offenbar realisieren. Doch eine offensichtliche
Lieblingsvokabel der Autorin wirkt mit zunehmendem Auftritt störend. Aber
vielleicht will Koch mit ihrem nichtsdestotrotz zeigen, wie ein ehemals sich
mokant gerierender Sprachgebrauch eine sprachwandlerische Lexikalisierung
erfährt. Man should not lay every word on the goldweight - diese kleine
Randnotiz schmälert jedoch keineswegs den insgesamt gelungenen und gut
lesbaren Sprachstil Kochs.
Alles in allem legt Corinna Koch eine Dissertation vor, die überzeugend für
eine Stärkung der Metapher im Fremdsprachenunterricht argumentiert. Sie
zeigt, wie der Fremdsprachenunterricht neue Perspektiven und einen
innovativen Schub erhält, indem er auf der Basis moderner
Metapherntheorien einen intensiven Blick auf das Phänomen metaphorischen
Sprachgebrauchs einübt. Die beiden Schwerpunkte, die Entwicklung eines
Metaphernbewusstseins aus der Alltagssprache sowie der Weg zu kulturellen
Kontexten, auf den die Metapher selbst die Schüler schickt, erscheinen dabei
besonders vielversprechend.
In der Metapher selbst schlummert das Potenzial, Schülern die zu lernende
Fremdsprache sachlich angemessen, lebensnah und spannend anzubieten. Der
Schläfer muss nur geweckt werden. Nur zu: Let the cat out of the sack.
Literatur
Coenen, Hans Georg (2002): Analogie und Metapher. Grundlegung einer
Theorie der bildlichen Rede, Berlin/New York.
Daum, Gisela (1988): Your True Gisela. Die englischen Filserbriefe aus der
Süddeutschen Zeitung, Frankfurt a.M.
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Kurz, Gerhard (1988): Metapher, Allegorie, Symbol, Göttingen.
Lakoff, George/Johnson, Mark (1980): Metaphors We Live By,
Chicago/London.