Quick pick

metaphorik.de 31/2020

Der Untergang von Atlantis als Ursprungsmythos der Dichtung: die Sinnzuweisung an die Katastrophe in Jacint Verdaguers L'Atlàntida (1886)

Roger Friedlein

Ruhr-Universität Bochum (roger.friedlein@rub.de)


Abstract

Jacint Verdaguer führt 1877 mit der ersten Version seines Epos L'Atlàntida (dt. Atlantis 1897) die katalanische Sprache zurück in den Kreis der Sprachen für gelehrte Literatur (endgültige Version 1886). Im Zentrum des Gedichts steht eine Neuerzählung des platonischen Atlantismythos aus hispanischer Sicht. Der Untergang von Atlantis und der Tod seiner mythologischen Bewohner, dem nur die von Herkules gerettete Hesperis entkommt, bedeuten bei Verdaguer nicht allein eine göttliche Strafe planetaren Ausmaßes für die sündhaften Atlanten. Als geologische Nachwirkung entsteht der Atlantische Ozean und im Mittelmeer erscheinen die griechischen Inseln. Herkules und Hesperis besiedeln zudem die Iberische Halbinsel neu. In der Rahmenerzählung des Gedichts fühlt sich Christoph Kolumbus durch die Erzählung der Katastrophe angeregt zu seiner Reise, welche die Folgen der göttlichen
Sündenstrafe wieder wettmachen soll. In diesem Artikel werden die Prinzipien der literarischen Ästhetisierung der Katastrophe untersucht, wie sie nur in biblischen und mythologischen Sprechkontexten denkbar sind, sowie die spezielle ideologische und raumtheoretische Ausrichtung, die der Atlantismythos bei Verdaguer erfährt.

With his epic L’Atlàntida (1877), Jacint Verdaguer brings the Catalan language back among the languages for literature of erudition. The poem is focused on a new version of the Platonic myth of Atlantis from a Hispanic point of view. The end of Atlantis, which only Hesperis, saved by Hercules, will survive, does not only mean a divine punishment of planetary
dimensions for the sinful Atlants. The Atlantic Ocean comes to existence, the Greek isles surge to the surface of the Mediterranean, and Hercules and Hesperis repopulate the Iberian Peninsula. In the frame narrative of the poem Christopher Columbus feels inspired for his journey by the tale of the cataclysm, and shall repair the consequences of the divine punishment. This paper analyses the literary aesthetics of the catastrophe, as can be found only in biblical and mythological speech contexts, as well as the renewed ideological orientation given to the myth by Verdaguer.

Ausgabe: 

Jahrgang: 

Seite 217

group_fulltext

Subscribe to metaphorik.de RSS feed