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metaphorik.de 30/2020

Geschlechtermetaphorik in Fériel Assimas Roman Rhoulem ou le sexe des anges

Annegret Richter

Universität Leipzig (annegret.richter@uni-leipzig.de)

Abstract

Der Roman Rhoulem ou le sexe des anges spielt im Kontext des algerischen Bürgerkriegs während der sog. décennie noire der 1990er Jahre. Der Text problematisiert aber eine über den Bürgerkrieg hinausgehende Kultur der Gewalt, die durch Geschlechtermetaphern vermittelt wird. Diese beziehen sich einerseits auf den Protagonisten Rhoulem, der intergeschlechtlich ist, das heißt zugleich männliche und weibliche Geschlechtsmerkmale hat und daher nicht eindeutig einem Geschlecht zugeordnet werden kann. Darüber hinaus werden auch Männlichkeit und Weiblichkeit metaphorisch dargestellt. Der Roman stellt Geschlecht vor allem mit negativen Tier- und Objektmetaphern dar. Intergeschlechtlichkeit als Abweichung vom Zweigeschlechtersystem wird dabei nicht als eigene Geschlechtsidentität festgeschrieben, sondern im Rahmen von Sprachlosigkeit, Feminisierung und Dehumanisierung konzipiert.
Der Titel des Romans drückt diese Sprachlosigkeit aus: nicht Rhoulems Intergeschlechtlichkeit findet sich dort wieder, sondern diese wird als Geschlechtslosigkeit analog zu der der Engel bezeichnet. Die Analyse der Geschlechtermetaphorik wird verknüpft mit Connells Konzept der hegemonialen Männlichkeit. Mit diesem Konzept kann die Hierarchie der Geschlechter als gesellschaftliches Strukturprinzip analysiert werden, das das Potential einer Person, Opfer von Gewalt zu werden, koordiniert.
Verletzbarkeit ist in diesem Roman an eine weibliche soziale Position (unabhängig vom Geschlecht der Person) gebunden und beinhaltet das Potential der Dehumanisierung, die schließlich den Tod des Protagonisten zur Folge hat.

The novel Rhoulem ou le sexe des anges is set in the context of the Algerian civil war during the socalled décennie noire of the 1990s. The text, however, raises the problem of a culture of violence that goes beyond the civil war and is conveyed through gender metaphors. These relate on the one hand to the protagonist Rhoulem, who is intersexual, i.e. has both male and female characteristics and therefore cannot be clearly assigned to one gender. In addition, masculinity and femininity are also metaphorically represented. The novel depicts gender above all with negative animal and object metaphors. Intersexuality as a deviation from the gender binary cannot be defined as a separate gender identity, but is conceived within the framework of speechlessness, feminisation and dehumanisation. The title of the novel expresses this speechlessness: it does not express Rhoulem’s intersexuality, but it is captured in terms of an absence of gender analogous to that of angels. The analysis of gender metaphors is linked to Connell’s concept of hegemonic masculinity. This concept allows the gender hierarchy to be analysed as a social structural principle that coordinates the potential of a person to become a victim of violence. Vulnerability in this novel is tied to a female social position (independent of the gender of the person) and contains the potential of dehumanization that ultimately results in the death of the protagonist.

Ausgabe: 

Jahrgang: 

Seite 141

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