Archiv 11/2001
Kandidat 1
Die Karnevalssaison hat begonnen, und in ihrer Metaphernbildung erscheinen DFB-Präsidenten wie sie begleitende Journalisten schon recht jeck, dass ihnen verbale Fehlgriffe gar nicht mehr auffallen:
„Ich möchte der Mannschaft gratulieren. Knüpft an den Punkt an, den ihr gesetzt habt“, forderte DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder auf dem nächtlichen Rückflug nach Deutschland und machte somit in 10.000 Meter über dem Erdboden klar, dass ein Absturzam Mittwoch im Dortmunder Westfalenstadion nun noch dramatischer wäre." (Süddeutsche Zeitung, 12.11.2001).
Unsere Laudatio: Mathematisch betrachtet ist ein Punkt eine unendlich kleine Fläche, an die anzuknüpfen folglich nur mit einem - mathematisch gesehen - unendlich großen Fingerspitzengefühl möglich ist, für germanische Grobmotoriker sicher ein Ding der Unmöglichkeit. Das Bild vom möglichen Absturz im Westfalenstadion ist indes eine der makabersten Metaphern nach dem 11. September. Will MV oder der ihn kommentiernde Journalist da die Opfer der Terroranschläge verhöhnen? Otto Schily, übernehmen Sie!
Kandidat 2 (unser Sieger)
Freudige Ereignisse werfen ihre Metaphern voraus, doch wehe Wehe...
"Voraussichtlich werden doch nicht alle 341 Koalitionsabgeordnete an Bord sein. [..] Aber die SPD steht noch vor einem anderen Problem, auf das sie keinen Einfluss hat: Sie hofft, dass die Wehen ihrer hochschwangeren hessischen Abgeordneten Nina Hauer nicht ausgerechnet in Schröders Schicksalsstunde im Plenarsaal einsetzen. Weil die Vertrauensfrage ein[e] schwere Geburt ist für die Fraktion gibt es noch mal am Donnerstagabend und am Freitagmorgen unmittelbar vor dem Showdown im Bundestag Sondersitzungen der Fraktion mit Probeabstimmungen [..] Nicht nur die Abgeordnete Hauer trägt schwer, die ganze SPD liegt noch in den Wehen der Hoffnung auf ein für sie freudiges Ereignis." (Spiegel-online, 15.11.2001).
Unsere Laudatio: Wir wissen nicht (Stand 15.11.) wie die Abstimmung ausgehen wird, aber innerhalb des Metaphernfelds fände sich eine geniale Lösung: Wieso entbindet eigentlich niemand die schwangere Abgeordnete von ihrer Stimmverpflichtung? Oder hat der Bundeskanzler Vorahnungen unheilsschwangerer Entscheidungen?
Kandidat 3
Die Abstimmung ist nun vorbei, und einer Metapher folgt die nächste. Dem Metaphernkisten-Leser Armin Schneider aus Büttgen fiel folgendes Beispiel auf und Sinniges dazu ein:
"Schröder zwingt Grüne in die Knie"
Unsere Laudatio: Abgesehen von der anatomischen Meisterleistung, die Grünen (evtl. können damit ja auch alle bundesdeutschen Grünenmitglieder oder sogar -wähler gemeint werden) in ein oder beide Knie unseres Bundeskanzlers zu zwängen (wobei verschiedene Lösungsansätze denkbar wären, z.B. dies durch eine entsprechende Bohrung im Knie zu praktizieren oder mittels einer Atomisierung á la Scotty durchzuführen) , wäre es auch amüsant zu erleben, wie Grünenabgeordnete auf (was mit der Schlagzeile sicherlich dargestellt werden sollte) den Knien in Schäublehöhe durch den Bundestag auf ihre Plätze oder zum Podium gelangen, beispielgebend, wie sich Reinigungspersonal einsparen ließe.
Kandidat 4
Der November schlägt mit seiner gesamten Macht zu und trifft bei Glühweinduft und Nieselregen die Münchener Bayern und ihre aus den Tropen stammenden Bediensteten:
"Die Südamerikaner fühlen sich bei diesen kalten Temperaturen hier im Münchener Olympiastadion nicht wohl. Das gilt auch für Giovane Elber. Er hat noch nicht die richtige Betriebstemperatur erreicht" (WDR 2, 24.11.2001, 17.06 Uhr).
Unsere Laudatio: Die Klimatheorie sollte endlich auch mal im Sport zur Geltung kommen, bei den nächsten Weltmeisterschaften wird es möglicherweise schon meteorologisches Doping geben. Andererseits haben wir hier gleichzeitig fast ein Beispiel für PKW-Metaphorik. GIOVANE ELBER IST EIN ALTER FIAT PANDA, bei Regen springt er nicht an...