Archiv 12/2001
Kandidat 1 (unser Sieger)
Das Fest naht, und mit dem weihnachtlichen Countdwon schleichen sich musikalische Töne selbst in die Niederungen bayerischer Politik ein. Wenn es eines Beweises bedürfte, dann diene dieses musikmetaphorische Interview mit Alfons Goppel, Generalsekretär der CSU als solcher:
Frage: Wenn Sie Ihren Kollegen Generalsekretären der anderen fünf im Bundestag vertretenen Parteien Musikinstrumente zuteilen müssten, welche würden diese inklusive Ihnen spielen und warum? Goppel: Franz Müntefering (SPD) spielt die Windmaschine. Das ist auch ein Instrument, wenn auch nur in der Zwölftonmusik, die in etwa dem Umfang der SPD entspricht. Die SPD spricht beim Vertreten einer Position eben mit zwölf Stimmen. Reinhard Bütikofer (Bündnis 90/Die Grünen) zupft an einer missgestimmten Harfe. Er spielt egal an welcher Stelle und zu welchem Szenario die ihm gerade einfallende ideologische Melodie. Er ist dabei nicht besonders hörbar, gelegentlich vernimmt man die Misstöne daraus. Dietmar Bartsch (PDS) sitzt an der Trommel. Er ist wirklich wie der Blechtrommler bei Günther Grass unterwegs [..]. Cornelia Pieper (FDP) übt derzeit noch, weil sie in unserem Orchester noch nicht so lange dabei ist, daher kann ich ihr auch noch kein Instrument zuweisen. In der Regel spielt die FDP eigentlich stets die zweite Geige [..]. Laurenz Meyer (CDU) ist meist mit einer Trompete oder Posaune unterwegs, jedenfalls mit einem herausragenden Instrument. Gelegentlich hat die CDU derzeit nicht immer den langen Atem, den man benötigt, um die Zeile zu Ende spielen zu können. Aber sie meldet sich trotzdem. Ich selbst, denke mal, spiele für die CSU die Tuba. Wir haben die Aufgabe, ab und zu einmal virtuos dazwischen aufzuspielen. In der Regel geben wir selbstverständlich den Grundton an, allerdings nur an den Stellen, an denen es für die Führung der Gesamtmelodie aus Taktgründen besonders notwendig ist. Wir spielen vielleicht stets etwas tiefer als die Anderen, nicht so hell und schrill. Die CSU ist angenehm für die Ohren, aber wir sind auch, wenn das gesamte Stück fortissimo gespielt wird, für manchen zu dominant. Das ist eine Frage des Stückeschreibers und das schreibt das deutsche Volk. (ovb-online, 4.12.2001)
Unsere Laudatio: Dieses auf Stichwort gelieferte Metaphernkonstrukt liefert für die ernste Musik ganz neue Perspektiven: Virtuos aufspielende Tubisten - wo gibt es sie schon in echt? - im Duo mit Stockhausenschen Windmaschinen - die mangels Tonalität übrigens für Schönbergsche Zwölftonmusik kaum in Betracht kommen -, begleitet von Posaunen, Harfen, Trommeln und zweiten Geigen: Und das Stück soll das deutsche Volk geschrieben haben? Bislang dachten wir, die Parteipolitiker säßen an Klaviertastaturen und lieferten sich Flügelkämpfe.
Kandidat 2
Die Bundesliga geht in die Winterpause, das Fest steht vor der Tür und damit auch wieder die kalorienreiche Zeit 'zwischen den Jahren'. Passend dazu folgender Fund:
"Sie wollten sich eigentlich Winterspeck anfressen, spielen aber wie die Weight-Watchers" (WDR2, 19.12.2001, 21.40 Uhr [über den 1. FC Kaiserlslautern im Moment einer 1-3 Heimniederlage gegen 1860 München]).
Unsere Laudatio: Hier haben wir es wahrlich mit einem weihnachtlichen Wunder zu tun. Beim Treffen zweier Mannschaften aus den Gefilden deftiger Küche - Münchener Haxen gegen Pfälzer Saumagen - konvertiert das eine Team zu den Gewichtsfanatikern und verliert. Da sollte dringend eine metaphorische Doping-Diskussion geführt werden, auch wenn Winterspeck nicht aus der Zahnpasta kommt..