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Umweltrisiken und Nachhaltigkeitsnarrative im
peruanischen Comic
Elmar Schmidt, Universität Münster (elmar.schmidt@uni-muenster.de)
Abstract
Auch in Peru thematisieren Comics und Karikaturen ökologische Krisen und Aspekte von
Nachhaltigkeit und diskutieren, mehr als im Globalen Norden, Fragen der Umweltgerechtigkeit
und der damit verbundenen gesellschaftlichen Teilhabe. Zugleich hinterfragen
sie, auch unter kritischer Bezugnahme auf nationale Symbolik und historisch fundierte
Wahrnehmungen des natürlichen Habitats, dominante neoliberale Modelle ökonomischer
Entwicklung, die vor allem auf die extraktivistische Ausbeutung natürlicher Ressourcen
setzen, und visualisieren nachhaltigere Alternativen.
In Peru, comics and cartoons address also ecological crises and aspects of sustainability and,
more than in the Global North, discuss issues of environmental justice and related social
participation. At the same time, and with critical references to national symbolism and
historically grounded perceptions of the natural habitat, they question dominant neoliberal
models of economic development, which rely primarily on the extractivist exploitation of
natural resources, and visualize more sustainable alternatives.
1. Einleitung
Globale wie lokale Umweltrisiken und ihre konkreten Auswirkungen werden
in den Debatten der peruanischen Öffentlichkeit durchaus breit rezipiert und
debattiert. So führt der globale Klimawandel auch in Peru zu unvorhersehbaren
Wetterereignissen und Temperaturschwankungen, unregelmäßigen Niederschlägen
und – ein wiederkehrendes Thema – zum beschleunigten Abschmelzen
der peruanischen Andengletscher und gefährdet so nicht nur die
Ökosysteme des Hochlandes, sondern auch die langfristige Wasserversorgung
der trockenen Küstenregionen. Um nur einige weitere Problemfelder auf
lokaler Ebene zu nennen: Das Wachstum der Metropolregion Lima und Callao,
mit über zehn Millionen Einwohnern, produziert eigene ökologische Probleme
im urbanen Bereich, während im Amazonasgebiet steigende Goldpreise und
die wachsende Nachfrage nach Palmöl und Biokraftstoffen die teilweise auch
illegal durchgeführte Abholzung und Zerstörung von Regenwäldern beschleunigen.
Im Andengebiet sind es immer wieder Minen- und Bergbauprojekte
und ihre Auswirkungen auf die natürliche Umwelt und die
Lebensgrundlagen der Bevölkerung, die im Fokus der Öffentlichkeit stehen.
Schmidt: Umweltrisiken und Nachhaltigkeitsnarrative
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Hierbei sind es, mehr als im Globalen Norden, ökologische Probleme in ihrer
Verschränkung mit sozialen Fragestellungen, die, wie auch in anderen
Regionen des Globalen Südens (cf. Slovic/Rangarajan/Sarveswaran 2015),
diskutiert werden, wenn Umweltprobleme vor allem benachteiligte und
marginalisierte Bevölkerungsteile treffen. Zudem lässt sich die ökologische
Realität Perus, auch im gesamtlateinamerikanischen Kontext, im Sinne des
postcolonial ecocriticism vor dem Hintergrund der „intextricability of environmental
history and empire building“ (DeLoughrey/Handley 2011: 10) erfassen,
in der gesellschaftliche Hierarchien als umso mehr „environmentally
embedded“ (Carrigan 2016: 82) erscheinen. Umweltprobleme manifestieren
sich häufig in „toxischen Topographien in neokolonialen Settings“ (Mackenthun
2015: 90), die geprägt sind von zeitlich und räumlich verzögert akkumulierter
ökologischer slow violence (cf. Nixon 2011) und eigene Formen eines
environmentalism of the poor (cf. Martínez Alier 2010) produzieren. Kritische
Stimmen verweisen hierbei auf die Zusammenhänge zwischen Umweltzerstörung,
der Ausbeutung natürlicher Ressourcen im Verlauf der kolonialen
Geschichte Lateinamerikas und der Dominanz extraktivistischer Entwicklungsmodelle
seit den Unabhängigkeiten (cf. Anderson 2016). Darüber hinaus
sank das Engagement staatlicher Akteure in den wirtschaftspolitischen Ansätzen
der meisten Länder des Kontinents – und so auch in Peru – spätestens in
den 1980er Jahren. Es wurde abgelöst von einer neoliberalen Neuausrichtung,
die sich im Zusammenspiel von lokalen ökonomischen Eliten und internationalen
Investoren etablierte – wobei auch progressiver ausgerichtete Regierungen
in den meisten Fällen auf eine Entwicklungspolitik setzen, die sich
durch die Ausbeutung natürlicher Ressourcen finanziert (Svampa 2020: 25-28).
2. Schlaglicht: Nachhaltigkeitsdiskurse im peruanischen
Wahlkampf
Gleichzeitig werden Nachhaltigkeitsdiskurse, motiviert auch noch einmal
durch die 17 Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen, in Peru
durchaus aufgegriffen, breit rezipiert und in die nationale Realität übertragen.
Wie unterschiedlich hierbei jedoch Gewichtungen und Schwerpunktsetzungen
des dehnbaren Nachhaltigkeitsbegriffs ausfallen können, zeigt z.B. ein
repräsentativer Blick auf die Programme und Regierungspläne unterschiedmetaphorik.
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licher politischer Akteure und Parteien, so wie sie etwa im Vorfeld der
Kongress- und Präsidentschaftswahlen im April 2021 vorgestellt wurden.
So stellt das links und grün zu verortende Parteienbündnis Juntos por el Perú mit
der Spitzenkandidatin Verónika Mendoza sostenibilidad, Nachhaltigkeit, vor
den ausschließlichen Fokus auf wirtschaftliche Entwicklung, um zugleich die
Umwelt zu schützen wie auch gesellschaftliche Ungleichheit und Armut
abzubauen. Der Schutz der Biodiversität und der Umgang mit den Auswirkungen
des Klimawandels stehen hier ebenso im Vordergrund wie etwa die
Forderung nach der Ratifizierung des Abkommens von Ecuazú, mit dem in
Lateinamerika u.a. die Sicherheit von Umweltaktivistinnen und -aktivisten
verbessert werden soll, und das in Peru unter Verweis auf nationale
Wirtschaftsinteressen bislang noch blockiert wird (cf. Juntos por el Perú 2020).
Die rechtspopulistische und wirtschaftsliberale Fuerza Popular von Keiko
Fujimori, der Tochter des in den 1990er Jahren teilweise diktatorisch regierenden
Ex-Präsidenten Alberto Fujimori, nutzt das Schlagwort der Nachhaltigkeit
so inflatorisch in allen Bereichen, dass klassische Wirtschaftsinvestitionen
letztlich genauso nachhaltig wie Umweltschutzmaßnahmen erscheinen (cf.
Fuerza Popular 2020).
Im Programm der linksnationalistischen Partei Perú libre, die auch den Wahlgewinner
und neuen Präsidenten Pedro Castillo stellt, ist der Begriff im direkten
Vergleich seltsam abwesend. Es wird jedoch betont, dass als einzig praktikabler
Weg aus der Unterentwicklung ein „extractivismo sostenible y responsable
como alternativa ante el extractivismo neoliberal irresponsable e insostenible“
(Perú libre 2020: 34), d.h. eine nachhaltige extraktivistische Wirtschaftspolitik
statt unverantwortlicher neoliberaler Ressourcenausbeutung, erscheint. Hierbei
sei allerdings „el ecologismo oenegero o el medioambientalismo fundamentalista“
(34), also die Einmischung von Seiten eines ‚fundamentalistischen
NGO-Ökoaktivismus‘, scharf zurückzuweisen.
3. Comic und Karikatur in Peru
Karikaturen und Comics dienen vor dem Hintergrund dieses Panoramas auch
dem Ausdruck und der Illustration kritischer Positionen mit Bezug zu
ökologischen Themen, Umweltrisiken und Nachhaltigkeitsnarrativen. „[E]n los
denominado márgenes de la industria del cómic“ (Pérez Cano/Tullis/Merino
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2019: 15), an der Peripherie des Comicmarkts, erreichte die sequenzielle Kunst
in Peru nie eine in Lateinamerika etwa mit Argentinien, Mexiko oder Chile, den
traditionellen Comicnationen des Kontinents (cf. Merino 2003), vergleichbare
massentaugliche Popularität. Gegenwärtig erfreuen sich allerdings junge
Künstlerinnen und Künstler, die Jugendthemen im Stil von Mangas und
Superheldencomics adaptieren, durchaus wachsender Beliebtheit, wie zugleich
auch der Trend zur literarischen Graphic Novel aufgegriffen wird, um soziale
und politische Themen wie den bewaffneten Binnenkonflikt der 1980er und
1990er Jahre auch in diesem Medium zu thematisieren (cf. Catalá Carrasco/
Drinot/Scorer 2017). Zugleich ist das Verständnis von graphischen Formaten
als Plattform für explizite gesellschaftskritische Stellungnahmen in der
Tradition der Zeitschriftenkarikatur, der Fanzines und des Untergrundcomics
verhaftet. Comic ist in Peru ein eher marginales Medium, versteht sich aber
durchaus und grundsätzlich politisch und engagiert (cf. Sagástegui Heredia
2020).
4. Carlín: Urbanität und Extraktivismus
So veröffentlicht der Zeichner Carlos Tovar, genannt Carlín und mittlerweile
einer der Veteranen der Szene, zumeist einseitige Bilder im satirischen Stil in
unterschiedlichen Zeitschriften, die 2012 unter dem Titel Errar es urbano (‚Irren
ist städtisch‘) in einer gesammelten Auswahl neu herausgegeben wurden. Eine
frühe, leider nicht genau datierte Graphik entwirft ein Zukunftsbild von Lima
im Jahr 2000 (Carlín 2012: 65). Das Stadtbild ist geprägt von Luftverschmutzung
und Menschen mit Gasmasken – wobei die Reicheren sich eine Art komfortablere
Glashaube leisten können und den Ärmsten lediglich ein vor das
Gesicht gebundener Lappen zur Verfügung steht. Zentral im Bild platziert ist
die tatsächlich existierende Statue von José de San Martin, der 1821 die
peruanische Unabhängigkeit ausrief – und auch diese trägt Gasmaske. So
kommentiert die Graphik die ökologischen Folgen des Wachstums der
peruanischen Hauptstadt und den Umstand, dass sozial schwächere Schichten
diesen ungeschützter ausgesetzt sind – und verbindet dies zugleich mit dem
Verweis auf die peruanische Geschichte der letzten 200 Jahre. Die in Lima, año
2000 dargestellte Dystopie erscheint als Produkt der Gegenwart, die es nicht
geschafft hat, die mit der Unabhängigkeit verbundene Vision einer besseren
Zukunft umzusetzen, und zugleich als direkte Folge des Projekts der immer
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gleichen Eliten, die sich auf Kosten der Armen bereichern und ihr Leben in
abgekapselten gated communities und country clubs verbringen.
Eine weitere, spätere Zeichnung Carlíns mit dem Titel Minería salvaje (‚Barbarischer
Bergbau‘) nimmt ebenfalls Bezug auf nationale Symbolik und adaptiert
das aus der Vogelperspektive gezeigte, auf kahlem, ausgetrocknetem und
rissigem Boden platzierte dreiteilige Landeswappen Perus. Das Vikunja als
Symbol der Fauna des Landes ist nun im linken, oberen Teil des Wappenumriss
eingepfercht und seiner Lebensgrundlage beraubt. Der in Peru mittlerweile fast
ausgestorbene Chinarindenbaum, der eigentlich die Pflanzenwelt repräsentiert,
ist im rechten, oberen Teil der Zeichnung verdorrt und trägt keine Blätter mehr.
Der größte, untere Teil des Wappens, das goldene Füllhorn als Symbol des
Reichtums an Bodenschätzen, ist bei Carlín ersetzt durch ein rauchendes, in
Stufen ins Erdinnerne vordringendes Loch, welches in stilisierter Form das
typische Erscheinungsbild des industrialisierten andinen Tagebaus wiedergibt,
aus dem sich eine einzelne menschliche Figur gerade noch retten kann. Der
Bergbau erscheint als selbst geschaufeltes Grab und die Symbole des natürlichen
Reichtums Perus sind durch eigene Schuld bedroht, tot oder dem Untergang
geweiht.
Interessant erscheint, dass sich das zeichnerisch adaptierte Bild des Tagebaus,
der sich mit riesigen Löchern in die Anden gräbt, in unterschiedlicher Form
durch die graphische Auseinandersetzung mit den Folgeschäden der extraktivistischen
Ressourcenausbeutung zieht.
5. Markus: Ressourcenausbeutung und Kommerzialisierung
Der Band Mitos y realidades de la minería en el Perú. Guía para desmontar el
imaginario extractivista (‚Mythen und Realitäten des Bergbaus in Peru. Führer
zur Demontage des extraktivistischen Imaginären‘) wurde 2013 vom aus der
Universidad Nacional Mayor de San Marcos erwachsenen Kollektiv Programa
Democracia y Transformación Global herausgegeben. Als offenes Netzwerk
widmet sich das Kollektiv unterschiedlichen Teilbereichen, von feministischen
Themen über Projekte der öffentlichen Bildung oder die Organisation von
sozialpolitisch forschenden Arbeitsgruppen bis hin zur Schaffung von Plattformen
für den Austausch unter sozialen Bewegungen. Zudem zeichnet es sich
durch eine rege Publikationstätigkeit zu gesellschaftlich relevanten Themen
aus, oft in Kooperation mit Universitäten, Organisationen wie dem überSchmidt:
Umweltrisiken und Nachhaltigkeitsnarrative
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regionalen sozialwissenschaftlichen Consejo Latinoamericano de Ciencias
Sociales (CLACSO) oder Institutionen wie der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Die Publikation zu Mitos y realidades de la minería en el Perú wiederum vereint
Texte zu den im Titel erwähnten selbstlegitimierenden Mythen des peruanischen
Bergbaus. Die gesammelten Beiträge kritisieren, dass Proteste gegen den
Bergbau und seine Folgeschäden in der öffentlichen Darstellung als fortschrittsfeindlich
stigmatisiert werden, und hinterfragen dessen gängige Selbstdarstellung
als alternativloser und zugleich sauberer Motor der Entwicklung
zum Wohle aller. Tatsächlich entwickelte sich diese neue selbstlegitimierende
Rhetorik der minería, die ihr eigenes Konzept von ‚nachhaltiger Entwicklung‘
jenseits staatlicher Interventionen an deregulierte globale Märkte koppelt, im
Zuge der seit den 1980er Jahren etablierten neoliberalen Wirtschaftspolitik der
massiven Privatisierung des Bergbausektors (Damonte 2006: 82-85). Der Band
Mitos y realidades de la minería en el Perú kritisiert dieses dominante Narrativ
hingegen als Ausdruck eines „modelo de desarrollo insustentable“ (Svampa
2013: 9), eines nicht nachhaltigen Entwicklungsmodells, und beinhaltet neben
Texten auch Fotografien, Karikaturen, Zeichnungen, kurze Comicstrips und
Collagen unterschiedlicher Künstlerinnen und Künstler, die sich in graphischer
Form mit den Diskursen des „imaginario hegemónico prominero“ (9)
auseinandersetzen.
Abb. 1: Markus (2013), Titelbild des Bandes Mitos y realidades de la minería en el Perú
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Das Titelbild des Künstlers Markus greift wieder die typische Form des andinen
Tagesbaus auf und kombiniert es mit der graphischen Referenz auf das
bekannte Logo Marca Perú. Dieses wurde zu Beginn der 2010er Jahre im Auftrag
des peruanischen Ministeriums für Außenhandel und Tourismus entworfen
und spielt optisch auf die Nazca-Linien an, um im Sinne des nation branding zur
Visualisierung einer positiv besetzten nationalen corporate identity beizutragen.
Es wird nicht nur auf T-Shirts, Kappen und Kühlschrankmagneten vertrieben,
sondern auch in- wie ausländischen Firmen zur Verfügung gestellt, wenn sie
Produkte und Werbekampagnen mit peruanischen Kontexten verknüpfen
wollen, und in dieser Form etwa von Fastfood-Ketten, Fluggesellschaften,
Getränkefirmen, Hotels oder Banken genutzt. Zugleich erscheint es als
Ausdruck der konsequenten Überführung neoliberaler Wirtschaftskonzepte in
den Bereich der Kultur, in deren Rahmen nationale Symbolik und Identität
monetarisiert (cf. Cánepa Koch/Lossio Chavez 2019) und gleichzeitig extreme
soziale Hierarchien und Ungleichheiten ausgeblendet werden (cf. Cuevas 2016).
Das Bild der Tagebaustätte in Form des Außenhandels- und Tourismus-Logos
hinterfragt in diesem Zusammenhang kritisch die Verbindung zwischen
Bergbaubetrieb und Kommerzialisierung der peruanischen Ressourcen, die
letztlich zu Lasten der natürlichen Umwelt geht und nur wenigen zugutekommt.
Es verweist in ironischer Weise auf die Omnipräsenz grundlegend
neoliberaler Denkmuster und Diskurse in der peruanischen Realität und
darauf, dass das Wirtschaftswachstum, das neben Faktoren wie touristischer
Attraktivität und gastronomischer Vielfalt Kernbestandteil der Außendarstellung
der Marca Perú ist, vor allem auf der mit ökologischen Folgeschäden
verbundenen extraktivistischen Ressourcenausbeutung beruht.
6. Jorge Miyagui: Umweltgerechtigkeit und alternative Entwicklung
Das Bild von Jorge Miyagui, ebenfalls aus Mitos y realidades de la minería en el
Perú, mit dem Titel Nuestra alternativa es la vida (‚Unsere Alternative ist das
Leben‘), stellt in diesem Zusammenhang noch einmal polemisch und aus der
Sicht der Bergbaukritiker die Argumente der in die Konflikte involvierten
Seiten vor.
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Abb. 2: Jorge Miyagui (2013): „Nuestra alternativa es la vida“, in: Mitos y realidades de la
minería en el Perú, 87
Der stilisierte Krake mit dem Totenschädel und dem Bergmannshelm bringt
nicht nur Dollars, Fernsehgeräte und eine als museales Ausstellungsstück
vorgezeigte Inkafigur mit, sondern reproduziert auf Schildern auch die
wiederholten Vorwürfe gegen regionalen Widerstand, die die andine Bevölkerung
als phlegmatische und rückwärtsgewandte Fortschrittsverweigerer
brandmarken. Die Graphik greift so in kritischer Form zentrale Aspekte des an
den dominanten Zentren der Küste, vor allem in der Hauptstadt Lima,
entworfenen peruanischen Andendiskurses auf. Dieser schreibt der sierra und
ihren Bewohnern bestimmte Attribute, Wertungen und Stereotype zu, die Vich
(2010) in fünf Kategorien aufteilt – wobei er betont, dass es sich nicht um
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chronologisch aufeinander folgende, sondern vielmehr um parallel existierende,
sich kontext- und situationsbedingt überlappende Diskursformationen
handelt (165). Die dominante öffentliche Wahrnehmung entwirft die
peruanischen Anden demzufolge als statischen, außerzeitlichen Ort, der sich
jeglicher Modernisierung verweigert (158), und dessen Bewohner kulturell
unterlegen, erziehungsbedürftig und zu politischer Partizipation unfähig sind
(159) – im Bild von Miyagui gespiegelt auf den Schildern des Bergbaukraken
mit seinen typischen Vorwürfen. Darüber hinaus erscheint das Hochland als in
seiner territorialen Ausdehnung überdimensionales, unbekanntes und unregierbares
Gebiet, das in seiner Unerschlossenheit auf die legitime ökonomische
Nutzbarmachung wartet (161). Zugleich wird die vorspanische inkaische
Vergangenheit der Anden als Identifikationsmoment kollektiver nationaler
Identität rekonstruiert – hierauf verweist im Bild die Inkastatuette –, wobei
jedoch die Gegenwart ihrer indigenen Bewohner und deren Anspruch auf
gesellschaftliche und politische Teilhabe ausgeblendet wird (162). Diese
Abwesenheit der Andenbevölkerung in der dominanten Wahrnehmung geht
einher mit einem Prozess der diskursiven Neuerfindung der sierra unter
neoliberalen, an die Bedürfnisse globaler Märkte gekoppelten Vorzeichen und
als in Wirtschaftszahlen und ökonomischen Statistiken erfassbare Ressource
(164).
Die Graphik von Jorge Miyagui wendet sich gegen die Ausblendung der
Bevölkerung als legitimer soziopolitischer Akteur mit eigener Meinung und
Wahrnehmung, indem sie den visuellen Fokus auf die im Vordergrund
platzierten Kritikerinnen und Kritiker des Bergbaus legt. Diese sind erkennbar
unterschiedlicher ethnischer Herkunft, tragen teils indigene Kleidung und
skandieren Forderungen nach Umweltschutz, Gerechtigkeit, Respekt auch vor
kultureller Diversität und einem alternativen Entwicklungsmodell, wobei sie
auch das Konzept des buen vivir als nachhaltige lateinamerikanische Postwachstums-
Alternative herausstellen. Das Bild nimmt so in kritischer Weise
Bezug auf die Konstanten des dominanten peruanischen Andendiskurses wie
sie etwa von Vich beschrieben werden.
Auch hier wird wieder deutlich, dass Debatten um Umweltschutz und Nachhaltigkeit
in Peru im Kern häufig um unterschiedliche Konzepte und Modelle
wirtschaftlicher Entwicklung geführt werden und sich zugleich mit in der
peruanischen Gesellschaft verankerten Denkfiguren auseinandersetzen – wie
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etwa diejenige von der rückschrittlichen Andenbevölkerung, die vom westlich
geprägten Lima in die globale Moderne geführt werden müsse.
7. Miguel Det: historisches Format, Nachhaltigkeit und Megadiversität
Ein weiterer Comickünstler, der Umweltprobleme der peruanischen Gegenwart
thematisiert, ist Miguel Det – einer der aktuell produktivsten Zeichner und
Autoren vor allem im Bereich des graphischen Romans, etwa mit Adaptionen
von Kurzgeschichten und Essays peruanischer Schriftsteller oder Autorenbiographien.
In seiner 2011 publizierten Novísima corónica i malgobierno erzählt
er keine fortlaufende Handlung, sondern erarbeitet ein aus 195 einseitigen, in
sich jeweils abgeschlossenen Zeichnungen bestehendes Panorama der
peruanischen Vergangenheit und Gegenwart. Er widmet sich der vorspanischen
Kultur und der aus dem kolonialen Kulturkontakt erwachsenen
Heterogenität Perus ebenso wie alltagskulturellen Aspekten der peruanischen
Realität, wie etwa Essen, Sport, Musik oder Medien. Vor allem aber thematisiert
er in äußerst kritischer Weise prägende historische Ereignisse und die politische
und gesellschaftliche Aktualität des Landes, das Nebeneinander von Reichtum
und extremer Armut, Rassismus und Gewalterfahrung oder Korruption und
Staatsverschuldung.
Hierbei übernimmt er das graphische Format, den Zeichenstil, die Schriftart
und teilweise auch konkrete Bildelemente der Primer Nueva Corónica y Buen
Gobierno aus dem 17. Jahrhundert von Felipe Guamán Poma de Ayala, deren
Titel er zudem wiedererkennbar variiert. Aus der ‚Ersten neuen Chronik und
guten Regierung‘ wird nun, frei übertragen, die ‚Neueste Chronik des
schlechten Regierens‘. Die erkennbare Anlehnung an das historische Vorbild
zeitigt hierbei mehrere Effekte. Nicht nur ist das Werk in Peru überaus bekannt
und formale Elemente der Chronik, allen voran das Schriftbild, auch im Alltag
– und ähnlich wie die Nazca-Linien im Logo Marca Perú als Teil des nation
branding – etwa auf Buchcovern, Getränkeetiketten oder den Schildern von
Geschäften, Restaurants und Hotels präsent (cf. Ugarelli 2021), so dass der
intertextuelle Bezug für die meisten Leserinnen und Leser auf den ersten Blick
erkennbar ist. Auch ist Guamán Poma mit seiner Chronik als indigen geprägtes
Sinnbild des kolonialen Kulturkontakts und der kulturell heterogenen
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Vergangenheit längst zum Bestandteil peruanischer Identitätsdiskurse geworden.
Wie z.B. auch der bergbaukritische Dokumentarfilm Operación Diablo (2010), der
Elemente der Primer Nueva Corónica in animierter Form integriert, stellt sich
Miguel Det mit seinem eigenen Werk und seiner kritischen Zusammenschau
der peruanischen Gegenwart selbst in die Tradition Guamán Pomas. Indem er
diesen über das visuelle Format als Vorläufer, Inspiration und Quelle bestimmt,
legitimiert er sein Projekt zusätzlich, verleiht ihm historische Bezüge und betont
inhaltliche Kontinuitäten. 400 Jahre nachdem Guamán Poma die von Ausbeutung
und Gewalt geprägte koloniale Realität mit dem barocken Topos des
mundo al revés als ‚verkehrte Welt‘ beschreibt, erscheint Peru immer noch in
einer nicht endenden Krise gefangen. Ein Bestandteil dieser Krise sind nun auch
explizit angesprochene Umweltprobleme und fehlendes nachhaltiges Wirtschaften
– die avant la lettre auch schon in den frühen Chroniken thematisiert
werden (cf. Wehrheim im vorliegenden Band).
So stellt die Zeichnung el consumismo de aires, ríos y mares es contaminación (Det
2011: 136), frei zu übersetzen mit ‚Konsumverhalten verschmutzt Luft, Flüsse
und Meere‘, verschiedene ökologische Problemfelder in komprimierter Form
dar. Kritisch kommentiert als „como si tuvieramos otro planeta“‚ ‚als ob wir
noch einen Ersatzplaneten hätten‘, werden Luftverschmutzung, durch
Industrie und extensive Landwirtschaft verseuchte Böden und Gewässer,
Deforestation, Ozonloch, Treibhauseffekt und durch den Klimawandel
schmelzende Andengletscher angesprochen und visualisiert. Am prominentesten
jedoch ist der als Karikatur abgebildete und als „criminal ambiental“, als
‚Umweltverbrecher‘, bezeichnete Präsident des US-amerikanischen Bergbaukonzerns
Doe Run, Ira Rennert, im Vordergrund der Zeichnung platziert.
Die ihm in den Mund gelegte Frage, wie er denn den Ausstieg aus der extraktivistischen
Ressourcenausbeutung finanzieren solle, wenn nicht durch weitere
Umweltzerstörung, spielt ironisch auf die wirtschaftlichen Aktivitäten des
Konzerns in Peru an, die die Gebiete, in denen dessen Minen und Schmelzöfen
liegen, zu den am stärksten kontaminierten Orten der Welt werden ließen.
Dem gegenüber stellt Det positiv besetzte Beispiele des nachhaltigen Wirtschaftens.
Hierbei greift er auch zentrale Motive und Elemente der historischen
Vorlage Guamán Pomas auf und verwendet diese in eigenen Bildvariationen
mit neuen Textbausteinen. In der Zeichnung zur tecnología agropecuaria andina
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(62), zu ‚andinen Agrartechniken‘, übernimmt er die grundlegende Bildkomposition
mit arbeitenden Menschen, die mit traditionellen Werkzeugen ein
Feld bestellen, ergänzt jedoch landschaftliche Details im Hintergrund ebenso
wie Nutztiere, Pflanzen oder stilisierte Wetterelemente im Himmel.
Abb. 3 und 4: Felipe Guamán Poma de Ayala (ca. 1615): „Agosto: cantos triunfales, tiempo
de abrir las tierras“, in: Primer Nueva Corónica y Buen Gobierno, 1153 [1163] (links); Miguel Det
(2011): „tecnología agropecuaria andina“, in: Novísima corónica i malgobierno, 62 (rechts)
Bei Guamán Poma ist die Text-Bild-Beziehung (Abel/Klein 2016: 99-102) in der
Graphik selbst eher bildlastig und gibt während der Feldarbeit gesungene
Liedtexte wieder. Allerdings fungiert das Bild im Gesamtkontext als Illustration
der auf der vorherigen Seite schriftlich wiedergegebenen Erläuterungen zum
August als Monat der Aussaat. Det wiederum verzichtet in seinem Werk auf
zusätzliche Ausführungen außerhalb der Graphiken, so dass den integrierten
Texten eine zentrale, die Bilder ergänzende Funktion zukommt. Die Beschreibung
der Szenerie als „alternativa al modelo de desarrollo agrícola
europeo de monocultivos“, als ‚Alternative zum europäischen Landwirtschaftsentwicklungsmodell
der Monokulturen‘, erinnert auch an die Forderung nach
einem ‚anderen Entwicklungsmodell‘ im Bild von Jorge Miyagui. Die
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Alternative wird pragmatisch legitimiert und spezifiziert als „modelo de
desarrollo que maneje la diversidad climática y biológica“, als den spezifischen
geographischen, klimatischen und biologischen Verhältnissen der Anden
besser angepasst. Zudem werden der nachhaltige Umgang mit Biodiversität
und die Kultivierung einheimischer Nutzpflanzen ebenso explizit betont, wie
der visuelle Rückgriff auf die Zeichnung Guamán Pomas die Bedeutung lokalen
Wissens um traditionelle Kulturtechniken der Landwirtschaft hervorhebt.
Auf Biodiversität, die in Peru als einem der wichtigsten weltweiten Hotspots
als Megadiversität ausgeprägt ist, wird auch in einer weiteren Graphik eingegangen,
die das Kapitel zu den Riquezas de estas tierras, den ‚peruanischen Reichtümern‘,
eröffnet. Die in der 1. Person Plural formulierte Bildüberschrift preservemos
la megadiversidad (29), ‚bewahren wir die Megadiversität‘, ist nicht nur ein
Aufruf zur kollektiven Anstrengung beim Schutz der biologischen Vielfalt,
sondern hebt auch die Bedeutung der Megadiversität als natürlicher Reichtum
aller Peruanerinnen und Peruaner hervor. In teilweise stilisierter Form, die die
Tierfiguren der Nasca-Linien ebenso aufgreift wie Elemente vorspanischer
Keramiken und Textilien oder indigener und populärer Naturornamentik, sind
Flora und Fauna der verschiedenen geographischen Zonen Perus abgebildet.
Der Begleittext hebt die Bedeutung von Biodiversität für die Stabilität von
Ökosystemen hervor und wendet sich gegen industrialisierte Monokulturen
und vor allem gegen die in Peru zeitweise kontrovers diskutierte Einführung
von genetisch verändertem Saatgut in der Landwirtschaft.
8. Peruanische imaginarios von Ressourcenreichtum und
Entwicklung
Wie schon die Bilder von Carlín, Markus und Jorge Miyagui kritisch nationale
Symbole wie das peruanische Wappen und das Logo Marca Perú einbeziehen
oder Bezug auf extraktivistische Fortschritts- und Entwicklungsdiskurse
nehmen, so thematisiert auch Miguel Det in seinen Zeichnungen zentrale
Elemente des peruanischen kulturellen Imaginären. Der Begriff der imaginarios
ist in den lateinamerikanischen Geisteswissenschaften omnipräsent, um kulturell
fundierte Wahrnehmungen gesellschaftlicher Beziehungen in ihren
Wechselwirkungen mit narrativen Strukturen zu beschreiben. Hierbei greift er
auf heterogene Quellen aus der Philosophie, der Anthropologie, der Soziologie
oder der Psychoanalyse zurück (García Canclini/Lindón 2007: 89). Zugleich
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wird die Bedeutung der Interaktion zwischen Raum und menschlichem Subjekt
(Lindón/Hiernaux/Aguilar 2006: 9) sowie die „interconnectedness between
material and immaterial dimensions“ (Huffschmid 2012: 124) für die
Konstitution von imaginarios hervorgehoben. Als zentrale Bestandteile von
kollektiver, entscheidend durch Machtverhältnisse geprägter gesellschaftlicher
Sinnstiftung und Realitätsproduktion etablieren sie eine Form der
‚symbolischen Territorialität‘ (123), die sich auch in kulturspezifischen Beziehungen
zu Natur und Umwelt widerspiegelt und diese zugleich mit produziert.
Für den peruanischen Kontext hebt Portocarrero (2014) hervor, dass ein
einheitlich konsolidiertes nationales imaginario in einer heterogenen, von
Eroberung, Kolonialisierung und historischen wie gegenwärtigen sozialen
Ungleichheiten geprägten Gesellschaft eigentlich nicht existiert. Dennoch
identifiziert er eine Reihe von Denkfiguren und Metaphern, die peruanische
Selbst- und Realitätserfahrung weniger beschreiben als vielmehr hervorbringen
sowie in ihrer Persistenz auch deformieren und in ihrer Gebundenheit an
Machtstrukturen ganze Bevölkerungsteile symbolisch von gesellschaftlicher
Teilhabe ausschließen können (219). Mit dem Aphorismus „El Perú es un
mendigo sentado en un banco de oro“ (‚Peru ist ein Bettler, der auf einer
goldenen Bank sitzt‘) bestimmt Portocarrero hierbei die dominante Wahrnehmung
der Beziehung zum natürlichen Habitat (245). Der Ausspruch, der
dem italienisch-peruanischen Geographen und Forschungsreisenden des
19. Jahrhunderts Antonio Raimondi zugeschrieben wird, beschreibt metaphorisch
die in der Kolonialzeit wurzelnde Vorstellung von Peru als Land
unerschöpflicher Bodenschätze und Ressourcen, und damit eines zunächst
herrenlosen Reichtums, der demjenigen zusteht, der sich seiner bemächtigt. Mit
der Unabhängigkeit eignen sich die europäischstämmigen Eliten diesen
Anspruch an – wobei der im 19. Jahrhundert aus dem Abbau etwa von Guano,
Salpeter und Kautschuk oder der beginnenden Ölförderung geschöpfte
Reichtum in Bürgerkriegen, Spekulationsgeschäften und Korruption verloren
geht, ohne allgemeingesellschaftlichen Wohlstand zu produzieren (220-222).
Im Verlauf des 20. Jahrhunderts wird die Metapher vom Bettler auf der Bank
aus Gold von unterschiedlichen politischen Akteuren verschieden interpretiert
– die grundlegende Vorstellung von der armen Nation auf einem eigentlich
reichen Territorium bleibt jedoch bestehen. In den gezeigten Beispielen aus
Comic und Karikatur werden die mit dieser Figur verknüpften Symbole, wie
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das Landeswappen, und die sich aus ihr legitimierenden extraktivistischen
Entwicklungsmodelle hinterfragt und z.B. die um ihrer selbst willen schützenswerte
biologische Megadiversität, genauso wie auch kulturelle Diversität, als
alternative Grundlage eines anders definierten peruanischen Ressourcenreichtums
aufgezeigt. Der Streit um Nachhaltigkeitsnarrative wird so auch zum
Bestandteil des Kampfs um die Interpretation von Identitäten und um die
Deutungshoheit der imaginarios der peruanischen Nation, ihrer Symbolik und
ihres Selbstverständnisses.
9. Fazit
Es zeigt sich, dass die Beschäftigung mit der diskursiven Besetzung von
natürlichem Habitat und Umweltrisiken in peruanischen Kontexten auch für
den schulischen Spanischunterricht in höchstem Maße produktiv und
spannend sein kann. Vor dem Hintergrund von Debatten um wirtschaftliche
und soziale Entwicklung, die in ähnlicher Form in ganz Lateinamerika – und
mithin auch in anderen Teilen des Globalen Südens – geführt werden, lassen
sich am Beispiel von Peru eigene, vielfältige Narrative der nachhaltigeren
Gestaltung von Fortschritt und Modernisierung aufzeigen. Sie setzen sich in
kritischer Weise mit den seit der Unabhängigkeit entstandenen traditionellen
Konzepten ökonomischer Entwicklung und ihren neoliberalen Fortschreibungen
in der Gegenwart auseinander. Im Angesicht der ökologischen Folgeschäden
der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen Perus präsentieren sie sich
als Gegenentwürfe und betonen den Wert von intakter Umwelt, Biodiversität
und kulturell heterogenen Naturwahrnehmungen gegenüber den Profiten von
internationalen Konzernen und nationalen Eliten. Hierbei beziehen sie Stellung
gegen das diskursive Fundament der wirtschaftspolitischen Realität Perus, mit
ihren eigenen Narrativen, die, wie gezeigt, z.B. Widerstand gegen den Bergbau
als fortschrittfeindlich brandmarken, die Anden vor allem als in ihrem
ökonomischen Wert zu definierende terra nullius kennzeichnen und ihre
Bewohner als antimodern und schwer erziehbar charakterisieren.
Comic und graphische Kunst visualisieren diesen Widerstreit unterschiedlicher
Narrative in kompakter Form. Zugleich bieten sie die Möglichkeit, gemeinsam
mit Schülerinnen und Schülern die Tiefenschichten des bildlichen Formats zu
ergründen und zu entschlüsseln. Die besprochenen Zeichnungen von Carlín
und Markus erschließen sich erst, wenn man sich mit der Bedeutung des
Schmidt: Umweltrisiken und Nachhaltigkeitsnarrative
98
peruanischen Landeswappens oder den Debatten rund um das Logo Marca Perú
auseinandergesetzt hat. Das Bild von Jorge Miyagui erfordert die Beschäftigung
mit den dominanten peruanischen Andendiskursen und den kritischen
Positionen, die ihnen gegenüberstehen. Die Analyse des Werks von Miguel Det
wiederum bietet die Möglichkeit, Bezüge auf vorspanische und indigene
Kontexte sowie die faszinierende Chronik von Felipe Guamán Poma de Ayala
mit einzubeziehen. Comics und graphische Werke können sich so, gerade in
ihrer schnell erfassbaren, oftmals plakativen Kompaktheit, als vielschichtige
Bereicherungen des schulischen Spanischunterrichts erweisen.
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