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metaphorik.de 14/2008

Der Vesuvausbruch von 1631, ein Spektakel auf der Weltbühne Europa. Anmerkungen zu Joachim von Sandrarts Beitrag zum Theatrum Europaeum von Matthäus Merian

Anna Schreurs
  • Theatrum und Literatur: Wissensinszenierung auf der Bühne und im Roman

Abstract

In denjenigen Abschnitten, in denen Matthäus Merian in seinem Theatrum Europaeum den Unterhaltungsstoff in bewusster Absetzung vom historischen Stoff präsentiert, zeigen sich seine Ziele vielleicht am klarsten: Es geht ihm bei der Publikation seines Geschichtswerks, welches das Jahrhundert von 1618 bis 1718 umfasst, darum, historisches Wissen und aktuelles Zeitgeschehen übersichtlich und wahrhaftig einem breiten Leserkreis vor Augen zu führen. Der Beitrag analysiert eine Text-Bild-Kombination aus demjenigen Band, der die Jahre von 1629 bis 1633 umfasst: In dem Passus über den Vesuvausbruch von 1631, einem in ganz Europa registrierten Ereignis, steht ein dramatischer Augenzeugenbericht einem Kupferstich von J. v. Sandrart gegenüber, der die Katastrophe marginalisiert. Es wird aufgezeigt, dass Text und Bild nicht als Einheit konzipiert wurden, sondern ‚eigene’ Wege gehen und verschiedene Interessen bedienen. Der distanzierte, unparteiische und dabei weite Blickwinkel jedoch, der in der gesamten Konzeption des Theatrum Europaeum zu Tage tritt, kann auf die kosmopolitische, von den Schriften des Lipsius beeinflusste Weltanschauung zurückgeführt werden, die Matthäus Merian mit dem Künstler Sandrart verband.

Those passages of Matthaeus Merian‘s Theatrum Europaeum in which he conciously separates the sections of entertainment from those of pure historical information reveal most clearly his intentions. With the publication of his historical work treating a whole century from 1618 to 1718 he wished to present historical knowledge as well as current events of his own present to a broad audience in a clearly arranged and truthful way. The paper analyzes the combination of text and illustration in one of the first volumes namely the one that covers the years from 1629 to 1633: In a passage dealing with the eruption of the Vesuvius of 1631, an incident that was noticed all over Europe, a dramatic eye-witness account is combined with a copperplate by Joachim von Sandrart which minimizes the catastrophe. It can be shown that text and illustration did not follow a concept of unity, but were independent from each other thus serving different interests of the readers. The even-handed panoramic angle of view which characterizes the concept of the whole Theatrum Europaeum is a result of a cosmopolitan ideology which Merian developed under the influence of the neostoicist writings of Justus Lipsius. Merian and also the artist Joachim von Sandrart were followers of this philosophy of life.
 

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Seite 297

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