Rezension: Constanze Spieß/Klaus-Michael Köpcke (Hrsg., 2015): Metapher und Metonymie. Theoretische, methodische und empirische Zugänge
Judith Visser, Bochum (Judith.Visser@rub.de)
Der vorliegende Sammelband eröffnet die von Constanze Spieß und Wolfgang Imo im Verlag de Gruyter herausgegebene Reihe „Empirische Linguistik/ Empirical Linguistics“. Er vereinigt, wie im Vorwort präzisiert, Beiträge einer im Dezember 2011 an der Universität Münster veranstalteten Tagung zum Thema „Das Faszinosum Metapher. Erwerb – Bedeutung – Struktur – Funktion und Verstehen eines komplexen Phänomens aus interdisziplinärer Perspektive“, ergänzt um Artikel von Forscherinnen und Forschern, „die das Rahmenthema […] sinnvoll ergänzen“ (V). Ziel ist die Betrachtung der Metapher und Metonymie – Letztere wird im Tagungstitel allerdings nicht erwähnt – aus unterschiedlichen Richtungen. Der Blick in das Autorenverzeichnis zeigt die beteiligten Disziplinen auf: Psychologie, Germanistik (Linguistik und Didaktik), Anglistik und Amerikanistik (Linguistik und Didaktik), interkulturelle Kommunikation, allgemeine Linguistik.
Der neben der Einleitung durch die Herausgeber 15 Beiträge umfassende Band ist in vier Teile gegliedert: Teil I umfasst drei Beiträge zu ‘theoretisch-methodischen Zugängen‘, Teil II vier zu ‘empirischen Analysen in einzelsprachlicher Perspektive‘, Teil III drei zu ebensolchen in ‘sprachvergleichender Perspektive‘. Teil VI widmet sich der Rolle von ‘Metaphern und Metonymien in Lehr-, Lern‑, Verstehens- und Verarbeitungsprozessen‘ (fünf Beiträge). Die in der Forschung tendenziell vernachlässigte Metonymie wird explizit im Titel zweier Aufsätze genannt. Die vier Teile zeugen insgesamt davon, dass die Kombination disziplinärer Perspektiven durch eine Auseinandersetzung mit verschiedensten methodischen und theoretischen Zugängen ergänzt wird, die eine Grundlage für die im Vorwort als Ziel formulierte ‘fruchtbare Ergänzung kontroverser Fachdiskussionen‘ (V) legt.
In ihrem einführenden Beitrag „Metonymie und Metapher – Theoretische, mthodische und empirische Zugänge“ (S. 1-21) verzichten Spieß und Köpcke auf den mit der Antike einsetzenden und für Studien zur Metapher fast schon klassischen historischen Überblick über die Auseinandersetzung mit Metaphern und unterstreichen damit ihren Fokus auf neuere Entwicklungen in der Metaphernforschung. Sie identifizieren aktuelle Forschungsschwerpunkte und –desiderata, denen sie die im Band vereinten Beiträge zuordnen.
Teil I wird eingeleitet durch Markus Tendahl, der den Versuch unternimmt, die Relevanztheorie und die kognitive Linguistik in einer ‘hybriden Metapherntheorie‘ zu vereinen (S. 25-49). In seinem auf Tendahl (2009) basierenden Ansatz plädiert der Verf. für die bei interdisziplinären Perspektiven auf einen Gegenstand notwendige Offenheit gegenüber verschiedenen Theorien, der im vorliegenden Fall das Potenzial innewohnt, „das Phänomen Metapher vielseitiger und detaillierter zu betrachten, als Relevanztheorie und kognitive Linguistik dies einzeln könnten“ (S. 44).
Alexander Ziem („(Konzeptuelle) Metaphern in der Kognitiven Konstruktionsgrammatik“, S. 51-80) widmet sich auf der Basis eines im Rahmen des DFG-Projekts „Sprachliche Konstruktionen sozial- und wirtschaftspolitischer ‚Krisen‘ in der BRD von 1973 bis heute“ (S. 67) erstellten ‘Krisenkorpus‘ der „Frage nach Formen und Funktionen von (konzeptuellen) Metaphern in der Konstruktionsgrammatik“ (S. 51), d.h. der Untersuchung, in welcher Hinsicht Metaphern bei der „Vernetzung von Konstruktionen“ und der „Organisation grammatischen Wissens“ (S. 57) relevant sind, nimmt aber auch die umgekehrte Blickrichtung ein, indem er Betrachtungsweisen der Kognitiven Konstruktionsgrammatik für die Metapherntheorie nutzbar zu machen versucht. Ausgangspunkt seiner Überlegungen bilden die Ausführungen Goldbergs (1995, 2006). Er kommt zu dem für metaphorische Korpusanalysen durchaus zentralen (Teil‑)Ergebnis, dass semantische Rollen eine große Bedeutung für die sprachliche Umsetzung konzeptueller Metaphern haben. Daraus lässt sich ableiten, dass „annotierte semantische Rollen dazu [genutzt werden können], konzeptuelle Metaphern auf der Satzebene systematisch zu identifizieren“ (S. 72). Im Rahmen des vorliegenden Sammelbandes liegt der Reiz des Beitrags von Ziem in den genannten methodologischen Anregungen für Korpusanalysen, insbesondere aber in dem metapherntheoretischen Blick auf Grammatik und dem grammatiktheoretischen Blick auf Metaphorik.
Kristin Kuck nutzt dasselbe ’Krisenkorpus’ zur Entwicklung eines Modells für die „Manuelle Annotation von Metaphern in großen Korpora“ (S. 81-107). Ausgehend von der Feststellung, dass „[d]as minimalistische Modell der Metaphernbeschreibung durch Herkunfts- und Zielbereich […] in der Praxis schnell überfordert“ ist (S. 96), ergänzt sie es um „kontextuelle Annotationsparameter“ (S. 104) (Sprecher/Akteur [Akteursrolle], Diskursposition, Teildiskurs). Für eine diskursanalytisch arbeitende Metaphernforschung erscheinen Überlegungen zur Bewältigung größerer Textmengen unerlässlich, insofern können die Vorschläge der Verf. als wertvolle Anregungen in dieser Hinsicht bewertet werden.
Der Aufsatz „Metaphern als Desillusionierung. Die Bereiche Theater, Höhle, Traum, Phantom, Gefängnis, Simulation und Hologramm als Ressource für Blendings“ (S. 111-141) von Andreas Liebert läutet Teil II zu einzelsprachlichen empirischen Analysen ein. Die Überlegungen des Autors kreisen um das Platonsche ‘Höhlengleichnis‘ und zielen darauf ab, sprach- und kulturwissenschaftliche Perspektiven auf die Metapher so miteinander zu verknüpfen, dass „Metaphern in ihrer Kulturbedeutung“ (111) beschreibbar werden. Der auf den ersten Blick auf die Antike fokussierte Beitrag bezieht in seine Auseinandersetzung mit ‘Metaphern der Desillusionierung‘ auch neuere kulturelle Produkte wie den Film Matrix ein und zeigt damit die Aktualität der Platonschen Überlegungen auf.
Der Diskursanalyse ist auch der folgende Beitrag von Monika Schwarz-Friesel gewidmet, die „Metaphern und ihr persuasives Inferenzpotenzial“ untersucht und sich dabei auf „Konzeptualisierungen des islamischen Terrorismus nach 9/11 im massenmedialen Diskurs“ (S. 143-160) konzentriert. Die Datengrundlage erwächst aus dem von der DFG finanzierten Projekt „Aktuelle Konzeptualisierungen von Terrorismus – expliziert am Metapherngebrauch im öffentlichen Diskurs nach dem 11. September 2001“ (S. 144). Aus methodischer Sicht leistet die Verf. ihren Beitrag zur gegenseitigen disziplinären Bereicherung und ‘fruchtbaren Ergänzung kontroverser Fachdiskussionen‘ insbesondere durch die Anwendung der kritischen Kognitionslinguistik (KKL). Metaphern spielen im Diskurs um 9/11 vor allem dahingehend eine Rolle, dass sie versuchen, „das Unbegreifliche begreifbar [zu] machen“ (S. 151).
Der Beitrag Olaf Jäkels („Metaphern im frühen Erstsprachenerwerb: (k)ein Problem? Erkenntnisse aus zwei Longitudinal-Korpora“, S. 161-176) beschäftigt sich mit einem Thema, das nicht nur in der Sprach- bzw. Kognitionswissenschaft und Pädagogik immer wieder diskutiert wird, sondern mit dem sich auch Eltern zwangsläufig – bewusst oder unbewusst – auseinandersetzen müssen: der Frage, wann Kinder in welchem Maße in der Lage sind, bildlichen Sprachgebrauch zu verstehen und ggf. selbst zu produzieren. Jäkel nutzt seine familiäre Konstellation zur Langzeitbeobachtung in Hinblick auf den Metaphernerwerb bei Kindern und stellt Hypothesen zu möglichen Erwerbssequenzen an.
Günter Radden widmet sich Zeitangaben („Vergangene, letzte oder vorige Woche? Puzzles zur Zeitmetaphorik“, S. 177-203). Zumindest jedem, der sich auch nur in Ansätzen mit Lakoff/Johnson (1980) oder nachfolgenden Arbeiten auseinandergesetzt hat, dürfte bewusst sein, dass Zeit metaphorisch konzeptualisiert wird. Der Verf. des vorliegenden Beitrags beschäftigt sich in einem weit über dieses Bewusstsein hinausgehenden Maße mit der Frage, welche metaphorische Basis deiktische Temporalausdrücke des Deutschen haben, die in Bezug auf ihre Referenzfunktion als funktional äquivalent einzustufen sind. Zur Illustrierung der einzelsprachlichen Besonderheiten greift er auf Beispiele aus dem Englischen, Ungarischen, Chinesischen, Thai und Japanischen zurück. Der Artikel ist deshalb zu Recht als ‘empirisch‘ kategorisiert, weil Radden mittels eines Fragebogens explorativ unter Studierenden zu eruieren versucht hat, „ob hinsichtlich der Wahl deiktischer Zeitangaben zwischen Sprechern des Deutschen ein Konsens besteht und, falls dies zutrifft, die Wahl der Zeitangaben durch ihre räumlich-zeitlichen Schemata bestimmt ist“ (S. 191). Die Ergebnisse von 21 Befragungen ergänzt er durch Korpusanalysen (Google und COSMAS II).
Die sprachvergleichenden empirischen Analysen (Teil III) werden eingeleitet von einer Studie Klaus-Uwe Panthers zu „Metonymien im Sprachvergleich“ (207-226), die dieser dem Verf. des vorangehenden Beitrags, Günter Radden, zum 80. Geburtstag widmet. Auch wenn funktionale Ähnlichkeiten zwischen Metaphern und Metonymien in der kognitiven Linguistik als unbestritten gelten dürften und z.B. die Herausgeber dieses Sammelbandes, aber auch diejenigen der Zeitschrift, in der die vorliegende Rezension erscheint, dieser Tatsache durch entsprechende Titel Rechnung tragen, ist dem Verf. zuzustimmen, wenn er der Metonymie ein „Schattendasein“ (S. 207) bescheinigt. Dies gilt auch für sprachvergleichende Untersuchungen. Panther setzt sich zum Ziel aufzuzeigen, dass es im Metonymiengebrauch zwischen Sprachen deutliche Unterschiede gibt. Er vergleicht das Englische, Deutsche, Ungarische, Französische und Spanische. Seine Studie beruht, wie er selbst anmerkt, auf wenig umfangreichen Korpora, kann also nur Tendenzen aufzeigen, nichtsdestotrotz aber „demonstrieren, dass übereinzelsprachliche Variation in der Ausnutzung von Metonymien existiert und ein lohnendes Forschungsgebiet ist“ (S. 213).
Waldemar Czachur widmet sich dem Thema „Semantischer und funktionaler Wandel von Metapher und Metonymie. Polnische Wirtschaft im deutschen Mediendiskurs zur Wirtschaftskrise“ (S. 227-246). Er zeigt auf, dass sich die Metapher polnische Wirtschaft als „deutsche Erfindung des ausgehenden 18. Jahrhunderts“ (S. 228) im Laufe der letzten Jahre, bedingt durch die Stärke der (nicht metaphorisch gemeinten) polnischen Wirtschaft während der Wirtschaftskrise 2008, gewandelt hat und eine ursprünglich negative Konzeptualisierung durch in eine positive abgelöst wurde.
Andreas Musolff untersucht Metaphern als potenzielle „Quelle von Missverständnissen im interkulturellen Diskurs“ (S. 247-265). Anhand von Beispielen, die sich auf konkrete Missverständnisse im interkulturellen Diskurs, und zwar in der politischen Kommunikation zwischen Großbritannien und Deutschland, beziehen, zeigt der Verf. auf, dass zum Verständnis von sprachlichen Bildern die Betrachtung des diskursiven Kontextes unerlässlich ist und exemplifiziert dies anschaulich anhand der kulturspezifischen Ausformungen politischer Körpermetaphorik, auch in historischer Perspektive (Kap. 3).
In verschiedensten Studien (z.B. Katthage 2004, 2005; Koch 2013 sowie metaphorik.de 16/2009) ist in jüngerer Zeit immer wieder darauf hingewiesen worden, dass die Erkenntnisse der Metaphernforschung in der Mehrzahl der Schulbücher des Deutschen und der schulischen Fremdsprachen nur bruchstückhaft angekommen ist, einem Transfer dieser Erkenntnisse auf Vermittlungssituationen aber großes Potenzial innewohnt. Insofern ist es konsequent, dass sich Teil IV der Bedeutung von Metapher und Metonymie in Lernprozessen widmet.
Ulrich Gebhard („Symbole geben zu denken. Zur Bedeutung der expliziten Reflexion von Symbolen und Phantasien in Lernprozessen“, S. 269-295) beschäftigt sich mit der Frage, ob die Auseinandersetzung mit Symbolen und Phantasien im Unterricht in produktiver Weise erfolgen kann. Dahinter verbirgt sich die Annahme, dass es eine Bereicherung des Lernprozesses darstellt, „wenn der symbolisierende, subjektivierende, intuitive Zugang zu den Phänomenen“ (S. 269) nicht nur zugelassen, sondern explizit gefördert und reflektiert wird. Die Hamburger Arbeitsgruppe „Intuition und Reflexion“ (S. 287) liefert die empirische Basis für die Überlegungen des Verf. Die Ergebnisse zweier Studien (cf. Kap. 6.4.) deuten darauf hin, dass „[d]ie explizite Berücksichtigung der subjektivierenden, symbolisierenden Deutungsmuster einerseits und das Nachdenken über die kulturelle Note naturwissenschaftlicher Inhalte (Mensch- und Weltbilder) andererseits […] Bildungsprozesse im Allgemeinen und das Lernen von naturwissenschaftlichen Phänomenen im Besonderen [vertieft]“ (S. 290).
Tobias Heinz nimmt in seinem Beitrag „Das Verschwinden der Metapher. Sprach- und literaturdidaktische Perspektiven auf den metaphorischen Wortschatz“ (S. 297-321) explizit auf die oben angeführten Studien von Katthage Bezug und formuliert das Ziel, die Entwicklung des Jahrzehnts, das seither vergangen ist, nachzuzeichnen. Auch er kommt zu dem anhand zahlreicher konkreter Lehrbuchaufgaben illustrierten Ergebnis, dass Lakoff/Johnson 1980 im „Deutschunterricht kaum Spuren hinterlassen ha[ben]“ (S. 313) und führt dies darauf zurück, dass der „kognitiv-konzeptuellen Ebene“ (ibid.) innerhalb der Fachdidaktik ein anderer Stellenwert beigemessen wird als innerhalb der Fachwissenschaften.
Constanze Spieß („Metonymie und Metapher. Sprachdidaktische Perspektiven auf das sprachreflexive Potenzial zweier Phänomene“, S. 323-354) integriert in ihre z.T. etwas redundanten Überlegungen zum Potenzial bildlichen Sprachgebrauchs für den Unterricht die Metonymie, der – analog zur Metapher – auch hier ein ‘Schattendasein‘ bescheinigt werden kann. Auch sie geht von einer Lehrwerkanalyse aus um aufzuzeigen, wie gering die Rezeption metapherntheoretischer Ansätze in modernen Schulbüchern ist. Zur Hervorhebung des Potenzials von Metapher und Metonymie eignet sich die tabellarische Gegenüberstellung der Verf. zu deren „Funktionen und Leistungen“ (S. 336). Als die drei grundlegenden Ziele der Auseinandersetzung mit sprachlichen Bildern nennt sie (hier verkürzt dargestellt) die Identifikation, die Entschlüsselung und die eigene Produktion von Metaphern und Metonymien. Ihre Vorschläge für die Umsetzung sind reichhaltig und beziehen sich auf konkrete Beispiele. Für den Transfer in die Praxis wäre hier sicherlich noch ein Nachdenken über die konkrete Konzipierung von Aufgaben (Formulierung der Frage- bzw. Aufgabestellung, Einbettung in ein Unterrichtsvorhaben) anzuschließen.
Der Untersuchung des kognitiven Verarbeitungsaufwands von Metaphern aus sprachpsychologischer Sicht widmen sich die Ausführungen von Lisa von Stockhausen und Ursula Christmann. Mittels einer Blickbewegungsstudie differenzieren sie dabei konventionelle und unkonventionelle sprachliche Bilder (S. 355-371). Ausgangspunkt ihrer Überlegungen ist das sogenannte ‘ästhetische Paradox‘ (Christmann et al. 2011), das einen Zusammenhang zwischen „figurativer Ästhetik“ (S. 356) und Konventionalität bzw. Unkonventionalität bildlicher Äußerungen in den Raum stellt und auf der Vermutung aufbaut, dass der kognitive Aufwand bei der Entschlüsselung tendenziell zu einer Zunahme des ästhetischen Gefallens zu führen scheint. Ziel der im Beitrag vorgestellten Studie ist die „Untersuchung des objektiven kognitiven Verarbeitungsaufwandes beim Lesen konventioneller und unkonventioneller Metaphern mit der Methode der Blickbewegungsmessung“ (S. 357). Sie zielt also auf eine empirische Überprüfung der die Grundlage des Paradoxons bildenden Annahme, dass außergewöhnliche sprachliche Bilder den Rezeptionsprozess verlangsamen, und können diesen Zusammenhang tatsächlich belegen. Davon ausgehend lässt sich die Hypothese formulieren, dass – unter der Voraussetzung, dass die Metapherninterpretation gelingt –, dieser verlangsamte Dekodierungsprozess in einem höheren ästhetischen Erleben mündet. Die empirische Überprüfung dieser positiven Bewertung steht jedoch noch aus und wird als Forschungsdesideratum formuliert.
Den letzten Beitrag zum Sammelband trägt Marie Lessing-Sattari bei (S. 373-398). Sie interessiert sich für Metaphernfelder, verstanden als „besonderes strukturelles Format von Metaphorik. Die Metaphern treten in Verbänden mit gemeinsamen komplexen Konzeptbereichen auf und breiten diese netzartig in Texten aus“ (S. 373), und für die Frage, welche Konsequenzen sich aus ihrer Existenz für die Lesedidaktik ergeben. Empirisch untersucht werden die Anforderungen, mit denen Schülerinnen und Schüler sich konfrontiert sehen, anhand des Metaphernfeldes Weltwirtschaft ist Titanic (S. 379ff.). In gekürzter und modifizierter Form wurde eine Glosse aus dem stern (Jörges 2008) SchülerInnen und Schülern des 9. Schuljahres vorgelegt. Die Verstehensprozesse wurden anhand Lautes-Denken-Protokollen erhoben. Die exemplarische Diskussion eines schwachen und starken Schülers zeigt, dass „[j]e nach Lesefähigkeitsniveau […] die […] Anforderungsstruktur des Metaphernfeldes […] eine kognitive Entlastung […] [oder] eine verarbeitungsbezogene Belastung dar[stellt]“ (S. 394).
Der Sammelband ist nicht frei von formalen (z.B. Wechsel der Schriftart bei Musolff, S. 254 unten) und sprachlichen Unsauberkeiten, die sich besonders in den Beiträgen von Radden und Czachur häufen, den Gesamteindruck aber nur gering trüben.
Insgesamt halten die Herausgeber, was sie einleitend versprechen: Die Perspektiven auf den Gegenstand sind sehr vielfältig und anregend, die Beiträge von hohem Niveau. Es wird sehr deutlich, dass zahlreiche Experten gewonnen werden konnten, die z.T. in den vorliegenden Beiträgen lediglich in verkürzter Form Ausschnitte aus größeren Forschungsprojekten vorstellen. Daraus und aus dem hohen Reflexionsniveau der sowohl theoretisch-methodischen als auch empirischen Ansätze resultiert, dass das Buch sich besonders für diejenigen Leserinnen und Leser zur Lektüre anbietet, die im Bereich der Metapherntheorien ein gewisses Vorwissen mitbringen. Welcher Artikel als wie aufschlussreich und ‘befruchtend‘ wahrgenommen wird, dürfte dabei von der disziplinären Perspektive des jeweiligen Lesers abhängen.
Literatur
Christmann, Ursula/Wimmer, Lena/Groeben, Norberg (2011): „The aesthetic paradox in processing conventional and non-conventional metaphors – a reaction time study”, in: Scientific study of Literature 1, 199-240.
Goldberg, Adele E. (1995): Constructions: A Construction Grammar Approach to Argument Structure, Chicago et al.
Goldberg, Adele E. (2006): Constructions at Work. The Nature of Generalization in Language, Oxford.
Jörges, Hans-Ulrich (2008): „Zwischenruf. Volle Fahrt auf den Eisberg“, http://www.stern.de/politik/deutschland/zwischenruf-volle-fahrt-auf-den-eisberg-3744106.html (15.09.2016).
Lakoff, George/Johnson, Mark (1980): Metaphors We Live By, Chicago.
Katthage, Gerd (2004): Didaktik der Metapher. Perspektiven für den Deutschunterricht, Baltmannsweiler.
Katthage, Gerd (2005): „Kurzes Plädoyer für eine Didaktik der Metapher“, in: Der Deutschunterricht 57, 85-89.
Koch, Corinna (2013): Metaphern im Fremdsprachenunterricht: Englisch, Französisch, Spanisch, Frankfurt a.M. et al.
metaphorik.de 16/2009.
Tendahl, Markus (2009): A Hybrid Theory of Metaphor: Relevance Theory and Cognitive Linguistics, Houndmills/Basikstoke.